L 12 SB 80/97 Ko

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
12
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 9 Vs 9/96.Ko
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 12 SB 80/97 Ko
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Das Versorgungsamt kann eine Entschädigung für einen von einem Arzt angeforderten Befundbericht einschließlich Schreibauslagen nicht verweigern, weil dieser nach Auffassung der Behörde lediglich Angaben zur Diagnose ohne Befundbeschreibung und keine Angaben zu Art und Ausmaß der Fuktionsausfälle
enthalte und deshalb keinen Befundbericht darstelle.
2. Hält sich der Arzt nicht an die Vorgaben der Behörde, so ist die Befundung als Erteilung einer einfachen schriftlichen Auskunft zu werten. Die Ekntschädigung kann in diesem Fall auf den Mindestsatz beschränkt werden.
3. Der Behörde steht es bei mangelnder Verwertbarkeit frei, einen neuen Befundbericht anzufordern, der wiederum zu entschädigen ist.
I. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 30. Oktober 1996 wird zurückgewiesen.
II. Der Beklagte hat den Klägern die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte den Klägern einen Bericht über die Patientin ... zu entschädigen hat.

Das Amt für Versorgung und Familienförderung - Versorgungsamt Landshut - forderte am 10. April 1995 in der Schwerbehindertenangelegenheit der ... von den Klägern einen Bericht an. Darin heißt es wörtlich:"Der/die Obengenannte hat einen Antrag auf Feststellung der Behinderung nach dem SchwbG gestellt und Sie als behandelnden Arzt benannt. Gemäß § 12 Abs.2 des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (KOV-Vfg) bitten wir mitzuteilen, wegen welcher Leiden Sie den/die Antragsteller(in) behandelt haben. Da die alleinige Nennung der Diagnose zur Prüfung des Grades der Behinderung (GdB) und zur Feststellung von sonstigen Nachteilsausgleichen nach dem SchwbG nicht ausreicht, bitten wir Sie, auf der Rückseite dieses Schreibens nähere Angaben zu den Befunden und zu Art und Ausmaß der Funktionsausfälle zu machen sowie Nebenbefunde zu kurzfristiger Auswertung zu übersenden (EKG-, Röntgen- und Laborbefunde, Facharzt- und Krankenhausberichte usw.). Eingehendere Ausführungen benötigen wir jedoch nur zu solchen Leiden, die sich über einen längeren Zeitraum (wenigstens 6 Monate) erstrecken und jetzt noch bestehen. Falls Sie Befunde und Entlassungsberichte anderer Ärzte bzw. Krankenhäuser o.ä. haben, wären wir Ihnen für die kurzfristige Überlassung sehr dankbar."

Auf der Rückseite dieser Anforderung gaben die Kläger am 13. April 1995 unter der Rubrik "Ärztlicher Befundbericht" fünf Diagnosen an (chronische Bronchitis, Reizmagen, Reizblase, Hypertonie, rezidivierendes Ekzem) und beschränkten sich des weiteren auf folgende Angaben "RR z. Zt. normoton. Patientin seit Jahren in ständiger Behandlung."

Mit Bescheid vom 19. April 1995 erstattete das Versorgungsamt Landshut den von den Klägerin geforderten Rechnungsbetrag in Höhe von DM 46,- (Befundbericht DM 40,-; Schreibauslagen DM 4,-; Porto DM 1,-; Durchschlag DM 1,-) nicht, weil der Bericht lediglich Angaben zur Diagnose ohne Befundbeschreibung und ohne Angaben zu Art und Ausmaß der Funktionsausfälle enthalte. Es könne somit keine Entschädigung nach der Nr.3 der Anlage zu § 5 ZSEG sowie für bare Auslagen gewährt werden.

