L 2 U 458/00

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 20 U 934/99
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 U 458/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 2 U 25/01 R
Datum
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 26.09.2000 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der am 1965 geborene Kläger erlitt als Omnibusfahrer am 06.05.1998 einen Unfall, als es zu einem Zusammenstoß mit einem Jeep kam.

Der Durchgangsarzt, der Orthopäde Dr.B. , den er am gleichen Tag aufsuchte, diagnostizierte eine HWS-Distorsion Grad 1. Der Kläger gab ihm gegenüber an, Beschwerden seien nach ca. 15 bis 20 Minuten aufgetreten, es sei zu Ohrdruck gekommen, dagegen nicht zu Erbrechen, Übelkeit, Schwindel oder Sehstörungen.

Die Magnetresonanztomografie des lumbalen Spinalkanals vom 04.06.1998 ergab eine initiale Spondylose und eine Protrusion bei LWK 5/SWK 1, keinen Diskusprolaps, keine sichere Nervenwurzelkompression und keine Contusionsherde. Die Magnetresonanztomografie der Halswirbelsäule vom 31.07.1998 zeigte eine deutliche Steckfehlhaltung der Halswirbelsäule, beginnende Chondrose der cervikalen Bandscheiben, einen kleinen Bandscheibenprolaps C 6/7, Bandscheibenprotrusion C 5/6 jeweils ohne erkennbare Wurzelkompression. Vom 23.07. bis 10.08.1998 befand sich der Kläger in der Orthopädischen Klinik M. , wo ein chronisches HWS-Syndrom ohne neurologische Ausfälle und ein kleiner Bandscheibenvorfall C 6/7, unfallunabhängig, diagnostiziert wurden. Es habe eine deutliche Diskrepanz zwischen den subjektiv geklagten Beschwerden und den objektivierbaren klinischen und radiologischen Befunden bestanden. Unter Therapie sei es zu einer deutlichen Besserung der Cervikalgien gekommen, und die in den rechten Arm ausstrahlenden Schmerzen seien vollständig verschwunden.

Die von der Beklagten beigezogenen Unterlagen der BKK enthalten u.a. Arbeitsunfähigkeitszeiten 1983 wegen Schädelcontusion, 1989 wegen HWS-Schleudertrauma und 1992 wegen HWS-Syndrom.

Vom 13.08. bis 10.09.1998 wurde der Kläger in der Reha-Klinik W. behandelt. Während des Aufenthaltes sei die weitere Stabilisierung gelungen.

Aus den Unterlagen des Amtsgerichts München ergibt sich, dass der Kläger durch seinen Bevollmächtigten im Schriftsatz vom 02.06.1998 vortragen ließ, als er mit dem Wagen etwa auf der Höhe des Wagens der Schädigerin gewesen sei, sei sie aus der Parkbucht ausgeschert. Er habe zwar noch eine Vollbremsung eingeleitet, habe jedoch die Kollision nicht mehr verhindern können. Er habe nachweisbar vor dem Unfall die zulässige Geschwindigkeit nicht überschritten gehabt.

Am 08.03.1999 stellten die HNO-Ärzte Dr.B./Dr.O. eine Tubenventilationsstörung beim Kläger fest. Der Kläger gab an, seit dem Unfall eine rezidivierende Hörminderung rechts zu haben.

Im Gutachten vom 27.04.1999 führte der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr.N. aus, der Kläger sei mit dem schweren Omnibus auf ein wesentlich leichteres Fahrzeug aufgeprallt. Nach dem Unfall sei er initial beschwerdefrei und in der Lage gewesen, den Bus zum Depot zu fahren. Beim Kläger hätten bereits am Unfalltag Zeichen einer Bandscheibendegeneration vorgelegen, dagegen weder äußere Verletzungszeichen noch unfallbedingte strukturelle Schädigungen. Die MdE sei mit 0 v.H. einzuschätzen.

