L 14 RJ 292/99

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 14 RJ 252/97
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 14 RJ 292/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 28. April 1999 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit aufgrund eines Rentenantrags vom Oktober 1995.

Die im Jahre 1942 geborene und seit dem Jahre 1962 in der BRD wohnende Klägerin, eine griechische Staatsangehörige, war in der Bundesrepublik Deutschland zwischen 14.09.1962 und 02.10. 1970, im Wesentlichen unterbrochen nur durch Zeiten der Krankheit und Schwangerschaft, versicherungspflichtig beschäftigt. Bis Oktober 1970 (Arbeitsunfähigkeit im August 1970) wurden für sie insgesamt 91 Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung der Arbeiter entrichtet, hinzu kamen später zwei Pflichtbeiträge für Kindererziehung (Sohn A. , geb. am 1968).

Angegeben hatte die Klägerin in ihrem ersten Rentenantrag und bei der nachfolgenden Begutachtung, in Griechenland von 1958 bis 1961 eine Lehre als Damenschneiderin ohne Abschlussprüfung durchlaufen zu haben sowie von 1962 bis 1965/66 als Maschinenarbeiterin bei der Firma S. , M. , und von 1966 bis 1970 als Damenschneiderin bei der Firma J. K. KG, M. , tätig gewesen zu sein.

Auf den im November 1971 gestellten Antrag gewährte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 28.03.1972 Rente auf Zeit wegen Erwerbsunfähigkeit vom 01.11.1971 bis 30.06.1973 bei einem Versicherungsfall vom 22.08.1970.

Zugrunde lagen ein kurzes Gutachten des Dr.L. vom 23.12. 1971 und ein Gutachten der Dres.K. und H. im Beobachtungskrankenhaus M. vom 21.01.1972 mit den Beschwerden "Kopfschmerzen, Schwindelanfälle, Schwarzwerden vor den Augen bei geringster körperlicher Belastung, Gewichtsabnahme von früher 64 kg auf 48 kg" und den Diagnosen "Verdacht auf pluriglanduläre Insuffizienz mit erheblicher Abmagerung und allgemeiner Asthenie, hypotone Kreislaufregulationsstörung mit Kollapsneigung und Verdacht auf spätsystolische Mitralinsuffizienz mit nur geringem Rückfluss". Der Ärztliche Dienst der Beklagten war der Auffassung, die Klägerin könne - auf Zeit - weniger als halbschichtig leichte Arbeiten verrichten, und es solle ein Heilverfahren im Kreiskrankenhaus O. unternommen werden.

Nach Durchführung des Heilverfahrens vom 17.10. bis 06.11.1972 kam es zur Erstellung des Gutachtens des Dr.L. vom 06.04.1973 (Diagnosen: Verdacht auf polyglanduläre Insuffizienz - reduzierter Allgemeinzustand und vegetative hypotone Kreislaufregulationsstörungen - und Streckhaltung der Wirbelsäule), des nervenärztlichen Gutachtens des Dr.G. vom 11.07.1973 (Diagnosen: Magersucht unbekannter Ursache (hypophysär), Neigung zu hypotonen Kreislaufregulationsstörungen und Kopfschmerzmittelmissbrauch, keine Anhalte für Depression) und des internistischen Gutachtens des Dr.F. vom 30.07.1973 (Diagnosen: Partieller aV-Block ersten Grades, hypotone Regulationsstörungen - spätsystolischer Klick, aber keine Mitralinsuffizienz). Die Beklagte lehnte die Weitergewährung der Rente mit Bescheid vom 11.10.1973 ab, weil ihr Ärztlicher Dienst unter Auswertung der Gutachten zu dem Ergebnis gekommen war, die Klägerin könne ganztägig leichte Arbeiten im Sitzen verrichten.

Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht München (S 30 Ar 2093/73) stellten der Nervenarzt und Internist Dr.K. die Diagnosen "reduzierter Ernährungs- und Kräftezustand, psychovegetatives Syndrom (Neigung zu hypotonen Kreislaufregulationsstörungen) und Zustand nach Blinddarmoperation" (Gutachten vom 19.12.1974) und der Internist Privatdozent Dr.Dr.K. die Diagnosen "reduzierter Ernährungszustand (ohne feststellbaren krankhaften Organbefund oder feststellbare endokrinologische Störung), psychovegetatives Syndrom, Zustand nach Blinddarmoperation und Weitstellung des rechten Nierenhohlsystems ohne wesentlichen Rückstau" (Gutachten vom 19.11. 1975 mit kardiologischem Zusatzgutachten vom 29.10.1975: Mitralklappenprolaps-Syndrom, wegen fehlender hämodynamischer Fehlleistung des Herzens ohne Krankeitswert, keine Anzeichen für Minderung der Herzmuskelleistung, für Erhöhung des links-artialen Drucks oder für Störung der rechtsventrikulären Funktion).

Die Klage wurde mit Urteil vom 18.12.1975 abgewiesen, weil die Klägerin - ohne Berufsschutz - nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme vollschichtig leichte Arbeiten überwiegend im Sitzen, ohne Heben und Tragen schwerer Lasten, ohne häufiges Bücken und ohne Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sowie an gefährlichen Maschinen verrichten könne.

Am 25.08.1995 ließ die Klägerin von einem Bevollmächtigten Antrag auf Überprüfung gemäß § 44 des Sozialgesetzbuches Teil X (SGB X) stellen, weil sie nach wie vor schwer erkrankt sei und nurmehr unter halbschichtig leichte Arbeiten verrichten könne (Schreiben vom 21.08.1995). Am 17.10.1995 stellte sie Antrag auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit oder Berufsunfähigkeit sowohl formlos als auch nach Formblatt. Gegenüber der Beklagten gab sie einmal Beitrags- und Beschäftigungszeiten in Griechenland von "1959-1960, 1962 Lehre als Schneiderin" an, ein andermal eine Schneiderlehre von 1958 bis 1961 mit Prüfung, auf dem zwischenstaatlichen Formblattantrag für Rente vom 18.03.1996 hingegen Zeiten von 1956 bis 1962 in der Landwirtschaft (Griechische Landwirtschaftskasse OGA).

Zur Begründung ihres Rentenantrags reichte die Klägerin das auf ihre Veranlassung erstellte "Fachgutachten" des Neurologen Dr.C. vom 13.02.1995, ein, der sich hierin auf drei Untersuchungen im Januar/Februar 1995 sowie "übersandte Aktenunterlagen" stützte. Dr.C. diganostizierte ein beginnendes Carpaltunnelsyndrom rechts, eine Polyneuropathie der Beine und ein depressives Syndrom bei involutiven Faktoren (Diskrete Anhaltspunkte für Gedächtnis- und Merkfähigkeitsstörungen, nicht ausgeglichene Stimmungs- und Affektlage, laut anamnestischen Angaben depressive Zustände seit über 20 Jahren; eine depressive Verstimmung bzw. tiefgreifende Depression müsse nach diesen Angaben auch in der Vergangenheit vorgelegen haben; die Neurose werde vor allem durch einen Ehekonflikt unterhalten, die Ehe sei seit zumindest 1991 mit Pensionierung des Ehemanns unglücklich). Die Klägerin sei aus neuropsychiatrischer Sicht nicht für Arbeiten vom wirtschaftlichen Wert einsatzfähig, aus psychiatrischer Sicht könne sie unter halbschichtig leichte Arbeiten verrichten.

