L 18 U 542/00

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
18
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 11 U 145/99
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 18 U 542/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 22.11.2000 aufgehoben und die Klage gegen den Bescheid vom 11.01.1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26.04.1999 abgewiesen.
II. Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
III. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob bei dem Kläger eine Atemwegserkrankung als Berufskrankheit (BK) nach Nr 4302 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) anzuerkennen und zu entschädigen ist.

Der am 1939 geborene Kläger war seit 1953 als Friseur tätig und ist seit 02.09.1997 arbeitsunfähig. Im September 1995 beantragte er die Gewährung einer Rente wegen einer BK und begründete dies mit dem Vorliegen einer chronischen Bronchitis, die durch das ständige Einatmen verschiedener Sprays und Haarwaschmittel bedingt sei. Die Beklagte zog Krankenkassenunterlagen über den Kläger und Befundunterlagen der behandelnden Ärzte bei und holte ein lungenfachärztliches Gutachten des Dr.N.H. vom 24.02.1997 nach ambulanter Untersuchung und ein internistisch-pneumologisch-allergologisch-umweltmedizinisches Gutachten nach Aktenlage des Dr.G.H. vom 26.06.1997 ein. Dr.N.H. konnte keine Überempfindlichkeit gegenüber Friseurstoffen nachweisen. Auch die Body-Plethysmographie nach arbeitsplatzbezogener inhalativer Belastung mit Blondiermittel und Wasserstoffperoxyd zeigte keine signifikante Einschränkung der Lungenfunktion. Die Rhinomanometrie nach arbeitsplatzbezogener Provokation mit nasaler Inhalation von Blondiermitteln und Wasserstoffperoxyddämpfen zeigte eine hochgradige Behinderung der Nasenatmung sowie eine vermehrte Nasensekretion, die als positiver nasaler Provokationstest gegenüber Blondiermitteln und Wasserstoffperoxyd gewertet wurde. Im weiteren fand sich bei der unspezifischen inhalativen Provokation ein Hinweis auf eine unspezifische bronchiale Hyperreagibilität (UBH). Die übrigen Lungenfunktionsparameter lagen im Normbereich. Dr.N.H. schlug die Anerkennung einer BK nach Nr 4301 vor und bewertete die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) mit 20 vH. Dr.G.H. nahm eine obstruktive Atemwegserkrankung durch chemisch-irritativ-toxisch wirkende Substanzen nach Nr 4302 auf dem Boden einer bronchialen Hyperreagibilität bei jahrelanger Exposition gegenüber am Arbeitsplatz verwendeten Blondiermitteln und Haarsprays an und bewertete die MdE ebenfalls mit 20 vH. Er vertrat die Auffassung, dass die im Gutachten des Dr.N.H. durchgeführten Untersuchungen das Bild einer leichtgradigen bronchialen Hyperreagibilität zeigten, ferner zeige sich im arbeitsbezogenen inhalativen Belastungstest auf Blondiermittel eine geringe Reduktion der statischen und dynamischen Volumina, wenn auch noch nicht eine signifikante Einschränkung der Lungenfunktion, was sicherlich unter dem Aspekt des Arbeitstages zu sehen sei. Hier sei die lang andauernde, inhalative Belastung während eines Arbeitstages zu beachten. Der Einzeltest als solcher sei richtungsweisend und somit auch als entsprechend positiver Ausfall heranzuziehen.

Die Beklagte holte sodann eine Stellungnahme nach Aktenlage des Arztes für Lungen- und Bronchialheilkunde Dr.H.D.L. vom 31.08.1998/18.12.1998 ein. Dieser schloss sich der Auffassung des Dr.G.H. an. Eine beruflich verursachte Rhinopathie im Sinne der Nr 4301 BKV verneinte er, da eine Hyperreaktivität der Atemwegsschleimhäute vorliege. Er vertrat die Auffassung, dass für die Annahme einer BK nach Nr 4302 nicht immer eine auffällige messbare Einschränkung des Bronchialvolumens nachweisbar sein müsse. Es sei zu bedenken, dass durch den zeitlichen Ablauf mit Summationseffekt im Laufe des Tages bzw der Arbeitswoche die Reize zunähmen und die Beschwerden sich kontinuierlich verstärkten. Die nur einmal nachweisbar gewesene bronchiale Hyperreagibilität anlässlich der Begutachtung am 04.01.1996 bei Dr.N.H. spreche nicht gegen eine BK im Sinne der Nr 4302.

