L 15 SB 117/99

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
15
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 9 SB 622/96
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 15 SB 117/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 06.12.1999 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten war zuletzt noch streitig, ob bei der Klägerin wegen einer Leidensverschlimmerung nach dem Schwerbehindertengesetz (SchwbG) das Merkzeichen aG zuzuerkennen ist.

Bei der am ...1934 geborenen Klägerin wurden zuletzt mit Ausführungsbescheid vom 29.05.1992 ein GdB von 70 sowie das Merkzeichen G festgestellt und zwar aufgrund folgender Behinderungen: 1. Umbauveränderungen der Kniegelenke, rechts nach Schienbeinkopfbruch. Coxarthrose beidseits, Beinverkürzung links, Fußheberschwäche links. Bewegungsfunktionsstörung des linken Beines (spastische Monoparese). 2. Umbauveränderungen der Wirbelsäule, Knochenabsprengung am 4. Halswirbel. Knochenentkalkung. 3. Chronische Magenschleimhautentzündung. 4. Psychovegetatives Syndrom mit Somatisierungstendenz. 5. Bluthochdruck. 6. Zustand nach Herzinfarkt. Die Behinderung Nr.1 wurde mit Einzel-GdB 40, die Behinderungen Nr.2 und 6 mit Einzel-GdB 30, die Behinderungen Nr.3 und 4 mit Einzel-GdB 20 und Behinderung Nr.5 mit Einzel-GdB 10 bewertet.

Am 07.02.1996 stellte die Klägerin Antrag auf Erhöhung des GdB wegen einer neu aufgetretenen Zuckerkrankheit. Der Beklagte zog einen Befundbericht des praktischen Arztes Dr.Sch ... bei, der auf beigefügte Arztbriefe des Klinikums P ... vom 10.02.1994, der internistischen Gemeinschaftspraxis V ... vom 12.09.1995 und des Orthopäden Dr.L ... vom 14.10.1995 verwies. Aufgrund versorgungsärztlicher Stellungnahme von Dr.G ..., wonach ein tablettenpflichtiger Diabetes nicht bestätigt worden sei, erging am 15.03.1996 ein Ablehnungsbescheid nach § 48 Sozialgesetzbuch, 10. Buch (SGB X). Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch und rügte, dass sie nicht untersucht worden sei. Mit Schreiben vom 09.04.1996 übersandte Dr.Sch ... unter Hinweis auf eine Dreigefäßerkrankung des Herzens mit angina pectoris nochmals seine gesamten Unterlagen, insbesondere auch einen Arztbrief des Nervenarztes Dr.E ... vom 28.04.1995, der einen Verdacht auf Konversionssymptomatik äußerte - seit die Klägerin 1984 verwitwet sei - in Form von Gefühlsstörungen im Bereich der linken Körperhälfte, ferner einen Arztbrief der Neurologischen Klinik Mainkofen vom 06.02.1996, die ein lumbales Schmerzsyndrom unklarer Äthiologie diagnostizierte, einen Bericht des Klinikums P ... vom 19.03.1996 mit der Diagnose: Lumbalgie, initiale Coxarthrose bei Coxa vara links. Daraufhin wurde die Klägerin am 26.06.1996 vom Vertragsarzt Weigert versorgungsärztlich untersucht. Dieser schlug vor, den Einzel-GdB für das Herzleiden auf 50 und den Gesamt-GdB auf 80 zu erhöhen. Dementsprechend erging am 29.06.1996 ein Abhilfebescheid, in dem ein Gesamt-GdB von 80 und weiterhin das Merkzeichen G zuerkannt wurden; Behinderungen Nr.5 und 6 wurden zur neuen Behinderung Nr.1 zusammengefasst und durch "Herzleistungsminderung" ergänzt. Entsprechend der Rechtsbehelfsbelehrung erhob die Klägerin nochmals Widerspruch gegen den Abhilfebescheid und erklärte, sie benötige "das Merkzeichen, aufgrund dessen sie auf einem Behindertenparkplatz parken" könne. Im Widerspruchsbescheid vom 19.08.1996 wurde ausgeführt, dass bei der Klägerin die Voraussetzungen für das Merkzeichen aG nicht vorlägen.