Den dagegen eingelegten Widerspruch begründeten die Kläger damit, daß der Bericht sehr wohl eine Befundbeschreibung enthalte. Zu Art und Ausmaß der Funktionsausfälle hätten sie sich nicht äußern können, da dies eine gutachtliche Äußerung beinhalte, die nach Nr.4 zu bewerten sei. Notwendige Aufwendungen an Porto und Sachkosten wie Schreibauslagen oder Kopien müßten bezahlt werden. Allein durch die Tatsache, daß bei der Diagnose Hypertonie der Blutdruck als z. Z. normoton und damit als gut eingestellt angegeben sei, liege ein Befundbericht vor. Es seien somit DM 20,- sowie die baren Auslagen von DM 6,- zu bezahlen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 28. September 1995 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Als Ausfluß der öffentlich- rechtlichen Pflicht zur Erstellung von Befundberichten erhalte der Arzt eine Entschädigung, die sich gemäß § 21 Abs.3 Satz 4 SGB X nach den Vorschriften des Gesetzes über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen (ZSEG) bemesse. Ein ärztlicher Befundbericht werde nach Nr.3 der Anlage zu § 5 ZSEG innerhalb des Rahmens von DM 20,- bis DM 40,- entschädigt. Voraussetzung sei jedoch, daß überhaupt ein Befundbericht vorliege. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Der Bericht enthalte lediglich Diagnosen ohne Befundbeschreibung sowie den zusätzlichen Hinweis, daß der Blutdruck derzeit normoton sei. Ein Ersatz von Schreibauslagen sei gemäß § 11 Abs.1 ZSEG zu erstatten, soweit diese notwendig und angefallen seien. Da die Ausführungen für die Versorgungsverwaltung medizinisch nicht verwertbar gewesen seien, seien auch die baren Auslagen nicht zu erstatten.

Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 10. Oktober 1995 Klage zum Sozialgericht Landshut, die nach Trennung zunächst das Aktenzeichen S 10 Vs 9/96 Ko, später das Aktenzeichen S 9 Vs 9/96 Ko erhielt. Sie vertraten die Auffassung, daß es sich um einen Befundbericht mit medizinischem Aussagewert handele. Auch die nachgewiesenen Auslagen seien zu bezahlen.

Sie beantragten sinngemäß, den Befundbericht mit DM 20,- zu entschädigen und die daneben angefallenen Kosten von DM 6,- zu erstatten.

Die Beklagte beantragte, die Klage abzuweisen.

Sie verwies in ihrer Klageerwiderung auf ein Urteil des Bundessozialgerichts vom 11. November 1987, Az.: 9a RVs 3/86, in dem die Mindestanforderungen an einen Befundbericht umschrieben seien. Mit der bloßen Nennung von Diagnosen und dem Hinweis, daß der Blutdruck z.Zt. normoton sei, sei kein Befundbericht abgegeben worden. Die Ausführungen seien für die Versorgungsverwaltung wertlos. Auch die baren Auslagen könnten nach den Beurteilungskriterien der Versorgungsverwaltung nicht erstattet werden.

Nachdem sich die Beteiligten mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt hatten, verurteilte das Sozialgericht mit einem im schriftlichen Verfahren ergangenen Urteil vom 30. Oktober 1996 den Beklagten, den Klägern den Betrag von DM 26,- zu zahlen. Der Bericht enthalte nämlich außer der Mitteilung von Diagnosen auch Befundangaben, wobei die Diagnosen "chronische Bronchitis, Reizmagen, Reizblase" Befundangaben gleich zu achten seien. Zwar sei der Inhalt des Befundberichts sehr knapp und für die nach dem Schwerbehindertengesetz zutreffenden Feststellungen nur von geringem Wert. Auf die Erstellung von ausführlicheren Befundberichten hinzuwirken, könne seitens des Beklagten nicht durch die im vorliegenden Fall vorgenommene Auslegung der Nr.3 der Anlage zu § 5 ZSEG, sondern nur durch eine Änderung des Gesetzes bzw. des Entschädigungsrahmens für Befundberichte erreicht werden. Das Urteil des Sozialgerichts enthält die Rechtsbehelfsbelehrung, daß das Urteil nicht mit der Berufung angefochten werden könne. Eine ausdrückliche Nichtzulassung der Berufung ist weder im Tenor noch in den Entscheidungsgründen des Urteils enthalten.