Die Beklagte lehnte die Anerkennung einer BK nach Nr 4301 bzw 4302 der Anlage zur BKV mit Bescheid vom 11.01.1999 mit der Begründung ab, nach den ärztlichen Unterlagen lägen keine durch allergisierende Stoffe verursachte Rhinopathie und auch keine obstruktive Atemwegserkrankung vor. Die Beklagte lehnte auch die Gewährung von Maßnahmen nach § 3 BKV ab. Der Widerspruch des Klägers war erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 26.04.1999).

Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) Würzburg hat der Kläger die Aufhebung des Bescheides vom 11.01.1999 idF des Widerspruchsbescheides vom 26.04.1999 und die Anerkennung einer BK gemäß Nr 4302 und die Gewährung einer Rente nach einer MdE um 20 vH ab Arbeitsaufgabe begehrt. Das SG hat von dem Internisten Dr.W.S. ein Gutachten vom 25.04.2000 eingeholt. Dieser hat eine BK nach Nr 4301 verneint und eine durch den beruflichen Umgang mit chemisch-irritativ oder toxisch wirkenden Stoffen verursachte obstruktive Atemswegserkrankung (hyperreagibles Bronchialsystem) im Sinne der Ziffer 4302 der Anlage zur BKV bejaht. Bezüglich der Erkrankung der Nase hat er keine BK nach Ziffer 4302 angenommen und dies damit begründet, dass es sich insoweit um eine rezidiverende eitrige Rhinosinusitis handele, die ursächlich durch die rezidivierenden Infekte verursacht werde. Die beim Kläger vorliegende bronchiale Hyperreagibilität sei mit Wahrscheinlichkeit im Sinne einer wesentlichen Teilbedingung auf die Tätigkeit als Friseur zurückzuführen. Die Atemwegserkrankung habe zur Unterlassung aller schädlichen Tätigkeiten gezwungen. Die MdE hierfür hat er - entsprechend dem Merkblatt zur BKV - auf 10 vH geschätzt.

Die Beklagte hat zu diesem Gutachten eine Stellungnahme des Dr.H.G.K. vom 04.07.2000 eingeholt. Dieser hat das Vorliegen einer BK des Klägers verneint und als entscheidend gewertet, dass bis 1996 eine obstruktive Belüftungsstörung des Bronchialtrakts nie nachgewiesen worden sei, die Untersuchungen bei Dr.N.H. eine normale Lungenfunktion ergeben und unter Berufsstoffexposition sich keine Bronchialobstruktion gezeigt haben. Der zu dieser Stellungnahme gehörte Dr.W.S. hielt in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 23.09.2000 an seiner Auffassung fest, dass beim Kläger eine BK nach Ziffer 4302 vorliege. Er gestand aber zu, dass die Beweisführung vorliegend durch Besonderheiten des Krankheitsverlaufes Schwierigkeiten aufweise.

Das SG hat mit Urteil vom 22.11.2000 die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 11.01.1999 idF des Widerspruchsbescheides vom 26.04.1999 verpflichtet, dem Grunde nach eine "bronchiale Hyperreagibilität" als BK Nr 4302 der Anlage zur BKV anzuerkennen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Es ist dem Gutachten des Dr.W.S. gefolgt und hat die beim Kläger bestehende bronchiale Hyperreagibilität als eine geringgradige obstruktive Atemwegserkrankung angesehen.