Hiergegen hat die Klägerin zum Sozialgericht Landshut Klage erhoben. Nach dem Gutachten des Klinikums P ... seien die Voraussetzungen für Merkzeichen aG erfüllt; auch ihr Hausarzt Dr.Sch ... habe kein Verständnis für die Ablehnung. Das Sozialgericht hat daraufhin Berichte der Klinik Höhenried der LVA Oberbayern über einen stationären Aufenthalt im Juni und Juli 1993, Unterlagen des Städtischen Krankenhauses München-Harlaching über eine Herzkatheteruntersuchung vom Juni 1991 sowie einen Bericht des Internisten Dr.H ... vom 02.11.1993 vom Kreiskrankenhaus O ..., der Herz- und Gefäßklinik Bad N ... vom Juli 1992, des ... Krankenhauses St ... vom Dezember 1992, ein Gutachten der Fachärztin für Allgemeinmedizin und Sozialmedizin Dr.M ... vom 02.11.1996 für die 4. Kammer des Sozialgerichts Landshut in einem Rechtsstreit der Klägerin mit der Pflegekasse sowie eine Akte der LVA Niederbayern/Oberpfalz und eine Akte der Edel- und Unedelmetallberufsgenossenschaft und schließlich Unterlagen von Dr.Sch ... und Dr.L ... beigezogen. Die vom Sozialgericht beabsichtigte Untersuchung und Begutachtung der Klägerin durch Dr.No ... wurde zunächst von der Klägerin am 25.04.1997 mit dem Hinweis abgelehnt, sie sei nicht in der Lage, einer ärztlichen Untersuchung in Landshut Folge zu leisten, da sie bereits drei Herzinfarkte erlitten habe und dieses Jahr bereits zweimal in P ... zur Ballondilatation gewesen sei. Das Gericht hat daraufhin entsprechende Unterlagen des Klinikums P ... vom 03.03.1997, ferner einen Leistungsnachweis des Ambulanten Häuslichen Krankenpflegedienstes, A ... K ..., vom Januar 1997 eingeholt. Anschließend hat der Leitende Medizinaldirektor a.D. Dr.No ... die Klägerin im Rahmen eines Hausbesuchs am 28.05.1997 untersucht und am 02.06.1997 sein Gutachten abgeschlossen. Danach seien die Behinderungen im Bescheid vom 29.07.1996 zutreffend festgestellt, das Gleiche gelte für die Höhe des GdB; die Voraussetzungen für Merkzeichen aG seien nicht gegeben. Eine Verschlechterung der koronaren Herzerkrankung sei nicht eingetreten. Die behauptete Einschränkung des Gehvermögens wegen Atemnot nach nur zwei Minuten Gehen im ebenen Gelände sei weder kardial noch pulmonal bedingt, sie sei aus der vorliegenden seelischen Fehlhaltung zu erklären. Bei körperlichen Belastungen oder Stress könnten zwar wegen der koronaren 1-Gefäßerkrankung und des Hinterwandinfarktes 1991 gewisse Stenokardien auftreten; der funktionale Krankheitswert sei aber nicht gravierend. Dasselbe gelte für die Einschränkungen des Bewegungsapparats. Es liege keine eindeutige Bewegungseinschränkung der Hüftgelenke vor. Die Fußheberschwäche links sei allenfalls psychogen; eine Verschlimmerung im Bereich der Wirbelsäule sei ebenso wenig feststellbar wie eine Arthrose im Bereich der Kniegelenke. Auf Antrag der Klägerin ist zunächst der Orthopäde Dr.K ... zum Sachverständigen ernannt worden. Dieser hat jedoch den Auftrag wegen Arbeitsüberlastung abgelehnt. Daraufhin ist der Kardiologe Dr.F ..., Oberarzt im Klinikum P ..., zum Sachverständigen bestellt worden. Er ist in seinem am 03.08.1999 übersandten Gutachten zu folgendem Ergebnis gelangt: Obwohl die koronare Gefäßerkrankung zugenommen habe und auch ein Diabetes mellitus, der medikamentös behandelt werde, dazu gekommen sei, sei ein GdB von 70 bis 80 zutreffend; ebenfalls sei weiterhin das Merkzeichen G, nicht aber das Merkzeichen aG gerechtfertigt. Ein Einzel-GdB von 40 sei für den Bluthochdruck und den Zustand nach Bypassoperation ausreichend. Eine Zunahme der orthopädischen Gesundheitsstörungen habe nicht stattgefunden. Die Diagnosen "Fußheberschwäche links" sowie "spastische Monoparese" seien fragwürdig. Dem Gutachten hat ein radiologisches Zusatzgutachten von Prof.Dr.R ... zugrunde gelegen. Daraufhin hat die 9. Kammer des Sozialgerichts Landshut am 06.12.1999 ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid die Klage abgewiesen, da der Gesamt-GdB mit 80 nicht zu niedrig eingeschätzt worden sei und das Merkzeichen aG weder von Seiten des Herzens noch wegen sonstiger Behinderungen zustehe.

