L 11 AL 260/98

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 5 AL 803/96
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 AL 260/98
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 21. Januar 1998 (S 8 AL 801/96) aufgehoben und die Klage abgewiesen.
II. Die Berufung des Klägers zu 2.) gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 18.06.1998 (S 5 AL 803/96) wird zurückgewiesen.
III. Außergerichtliche Kosten sind für beide Kläger nicht zu erstatten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Aufhebung der Bewilligungen von Arbeitslosengeld (Alg) wegen nachträglich festgestellter mangelnder Arbeitnehmereigenschaft der Kläger in der Rahmenfrist.

Die Kläger meldeten sich am 02.08.1995 beim Arbeitsamt Nürnberg arbeitslos und beantragten Alg. Sie gaben in der jeweils von ihnen selbst unterzeichneten Arbeitsbescheinigung an, vom 01.05.1986 bis 31.07.1995 bei der ...GmbH, als Geschäftsführer tätig gewesen zu sein. Sie hätten zuletzt ein Gehalt von 5.052,00 DM monatlich gehabt. Die Beschäftigungsverhältnisse seien wegen Konkurses am 31.07.1995 beendet worden. In die Feststellungsbögen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung von Gesellschafter-Geschäftsführern einer GmbH trugen die Kläger ein: An dem Gesamtkapital der Gesellschaft von 51.000,00 DM seien sie jeweils mit 17.000,00 DM beteiligt gewesen. Neben ihnen seien ihre Ehefrauen, Frau R ... und Frau G ..., mit jeweils 8.500,00 DM beteiligt gewesen. Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit habe 38,5 Stunden betragen. Sie seien als Geschäftsführer wie fremde Arbeitnehmer dem Direktionsrecht der Gesellschaft bzgl. Zeit, Ort und Art der Beschäftigung unterworfen gewesen. Das Direktionsrecht sei von der Gesellschafterversammlung ausgeübt worden.

Die Kläger legten den notariellen Errichtungsvertrag der GmbH vom 02.04.1986 nebst Satzung der GmbH und ihre gleichlautenden Geschäftsführerverträge (GfV) vom 07.05.1986 vor. Nach den GfV waren die Kläger als Geschäftsführer jeweils allein vertretungsberechtigt und von der Beschränkung des § 181 BGB befreit. Gem. § 7 GfV waren sie im Innenverhältnis der Gesellschaft nur gemeinsam zur Geschäftsführung befugt. Nach § 8 der GfV hatten die Kläger der GmbH ihre volle Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen. An bestimmte Arbeitszeiten sollten sie nicht gebunden sein. Sie hatten jedoch jederzeit, wenn und soweit es das Wohl der Gesellschaft erforderte, zur Verfügung zu stehen. Ihnen standen 30 Werktage Urlaub zu. Der Urlaub war mit den anderen Gesellschaftern abzustimmen. Die Kündigungsfristen betrugen für die Gesellschaft und die Kläger jeweils sechs Monate zum Ende des Geschäftsjahres.

Mit Bescheid vom 05.10.1995 bewilligte die Beklagte dem Kläger zu 1. Alg für 676 Tage ab 02.08.1995.

Mit Bescheid vom 03.11.1995 erfolgte die Bewilligung von Alg für den Kläger zu 2. ab 02.08.1995 für 832 Tage.

Mit den streitgegenständlichen Bescheiden des Arbeitsamtes Nürnberg vom 29.12.1995 in der Fassung der Widerspruchsbescheide vom 08.08.1996 wurden die Bewilligungen von Alg mit Wirkung jeweils vom 01.01.1996 aufgehoben, weil die Kläger in der Rahmenfrist vom 02.08.1992 bis zum 01.08.1995 nicht in einer beitragspflichtigen Beschäftigung gestanden hätten. Eine persönliche Abhängigkeit zur GmbH habe nicht bestanden. Die Kläger hätten zusammen mit ihren Ehefrauen jeweils die Hälfte des Gesellschaftsvermögens und damit der Stimmen gehalten. Ein gegenseitiges Weisungsrecht habe nicht bestanden. In den formal weisungsberechtigten Gesellschafterversammlungen hätten die jeweiligen Familienverbände jeweils die Hälfte des Stimmrechtes gehabt. Jeder Gesellschafter-Geschäftsführer sei somit zusammen mit seiner Ehefrau allein vertretungsberechtigt gewesen. Nach der tatsächlichen Durchführung des GfV seien die Kläger hinsichtlich Zeit, Dauer, Umfang und Ort der Tätigkeit weisungsfrei gewesen. Die Kläger hätten mit ihren Ehefrauen jeweils ein erhebliches Unternehmensrisiko in der GmbH getragen, weil sie mit ihren Ehefrauen gegenüber der Bank jeweils eine Bürgschaft von insgesamt 100.000,00 DM eingegangen seien. Die Kläger hätten in ihren Alg-Anträgen bzw in den dazu eingereichten Feststellungsbögen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung von Gesellschafter-Geschäftsführern einer GmbH grob fahrlässig unrichtige Angaben zu ihren Arbeitnehmereigenschaften gemacht. Deshalb könnten die Bewilligungsbescheide gem § 45 Abs 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) iVm § 152 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) mit Wirkung ab 01.01.1996 aufgehoben werden.