Gegen dieses Urteil haben sowohl die Beklagte als auch der Kläger Berufung eingelegt. Die Beklagte hat sich gegen die Verurteilung zur Anerkennung einer UBH als BK nach Nr 4302 der Anlage zur BKV gewandt und ausgeführt, dass in keinem der im Feststellungsverfahren eingeholten medizinischen Gutachten eine Obstruktion der Atemwege nachgewiesen worden sei. Auch die festgestellte UBH sei - falls diese unter das für eine BK spezifische Krankheitsbild falle - auch nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit durch die berufliche Tätigkeit als Friseur verursacht oder verschlimmert worden. Die Beklagte hat noch eine Stellungnahme des Prof.Dr.R.M. vom 15.01.2001 vorgelegt. Dieser hat einerseits eine obstruktive Atemwegserkrankung für nachgewiesen gehalten, andererseits eine solche lediglich im Sinne der Verschlimmerung für möglich erachtet und zusammenfassend gemeint, ob eine BK nach Nr 4302 vorliege, sei medizinisch nicht definitiv zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des SG Würzburg vom 22.11.2000 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 11.01.1999 idF des Widerspruchsbescheides vom 26.04.1999 abzuweisen sowie die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG Würzburg vom 22.11.2000 mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die Beklagte verpflichtet wird, eine obstruktive Atemwegserkrankung nach Nr 4302 der Anlage zur BKV anzuerkennen und Rente nach einer MdE um 20 vH zu gewähren.

Ergänzend zum Sachverhalt wird auf die Akten der Beklagten und die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufungen sind zulässig. Die Berufung des Klägers ist unbegründet, die der Beklagten begründet. Das SG hat die Beklagte zu Unrecht verurteilt, beim Kläger eine "bronchiale Hyerreagibilität" als BK nach Nr 4302 der Anlage zur BKV anzuerkennen.

Streitig ist nur noch, ob eine BK nach Nr 4302 vorliegt, da der Kläger sein Klagebegehren vor dem SG entsprechend eingeschränkt hat.

Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch richtet sich nach den Vorschriften der Reichsversicherungsordnung - RVO -, da er seinen Entschädigungsanspruch auch für Zeiten vor dem In-Kraft-Treten des Siebten Buches des Sozialgesetzbuches - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII) vom 01.01.1997 erhebt (Art 36 des Unfallversicherungs-Einordnungsgesetzes (UVEG, § 212 SGB VII).

Nach § 551 Abs 1 Satz 1 RVO gilt als Arbeitsunfall, der nach § 547 RVO ua durch Gewährung von Verletztenrente zu entschädigen ist, auch eine BK. BK en sind nach § 551 Abs 1 Satz 1 RVO die Krankheiten, welche die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates bezeichnet und die ein Versicherter bei den in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO genannten Tätigkeiten erleidet. Die entschädigungspflichtigen BK en die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht werden, denen bestimmte Berufsgruppen durch ihre Arbeit in erheblich höherem Maße als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind, werden in der Liste der Anlage zur BKV bezeichnet.

Eine vom Verordnungsgeber in der Anlage (Liste der BK en) zur BKV aufgenommene BK liegt - wie die Beklagte zu Recht entschieden hat - beim Kläger nicht vor. Die Feststellung einer BK setzt grundsätzlich voraus, dass zum einen in der Person des Versicherten die sog arbeitstechnischen Voraussetzungen erfüllt sind, dh, dass er im Rahmen seiner versicherten Tätigkeiten schädigenden Einwirkungen im Sinne der BK ausgesetzt gewesen ist, die prinzipiell geeignet sind, einen entsprechenden Gesundheitsschaden zu bewirken (haftungsbegründende Kausalität). Zum anderen muss ein Zusammenhang zwischen der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung bestehen (haftungsausfüllende Kausalität). Während die arbeitstechnischen Voraussetzungen und der Gesundheitsschaden voll bewiesen sein müssen, reicht zur Bejahung des Kausalzusammenhangs zwischen der schädigenden Einwirkung und dem Gesundheitsschaden die hinreichende Wahrscheinlichkeit aus (vgl BSG SozR 2200 § 548 Nr 38; § 551 Nr 1; Mehrtens/Perlebach, Die Berufskrankheiten-Verordnung E § 9 SGB VII RdNr 26). Diese ist dann gegeben, wenn nach geltender ärztlich-wissenschaftlicher Lehrmeinung mehr für als gegen den Zusammenhang spricht und ernste Zweifel hinsichtlich einer anderen Verursachung ausscheiden (BSGE, 32, 303, 309; BSG SozR 2200 § 548 Nr 38; BSG Breithaupt 1963, 60, 61).