Gegen das am 21. Januar 1997 zugestellte Urteil hat der Beklagte zunächst Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung eingelegt. Mit Beschluss vom 17. April 1997 ließ das Sozialgericht die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zu. Das Bechwerdeverfahren wurde daraufhin als Berufungsverfahren unter dem Az.: L 12 SB 80/97 Ko fortgeführt.

Zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde und damit auch der Berufung wird ausgeführt, daß sich aus § 21 Abs.3 Satz 1 SGB X eine Pflicht zur Erstellung von Befundberichten ergebe. Dafür erhalte der Arzt eine Entschädigung, die sich nach den Vorschriften des ZSEG bemesse. Die Kläger seien dieser Pflicht durch Abgabe eines nicht verwertbaren Berichts vom 13. April 1995 nicht nachgekommen. Sie könnten demnach weder eine Entschädigung nach der Anlage Nr.3 zu § 5 ZSEG noch eine Erstattung der baren Auslagen verlangen. Das Anforderungsschreiben sei eindeutig so gefaßt, daß Mißverständnisse über den Umfang der verlangten Auskunft nicht entstehen könnten. Ausdrücklich werde darauf hingewiesen, daß die alleinige Nennung von Diagnosen nicht ausreiche. Außerdem sei um Angaben zu den Befunden und zu Art und Ausmaß der Funktionsausfälle gebeten worden. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 8. Oktober 1987, Az.: 9a RVs 16/86) könne ein Arzt keine Entschädigung verlangen, wenn die schriftliche Auskunft hinter den Anforderungen zurückbleibe, die die Versorgungsverwaltung klar und unmißverständlich formuliert habe. Die im Bericht vom 13. April 1995 genannten Diagnosen seien - entgegen der Auffassung des Sozialgerichts - Befundangaben nicht gleichzusetzen, da allein aus diesen Angaben ohne nähere Befundschilderung und ohne Art und Ausmaß der Funktionsausfälle eine GdB-Festsetzung nicht möglich sei. Der Beklagte wies des weiteren erneut auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 11. November 1987, Az.: 9a RVs 3/86 zu den Mindestanforderungen, die an einen Befundbericht zu stellen seien, hin.

Der Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 30. Oktober 1996 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 19. April 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. September 1995 abzuweisen. Hilfsweise beantragt er die Zulassung der Revision.

Die Kläger beantragen, die Berufung zurückzuweisen.

Die Kläger halten das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend.

Sie vertreten in ihrer Berufungserwiderung vom 28. August 1997 die Meinung, daß durch das ZSEG klargestellt sei, daß es aufgrund der Inanspuchnahme durch eine Behörde nicht zu unzumutbaren Erwerbsverlusten des Arztes kommen dürfe. Die objektive Verwertbarkeit der Leistung sei keine Voraussetzung für den Entschädigungsanspruch.

Dem Senat liegen die Verwaltungsakte, die Klageakte (Az.: S 9 Vs 9/96 Ko) sowie die Berufungsakte (Az.: L 12 SB 80/97 Ko) vor, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden und auf deren Inhalt ergänzend Bezug genommen wird.

Entscheidungsgründe:

Die vom Sozialgericht nach den §§ 144 Abs.2 Nr.1, 145 Abs.5 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zugelassene Berufung des Beklagten ist unbegründet. Denn der von den Klägern mit Klage angefochtene Bescheid des Beklagten vom 19. April 1995 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. September 1995, mit denen eine Entschädigung der Kläger für den am 13. April 1995 erstellten Bericht sowie eine Erstattung weiterer Aufwendungen abgelehnt wurde, hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Das Sozialgericht hat deshalb mit dem vom Beklagten angefochtenen Urteil vom 30. Oktober 1996 - jedenfalls im Ergebnis - den Beklagten, wie von den Klägern begehrt, zu Recht zur Zahlung von DM 26,- verurteilt.