Gegen diese Entscheidungen haben die Kläger zum Sozialgericht Nürnberg Klage erhoben. Zur Begründung trugen sie vor: Sämtliche Entscheidungen in der Gesellschafterversammlung seien einstimmig gefasst worden. Nach § 7 GfV seien sie nur gemeinsam zur Geschäftsführung befugt gewesen. So sei dies in der Gesellschaft auch stets gehandhabt worden. Sie seien hinsichtlich von Zeit, Dauer und Umfang der Tätigkeit nicht weisungsfrei gewesen. Zwischen den Gesellschaftern sei vereinbart gewesen, dass sie sich an die üblichen Arbeitszeiten zu halten hätten. Es sei insofern der Tarifvertrag Metall zu Grunde gelegt worden. Die Kläger hätten ihre Arbeitszeiten gestempelt wie jeder andere Arbeitnehmer auch. Umfang und Ort der Tätigkeiten seien jeweils auf Grund der betrieblichen Notwendigkeit untereinander abgestimmt worden. Die ...-GmbH sei aus einer Schlosserei hervorgegangen. Es seien Fenster, Türen und Wintergärten montiert worden mit zunächst durchschnittlich acht Mitarbeitern. Zuletzt seien immer weniger Mitarbeiter da gewesen. Der Kläger zu 2. habe die Einbauten in der Werkstatt gefertigt, während der Kläger zu 1. auf den Baustellen für den Einbau zuständig gewesen sei. Dabei hätten sie immer selbst mit Hand angelegt. Für die kaufmännische Bearbeitung der Aufträge sei in der letzten Zeit eine Halbtagskraft eingestellt worden. Die Kläger hätten feste Monatsgehälter, die als Arbeitsentgelte verbucht wurden, aber keine Tantiemen oder Gewinnbeteiligungen erhalten. Fortlaufend seien für sie Sozialabgaben entrichtet worden. Weder durch die finanzamtlichen Betriebsprüfungen noch durch die Prüfungen der Krankenkasse sei Sozialversicherungspflicht der Kläger jemals beanstandet worden. Unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände sei ein beitragspflichtiges Beschäftigungsverhältnis der Kläger gegeben gewesen. Hilfsweise hätten sie Vertrauensschutz iS des § 45 SGB X gehabt.

Die Beklagte hat im Klageverfahren auf ihre Begründung im Widerspruchsbescheid verwiesen.

In den vor dem Sozialgericht (SG) noch getrennten Verfahren der Kläger haben die zuständigen Kammern jeweils den anderen Gesellschafter als Zeugen vernommen. Der Kläger zu 2. hat ausgesagt: Zuletzt hätte jährlich eine Gesellschafterversammlung stattgefunden, bei der die Ehefrauen anwesend gewesen seien. Diese hätten sich bis auf die Teilnahme an den Gesellschafterversammlungen an dem Betrieb nicht aktiv beteiligt. Eine Halbtagskraft sei für den kaufmännischen Teil des Betriebes, insbesondere für die Auftragsbeschaffung eingestellt gewesen. Der Kläger zu 1. sei auf den Baustellen, er selbst vorrangig in der Werkstatt beschäftigt gewesen.

Die ebenfalls als Zeugin vernommene Gesellschafterin Frau G ... hat ausgesagt: Sie habe sich nicht um die GmbH gekümmert, da sie selbst ganztags beschäftigt gewesen sei. Bei Bilanzbesprechungen habe der Steuerberater das Wort geführt.