Laut dem von der Beklagten veranlassten nervenärztlichen Gutachten des Dr.B. vom 23.11.1995 war die Klägerin bei den Diagnosen "langjährige und multifaktoriell bedingte depressive Neurose mit zeitweiliger anorektischer Färbung und mit multiplen Somatisierungstendenzen, schon wiederholt vordiagnostizierte Hypotonie, erst neurophysiologisch belegbares Carpaltunnelsyndrom rechts neben einer Polyneuropathie, schon langjähriger Analgetikaabusus" ab Rentenantrag bis zum Abschluss eines psychosomatischen Heilverfahrens nur noch in der Lage, täglich Arbeiten von weniger als zwei Stunden zu verrichten.

Die Beklagte ließ die Klägerin weiterhin vom Internisten Dr.Z. untersuchen. Diesem gegenüber gab sie an, sie habe in ihrem Heimatland eine Ausildung als Schneiderin begonnen, aber vorzeitig und ohne Ablegung der dort üblichen Handwerksprüfung abgebrochen. Dr.Z. diagnostizierte in seinem Gutachten vom 11.04.1996 laut nervenärztlichem Gutachten des Dr.B. eine Neurose, einen Analgetikaabusus, eine Polyneuropathie und einen Verdacht auf Carpaltunnelsyndrom rechts; auf internistischem Gebiet lägen - bei vordiagnostiziertem Mitralklappenprolaps-Syndrom - keine wesentlichen Funktionsstörungen vor.

In einem danach noch eingeholten Gutachten des Orthopäden Dr.S. vom 07.03.1996 stellte dieser an Gesundheitsstörungen "Cervikobrachialgie beidseits bei deutlicher Osteochondrose und Spondylose untere Halswirbelsäule, Periarthopathia humeroscapularis mit Abduktionshemmung beidseits, ausgeprägte Torsionsskoliose der Brustwirbelsäule, geringer der Lendenwirbelsäule mit Seitneigung, ausgeprägte Coxa valga links mit Beckenhochstand 2,5 cm, Periartropathia coxae links, Muskelverschmächtigung linkes Bein, ausgeprägte Senk-Spreiz-Füße mit Knick-, Fuß-Komponente beidseits und Osteoporose" fest und hielt die Klägerin aus der Sicht eines Orthopäden für fähig, seit 07.03.1996 vollschichtig mittelschwere Arbeiten bei qualitativen Einschränkungen zu verrichten.

Zu den Akten der Beklagten gelangte ferner das an diese gerichtete Schreiben des Dr.C. vom 28.06.1996, in dem dieser eine "psychische und medikamentöse Betreuung" der Klägerin seit 1981 und in seiner im Jahre 1987 eröffneten Praxis beschrieb ("Fortsetzung der Therapie") und die Auffassung vertrat, er halte die Klägerin seit dem 01.01.1984 für berufsunfähig; nach diesem Zeitpunkt sei auch Erwerbsunfähigkeit eingetreten. Er habe die Klägerin im Jahre 1987 aufgefordert, Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zu beantragen.

Mit Bescheid vom 02.10.1996 lehnte die Beklagte den "Antrag vom 19.10.1995 auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nach § 44 SGB VI" ab, weil Erwerbsunfähigkeit seit 19.10.1995 bestehe und in den letzten fünf vorausgehenden Jahren (19.10.1990 bis 18.10.1995) nicht drei Jahre an Pflichtbeitragszeiten, sondern keinerlei Beiträge vorlägen, außerdem keine Schiebezeiten vorhanden seien; neben Pflichtbeitragszeiten bis zum 02.10.1970 war im Versicherungsverlauf nur noch eine Kinderberücksichtigungszeit bis 30.10.1978 vermerkt.

Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch machte die Klägerin den Eintritt der Erwerbsunfähigkeit vor Jahren bzw. seit 1984 geltend und legte das Attest des Dr.C. vom 23.10.1996 vor, dass die Klägerin seit über zehn Jahren in seiner ambulanten Behandlung stehe, sie in diesem Zeitraum auch Patientin in der Psychiatrischen Klinik in der N.str., M. , gewesen sei und seiner Auffassung nach seit 1984 andauernd Erwerbsunfähigkeit vorliege.

Der Rechtsbehelf wurde mit Widerspruchsbescheid vom 20.01.1997 zurückgewiesen, weil es an den versicherungsrechtlichen Voraussetzungen fehle. Bei dem festgestellten verminderten Leistungsvermögen ab 19.10.1995 (bis voraussichtlich 31.07. 1997) seien auch Anwartschaftserhaltungszeiten ab 01.01.1984 nicht vorhanden.

Im anschließenden Klageverfahren begehrte die Klägerin, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 02.10.1996 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.01.1997 zu verurteilen, ihr gemäß ihrem Rentenantrag vom 19.10.1995 eine unbefristete, hilfsweise eine befristete Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren.

Das Sozialgericht holte Befundberichte des Neurologen Dr.C. , des Internisten Dr.Z. (mit ärztlichen Unterlagen) und des Frauenarztes Dr.T. (mit ärztlichen Unterlagen) ein, zog die Schwerbehindertenakte bei und veranlasste die Erstellung des Gutachtens des Internisten Dr.M. vom 23.10.1997, wobei es dem Sachverständigen gezielte Fragen für die Zeit vor und seit dem 01.01.1985 stellte. Dieser Sachverständige führte nach Besprechung der ärztlichen Unterlagen aus, beweiskräftige Unterlagen für die Zeit nach 1975 stünden nicht zur Verfügung, so dass eine rentenrelevante Verschlechterung des Gesundheitszustands der Klägerin nicht dargetan werden könne; dies gelte auch in Bezug auf die Ausführungen des behandelnden Neurologen Dr.C ... Vor dem 01.01.1985 hätten hypotone Kreislaufregulationsstörungen, ein reduzierter Ernährungs- und Kräftezustand, ein psychovegetatives Syndrom und ein Zustand nach Blinddarmoperation bestanden, weiterhin sei der Verdacht auf ein Mitralklappenprolaps-Syndrom geäußert worden. Aufgrund der bis 1975 bewiesenen Gesundheitsstörungen sei die Klägerin in der Lage gewesen, leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt und im erlernten Beruf ohne besondere nervöse Belastungen, ohne Heben und Tragen von Lasten in wechselnder Ausgangsposition, im Freien und in geschlossenen Räumen vollschichtig zu leisten. Von 1975 bis 1985 sei eine negative Entwicklung des bisherigen Gesundheitszustandes nicht auszuschließen, es stünden aber für diesen Zeitraum keine Befundangaben zur Verfügung, die eine entscheidende negative Entwicklung und eine daraus resultierende zusätzliche Einschränkung des Leistungsvermögens bewiesen hätten.