Rechtsgrundlage für den Entschädigungsanspruch der Kläger ist § 21 Abs.3 Satz 4 SGB X in Verbindung mit Nr.3 der Anlage zu § 5 des Gesetzes über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen (ZSEG).

Nach § 21 Abs.1 Satz 2 Nr.2 SGB X kann eine Behörde der Sozialverwaltung im Rahmen des für sie geltenden Untersuchungsgrundsatzes (§ 20 SGB X) zur Ermittlung des für die Entscheidung erforderlichen Sachverhalts Zeugen vernehmen oder von diesen schriftliche Auskünfte einholen. Dazu gehören auch Auskünfte von Ärzten über den Gesundheitszustand von Patienten. Die Zeugen sind dabei zur Aussage bzw. zur Erteilung der schriftlichen Auskunft verpflichtet (§ 21 Abs.3 Satz 1 und 2, 22 SGB X). Da es sich insoweit um eine Indienstnahme Privater für öffentliche Aufgaben handelt, steht dem Zeugen als Gegenleistung für die Erfüllung der Verpflichtung zur Auskunft keine Vergütung (Honorar) sondern lediglich eine Entschädigung nach gesetzlich geregelten Entschädigungssätzen zu (vgl. BVerfG 33, 240 (244); 85, 329 (334)). Demgemäß sieht § 21 Abs.3 Satz 4 SGB X eine entsprechende Anwendung des ZSEG vor. Nach § 5 Abs.1 ZSEG richtet sich die zu gewährende Entschädigung für bestimmte von einem Sachverständigen oder einem sachverständigen Zeugen tatsächlich erbrachte Verrichtungen, die in der Anlage näher bezeichnet sind, nach dieser Anlage. Diese sieht pauschalierte Entschädigungssätze vor. Nach Nr.3 der Anlage zu § 5 ZSEG i.d.F. des Art.6 Abs.2 Nr.3 des Kostenrechtsänderungsgesetzes 1994 vom 24. Juni 1994 (BGBl I S.1325) erhält der Arzt für die Ausstellung eines Befundscheines oder der Erteilung einer schriftlichen Auskunft ohne nähere gutachtliche Äußerung eine Entschädigung in Höhe von DM 20,- bis DM 40,-. Bei außergewöhnlich umfangreicher Tätigkeit erhält der Arzt eine Entschädigung bis zu DM 70,-.

Der Wortlaut der letztgenannten Bestimmung unterscheidet zwischen "Ausstellung eines Befundscheines" und "Erteilung einer schriftlichen Auskunft". Beide Tatbestandmerkmale stehen durch die Verknüpfung "oder" alternativ gleichrangig und gleichwertig nebeneinander. Allerdings handelt es sich bei der "Ausstellung eines Befundscheines" um eine besondere Form der "Erteilung einer schriftlichen Auskunft". Die Erteilung einer (einfachen) schriftlichen Auskunft durch einen Arzt, der als sachverständiger Zeuge herangezogen wird, löst nach dem klaren und eindeutigen Wortlaut der Anlage 3 zu § 5 ZSEG jedoch bereits einen Entschädigungsanspruch in Höhe des Mindestsatzes von DM 20,- aus.