Hiergegen hat die Klägerin Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt und verlangt, dass ihr Fall in einer ordentlichen Verhandlung entschieden werde. Es sei nicht berücksichtigt worden, dass sie zum zweiten Mal am Herzen operiert worden sei, ferner, dass 1999 zwei Bandscheibenvorfälle festgestellt worden seien. Wegen der Zuckerkrankheit müsse sie täglich spritzen, auch dies sei zu wenig beachtet worden. Sie müsse mit ihrem Auto zur Apotheke in die Stadt fahren und sei auf ihr Auto angewiesen. Der Senat hat Ermittlungen hinsichtlich der Diabetes-Erkrankung und der geltend gemachten Bandscheibenvorfälle der Klägerin durchgeführt und Befundberichte von dem Orthopäden Dr.W ... und dem praktischen Arzt Dr.Ra ... beigezogen. Die von beiden Ärzten beigefügten Unterlagen haben auf internistischem Gebiet ergeben, dass bei der Klägerin nach einem Vorderwandinfarkt 1991, einem Hinterwandinfarkt 1993 im selben Jahr eine koronare Bypassoperation und am 15.06.1998 eine zweifache Bypassreoperation durchgeführt worden ist; von 24.02. bis 07.04.1999 ist der seit 1993 bekannte Diabetes der Klägerin mehrfach eingestellt worden, zunächst nur mit Tabletten, dann (auch) auf Insulin. Auf orthopädischem Gebiet ist ein Arztbrief der Orthopädischen Fachklinik Sch ... vom 10.09.1999 übermittelt worden, wonach die Klägerin im August/September 1999 eine Peroneus-Orthese für den linken Unterschenkel zur Verbesserung ihres Gangbilds erhalten hat. Diese Fachklinik hat auch durch MRT der Lendenwirbelsäule am 26.07.1999 in den Segmenten L 2/3 und 4/5 Bandscheibenvorfälle festgestellt. Am 18.05.1999 ist die Klägerin von Dr.Mü ... am linken Handgelenk operiert worden. Nach versorgungsärztlicher Stellungnahme durch den Chirurgen Dr.H ... vom 31.05.2000 sei nach den vorliegenden Befundberichten eine Verschlechterung des Wirbelsäulenleidens nicht ausreichend belegt. Die versorgungsärztliche internistische Stellungnahme von Dr.S ... hat ergeben, dass die Zuckerkrankheit der Klägerin bis Februar 1999 mit GdB 20, danach mit GdB 30 bewertet werden könne; das Herzleiden der Klägerin sei bis Februar 1999 mit Einzel-GdB 50, danach aufgrund des Gerichtsgutachtens von Dr.F ... nur noch mit 40 einzuschätzen. Auch der Nervenarzt Dr.Kl ... hat für den Beklagten die Auffassung vertreten, dass keine Änderung bei der Feststellung der Behinderungen und ihrer Bewertung vorgenommen werden könne, insbesondere seien die Voraussetzungen für Merkzeichen aG nicht gegeben.