Gemäß einem Antrag des Klägers nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) erstellte der Psychiater Dr.R. das Gutachten vom 17.11.1998 mit den Diagnosen "chronisch verlaufende depressive Neurose mit multipler Symptomatik und mit deutlicher Neigung zu Somatisierung sowie langjähriger Analgetika-Abusus." Nach dem Zeitraum von 1971 - 1975 lägen bis zum Jahre 1987 keine verwertbaren Befundangaben (u.a. des Dr.C.) vor, die eine Verschlechterung des Gesundheitszustands beweisen könnten. Erst anläßlich des Gutachtens des Dr.B. vom November 1995 habe bestätigt werden können, dass aufgrund der depressiven Neurose eine Leistungseinschränkung bestanden habe. Vor dem 01.01.1985 seien der Klägerin leichte Arbeiten (ohne Heben und Tragen schwerer Lasten) in wechselnder Ausgangsposition vollschichtig möglich gewesen.

Mit Urteil vom 28.04.1999 wies das Sozialgericht die Klage ab, weil sich der Eintritt der Berufsunfähigkeit bzw. Erwerbsunfähigkeit vor dem 01.01.1985 nicht nachweisen lasse und daher die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rentengewährung nicht erfüllt seien. Die Berufstätigkeit der Klägerin sei in dem Bereich der ungelernten bis angelernten Arbeiten einzustufen. Damit sei sie (vor 01.01.1985) auf Tätigkeiten wie Sortiererin, Montiererin oder Verpackerin leichter Gegenstände zu verweisen.

Mit dem Rechtsmittel der Berufung macht die Klägerin geltend, der Versicherungsfall der Berufsunfähigkeit oder sogar der der Erwerbsunfähigkeit sei bis zum Ablauf des Jahres 1984 eingetreten. Dies sei nach den Gutachten des Dr.M. und des Dr.R. in der Zeit nach 1975 möglich gewesen. Laut ärztlichen Unterlagen sei bei der Klägerin ein Mitralklappenprolaps bereits am 07.12.1981 festgestellt worden. Auch der Internist Dr.Z. habe anhand der Unterlagen des Praxisvorgängers Dr.L. wesentliche Gesundheitsstörungen schon zum 03.12.1987 festgestellt. Insbesondere Dr.C. sei der Ansicht, dass Berufsunfähigkeit im Jahre 1984 und später auch Erwerbsunfähigkeit eingetreten sei (erneute Bescheinigung vom 30.07.1997). Der Internist Dr. I. habe in dem beigelegten Attest vom 26.12.1999 (Behandlung der Klägerin vom 07.02.1978 bis 05.02. 1979 und im Juni 1999) mit der Feststellung eines Mitralklappenvitiums in der Form eines Mitralklappenprolapses laut Bericht des Dr.K. vom 15.04.1980 bei Feststellung einer latenten Herzinsuffizienz im Jahre 1981 und einer Insuffizienz im Jahre 1996 Erwerbsunfähigkeit spätestens ab dem 15.04.1980 bescheinigt. Weiterhin berief sich die Klägerin auf die mit Bescheid des AVF München II vom 18.03.1997 festgestellte Schwerbehinderung von 50 v.H.

Der Senat hat die ärztlichen Unterlagen des Dr.T. und des Dr.Z. (mit Unterlagen des Praxisvorgängers Dr.L.) sowie die Versichertenakte der Beklagten und die Schwerbehindertenakte des AVF München II (GdB um 20 v.H. laut Bescheid vom 17.03.1988, erhöht auf 50 v.H. mit Bescheid vom 18.03.1997) beigezogen, weiterhin einen Auszug der AOK München über die Beschäftigungszeiten und Erkrankungen der Klägerin. Auf Anfrage bestätigte die Firma K. KG mit Schreiben vom 21.10.1999 eine Beschäftigung der Klägerin als Näherin vom 10.01.1966 bis 15.11.1971, konnte aber keine weiteren Angaben zum Inhalt der Tätigkeit, zur Wertigkeit und zur tariflichen Einstufung machen; die Klägerin konnte hierzu keine Unterlagen vorlegen, räumte aber ein, für die Ausbildung als Näherin in Griechenland keinen Abschluss erworben zu haben.

Im Auftrag des Senats erstellte der Neurologe und Psychiater Dr.K. das Gutachten vom 19.07.2001. Der Sachverständige wies darauf hin, dass die Befunde des Dr.Z. und des Dr.T. auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet unergiebig seien, und es ihm auch aufgrund der von Dr.C. im Nachhinein erstellten Befundberichte nicht möglich sei, eine sozialmedizinische Beurteilung für den vergangenen Zeitraum zu erstellen; auch die Hinweise des Dr.C. auf Berufsunfähigkeit ab 01.01.1984 und spätere Erwerbsunfähigkeit entbehrten eigentlich einer schlüssigen Begründung und erschienen willkürlich. Die jetzigen Angaben der Klägerin seien bei Fehlen aussagekräftiger Behandlungsunterlagen zwischen 1974 (Gutachten des Dr.K.) und 1995 (Gutachten des Dr.B.) auch nicht eindeutig und zweifelsfrei dahingehend zu verwerten, dass auf ein schwerwiegendes psychiatrisches Krankheitsbild hätte rückgeschlossen werden können. Unter Berücksichtigung der lückenhaften nervenärztlichen Befunde hätten in den Jahren 1984/85 eine Neurasthenie bzw. ein neurovegetatives Syndrom vorgelegen, wodurch aber keine wesentlichen Funktionsausfälle begründbar seien. Der Klägerin seien damals schwere und ausschließlich mittelschwere Arbeiten (ohne Heben und Tragen schwerer Lasten)un- zumutbar gewesen, sie habe damals den Beruf einer Näherin und Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts noch vollschichtig ausüben können. Es könne nicht mit Sicherheit festgestellt werden, dass sie durchgehend seit Juli 1973 sowohl die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als auch eine gleichwertige Tätigkeit nicht mehr auszuüben vermocht hätte.

Der weiterhin mit der Untersuchung der Klägerin beauftragte Internist Dr.H. führte in seinem Gutachten vom 27.09.2001 als Gesundheitsstörungen eine medikamentös gut eingestellte arterielle Hypertonie (Ergometrie bis 75 Watt, dabei normale Ausgangs-, Belastungs- und Endwerte des Blutdrucks, keine Zeichen einer Linkshypertrophie des Herzens oder Hinweise auf pulmonale Stauungszeichen oder andere sekundäre Schäden), einen Mitral- und Trikuspidalklappenprolaps mit geringgradiger Mitralinsuffizienz und Trikuspidalklappeninsuffizienz Grad I (eine minimale Insuffizienz der Klappen, aber keine Herzinsuffizienzzeichen, seien erstmals 1994 festgestellt worden) an, weiterhin ohne sozialmedizinische Relevanz eine Hyperliproproteinämie, einen Zustand nach Cholecystektomie und eine Struma nodosa Grad I bis II mit Hyperthyreose. Der Klägerin seien leichte und kurzfristig mittelschwere Frauenarbeiten zumutbar gewesen, ohne besonderen Stress wie Akkordarbeiten. Seit Juli 1973 und auch in den Jahren 1984/1985 habe die Klägerin den Beruf einer Näherin oder auch andere ungelernte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig ausüben können, ab Januar 1994 (Aortenklappeninsuffizienz) nur mehr leichte Arbeiten vollschichtig.