Die 8. Kammer des SG hat mit Urteil vom 21.01.1998 (S 8 AL 801/96) den Aufhebungsbescheid von 29.12.1995 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 08.08.1996 im Verfahren des Klägers zu 1. aufgehoben. Er sei nach dem GmbH-Vertrag nicht in der Lage gewesen, sich gegenüber den Weisungen der Mehrheit der Stimmen in Bezug auf Zeit, Dauer, Umfang und Ort seiner Geschäftsführertätigkeit zur Wehr zu setzen. Insbesondere habe er eine Abberufung als GmbH-Geschäftsführer nicht verhindern können. Nach den Angaben des Klägers zu 2. habe der Kläger zu 1. in der Verwaltungs- und Geschäftsführung keine maßgebliche Kompetenz gehabt. Lediglich für den rein technischen Außenbereich habe der Kläger zu 1. annähernd selbständig agieren können. Er habe wie andere qualifizierte Arbeitnehmer einen Arbeitsrahmen einzuhalten sowie seinen Urlaub in Abstimmung mit den anderen Beschäftigten einzubringen gehabt. Nach den Aussagen seiner Ehefrau habe der Kläger zu 1. auch nicht uneingeschränkt auf eine Rückendeckung durch seine Ehefrau in der Gesellschafterversammlung rechnen können. Das Ehepaar habe in der Gesellschafterversammlung nicht über eine Stimmenmehrheit verfügt.

Das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 21.01.1998 ist der Beklagten am 20.04.1998 zugestellt worden. Dagegen hat diese am 05.05.1998 Berufung eingelegt.

Die 5. Kammer des SG hat in dem Verfahren des Klägers zu 2. den Kläger zu 1. als Zeugen vernommen. Er hat ausgesagt: Gesellschafterversammlungen hätten mit dem Steuerberater stattgefunden; die Ehefrauen seien anwesend gewesen. Sie hätten sich an dem Betrieb nicht aktiv beteiligt. Die Besprechungen mit der Bank seien von den Klägern gemeinsam erfolgt.

In diesem Verfahren ist die Barmer Ersatzkasse als Beitragseinzugsstelle beigeladen worden.

Das SG hat mit Urteil vom 18. Juni 1998 die Klage des Klägers zu 2. (S 5 AL 803/96) gegen den Aufhebungsbescheid vom 29.12.1995 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 08.08.1996 abgewiesen. Die Beklagte habe zu Recht die Bewilligung von Alg für die Zukunft gemäß § 45 Abs 1 SGB X zurückgenommen. Der Kläger zu 2. habe in der Rahmenfrist (§ 104 AFG) keine die Beitragspflicht begründende Beschäftigung ausgeübt. Eine beitragspflichtige Beschäftigung sei durch die persönliche Abhängigkeit des Arbeitnehmers geprägt, die durch ein Weisungsrecht des Arbeitgebers in Bezug auf Zeit, Dauer und Ort der Arbeitsausführung charakterisiert werde. Das Weisungsrecht könne bei Diensten höherer Art erheblich eingeschränkt sein, vollständig entfallen dürfe es jedoch nicht. Demgegenüber werde die selbstständige Tätigkeit durch das Unternehmerrisiko und das Recht sowie die Möglichkeit gekennzeichnet, über die eigene Arbeitskraft, über Arbeitsort und Arbeitszeit frei zu verfügen. In Zweifelsfällen komme es darauf an, welche Merkmale überwiegen. Der Kläger zu 2. habe nach seinem eigenen Vortrag und dem Ergebnis der Einvernahme des Klägers zu 1. bei der Ausgestaltung seiner Arbeit nicht speziellen Weisungen unterlegen. Seine Tätigkeit in der ...-GmbH sei durch die familienhafte und freundschaftliche Rücksichtnahme auf das gemeinsame Ziel - eine selbstständige Existenz zu schaffen - geprägt gewesen. Die beiden Gesellschafter-Geschäftsführer hätten sich die Ordnung, der sie sich unterworfen hätten, selbst gesetzt. Nach der Umwandlung der Gesellschaft in die ...-GmbH habe keine Gesellschafterversammlung stattgefunden, die den Kläger zu 2. bei der Ausführung seiner Arbeit hätte binden können. Er sei in riskanter Weise finanziell in dem Unternehmen engagiert gewesen. Dies sei in wirtschaftlicher Hinsicht für einen Arbeitnehmer ganz untypisch. Er habe mit seinem Mitgesellschafter-Geschäftsführer Arbeitgeberfunktionen ausgeübt.

Das Urteil vom 18. Juni 1998 ist dem Kläger zu 2. am 09.07.1998 zugestellt worden. Dagegen hat dieser am 06.08.1998 Berufung eingelegt.