So liegt der Fall hier. Die Kläger sind als sachverständige Zeugen tätig geworden. Denn sie haben mit den Angaben der Diagnosen, des Blutdrucks und der Behandlungsdauer im Bericht vom 13. April 1995 durch eine bewertende Auswahl eigene Wahrnehmungen von vergangenen Tatsachen und Zuständen bekundet, für die ihre besondere Sachkunde als Ärzte erforderlich ist (vgl. BSG, Urteil vom 11. November 1987, Az.: 9a RVs 3/86, SozR 1925 § 8 Nr.1 S.3; BSG, Urteil vom 26. November 1991, Az.: 9a RV 25/90, Medizin im Sozialrecht (Meso) B 20b/58 S.60; BSG, Urteil vom 9. April 1997, Az.: 9 RVs 6/96, SozR 3-1925 § 2 Nr.1 S.2; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 11. Dezember 1997, Az.: L 7 Vs 97/97 S.5 f; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 24. Juni 1998, Az.: L 10 SB 18/98 S.7f; Beschluss des Senats vom 23.Mai 1995, Az.: L 12 B 262/93 U S.6; Beschluss des Senats vom 2. Juni 1995, Az.: L 12 B 254/93 Ar S.6; Beschluss des Senats vom 16. Dezember 1997, Az.: L 16 V 31/92 SVG Ko S.4; Beschluss des Senats vom 12. August 1998, Az.: L 20 RJ 562/93 Ko S.4). Die Kläger haben demnach als tatsächliche Verrichtung eine schriftliche Auskunft im Sinne der Nr.3 der Anlage zu § 5 ZSEG erteilt. Dafür steht ihnen eine Entschädigung in Höhe des Mindestsatzes von DM 20,- zu.

Es kann deshalb dahingestellt bleiben, welche Mindestanforderungen an die "Ausstellung eines Befundscheines" (Befundbericht) im Sinne der Nr.3 der Anlage zu § 5 ZSEG zu stellen sind (dazu: BSG, Urteil vom 11. November 1987, Az.: 9a RVs 3/86, SozR 1925 § 8 Nr.1 S. 3f." bewertende Auswahl von ärztlichen Befunderhebungen" sowie "wertende Einordnung in Diagnosen"; weitergehend die Gesetzesbegründung zu Art.6 Abs.2 Nr.3 des Kostenrechtsänderungsgesetzes 1994, BT-Drucksache 12/6962 S.90, ebenso Meyer/Höver/Bach, ZSEG, 20.Auflage, Nr.3 der Anlage zu § 5 Rdnr.1.2; aus der Literatur zu den Gebührenordnungen: Brück, Kommentar zum EBM 1978, Nr.14 ff. Rdnr.5; Krümmel/Kleinken/Warlo, Kommentar zur GOÄ 1988, Nr.14 ff. Rdnr.4).

Soweit sich der Beklagte darauf beruft, daß sich die Kläger nicht an das Anforderungsschreiben vom 10. April 1995 gehalten haben und insoweit auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts verweist (vgl. Urteil vom 8. Oktober 1987, Az.: 9a RVs 16/86, SozR 1925 § 5 Nr.1 S.4), so ist letztere nach Auffassung des Senats auf eine Entschädigung nach Nr.3 der Anlage zu § 5 ZSEG nicht anwendbar. Das vorgenannte Urteil des Bundessozialgerichts betrifft lediglich die Entschädigung für einen ärztlichen Befundbericht mit gutachtlicher Stellungnahme im Sinne der Nr.4 der Anlage zu § 5 ZSEG. Auch diese Entschädigung richtet sich nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. BSG, a.a.O., S.2) in erster Linie nach der tatsächlichen Verrichtung des Arztes. Dieses stellt jedoch für die Frage, ob der Arzt als sachverständiger Zeuge nach Nr.3 oder als Sachverständiger Nr.4 in Anspruch genommen wurde, auch darauf ab, wie der Arzt das Anforderungsschreiben verstehen konnte, insbesondere, ob er zu einer Verrichtung im Sinne der Nr.4 ("mit kurzer gutachtlicher Äußerung") beauftragt wurde. Da hier von den Klägern ganz eindeutig nur eine Verrichtung erbracht worden ist, die - wie bereits ausgeführt - mit dem Mindestsatz nach Nr.3 der Anlage zu § 5 ZSEG zu entschädigen ist, spielt der Auftrag keine Rolle, zumal ein sachverständiger Zeuge, anders als ein Sachverständiger, nicht einen bestimmten Auftrag (Beantwortung bestimmter Beweisfragen) auszuführen hat (vgl.§§ 407, 407a, 411 ZPO), sondern lediglich dasjenige zum Beweisthema zu äußern hat, das ihm bekannt ist (vgl. § 396 ZPO). Diese Grundsätze gelten auch bei der Anforderung einer schriftlichen Auskunft (Befundbericht). Der Umfang der gewünschten schriftlichen Auskunft bestimmt sich nach dem Anforderungsschreiben. Dieses wirkt sich auf die Höhe der Entschädigung aus: Je umfangreicher die erbetene Auskunft ist, desto höher ist die dafür zu gewährende Entschädigung. Der Entschädigungssatz kann bei einer außergewöhnlichen umfangreichen Tätigkeit bis zu DM 70,- reichen.