Die Klägerin beantragte hierauf mit Schriftsatz vom 24.09.2002, die Dres. C. , I. und R. als sachverständige Zeugen einzuvernehmen, wobei (nur) Dr.C. und Dr. I. Aussagen zum Gesundheitszustand der Klägerin vor dem 01.01.1985 machen könnten; bei Dr.R. solle dann eine Gegenüberstellung mit den anderen genannten Zeugen erfolgen. Der Senat stellte hierauf zunächst weitere Ermittlungen an. Behandlungsunterlagen des von der Klägerin anläßlich alter gutachterlicher Anamnesen erwähnten Psychiaters Dr.H. konnten auch von dem zwischenzeitlich im Jahre 2001 verstorbenen Praxisnachfolger Dr.B. nicht beigezogen werden. Eine Anfrage zu psychiatrischen Untersuchungen der Klägerin in Kliniken der Universität M. ergab, dass die Klägerin in der Psychiatrischen Abteilung (N.str.) nur einmal, am 06.11.1981, konsiliarisch für das Klinikum G. , I. Medizinische Klinik, untersucht worden ist; der Bericht vom 19.11.1981 hierzu wurde dem Gericht übersandt. Hierin ist ausgeführt, dass die Klägerin in der Grundstimmung weder ängstlich noch depressiv gewirkt habe, im Antrieb hingegen deutlich reduziert. Sollten sich von internistischer Seite für die verschiedenen Beschwerden der Klägerin letztlich keine Erklärungen finden lassen, so werde man davon ausgehen müssen, dass es sich um ein psychosomatisches Syndrom handele, wobei dessen Hintergrund jetzt allerdings nicht durchleuchtet werden könnte. Das Untergewicht werde dann als anorektisches Syndrom interpretiert werden müssen, für eine typische Anorexia nervosa habe sich kein Anhalt geboten.

Auf schriftliche Fragen gab Dr.C. in seinem Schreiben vom 22.10.2002 - ähnlich wie früher - an, die Klägerin sei zwischen 1981 bis 1983 in der Psychiatrischen Klinik der Universität M. , N.str., in der ambulanten Therapie gewesen. Sie habe damals bereits an Migräne mit Aura in Verbindung mit Störungen der Konzentration und der Merkfähigkeit gelitten, das formale Denken sei bereits damals gehemmt gewesen, was auch subjektiv empfunden worden sei. Sie sei weiterhin im Rahmen seiner Tätigkeit im Klinikum G. zwischen 1983 und 1986 in seiner Behandlung gewesen; die umschriebenen Phobien und Angstzustände wären nicht zum Sistieren gekommen. Ab 1983 habe er sie weiter betreut, d.h. sie psychisch aufgerichtet und mit leichten Antidepressiva versorgt. Als er seine Praxis im Jahre 1987 eröffnet habe, sei die bereits begonnene Therapie fortgesetzt worden. Die Klägerin sei auch in vielen Kliniken - benannt wurden hiervon fünf - stationär behandelt worden.

Die Klägerin beantwortete schriftliche Fragen des Gerichts dahingehend (Schriftsatz vom 29.10.2002), dass sie von 1981 bis 1983 "als ambulante Patientin" in der Psychiatrischen Klinik der Universität M. behandelt worden sei, ebenso von 1983 - 1987 "als ambulante Patientin" in der Psychiatrischen Klinik im Klinikum G ... Der Senat hat sie dann darauf hingewiesen, dass es in der zuletzt genannten Einrichtung nur eine Neurologische Klinik gegeben habe, worauf die Klägerin behauptete, sie sei von 1983 bis 1987 in der Neurologischen Abteilung des Klinikums G. von Dr.C. sowohl neurologisch als auch ambulant behandelt worden (Schreiben vom 21.11. und 25.11.2002). Das Klinikum G. gab zur Auskunft, dass die Klägerin dort von 1983 bis 1987 nicht in Behandlung gewesen sei.

Die Klägerin erwirkte daraufhin wiederum eine Stellungnahme des Dr.C. vom Dezember 2002, dass jener parallel zur Behandlung ihres Bruders in der Psychiatrischen Klinik der Universität M. (N.str.) eine Behandlung der Klägerin begonnen habe. Mitte 1983 sei er - jetzt Facharzt für Neurologie - in die Radiologische Klinik des Klinikums G. übergewechselt und habe dort sein Studium der Neuroradiologie fortgesetzt. Dort sei er als Akademischer Rat bis 1986 verblieben, um dann von Anfang 1986 bis Juni 1987 im H. Krankenhaus tätig zu sein. Während der gesamten Zeit habe er die Klägerin betreut.

In dem Termin zur Erörterung und Beweisaufnahme vom 20.03.2003 wurde Dr.C. als Zeuge einvernommen und die Klägerin befragt sowie darauf hingewiesen, dass sie nach den vorliegenden ärztlichen Unterlagen zwar in der Medizinischen, Chirurgischen und Frauenärztlichen Abteilung des Klinikums G. gewesen sei, aber weder in der Neurologischen noch in der Neuroradiologischen Abteilung. Die Klägerin räumte nunmehr ein, sie sei im Klinikum G. nicht bei Dr.C. in der Behandlung bzw. in einer Sprechstunde gewesen, sondern habe ihn - wie früher in der Psychiatrischen Universitätsklinik - "aufgesucht", mit ihm gesprochen und Tabletten erhalten.

Dr.C. gab an, die Klägerin sei nicht Patientin in der Psychiatrischen Klinik in der N.str. gewesen; dort habe auch keine ambulante Therapie stattgefunden. Vielmehr sei er im Rahmen seiner Facharztausbildung in der stationären psychiatrischen Abteilung, wo der Bruder der Klägerin sechs bis acht Wochen behandelt worden sei, tätig gewesen. Über die Mitgabe oder Empfehlung von Medikamenten, von Ärzten und von Möglichkeiten der Therapien und Behandlung hinaus habe keine Behandlung der Klägerin stattgefunden. Im Klinikum G. habe ihn die Klägerin von 1983 bis 1986 nicht als Patientin der Klinik, sondern privat aufgesucht. Die Klägerin sei immer sehr verzweifelt erschienen und habe ihm von ihren psychischen Problemen erzählt, z.B. dass sie an Schlafstörungen leide, ihr Leben nicht bewältigen könne, mit dem Haushalt nicht zurechtkomme. Sie sei im Affekt labil erschienen. Gewisse Einschränkungen der Konzentrationsfähigkeit und Merkfähigkeit hätten schon vor dem Jahre 1987 bestanden. Ob das formale Denken damals eingeschränkt gewesen sei oder nicht, vermöge er heute nicht mehr zu sagen. Er könne sich erinnern, dass die Klägerin von 1982 bis 1987 über Herzbeschwerden geklagt habe, weiterhin über Wirbelsäulenprobleme (Hals- und Lendenwirbelsäule). Es habe sich hier um allgemein geäußerte Beschwerden gehandelt, mithin nicht um neurologische Ausfallserscheinungen, sondern um pseudoradikuläre Schmerzen. Eine neurologische körperliche Untersuchung habe er vielleicht dreimal bis 1987 vorgenommen, aber keine pathologischen Befunde festgestellt. Vorrangig seien die Gespräche gewesen, die die Klägerin gesucht habe. Er habe die Klägerin von 1983 bis 1987 sehr oft gesehen; sie sei meistens gekommen, wenn die Medikamente zu Ende gewesen seien, und habe wegen der Medikation nachgefragt. Dies habe in der Regel fünf bis zehn Minuten gedauert. Die von ihm früher angesprochenen Phobien und Angstzustände (soziale Phobie in Verbindung mit Klaustrophobie und Agorophobie) seien erstmals ca. 1996/1997 aufgetreten.