Im Erörterungstermin am 16.08.2000 hat die Klägerin einen Entlassungsbericht der Justizvollzugsanstalt Regensburg vom 29.02.2000 vorgelegt, wonach sie vom 28. bis 29.02. inhaftiert war, weil sie nicht bereit gewesen sei, ein Bußgeld wegen unberechtigten Parkens auf einem Behindertenparkplatz zu zahlen. Sie hat erklärt, sie benötige die Parkerlaubnis in D ... oder O ... Sie begehre einen GdB von 100 sowie das Merkzeichen aG, weil sich ihr Herzleiden und ihre Probleme an den Füßen verschlimmert hätten. Daraufhin hat der Senat ein Gutachten des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr.Z ... vom 20.09.2000 eingeholt. Dieser ist nach Untersuchung der Klägerin zu dem Ergebnis gekommen, dass keinesfalls ein höherer GdB als 80 vorliege. Der Einzel-GdB von 50 für das Herzleiden sei eher großzügig; Zeichen einer Herzminderleistung hätten nicht gefunden werden können; die Klägerin sei im EKG bis 50 Watt belastbar gewesen. Nach drei Minuten habe der Test wegen Atemnot, die wohl auf Trainingsmangel beruhe, abgebrochen werden müssen. Es seien leichtgradige Kniegelenksbeschwerden (GdB 20) festgestellt worden; ein GdB von 40 für Knie- und Hüftgelenke sowie Fußheberschwäche erscheine großzügig. Beide Hüftgelenke seien frei beweglich; es sei lediglich von beginnenden Abnützungserscheinungen auszugehen. Die Fußheberschwäche könne nicht bestätigt werden. Die GdB-Werte von 30 für Wirbelsäulenbeschwerden und von 20 für eine Funktionsbeeinträchtigung des Magens seien wohlwollend. Ein psychovegetatives Syndrom sei mit einem GdB von 20 richtig bewertet. Die Behinderung "Diabetes mellitus" sollte neu aufgenommen und mit GdB 40 bewertet werden. Ein höherer GdB als 80 stehe keinesfalls zu; das Merkzeichen aG sei nicht gerechtfertigt. Die Klägerin sei bei der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht regelmäßig auf fremde Hilfe angewiesen. Mit Schriftsatz vom 24.10. hat die Klägerin eingewandt, der Gutachter habe das EKG nicht richtig durchgeführt; sie hat einen Arztbrief der Internistin Dr.Fr ... vom 30.10.2000 vorgelegt, wonach die Klägerin bei einem Belastungs-EKG bei 50 Watt fast kollabiert sei und ihr dringend geraten worden sei, nochmals eine Herzkatheteruntersuchung durchführen zu lassen. In einer nochmaligen versorgungsärztlichen Stellungnahme ist der Internist Dr.S ... am 07.11.2000 zu dem Ergebnis gelangt, dass unter Zugrundelegung eines Einzel-GdB von 40 für das Herzleiden sowie ebenfalls von 40 für die Zuckerkrankheit, 40 für die Funktionsbeeinträchtigung im Bereich der Kniegelenke, der Hüften und der Fußheberschwäche links, 30 für die Funktionsbeeinträchtigungen der Wirbelsäule, 20 im Bereich des Magens und 20 für das psychovegetative Syndrom kein höherer Gesamt-GdB als 80 angemessen sei. Es komme nur das Merkzeichen G, nicht aG in Betracht. Mit ergänzendem Schriftsatz vom 16.11. hat der Beklagte die Auffassung vertreten, dass es dahinstehen könne, ob aufgrund des Arztbriefes von Dr.Fr ... ein Einzel-GdB von 50 für das Herzleiden gerechtfertigt sei. In keinem Fall sei der Gesamtleidenszustand der Klägerin mit einem höheren Gesamt-GdB als 80 zu bewerten.

In der mündlichen Verhandlung am 20.02.2001 hat die Klägerin ihre Berufung bezüglich der Höhe des GdB zurückgenommen.

Die Klägerin beantragt, den Beklagten unter Abänderung des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Landshut vom 06.12.1999 sowie der Bescheide vom 15.03./29.07.1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19.08.1996 zu verurteilen, ihr das Merkzeichen "aG" zuzuerkennen.

Der Bevollmächtigte des Beklagten beantragt, die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 06.12.1999 zurückzuweisen.

Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren die Schwerbehindertenakten des Beklagten sowie die Akte des vorangegangenen Streitverfahrens vor dem Sozialgericht Landshut (S 9 SB 622/96) sowie die erledigten Klageakten des Sozialgerichts Landshut (S 2 Vs 234/91, S 11 Vs 85/89, FdV, S 10 Kr 85/94, S 4 P 108/95, S 2 Ar 674/90, S 3 Ar 301/86, S 4 Ar 447/82, S 3 P 64/97); ferner die erledigte Berufungsakte des Bayer. Landessozialgerichts L 15 Vs 47/92. Zur Ergänzung des Sachverhalts im Berufungsverfahren wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und den Inhalt der Berufungsakte nach § 136 Abs.2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist nach § 4 Abs.6 SchwbG i.V.m. § 143 SGG statthaft; das Rechtsmittel ist form- und fristgerecht eingelegt (§ 151 SGG) und damit insgesamt zulässig. Es erweist sich jedoch als unbegründet.

Das Sozialgericht hat zu Recht die angefochtenen Bescheide des Beklagten bestätigt, soweit darin die Zuerkennung des Merkzeichens aG abgelehnt wurde.