Die Chirurgen Prof.Dr.B. und Dr.M. führten im Gutachten vom 03.05.1999 aus, es müsse offen bleiben, ob der Kläger gebremst habe. Das ungebremste Auffahren wäre eine ungewöhnliche Reaktion, da beim Auftauchen eines Hindernisses jeder Kraftfahrzeuglenker unwillkürlich eine Bremsung durchführen werde. Jedenfalls seien weder die Unfallgegnerin noch Fahrgäste verletzt worden. Die nur eingeschränkte, aber nicht aufgehobene Fähigkeit zur Rotation und Reklination, wie sie Dr.B. am Unfalltag festgestellt habe, spräche gegen ein stattgehabtes Trauma. Seit 1989 seien HWS-Beschwerden beim Kläger bekannt. Unfallfolgen seien nicht nachweisbar.

Im Gutachten vom 27.04.1999 kam der HNO-Arzt Dr.G. zu dem Ergebnis, es bestünden ein uneingeschränktes Hörvermögen, keine subjektiven Ohrgeräusche, keine otogenen Schwindelerscheinungen.

Mit Bescheid vom 24.06.1999 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Entschädigung ab. Der Kläger habe keine wesentlichen Verletzungen erlitten.

Zur Begründung des Widerspruchs vom 15.07.1999 übersandte der Kläger ein Attest des Orthopäden Dr.B. vom 13.07.1999, in dem ausgeführt wurde, es lägen keine sicheren Erkenntnisse vor, dass die jetzigen Beschwerden von degenerativen Veränderungen herrührten. Vielmehr müsse davon ausgegangen werden, dass das Unfallereignis vom 06.05.1998 zu einer richtungweisenden Verschlimmerung des Beschwerdebildes geführt habe.

Der Beratungsarzt der Beklagten, der Chirurg Dr.A. , führte in der Stellungnahme vom 26.08.1999 aus, der Kläger habe den Unfall kommen sehen; in einem solchen Fall komme es unwillkürlich zu einer Anspannung der Rumpfmuskulatur als Abwehr der auf den Körper einwirkenden Beschleunigungskraft, sonst wäre der Kläger als unangeschnallter Fahrer nach vorne geschleudert worden, was nicht der Fall gewesen sei, d.h. die Beschleunigungskraft könne nicht sehr stark gewesen sein. Der gesamte Mechanismus sei nicht geeignet gewesen, eine schwerere Verletzung herbeizuführen. Es sei lediglich zu einer leichten Distorsion der HWS gekommen, die im Allgemeinen eine Arbeitsunfähigkeit von 14 Tagen bedinge.

Mit Widerspruchsbescheid vom 02.11.1999 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Es spreche nichts dafür, dass der Kläger einen Körperschaden durch das angeschuldigte Ereignis vom 06.05.1998 erlitten habe.

Hiergegen hat der Kläger mit der Klage vom 08.12.1999 eingewandt, er sei vor dem Unfall gesund gewesen, jetzt sei er auf Grund der unfallbedingten Beschwerden in ständiger ärztlicher Behandlung.

Das SG hat Befundberichte der HNO-Ärztin Dr.O., des Orthopäden Dr.B. und des Allgemeinarztes Dr.S. beigezogen, außerdem einen Bericht vom Heilverfahren vom 26.02. 1992 bis 18.03.1992 im B ... Der Kläger klagte damals u.a. über Schmerzen in der Halswirbelsäule und schmerzhafte Muskelverspannungen im Schulter-Nackenbereich beiderseits, die durch physikalische Maßnahmen und Bewegungstraining beseitigt werden konnten. Röntgenaufnahmen der Halswirbelsäule vom 07.10.1991 zeigten eine Fehlstellung der Wirbelsäule mit Rundrücken und steil gestellter HWS, außerdem Spondylochondrose, Zeichen eines Morbus Scheuermann 1 bis 2 und beginnende Spondylarthrose.

Der vom SG zum ärztlichen Sachverständigen ernannte Chirurg Dr.L. hat im Gutachten vom 15.06.2000 ausgeführt, die subjektiven Beschwerden des Klägers könnten zumindest teilweise durch die bestehende cervikale und thorakale Fehlstatik und die nachweisbaren geringfügigen degenerativen Veränderungen erklärt werden. Bei dem angeschuldigten Unfall sei es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu keiner Verletzung gekommen.