Von diesen rechtlichen Voraussetzungen ausgehend kann nicht festgestellt werden, dass beim Kläger eine BK nach Nr 4302 der Anlage zur BKV vorliegt. Die BK Nr 4302 erfasst durch chemisch-irritative oder toxisch wirkende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankungen, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren und sein können. In wie weit die arbeitstechnischen Voraussetzungen für diese BK erfüllt sind, kann vorliegend letztlich dahinstehen. Die vorgenannte BK erfordert nämlich zunächst einmal das Vorliegen einer obstruktiven Atemwegserkrankung. Damit sind verschiedene akute und chronische Krankheitsbilder gemeint, die charakterisiert sind durch vorübergehende, sich wiederholende meist reversible Zustände und Anfälle von Atemnot, die durch eine Erhöhung der Atemwegswiderstände verursacht werden (vgl Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 6. Auflage Seite 1029 ff). Fehlt es an einer Obstruktion liegen die Vorausetzungen für eine obstruktive Atemwegserkrankung nicht vor (Mehrtens/Perlebach, Kommentar zur BKV M 4302 RdNr 2).

So ist es hier. Im Falle des Klägers fehlt es bereits an einer obstruktiven Atemwegserkrankung. Weder von den im Feststellungsverfahren von der Beklagten eingeholten medizinischen Gutachten/Stellungnahmen der Dres.N.H. , G.H. und H.D.L. noch im Gerichtsgutachten des Dr.W.S. konnte eine Obstruktion der Atemwege nachgewiesen werden. Hierauf hat mit überzeugenden Argumenten Dr.H.G.K. hingewiesen. Die Gutachter Dr.N.H. und Dr.W.S. haben durchgängig Normalbefunde bei den Lungenfunktionsprüfungen erhoben. Festgestellt wurde lediglich eine UBH. Diese kann entgegen der Auffassung des SG nicht als obstruktive Atemwegserkrankung gedeutet werden. Auch Dr.W.S. weist in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 23.09.2000 daraufhin, dass entsprechend dem Merkblatt des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung eine UBH nicht das Tatbestandsmerkmal einer BK trägt, weil sie keine obstruktive Atemwegserkrankung darstellt. Wenn Dr.W.S. dennoch letztlich eine BK nach Nr 4302 bejaht, ist sein Gutachten insoweit nicht schlüssig und kann daher der Entscheidung des Senats nicht zu Grunde gelegt werden. Dr.W.S. räumt selbst ein, dass Dr.H.G.K. zumindest teilweise zutreffend auf Schwierigkeiten für die Annahme einer BK Nr 4302 hinweist, die zum einen durch nicht sicher beurteilbare Testungen aus dem Jahr 1996 bedingt seien, zum anderen durch den zunehmenden zeitlichen Abstand zur beruflichen Exposition und mittlerweile aufgetretene schwere Nasennebenhöhlenentzündungen und Nasenoperationen.

Die Lungenfunktionsdaten ergaben zu keinem Zeitpunkt eine manifeste obstruktive Lungenerkrankung. Der Senat hält daran fest, dass eine UBH als Erkrankung die Annahme einer BK nicht trägt, weil sie keine obstruktive Atemwegserkrankung darstellt, sondern allenfalls ein Vorläufer oder Begleiter ist (Schönberger/Mehrtens/Valentin, aaO Seite 1033; BayLSG Urteil vom 05.03.2002 Az: L 18 U 292/00). Selbst eine unspezifische Überempfindlichkeit der Atemwege im Sinne einer bronchialen Hyperreagibilität war vor der Berufsaufgabe des Klägers nicht nachweisbar. So waren bei einer Lungenfunktionsprüfung am 10.12.1985 bei Dr.R. alle Parameter im Normbereich. Nach einem Arztbrief des Dr.S. vom 02.02.1998 erfolgte in der Zeit vom 21.02.1984 bis 28.01.1986 keine Behandlung wegen einer Atemwegserkrankung. Der Kläger stellte sich erstmals im Dezember 1985 in der Praxis der Lungenärzte Dres.R./R. vor. Aus der Kenntnis der bis 1993 erhobenen Befunde bestand nach Angaben dieser Ärzte kein Anhalt für eine beruflich bedingte Atemwegserkrankung (Arztbriefe vom 01.02.1996/05.02.1993). Auch aus den Krankenkassenauszügen der AOK sind von 1956 bis 1995 keine entsprechenden Diagnosen ersichtlich.