Hält sich ein Arzt - wie hier die Kläger - nicht an das Anforderungsschreiben, mit dem im vorliegenden Fall insbesondere nähere Angaben zu den Befunden und zu Art und Ausmaß der Funktionsausfälle erbeten wurden, so führt dies nicht dazu, daß der sachverständige Zeuge den Entschädigungsanspruch, den er für die erbrachte tatsächliche Verrichtung - wie hier der knappen schriftlichen Auskunft - erworben hat, verliert; die Entschädigung ist allerdings auf den Mindestsatz beschränkt.

Für den Entschädigungsanspruch der Kläger ist auch die Frage der Verwertbarkeit ohne Bedeutung. Diese Frage betrifft den Inhalt der Auskunft. Ebenso wie bei der mündlich gemachten Zeugenaussage ist der Inhalt einer schriftlichen Auskunft gemäß des auch im Verwaltungsverfahren geltenden Grundsatzes der freien Beweiswürdigung (dazu: Schroeder-Printzen u.a., SGB X, 3.Auflage, § 20 Rdnr.8; KassKomm-Krasney, § 20 SGB X Rdnr.10; für das gerichtliche Verfahren: Meyer-Ladewig, SGG, 6. Auflage, § 128 Rdnr.4 ff) im Rahmen des Beweisergebnisses zu würdigen. Hält der Beklagte die schriftliche Auskunft (Befundbericht) für inhaltlich nicht ausreichend oder für nicht verwertbar, so kann er im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes (§ 20 SGB X) eine weitere Auskunft (Befundbericht) anfordern, die (den) er erneut nach Nr.3 der Anlage zu § 5 ZSEG zu entschädigen hat. Falls der sachverständige Zeuge seiner in § 21 Abs.3 SGB X festgelegten Mitwirkungspflicht nicht nachkommt, hat der Beklagte dann noch die Möglichkeit, seine Vernehmung durch das zuständige Sozialgericht gemäß § 22 SGB X zu veranlassen.