Nach § 48 Abs.1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Eintritt vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Bei den Feststellungsbescheiden nach dem SchwbG handelt es sich um Verwaltungsakte mit Dauerwirkung (BSG SozR 3-1300 § 48 Nr.57 und BSG SozR 1300 § 48 Nr.13). Das Merkzeichen aG steht Schwerbehinderten zu, die sich wegen der Schwere ihres Leidens dauernd nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung außerhalb ihres Kraftfahrzeugs bewegen können. Hierzu zählen Querschnittsgelähmte, Doppelunter- und Doppeloberschenkelamputierte, Hüftexartikulierte, einseitig Oberschenkelamputierte, die dauernd außerstande sind, ein Kunstbein zu tragen oder nur eine Beckenkorbprothese tragen können oder zugleich unterschenkel- oder armamputiert sind sowie andere Schwerbehinderte, die dem vorstehend bezeichneten Personenkreis nach medizinischer Erkenntnis gleichzustellen sind. Nach den "Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz" (AP) 1996 Nr.31 letzter Absatz (Seite 168) können auch Erkrankungen der inneren Organe, wie beispielsweise Herzschäden mit schweren Dekompensationserscheinungen oder Ruheinsuffizienz eine Gleichstellung mit oben genannten Behinderten mit Schäden an den unteren Gliedmaßen rechtfertigen.

Nach den durchgeführten Ermittlungen steht zwar fest, dass sich auf internistischem Gebiet der Gesundheitszustand der Klägerin seit dem Vergleichsbeschedid vom 29.05.1992 verschlechtert hat; einerseits erlitt die Klägerin nach dem Vorderwandinfarkt 1991 einen Hinterwandinfarkt im Jahr 1993 und musste im selben Jahr eine koronare Bypassoperation durchführen lassen. Wegen einer Verschlechterung der Herzdurchblutung und einer erfolglosen Dilatationsbehandlung war im Juni 1998 eine weitere zweifache Bypassoperation erforderlich. Zusätzlich leidet die Klägerin seit 1993 an Diabetes mellitus; sie musste deshalb neben der Einhaltung von Diät bis Ende März 1999 Sulfonyl-Harnstofftabletten einnehmen; seit April 1999 sind Insulininjektionen erforderlich. Trotz der ernsten koronaren Dreigefäßerkrankung der Klägerin konnte sie insbesondere bei den Untersuchungen der gerichtlichen Sachverständigen Dr.F ... und Dr.Z ... im Rahmen des Belastungs-EKGs bis 50 Watt belastet werden, ohne Hinweis darauf, dass eine weitere Belastung kardial ausgeschlossen gewesen wäre. In Übereinstimmung mit den AP 1996 Nr.26.9 ergibt sich für diese Funktionsbeeinträchtigung des Herzens lediglich ein Einzel-GdB von 40. Selbst wenn man davon ausginge, dass eine Ergometerbelastung mit 50 Watt nicht wegen Trainingsmangels oder muskulärer Erschöpfung, sondern unmittelbar wegen der Herzerkrankung problematisch wäre, würde ein entsprechender Einzel-GdB von 50 noch nicht die Voraussetzungen für das Vorliegen einer außergewöhnlichen Gehbehinderung erfüllen. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass bei der Klägerin bereits bei alltäglicher leichter Belastung, z.B. Treppensteigen bis zu einem Stockwerk, oder Ergometerbelastung mit 50 Watt wenigstens zwei Minuten lang vorübergehende schwere Dekompensationserscheinungen auftreten oder gar eine Leistungsbeeinträchtigung bereits in Ruhe vorliegt. Die bei der Klägerin ebenfalls bestehende Zuckerkrankheit hat keine unmittelbare Auswirkung auf die Gehfähigkeit. Die bei der Klägerin im Übrigen vorliegenden Funktionsbeein- trächtigungen an den unteren Gliedmaßen, d.h. Hüftgelenken, Kniegelenken, Beinverkürzung links, Fußheberschwäche links, Umbauveränderungen im Bereich der Lendenwirbelsäule, sind weder einzeln noch insgesamt so schwerwiegend, dass von einer außergewöhnlichen Gehbehinderung, wie sie z.B. bei Doppelober- oder Doppelunterschenkelamputierten besteht, gesprochen werden kann. Das Sozialgericht hat daher zu Recht die Bescheide des Beklagten bestätigt, in denen die Voraussetzungen für das Merkzeichen aG abgelehnt wurden. Die Berufung der Klägerin war daher als unbegründet zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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