Auch wenn der Senat davon ausginge, die UBH sei unter dem BK - spezifischen Krankheitsbild zu subsumieren, wäre sie weder im Sinne der Entstehung noch der Verschlimmerung durch die berufliche Tätigkeit als Friseur mit Wahrscheinlichkeit verursacht. Gegen eine solche Verursachung spricht bereits der Krankheitsverlauf, der sich keineswegs kongruent zur beruflichen Tätigkeit darstellt (ebenso BayLSG Urteil vom 18.11.1997 Az: L 17 U 74/95). Der Kläger hat 1953 den Friseurberuf aufgenommen. Schon seit der Kindheit traten massive Beschwerden im Bereich der Atemwegsorgane auf. Im Februar 1993, also nach ca 40-jähriger beruflicher Tätigkeit, wurde nachgewiesen, dass keine UBH vorliegt. Die Lungenfunktionswerte waren sämtlich im Normbereich. Zum Jahreswechsel 1993/1994 kam es dann zu einer Entzündung der Lunge (Bronchopneumonie). Arbeitsunfähigkeit bestand deshalb vom 20.12.1993 bis 03.01.1994. In der weiteren zeitlichen Folge kam es 1995/1996 zu mehreren Entzündungen der Stirn- und Kieferhöhlen. Diese Erkrankungen führten ab dem 02.09.1997 zur dauernden Arbeitsunfähigkeit und Berufsaufgabe. Bei der ambulanten Untersuchung im Rahmen der Begutachtung des Dr.N.H. am 04.11.1996 wurde e r s t m a l s eine leichtgradige UBH festgestellt. Damit sind mehrere gravierende, endogen verursachte Erkrankungen der Atmungsorgane eindeutig nachgewiesen, die grundsätzlich, ohne weitere Faktoren, eine UBH auslösen können. Angesichts dieser erheblichen außerberuflichen Faktoren einerseits und langjährig problemlos tolerierten Einwirkungen der Friseurtätigkeit andererseits überzeugen die gutachtlichen Beurteilungen des Dr.G.H. und des Dr.H.D.L. sowie des Dr.W.S. nicht. Diese Gutachter haben sich mit dem Krankheitsverlauf und seinem Bezug zur beruflichen Exposition nicht auseinandergesetzt und somit nicht alle bei der Kausalitätsabwägung zu berücksichtigenden Umständen gewürdigt. Hingegen legt der von der Beklagten gehörte Dr.H.G.K. überzeugend dar, dass der bei dem Kläger sinu-bronchiale Krankheitsverlauf im Sinne der UBH nicht mit der beruflichen Exposition korreliert. So ist nach Berufsaufgabe ein progressiver Anstieg der Beschwerdesymptomatik festzustellen. Die gravierende Verschlimmerung der Atemwegsbeschwerden unmittelbar nach den Lungen- bzw Stirn- und Kiefernhöhlenentzündungen kann nicht der Einwirkung von friseur-spezifischen Arbeitsstoffen angelastet werden. Das Reaktionsverhalten beim Kläger nahm seit November 1996 kontinuierlich zu, obwohl wegen der häufigen Arbeitsunfähigkeitszeiten und eines Heilverfahrens nur eine geringe berufliche Exposition vorgelegen hat bzw seit September 1997 der Beruf aufgegeben war. Zwar war die berufliche Exposition in den Hintergrund getreten, die Rhinosits steigerte sich trotzdem, wie auch die Empfindlichkeit des Nasenepithels und des Bronchialbaumes. Die UBH kann daher nicht mit dem erforderlichen Grad der Wahrscheinlichkeit auf die berufliche Tätigkeit als Friseur zurückgeführt werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
Saved