In der ergänzenden Stellungnahme vom 19.05.2003 vertrat Dr.K. die Auffassung, dass keine hinreichend sicheren Unterlagen und Aussagen vorlägen, um eine sozialmedizinische Beurteilung für die Jahre 1984/85 abzugeben. Dies gelte auch in Bezug auf die nachträglich erstellten Angaben des Dr.C. , wobei die angegebene Behandlung mit Atosil und Mianserin über einen so langen Zeitraum hinweg nicht der Schulmedizin entspreche.

Die Beklagte ließ vom Neurologen und Psychiater Dr.D. am 24.06.2003 dahingehend Stellung nehmen, dass sich von 1973/74 bis 1984/85 aus allen ärztlichen Unterlagen Hinweise auf eine nachvollziehbare Befundbeschlechterung nicht ergäben.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts München vom 28.04.1999 und den Bescheid der Beklagten vom 02.10.1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 20.01.1997 aufzuheben und diese zu verurteilen, ihr gemäß Rentenantrag vom 19.10.1995 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit, und zwar auf Dauer, hilfsweise auf Zeit, zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Dem Senat lagen zur Entscheidung die Prozessakten beider Rechtszüge sowie die Klageakte S 30 Ar 2093/93 vor. Zur Ergänzung des Tatbestandes hinsichtlich des Inhalts der ärztlichen Unterlagen und des Vortrags der Klägerin wird hierauf sowie auf die weiterhin beigezogenen Akten und Unterlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143 ff., 151 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -), in der Hauptsache jedoch nicht begründet.

Vorliegend ist davon auszugehen, dass über einen Rentenanspruch aufgrund eines Neuantrags vom 19.10.1995 zu entscheiden ist und nicht auch hinsichtlich eines Antrags gemäß § 44 SGB X wegen Unrichtigkeit des Bescheids vom 11.10.1973 (und eventuell auch des Bescheids vom 28.03.1972). Zwar hatte die Beklagte mit streitigem Bescheid vom 02.10.1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 20.01.1997 über beide Anträge entschieden, als sie einerseits den Rentenantrag vom 19.10.1995 ablehnte und andererseits zugleich § 44 SGB X erwähnte, wenn auch in der Bescheidsbegründung hierauf nicht mehr abgestellt wurde. Streitgegenstand in beiden Instanzen war - nach Inhalt der gestellten prozessualen Anträge und der Argumentation - allein ein Rentenanspruch unter Zugrundelegung des Antrags vom 19.10. 1995; dies wurde in der mündlichen Verhandlung am 07.08.2003 nochmals klar gestellt, wobei der Bevollmächtigte der Klägerin der Auffassung des Senats zustimmte.

Im Ergebnis zu Recht hatte das Sozialgericht die Klage abgewiesen, wie die ergänzende Beweisaufnahme des Senats ergeben hat. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bzw. Berufsunfähigkeit sind nicht gegeben. Zwar ist die Wartezeit erfüllt. Weil der Leistungsfall jedoch erst längere Zeit nach dem 01.01.1984 eingetreten ist und rentenerhebliche Zeiten nur bis zum 30.10.1978 vorliegen, fehlt es sowohl an der gesetzlich vorgeschriebenen Belegung der letzten fünf Jahre vor Eintritt des Leistungsfalls mit mindestens 36 Monaten an Pflichtbeiträgen als auch an der lückenlosen Belegung der Zeit ab 01.01.1984 bis zum Eintritt des Leistungsfalls mit Pflichtbeiträgen, freiwilligen Beiträgen oder sonstigen Anwartschaftserhaltungszeiten (§§ 43 Abs.1 Nr.2 i.V.m. Abs.3, 44 Abs.1 Nr.3 i.V.m. Abs.4, 240 Abs.2, 241 Abs.2 des Sozialgesetzbuchs Teil VI - SGB VI - in den gemäß § 300 Abs.1 SGB VI anzuwendenden, vom 01.01.1992 bis 31.12.2000 geltenden Fassungen). Insoweit ergibt sich nach dem ab 01.01.2001 geltenden Recht (Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung) keine wesentliche Änderung.

Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsunfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fä- higkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zuge- mutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutba- re Tätigkeit vollschichtig ausüben kann (§ 43 Abs.2 Sätze 1, 2 und 4 des Sozialgesetzbuches Teil VI - SGB VI - in der bis zum 31.12.2000 geltenden Fassung).

Erwerbsunfähig sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße bzw. monatlich 630,- DM über- steigt; erwerbsunfähig ist nicht, wer eine Tätigkeit voll- schichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarkt- lage nicht zu berücksichtigen (§ 44 Abs.2 SGB VI in den vom 01.01.1992 bis 31.12.2000 geltenden Fassungen).

Teilweise erwerbsgemindert ist der Versicherte, der wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein, und voll erwerbsgemindert der Versicherte, der unter den gleichen Voraussetzungen außer Stande ist, mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs.1 Satz 2 und Abs.2 Satz 2 SGB V in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung). Eine Rente wegen teilweiser Erwerbsfhigkeit erhält auch der Versicherte, der vor dem 02.01.1961 geboren und berufsunfähig ist (Übergangsvorschrift des § 240 Abs.1 SGB VI n.F.).

Die Voraussetzungen erfüllt die Klägerin nicht. Ihre Gesundheitsstörungen in den Jahren 1980 bis 1984 sind, soweit hinreichende ärztliche Unterlagen insbesondere internistischer Art vorhanden sind, nicht von gravierender Bedeutung; andere Gesundheitsstörungen insbesondere auf psychiatrischem Gebiet sind in vollem Umfange nicht sicher erfassbar, es klafft eine große Lücke, die durch die ungenauen und unzuverlässigen Angaben des Dr.C. nicht zu überbrücken ist.