Der erkennende Senat hat die beiden Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Ferner hat er die Zeugin R ..., Ehefrau des Klägers zu 2., vernommen. Nach ihrer Aussage seien die Kläger in den letzten Jahren nur noch allein in dem Betrieb tätig gewesen. Für kaufmännische Tätigkeiten sei bis zum Frühjahr 1995 eine Halbtagskraft angestellt gewesen.

Die Kläger tragen vor: Die Indizien für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis der Kläger überwiegen. Vor dem Ausscheiden des Gesellschafters L ... sei ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis der Kläger gegeben gewesen. Später habe sich nichts geändert. Die Kläger hätten keine Sperrminorität in der Gesellschafterversammlung gehabt. Aus der Bürgenhaftung könne kein Indiz für die selbständige Tätigkeit der Kläger gezogen werden. Ohne Bürgenhaftung könne eine GmbH kaum Mittel von Banken erlangen. Die Kläger hätten dadurch nur ihre Arbeitsplätze sichern wollen.

Der Kläger zu 1. beantragt

Zurückweisung der Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG Nürnberg vom 21.01.1998.

Der Kläger zu 2. beantragt

Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Nürnberg vom 18.06.1998 und des Bescheides vom 29.12.1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.08.1996.

Die Beklagte beantragt

zu 1. Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Nünrberg vom 21.01.1998 und Abweisung der Klage zu 2. Zurückweisung der Berufung.

Die Beklagte meint: In der Rahmenfrist sei die Geschäftsführertätigkeit der Kläger mehr durch ein gleichberechtigtes Nebeneinander der beiden Geschäftsführer der GmbH denn durch ein Über- bzw Unterordnungsverhältnis geprägt gewesen. Die hohe Bürgschaft der Kläger wegen der Darlehensgewährung der ...bank zeige ein hohes unternehmerisches Engagement der Kläger an der GmbH, das für einen abhängigen Arbeiter völlig untypisch sei. Beachtlich sei, dass die Kläger ihre Arbeitsbescheinigungen selbst unterschrieben hätten.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird verwiesen auf die Verfahrensakten und die des Sozialgerichts (Az: S 8 Al 801/96 und (S 5 Al 803/96) und die Stammakten der Beklagten (Nr 671307 und Nr 67125) sowie auf die Kaug-Akten der Beklagten für die Kläger und die Akte der Barmer Ersatzkasse. In Inhalte der genannten Akten sind zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden.

Entscheidungsgründe:

Die Berufungen sind zulässig, Alg - eine wiederkehrende Leistung - für mehr als ein Jahr ist streitig (§ 144 Abs 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).

Die Berufung der Beklagten ist begründet, die des Klägers zu 2. unbegründet.

Auf Grund des § 45 Abs 2 Satz 1,3 Nr 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) iVm § 152 Abs 2 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) hat die Beklagte die Bewilligungen von Alg zu Recht ab 01.01.1996 aufgehoben. Die Bewilligungsbescheide beruhten auf der Angabe der Kläger im Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung von Gesellschafter-Geschäftsführern einer GmbH, dass sie wie fremde Arbeitnehmer dem Direktionsrecht (Weisungsrecht) der Gesellschaftsversammlung unterworfen gewesen seien bezüglich Zeit, Ort und Art ihrer Beschäftigungen. Diese Angaben wurden von den Klägern in unzutreffender Weise grob fahrlässig gemacht.

Eine beitragspflichtige Beschäftigung im Sinne des § 168 AFG von mindestens 360 Kalendertagen innerhalb von drei Jahren vor der Antragstellung von Alg (Anwartschaftszeit) ist wesentliche Voraussetzung für den Anspruch auf Alg (§§ 100, 104 AFG).

Die Tätigkeit eines Gesellschafter-Geschäftsführers einer GmbH, der nicht über mindestens die Hälfte der Stimmen in der GmbH verfügt, ist dann nicht als abhängige Beschäftigung anzusehen, wenn er nach der Gestaltung seiner vertraglichen Beziehung zur GmbH und der tatsächlichen Durchführung des Vertrages hinsichtlich Zeit, Dauer, Umfang und Ort der Tätigkeit im Wesentlichen weisungsfrei ist. Die gesellschaftsrechtliche Abhängigkeit kann nämlich durch den tatsächlich eingeräumten Einfluss aufgehoben werden (st.Rsp. vgl BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 4 S 14 mwN). Prüfungsmaßstab sind deshalb die mit der GmbH getroffenen Regelungen bzw die tatsächlichen Verhältnisse, wenn von den vertraglichen Regelungen abgesehen wird oder der Vertrag nur unzureichende Bestimmungen enthält (BSG aaO).