Der Kläger hat ein Gutachten von Prof.Dr.W. von der Orthopädischen Klinik M. für die Vereinte Versicherungs AG vom 31.01.2000 vorgelegt. Darin wird ausgeführt, es sei nicht anzunehmen, dass der Unfall eine dauernde Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit hinterlassen werde. Bei deutlicher Chronifizierungstendenz sei dies jedoch nicht sicher auszuschließen. Die Arbeitsfähigkeit sei zur Zeit um 10 % beeinträchtigt. Nach Ablauf von 2 Jahren nach dem Unfallereignis sollte bei mittelschwerer HWS-Distorsion keine MdE mehr vorliegen.

Mit Urteil vom 26.09.2000 hat das SG die Klage abgewiesen. Dass es bei dem Unfallereignis zu keinen Verletzungen des Klägers gekommen sei, folgere die Kammer aus den tatsächlichen Verhältnissen und den Ausführungen des Sachverständigen Dr.L ...

Hiergegen richtet sich die Berufung vom 13.11.2000, zu deren Begründung der Kläger vorträgt, der Jeep der Unfallgegnerin sei an der Front durch Spoiler verstärkt gewesen, während der Linienbus, den er gesteuert habe, in einer leichteren Bauweise hergestellt werde als Reisebusse. Durch den Unfall sei der Bus schlagartig nach links gedriftet. Beide Fahrzeuge seien im Unfallzeitpunkt in Bewegung gewesen. Der Fahrersitz im Bus sei nicht geeignet, derartige Kräfteeinwirkungen abzufedern. Der Kläger sei weiterhin in Behandlung bei Dr.B ... Ca. 2 Wochen vor der mündlichen Verhandlung im SG hätten sich bei ihm erhebliche Kopfschmerzen mit Gesichtslähmung eingestellt. Er sei im Klinikum G. , bei Dr.B. und bei Dr.A. untersucht worden. Alle Ärzte hätten einen Bezug zu den Unfallverletzungen hergestellt, deswegen sei im sozialgerichtlichen Verfahren ein Antrag auf Einholung eines Gutachtens gemäß § 109 SGG gestellt worden.

Der Kläger stellt den Antrag

aus dem Schriftsatz vom 10.11.2000.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den wesentlichen Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten sowie der Klage- und Berufungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, sachlich aber nicht begründet.

Ein Arbeitsunfall setzt gemäß § 8 SGB VII einen Unfall voraus, den ein Versicherter in Folge einer den Versicherungsschutz gemäß § 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleidet. Der Begriff des Unfalls erfordert ein äußeres Ereignis, d.h. einen von außen auf den Körper einwirkenden Vorgang, der rechtlich wesentlich den Körperschaden verursacht hat (vgl. BSGE 23, 139). Das äußere Ereignis muss mit der die Versicherteneigenschaft begründenden Tätigkeit rechtlich wesentlich zusammenhängen. Dabei bedürfen alle rechtserheblichen Tatsachen des vollen Beweises, d.h. sie müssen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorgelegen haben (vgl. BSGE 45, 285). Die Beweiserleichterung der hinreichenden Wahrscheinlichkeit gilt nur insoweit, als der ursächliche Zusammenhang im Sinne der wesentlichen Bedingung zwischen der der versicherten Tätigkeit zuzurechnenden und zum Unfall führenden Verrichtung und dem Unfall selbst sowie der Zusammenhang betroffen ist, der im Rahmen der haftungsausfüllenden Kausalität zwischen dem Arbeitsunfall und der maßgebenden Verletzung bestehen muss (Krasney, VSSR 1993, 81, 114).

Der Kläger hat am 06.05.1998 keinen Arbeitsunfall erlitten. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus dem schlüssigen Gutachten des ärztlichen Sachverständigen Dr.L. , der unter Berücksichtigung der ärztlichen Unterlagen in den Akten nach ambulanter Untersuchung des Klägers zu dem Ergebnis gekommen ist, dass der Kläger bei dem Unfall vom 06.05.1998 keinen Gesundheitsschaden erlitten hat. Ein Arbeitsunfall ist daher nicht gegeben, da er ein körperlich schädigendes plötzliches Ereignis voraussetzt (§ 8 Abs.1 SGB VII).