Neben Beschwerden an der Wirbelsäule (insbesondere Halswirbelsäule) ist zunächst eine Anorexie, laut medizinischem Wörterbuch Appetitlosigkeit, Herabsetzung des Triebs zur Nahrungsaufnahme bei Mund-, Magen-, Darm- und Infektionskrankheiten sowie bei Schwangerschaft, zu erwähnen. Die Klägerin hat etwa ab dem fünften Monat nach Geburt ihres einzigen Sohnes im Jahre 1968 erheblich abgenommen, laut ihren Angaben von 64 kg auf ca. 48 kg. Verbunden war damit eine Asthenie, d.h. eine allgemeine körperliche Schwäche. Ihr Gewicht wurde in den Jahren von 1970 bis 1974 mit 48 bis 50 kg bei einer Körperlänge von 169 bzw. 170 cm angegeben, damit eindeutig ein Untergewicht. Die Ursache für die Anorexie muss letztlich im Dunkeln bleiben. Trotz wiederholter stationärer Untersuchungen konnte eine Ursache auf internistischem Gebiet nicht festgestellt werden; auf psychiatrischem Gebiet fand keine gründliche Untersuchung oder Behandlung statt. Der von der Klägerin gezeigte Gesundheitszustand sprach jedenfalls gegen eine Anorexia nervosa und auch gegen eine krankheitswertige Depression; zu Recht werden im Konsiliarbericht der Psychiatrischen Universitätsklinik vom 16.11.1981 nur von einem "anorektischen Syndrom " und im Gutachten des Dr.K. vom 19.12.1974 von einem reduzierten Ernährungs- und Kräftezustand sowie einem psychovegetativen Syndrom gesprochen.

Das Untergewicht der Klägerin bestand wohl lange Zeit nach dem Jahre 1974; so ist im internistischen und kardiologischen Befund des Dr.L. vom 03.12.1987 noch ein Gewicht von 48 kg erwähnt. Nähere Daten über 20 Jahre hinweg fehlen. Es ist nur festzustellen, dass die Klägerin seit Rentenantrag im Jahre 1995 annähernd ihr ehemaliges Gewicht wieder erreicht hatte. So ist im Gutachten des Dr.B. vom 23.11.1995 und in dem des Dr.S. vom 07.03.1996 ein Körpergewicht von 63 kg vermerkt. Mithin sind ein Untergewicht und eine dadurch bedingte "Schwäche" für körperliche Arbeiten für die Zeit ab Rentenantrag behoben, können für die Zeit ab Rentenantrag nicht mehr anspruchsbegründend sein, wobei zu berücksichtigen ist, dass der Leistungsbeginn antragsabhängig ist (vorliegend frühester Rentenbeginn am 01.10.1995) und rentenrelevante Gesundheitsstörungen durchgehend vom 01.01.1984 bis 01.10.1995 und darüber hinaus vorliegen müssten, damit die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen gewahrt blieben.

Unabhängig davon war die Asthenie (körperliche Schwäche) nicht geeignet, für die Zeit ab 01.01.1984 qualitative Leistungseinschränkungen zu begründen. Die Klägerin wurde trotz der gewissen körperlichen Schwächung bereits in den Jahren 1974/75 für fähig gehalten, noch vollschichtig leichte Arbeiten zu verrichten (vgl. neben dem Gutachten des Dr.F. vom 30.07.1973 die Gutachten der Dres.K. und K. vom 19.12.1974 bzw. vom 19.11.1975). Eine Verschlechterung seit 1975 ist nicht objektivierbar, und spätestens ab 1995 eine Besserung.

Der Senat schließt sich der Beurteilung des Leistungsvermögens mit "vollschichtig leichte körperliche Arbeiten" an. Zum einen entspricht sie auch der einhelligen Einschätzung der Gerichtssachverständigen, die in der Zeit nach dem Rentenantrag vom 19.10.1995 das Erwerbsvermögen der Klägerin rückblickend ab 1984/85 beurteilt haben. Zum anderen steht die zur Zeitrentengewährung führende, in den Jahren 1971/72 getroffenen Bewertung des Leistungsvermögens mit "unter halbschichtig" dem nicht entgegen. Zu beachten ist, dass diese damalige Beurteilung nicht - bei gleich bleibenden Gesundheitsstörungen - verbindlich für die Zeit nach Ende der Zeitrente ist und nicht der Nachweis einer wesentlichen Besserung zu führen ist. Zu berücksichtigen ist ferner, dass die ehemalige Einschätzung in Unkenntnis der Ursachen für die Gewichtsabnahme der Klägerin mehr oder minder vorsorglich erfolgte und gravierende Gesundheitsstörungen (z.B. Kachexie infolge bösartigen Tumors) dahinter stehen könnten, was sich allerdings dann nicht bestätigt hat. Mithin konnte und durfte allein die körperliche Schwächung durch Gewichtsabnahme in die Beurteilung der Leistungsfähigkeit der Klägerin eingestellt werden, und diese war nicht so gravierend, als dass sich eine-

Auch auf kardiologischem Gebiet ist das Vorliegen von Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit spätestens ab dem Jahre 1984 nicht zu begründen. Vorgelegen hat in den Jahren von 1970 bis 1974 ein Mitralklappenprolaps ohne Auswirkungen auf die Herzfunktion (erster Hinweis im Bericht der I. Medizinischen Klinik vom 22.12.1970:"Mit großer Wahrscheinlichkeit Mitralinsuffizienz ... keine Zeichen einer Herzinsuffizienz oder Herzhypertrophie"), die sich in den nächsten Jahren aufgrund der Krankenhausberichte und der im Renten- und Klageverfahren erstellten Gutachten bestätigt hat. Eine zeitliche Minderung der Erwerbsfähigkeit war damals nicht verbunden. Eine eingehende Abklärung ist bereits im Gutachten des Dr.Dr.K. vom 19.11.1975 erfolgt, der nicht nur die üblichen Untersuchungen vorgenommen, sondern ein kardiologisches Zusatzgutachten (u.a. mit Herzkatheteruntersuchung) veranlasst hat. Auch hier waren keine Anzeichen für eine Minderung der Herzmuskelleistung festzustellen und kam der Gutachter zu dem Ergebnis, dass die Klägerin leichte Arbeiten ganztags verrichten könne.