Die ursprüngliche Annahme der Beklagten, die Kläger seien in abhängiger beitragspflichtiger Beschäftigung tätig gewesen, war unberechtigt. Die Kläger hatten nämlich nicht 360 Kalendertage innerhalb der Rahmenfrist von drei Jahren vor ihrer Alg-Antragstellung als Gesellschafter-Geschäftsführer der ... GmbH in abhängiger Beschäftigung gearbeitet. Dies hätten sie, wenn sie nicht grob fahrlässig gehandelt hätten, erkennen müssen (§ 45 Abs 1, Abs 2 Satz 1, 2, 3 Nr 2 SGB X). Die Beklagte hatte sie ganz gezielt in einem detaillierten Fragebogen bzgl. der ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis charakterisierenden Weisungsunterworfenheit ihrer Tätigkeit befragt, worauf sie falsch geantwortet hatten. Denn tatsächlich in der Praxis laufend ausgeübte Weisungen durch die Gesellschafterversammlung bezüglich ihrer Tätigkeiten ergingen nicht.

In den letzten drei Jahren ihrer Beschäftigung vor der Arbeitslosmeldung waren die Geschäftsführertätigkeiten der Kläger - wie die Beklagte später richtig erkannt hat - durch ein kooperatives Nebeneinander jeweils mit dem anderen Gesellschafter-Geschäftsführer der GmbH charakterisiert und nicht durch eine Weisungsunterworfenheit. Die Ehefrauen der Geschäftsführer haben offensichtlich auf die praktische Gestaltung des betrieblichen Arbeitslebens der GmbH keinen Einfluss ausgeübt. Die Gesellschafter-Versammlung hat zuletzt nur einmal im Jahr stattgefunden. Nach § 7 Abs 1 GfV waren die beiden Gesellschafter-Geschäftsführer im Innenverhältnis der Gesellschaft - auf das es hier allein ankommt - gemeinsam zur Geschäftsführung befugt. Daran haben sie sich offensichtlich auch gehalten. Sie haben gemeinsam ihre Arbeitsbereiche abgesteckt und diese selbständig ausgefüllt. Darüber hinausgehende Aufgaben wurden gemeinsam beschlossen. Bei zusammenfassender Betrachtung aller Indizien wird deutlich, dass die Kläger wie gleichberechtigte Unternehmer gemeinsam die GmbH geführt haben und in dieser tätig waren. Eine Weisungsunterworfenheit war für jeden der beiden Geschäftsführer auch nicht in Ansätzen gegeben. In der Rahmenfrist vom 02.08.1992 bis 01.08.1995, in der die Anwartschaftszeit erfüllt werden musste (§ 104 AFG), war auch keine besondere betriebliche Organisationsstruktur für die Kläger gegeben, in die sie sich hätten einordnen müssen. Denn die beiden Kläger haben im handwerklichen Bereich ihres Betriebes allein gearbeitet, eine besondere Personalstruktur, in die sie sich hätten einordnen müssen, existierte nicht. Sie arbeiteten nach partnerschaftlicher einvernehmlicher Absprache. Weisungen zur Arbeit aus der Gesellschafterversammlung an die Kläger ergingen nicht.

Gegen die Arbeitnehmereigenschaft der Kläger spricht auch eindeutig - was die Beklagte schon herausgestellt hat - ihr hohes Unternehmerrisiko durch die gegenüber der Bank der GmbH übernommene Mitbürgschaft von 100.000,00 DM. Dieser Betrag umfasst für jeden Kläger jeweils fast das 20-fache seines letzten jeweiligen monatlichen Bruttogehalts. Diese für den Betrieb notwendige Bürgschaft zeigt bei der hier erforderlichen wirtschaftlichen Betrachtungsweise der Gesamtsituation der Kläger, dass sie in der GmbH als Unternehmer tätig waren. Abhängige Beschäftigungsverhältnisse bestanden nicht. Darum konnte den Klägern auch kein Alg zustehen.

Eine Ermessensprüfung iS von § 45 Abs 1, Abs 2 S 1 und 2 SGB X hatte nicht zu erfolgen (§ 152 Abs 2 AFG). Schließlich bestehen auch gegen die Einhaltung der Jahresfrist des § 45 Abs 4 S 2 SGB X keine Bedenken. Demzufolge war die Entscheidung der 5. Kammer des SG im Urteil vom 18.06.1998 zu bestätigen, diejenige der 8. Kammer im Urteil vom 21.01.1998 aber aufzuheben.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht gegeben (§ 160 SGG).
Rechtskraft
Aus
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