Der Kläger hat durch seinen Bevollmächtigten gegenüber der Polizei vortragen, er habe sich innerhalb der vorgeschriebenen Geschwindigkeit gehalten und unmittelbar vor dem Unfall abgebremst. Insofern muss seine Geschwindigkeit wesentlich unter 50 km/h gelegen haben, während die Unfallgegnerin, die gerade anfuhr, eine noch geringere Geschwindigkeit erreicht haben dürfte. Dass es sich um keinen gravierenderen Unfall handelt, ergibt sich auch daraus, dass der Kläger den Omnibus noch ins Depot steuern konnte, es also nur zu einer Bagatellbeschädigung am Fahrzeug gekommen ist.

Bei einer Frontalkollision, also dem Auftreffen der Fahrzeugfront gegen ein anderes Objekt, tritt zunächst eine Kopftranslation im Bereich C 0 bis C 2 ein, danach eine Hyperflexion (vgl. Schoenberger-Mehrtens-Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 6. Auflage 1998, S.516). Der Kläger hat gegenüber dem erstbehandelnden Orthopäden Dr.B. angegeben, Beschwerden hätten erst nach 15 bis 20 Minuten eingesetzt. Ein beschwerdefreies Intervall spricht gegen eine Distorsion, die zu einer körperlichen Schädigung hätte führen können (vgl. Schoenberger-Mehrtens-Valentin a.a.O. S.519).

Andererseits ist zu berücksichtigen, dass bereits vor dem Unfall Schäden an der Halswirbelsäule dokumentiert sind. So diagnostizierten die Ärzte in B. ein HWS-Syndrom, das sich in Beschwerden der Halswirbelsäule und in der Muskulatur im Schulter-Nackenbereich beiderseits manifestierte und durch ein regelmäßiges Bewegungstraining beseitigt werden konnte. Eine Röntgenuntersuchung vom 07.10.1991 hatte eine Fehlhaltung der Wirbelsäule, vor allem Rundrücken mit steil gestellter Halswirbelsäule, sowie Spondylochondrose, Zeichen eines Morbus Scheuermann 1 bis 2 und beginnende Spondylarthrose gezeigt. Eine deutliche Streckfehlhaltung der Halswirbelsäule diagnostizierte auch Dr.D. nach Magnetresonanztomografie der Halswirbelsäule vom 31.07.1998, ebenso eine beginnende Chondrose der cervikalen Bandscheiben. Diese Befunde erklären zumindest zum Teil die subjektiven Beschwerden des Klägers. Allerdings haben bereits die Ärzte in der Orthopädischen Klinik H. betont, dass eine deutliche Diskrepanz zwischen den subjektiv geklagten Beschwerden und den objektivierbaren klinischen und radiologischen Befunden besteht. Bei der Untersuchung durch Dr.L. zeigte sich eine symmetrische Muskulatur der oberen Extremitäten, Schultergürtel, Rumpf und unteren Extremitäten ohne Verschmächtigungen oder Atrophien. Es zeigten sich keine trophischen Störungen, keine äußeren Verletzungszeichen, die Nackenmuskulatur war weich, normal tonisiert, mit einigen Verspannungen und Myogelosen. Bei freier Beweglichkeit der Halswirbelsäule in allen Ebenen ist kein Anhaltspunkt für Verletzungsfolgen gegeben. Dieser Befund wird auch bestätigt von Prof.Dr.W. im Gutachten für die Vereinte Versicherungs AG vom 31.01.2000, der ausführt, die Bewegungen würden spontan, aktiv, flüssig durchgeführt, die Funktion der Halswirbelsäule sei in allen Ebenen entsprechend der Alterstufe voll befriedigend, ohne entscheidende Beeinträchtigung.