Soweit der Bevollmächtigte der Klägerin eine durch Herzfehler begründete Erwerbsunfähigkeit seit 1980 darzulegen versucht hat, konnte dem der Senat nicht folgen. Das hierzu von der Klägerin beigebrachte Attest des Dr.I. ist als Gefälligkeitsbescheinigung zu betrachten. Laut dem Attest vom 26.12. 1999 stand die Klägerin bei dem Internisten Dr.I. vom 07.02.1978 bis 05.02.1979 in Behandlung, wobei eine kompensierte Mitralinsuffizienz festgestellt worden ist. Nach den weiteren Angaben hat der Arzt die Klägerin erst im Juni 1999 kurz gesehen und wurden ihm im Jahre 2000 - wohl von der Klägerin - alte Unterlagen vorgelegt, darunter der Bericht des Prof.Dr. K. vom 15.04.1980 an den Internisten und Kardiologen Dr.L. sowie der Befund des Prof.Dr.B. vom 01.12.1981. Beide Befunde sind im Berufungsverfahren beigezogen worden und lagen der internistischen Begutachtung zugrunde. Im Bericht des Prof.Dr.K. vom 15.04.1980 (Städtisches Krankenhaus M.-) wurde ein EKG ausgewertet mit der Beurteilung:"Ausgeprägter mid.-systolischer Mitralklappenprolaps ohne Zeichen einer hämodynamisch wirksamen Mitralinsuffizienz, normale Kammer- und Vorhofdiameter, normale Wandstärken und Wandbewegungsmuster". In dem Bericht des Prof.Dr.B. vom 07.12.1981 (Klinikum G. Med. Klinik I) ist ebenfalls ein echokardiographisch gesicherter Mitralklappenprolaps diagnostiziert, wobei angefügt ist, dass dadurch eine Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit nicht gegeben erscheint. Eine minimale Insuffizienz wurde dann in den Jahren 1994 und 1996 festgestellt, darüber hinaus auch erstmals eine zusätzliche Aortenklappeninsuffizienz. Wie Dr.I. anhand dieser von ihm selbst angeführten Unterlagen rückwirkend quasi gutachterlich schließen kann, dass Erwerbsunfähigkeit bereits mit dem 15.04. 1980 vorgelegen habe, obwohl im Zeitraum von 1970 bis mindestens 1984 gerade das Fehlen einer wesentlichen Leistungsbeeinträchtigung offensichtlich war, ist nicht nachvollziehbar. Die genannten und ähnliche Befunde in der Folgezeit sind unter anderem in den vom Senat beigezogenen Behandlungsunterlagen der Dres.L. und Z. dokumentiert. Bis zum 01.01.1985 ist hier keine wesentliche Verschlimmerung eingetreten; eine Verschlechterung in den Jahren 1994/1996 hat laut mehreren Gutachten nur dazu geführt, dass der Klägerin an Stelle von leichten und teilweise mittelschweren körperlichen Arbeiten vollschichtig nunmehr leichte körperliche Arbeiten vollschichtig zumutbar waren. Hierfür spricht auch die von der Klägerin zuletzt gezeigte ergometrische Belastbarkeit mit 75 Watt ohne irgendwie auffällige Zeichen.

Der Antrag der Klägerin auf Einvernahme des Dr.I. als sachverständiger Zeuge musste abgelehnt werden, da dieser nur über Tatsachen aus seiner Behandlungszeit von 1978 und 1979 berichten kann, maßgebend aber der spätere Gesundheitszustand der Klägerin bis zum 01.01.1985 ist. Die Befunde des Ikonomidis selbst sind klar dargelegt (nur phonokardiografisch festgestelltes Mitralklappenvitium und somit klinisch geäußerte Verdachtsdiagnose einer noch kompensierten Mitralklappeninsuffizienz); die Folgebefunde sind aktenkundig und lagen dem vom Senat eingeholten ärztlichen Gutachten zugrunde. Letztlich steht nur eine (unfundierte) Meinungsäußerung (Bewertung von Tatsachen) des Dr.I. zu Gunsten der Klägerin infrage und nicht die Bekundung von Tatsachen.

Auf psychiatrischem Gebiet sind die ärztlichen Unterlagen zu dünn und die Angaben der Klägerin und des Dr.C. zu wenig fundiert, als dass auf eine wesentlich geminderte Erwerbsfähigkeit geschlossen werden könnte. Ab der Untersuchung durch den Psychiater Dr.B. im November 1995 bzw. - ohne weiteres rückdatierbar - ab Rentenantrag vom 19.10.1995 ist von einer depressiven Störung (depressiven Neurose) mit multipler Somatisierungstendenz auszugehen, die die Leistungsfähigkeit der Klägerin nicht nur in qualitativer , sondern auch in quantitativer Hinsicht erheblich einschränkt. Zutage getreten und festgehalten sind eine Antriebsarmut und ein erhebliches depressives Syndrom bei deutlichem Leidensdruck. Bis 1984/85 ist aber lediglich mit Dr.K. von einer Neurasthenie und einem psychovegetativen Syndrom auszugehen, die die Leistungsfähigkeit der Klägerin nicht wesentlich - auch nicht in qualitativer Hinsicht - beeinträchtigt haben. Die wesentlichen Eckdaten entnahm der Senat einerseits den Gutachten des Dr.G. vom 11.07.1973 und des Dr.K. vom 19.12.1974, andererseits den Gutachten der Dres. B. vom 23.11.1995, R. vom 17.11.1998 und K. vom 19.07.2001. In der Zwischenzeit, von 1974 bis 1984 und auch von 1985 bis 1995, besteht eine große Lücke. Einschlägige fundierte psychiatrische Befunde oder gar Gutachten stehen nicht zur Verfügung. Eine wesentliche Leidensverschlimmerung nicht erst ab 1995, sondern spätestens 1983/84 kann nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden. Die Hinweise des Bevollmächtigten auf die diesbezügliche Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit helfen nicht weiter, weil sowohl die Art der Gesundheitsstörungen als auch der Umfang und Schweregrad und somit die Auswirkungen auf die Erwerbsfähigkeit nachgewiesen werden, das heißt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit festgestellt werden müssen und dies nicht möglich ist. Ebenso wenig ist ein frühzeitiger Beginn der Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit auf die Aussage des Sachverständigen Dr.R. , dass eine chronisch verlaufende depressive Neurose vorliege, und die Aussage des Gutachters Dr.B. , dass eine langjährige depressive Neurose bestehe, zu stützen. Mangels hinreichender Daten ist eine sichere Bestimmung, wann die Gesundheitsstörung auf psychiatrischem Gebiet sich verschlechtert und ein rentenerhebliches Ausmaß erreicht hat, nicht zu treffen. Ausführlich und schlüssig haben dies Dr.R. und Dr.K. dargelegt.