Neben der Entschädigung nach Nr.3 der Anlage zu § 5 ZSEG steht den Klägern nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. Beschluss vom 2. Juni 1995, Az.: L 12 B 254/93 Ar S.10 f; Beschluss vom 16. Dezember 1997, Az.: L 16 V 31/92 SVG Ko S.5 f; Beschluss vom 12. August 1998, Az.: L 20 RJ 262/93 Ko; a.A. BSG, Urteil vom 11. November 1987, Az.: 9a RVs 3/86 SozR 1925 § 8 Nr.1 S.4 f.; BSG, Urteil vom 9. April 1997, Az.: 9 RVs 6/96, SozR 3- 1925 § 2 Nr.1 S.4 f.) ein Anspruch auf Ersatz ihrer Schreibauslagen in entsprechender Anwendung des § 8 Abs.1 Nr.3 ZSEG zu. Der Senat folgt dabei der Praxis der bayerischen Sozialgerichtsbarkeit. Diese entspricht der im streitigen Zeitpunkt geübten Praxis der Beklagten (vgl. dazu den im Parallelverfahren Az.: L 12 SB 79/97 Ko vorgelegten Antrag auf Entschädigung nach dem ZSEG im Schwerbehindertenverfahren gemäß dem Formblatt des Beklagten). Zwar gilt § 8 ZSEG unmittelbar nur für die Entschädigung des Sachverständigen. Der Herstellungsaufwand einer schriftlichen Auskunft im Sinne der Nr.3 der Anlage zu § 5 ZSEG unterscheidet sich jedoch nicht so erheblich von dem Aufwand, der mit der Fertigung eines Befundberichts mit kurzer gutachtlicher Äußerung im Sinne der Nr.4 der Anlage zu § 5 ZSEG verbunden ist. Eine unterschiedliche Handhabung ist deshalb nach Auffassung des Senats nicht gerechtfertigt. Die im Gesetz vorgesehene pauschale Entschädigung ist zudem so gering, daß eine Zurechnung dieses Aufwands zu den allgemeinen Praxiskosten und damit eine Abgeltung durch die Pauschale nach Nr.3 der Anlage zu § 5 ZSEG, wie dies das Bundessozialgericht meint, unangemessen erscheint.

Soweit der Beklagte die Ablehnung des Ersatzes des Schreibaufwands auf die fehlende Verwertbarkeit stützt, ist dies ohne Belang. Denn für den Anspruch des in § 8 ZSEG geregelten Aufwendungsersatzes kommt es nur darauf an, daß der zu ersetzende Aufwand tatsächlich angefallen ist und notwendig war. Dies ist hier der Fall. Den Klägern ist demnach, wie von ihnen beantragt, der Schreibaufwand für die schriftliche Auskunft vom 13. April 1995 in Höhe von DM 4,- zu ersetzen.

Darüber hinaus ist in entsprechender Anwendung des § 11 Abs.2 ZSEG der Aufwand der für die Handakte gefertigten Fotokopie zu ersetzen. Die Höhe richtet sich insoweit nicht nach den tatsächlichen angefallenen Kosten, sondern nach dem Gerichtskostengesetz (GKG). Nach der insoweit einschlägigen Nr.9000 KV-GKG werden für die ersten 50 Seiten je Seite DM 1,- ersetzt. Im vorliegenden Fall ist demnach, wie von den Klägern beantragt, für einen Durchschlag DM 1,- zu erstatten.

Im übrigen sind die geltend gemachten tatsächlich angefallenen Portokosten in Höhe von DM 1,- in entsprechender Anwendung des § 11 Abs.1 ZSEG zu ersetzen.

Insgesamt steht demnach den Klägern ein Zahlungsanspruch in Höhe von DM 26,- zu, zu dessen Zahlung das Sozialgericht Landshut den Beklagten mit dem angefochtenen Urteil verpflichtet hat.

Aus diesen Gründen ist die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 30. Oktober 1996 zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 Abs.1 SGG und beruht auf der Erwägung, daß die Kläger auch im Berufungsverfahren obsiegt haben.

Gründe, die Revision nach § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor. Der Rechtsstreit wirft keine Rechtsfragen grundsätzlicher Art auf, die bislang von der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht geklärt sind (Nr.1). Der Senat ist zwar bei der Erstattungsfähigkeit von Schreibauslagen von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts abgewichen (Nr.2). Im streitigen Zeitpunkt sah die Praxis des Beklagten jedoch - ebenfalls entgegen der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts - eine Erstattung von Schreibauslagen für eine schriftliche Auskunft (Befundbericht) vor (vgl. dazu den im Parallel- verfahren vorgelegten Antrag auf Entschädigung nach dem ZSEG im Schwerbehindertenverfahren gemäß Formblatt des Beklagten).
Rechtskraft
Aus
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