Dr.L. und Prof.Dr.W. befinden sich insofern in Übereinstimmung mit Prof.Dr.B. und Dr.N. , deren im Verwaltungsverfahren eingeholte Gutachten im Wege des Urkundenbeweises verwertet werden. Prof.Dr.B. betont, dass der Befund, den Dr.B. am Unfalltag erhoben hat, einen Hartspann der Muskulatur aufweist, der nicht zwingend Folge eines Unfallgeschehens ist. Die von Dr.B. angegebene nur eingeschränkte, aber nicht aufgehobene Rotation und Reklination sprechen gegen ein stattgehabtes Trauma. Damit sprechen - so Prof.Dr.B. - mehr Umstände gegen als für eine unfallbedingte Entstehung der geklagten Beschwerden.

Unfallfolgen auf neurologischem Fachgebiet sind gleichfalls nicht festzustellen. Dr.N. weist zu Recht darauf hin, dass die von Dr.B. diagnostizierte Einschränkung der Rotation und der Retroflexion, nicht jedoch der Anteflexion, eher Zeichen gegen eine mögliche Hyperflexion als dafür sind. Objektiv neurologische Defizite wurden, wie Dr.N. betont, durch keinen der Untersucher festgestellt. Insbesondere haben auch die Ärzte der Orthopädischen Klinik M. darauf hingewiesen, dass ein absolut unauffälliger neurologischer Befund und Normalbefund im EMG besteht. Weiter sind in der Orthopädischen Klinik völlig regelrechte Bewegungsausmaße der Halswirbelsäule dokumentiert.

Der im Kernspintomogramm festgestellte kleine Bandscheibenvorfall cervikal ist als Folge der schon am Unfalltag radiologisch festgestellten Bandscheibendegeneration zu sehen. Denn ein traumatischer Bandscheibenvorfall ist stets ein neurologisch sehr eindrucksvolles Verletzungsmuster. Durch das plötzliche Freiwerden von Bandscheibengewebe tritt dieses in den Wirbelkanal oder aber in die Zwischenwirbellöcher vor und trifft dort auf die ungeschützten nervalen Strukturen, das Rückenmark oder die Nervenwurzeln. Dies führt entweder zu einem Querschnittsyndrom oder aber zu einer isolierten radikulären Symptomatik. Da dies beim Kläger nach dem Unfallgeschehen nicht vorlag, ist von einem neurologischen Befund als Unfallfolge nicht auszugehen. Es bestanden weder äußere Verletzungszeichen noch sind unfallbedingte strukturelle Schädigungen neurologisch oder neurophysiologisch feststellbar und auch durch MRT nicht zu verifizieren.

Unfallfolgen auf HNO-ärztlichem Fachgebiet sind gleichfalls nicht gegeben. Dies steht zur Überzeugung des Senats fest auf Grund des schlüssigen Gutachtens des HNO-Arztes Dr.G. im Verwaltungsverfahren, das im Wege des Urkundenbeweises verwertet wird. Grundsätzlich wäre eine Schädigung des Ohres durch eine HWS-Distorsion möglich. Denn es gibt zwischen gewissen Strukturen des Halses und dem Innenohr funktionelle Beziehungen. Von der Halswirbelsäule können Störungen ausgehen, die das Hörvermögen und die Gleichgewichtsregulation betreffen. Unter den Beschwerden, die als Folge eines Beschleunigungstraumas geltend gemacht werden, stehen Gleichgewichtstörungen im Vordergrund. Solche hat der Kläger nie angegeben. Die Untersuchung bei Dr.G. ergab bei reizlos intakten Trommelfellen ein uneingeschränktes Hörvermögen sowohl für Flüster- und Umgangssprache als auch im Audiogramm. Auch die behandelnde HNO-Ärztin Dr.O. erwähnt, dass die Hörminderung nur jeweils 1- bis 2-mal pro Tag, nicht an jedem Tag, für 2 bis 3 Stunden eintrete.

Anhaltspunkte dafür, dass die beim Kläger nach seinen Angaben etwa 2 Wochen vor dem 26.09.2000 eingetretenen Kopfschmerzen mit Gesichtslähmung Unfallfolgen seien, sind im Hinblick auf die vorliegenden Sachverständigengutachten nicht gegeben. Der Kläger hat auch kein ärztliches Attest vorgelegt, das einen Zusammenhang der behaupteten Gesundheitsstörung mit dem Unfall herstellen würde. Insofern besteht kein Anlass zu weiterer Sachaufklärung.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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