Die zwanzigjährige Lücke in den psychiatrischen Befunden ist auch nicht durch den Vortrag der Klägerin und die Ausführungen des behandelnden Neurologen Dr.C. zu überbrücken. Die Klägerin hat unrichtige Angaben über eine dauernde psychiatrische Behandlung gemacht und Gefälligkeitsbescheinigungen des Dr.C. veranlasst. Insoweit ist festzustellen, dass Dr.C. nicht nur vage und irreführende Aussagen über die Behandlungen der Klägerin gemacht hat, sondern sich sogar zu einer Unwahrheit verleiten ließ, als er bei genauer Rückfrage des Senats nochmals bekundete, dass die Klägerin Patientin der Psychiatrischen Klinik in der Nußbaumstr. von 1983 bis 1985 gewesen sei. Anläßlich der Nachforschungen des Senats und der Einvernahme des Dr.C. und der Klägerin hat sich ein wesentlich anderes Bild ergeben. Die Klägerin hat sich auf privater Basis häufig an Dr.C. gewandt, und dieser war - obwohl kein Psychiater - offenbar bemüht, Hilfestellung zu geben. Von einer regelrechten psychiatrischen Behandlung (Therapie = Behandlung) kann nicht die Rede sein. Im Wesentlichen hat Dr.C. nur die Beschwerden und Diagnosen, zum Teil Fremddiagnosen, wiedergegeben. Fundierte Befunde sind nicht erhoben oder nicht aufgezeichnet worden. Soweit Dr.C. nachträglich einzelne Befunde wiedergibt, muss dahinter ein großes Fragezeichen gesetzt werden. So gab dieser Arzt z.B. in seinem neurologischen Fachgutachten vom 13.02.1995 aufgrund von Untersuchungen der Klägerin im Januar/Februar 1995 an, bei der Patientin bestünden keine formalen oder inhaltlichen Denkstörungen. Wiederholt ist hingegen in späteren Attesten und Bescheinigungen zu lesen, dass seit jeher, bereits ab 1983, formale Denkstörungen bestanden hätten. Bei der Einvernahme des Dr.C. als Zeuge konnte sich dieser plötzlich nicht mehr erinnern, ob ehemals formale Denkstörungen vorgelegen hätten. Ein weiteres Beispiel für die Unzuverlässigkeit der nicht sofort festgehaltenen und dann aus Erinnerung - möglicherweis unter Beachtung von Hinweisen der Klägerin auf die rentenrechtliche Relevanz- wiedergegebenen "Feststellungen" des Dr.C. ist die (angeblich damalige) Einstufung der Klägerin als berufsunfähig im Jahre 1984 und als erwerbsunfähig erst in späteren Jahren (1987). Für die Festlegung der Berufsunfähigkeit mit 1984 ist weder ein sachlicher Grund, d.h. eine medizinische Tatsache, genannt worden noch ersichtlich, so dass Dr.K. zu Recht von einer willkürlichen Datierung sprach.

In Widerspruch zu der wiederholten Aussage, die Klägerin wäre seit 1984 berufsunfähig und seit 1987 erwerbsunfähig gewesen, steht wiederum das Attest des Dr.C. vom 23.10.1996, die Klägerin wäre seit 1984 dauernd erwerbsunfähig gewesen, wobei auch hierfür ein sachlicher Grund nicht erkenntlich ist. Als vage Anhaltspunkte für eine Leidensverschlimmerung nannte Dr.C. an anderer Stelle eine wohl seit dem Jahre 1991 unglückliche Ehe und das Auftreten von Phobien ungefähr 1995/1997.

Hinreichende substantielle Befunde für die Zeit 1974 bis 1985 (und auch 1985 bis 1995) sind nicht vorhanden; die in den Akten befindlichen Arztbriefe des Dr.C. für die Zeit ab 1987 sind relativ kurz gehalten und betreffen allein den neurologischen Bereich, es findet sich nicht der geringste Hinweis auf eine Erkrankung aus dem psychiatrischem Formenkreis. Mangels nachvollziehbarer Befunde und nicht zuletzt auch aufgrund der fehlenden Fachkenntnis des Dr.C. kann, wie auch Dr.K. im Einzelnen kritisch ausgeführt hat, der Feststellung einer tiefgreifenden depressiven Verstimmung bzw. Depression seit 1983/84 keineswegs gefolgt werden und bleiben unklare und widersprüchliche Angaben dieses Arztes und der Klägerin bestehen.

Für eine Einvernahme des Dr.R. als Zeuge zur Klärung einer wesentlichen Einschränkung der Erwerbsfähigkeit der Klägerin spätestens im Jahre 1984 besteht keinerlei Veranlassung, da dieser die Klägerin erstmals im Jahre 1998 kennengelernt hat (Erstellung eines Gutachtens 1998 und darauf folgende Behandlung der Klägerin). Dr.R. kann keine Angaben über den Gesundheitszustand der Klägerin bis zum 01.01.1985 machen; möglicherweise soll das Mittel der Einvernahme als sachverständiger Zeuge dazu missbraucht werden, um den gerichtlichen Sachverständigen dahingehend zu beeinflussen, das Ergebnis seines Gutachtens (vollschichtige Leistungsfähigkeit der Klägerin) bei Gegenüberstellung von Dr.C. und Dr.I. abzuändern oder abzuschwächen. Ein sachlicher Grund für die Zeugeneinvernahme wurde jedenfalls von der Klagepartei nicht genannt und ein Beitrag des Dr.R. zu entscheidungsgerheblichen Fragen erschien dem Senat ausgeschlossen.

Mit ihrem in zeitlicher Hinsicht nicht eingeschränkten und in qualitativer Hinsicht im wesentlichen auf leichte Arbeiten bechränktem Erwerbsvermögen im Jahre 1984 war die Klägerin damals nicht berufsunfähig, auch falls sie ihren damaligen Beruf (Akkordarbeit) - in dieser Frage sind sich die Gerichtssachverständigen nicht einig - nicht mehr ausüben konnte. Ein Berufsschutz kommt ihr nicht zugute.

Hinsichtlich des zuletzt ausgeübten Berufs ist davon auszugehen, dass sie als ungelernte Näherin (nicht Schneiderin) oder allenfalls bis zu einem Jahr Angelernte zu behandeln ist.

Bezüglich ihrer beruflichen Vorkenntnisse hat sie sich in er- hebliche Widersprüche verstrickt, um dann immerhin einzuräumen, dass sie keine Prüfung als Schneiderin oder Näherin habe. Das Durchlaufen einer Lehre, einmal ist eine Zeit von drei Jahren, einmal eine Zeit von zwei Jahren genannt, konnte auch nicht belegt werden. Bei der Firma K. hat die Klägerin als Industrienäherin gearbeitet (der Arbeitgeber hat Näherin und nicht Schneiderin angegeben); nach zwei Aussagen in den Akten hat die Klägerin nur Ärmel eingenäht, nach einer konkreten Anfrage der Beklagten immerhin behauptet, es habe sich nicht nur um eine stupide Nähtätigkeit gehandelt, sondern sie habe nach Mustern Jacken, Hosen und Kleider genäht. Ob und inwieweit dies zutrifft, muss unklar bleiben, immerhin steht dieses Vorbringen wiederum in unmittelbarem Zusammenhang damit, dass sie in unwahrer Weise angegeben hat, in Griechenland eine Lehre mit Prüfung abgeschlossen zu haben. Am Ende des Berufungverfahrens hat der Bevollmächtigte der Klägerin von einem sogenannten Berufsschutz Abstand genommen und ausgeführt, es gehe ihm um eine Berufsunfähigkeit bezogen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt.

Als Ungelernte oder bis zu einem Jahr Angelernte (Angelernte im unteren Bereich) ist die Klägerin auf alle ungelernten leichten Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts verweisbar. Eine konkrete Verweisungstätigkeit (für das Jahr 1984) war nicht zu benennen, weil damals weder eine Häufung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen noch eine schwere spezifische Behinderung vorlagen. Auch ein schlichter Hinweis auf alternative Berufsmöglichkeiten erübrigte sich, weil im Jahre 1984 der allgemeine Arbeitsmarkt noch nicht in Bezug auf leichte Tätigkeiten wesentlich eingeschränkt war.

Nachdem damals Berufsunfähigkeit nicht vorlag, waren umso weniger die noch strengeren Voraussetzungen für die Erwerbsfähigkeit erfüllt.

Daher war die Berufung mit der Kostenfolge aus § 193 SGG zurückzuweisen.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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