L 1 RA 110/00

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 12 RA 886/96
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 1 RA 110/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 24. November 1999 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Bewilligung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

Der am 1948 geborene Kläger hat nach seinen Angaben eine Ausbildung zum Landwirt (1964-1967), zum Bürokaufmann (15.01.1970) und zum Handelsfachwirt (1986) erfolgreich abgeschlossen und eine Technikerschule (10/67 - 2/69) besucht. Er war ab 10/81 als Abteilungsleiter, als Ladenleiter, Substitut, Lagerist sowie zuletzt (01.05.1991 - 30.06.1994) als Verkäufer im Lebensmittelgroßhandel im Bereich der Kühlung versicherungspflichtig beschäftigt. Seit 8/93 bestand - mit Unterbrechungen - Arbeitsunfähigkeit bis 03.07.1994. Seit 30.01.1995 bezog er Arbeitslosengeld, ab 17.12.1996 Arbeitslosenhilfe.

Auf Antrag vom 15.08.1994 ließ die Beklagte den Kläger orthopädisch (vgl. Gutachten Dr. K. vom 30.12.1994) und nervenärztlich (vgl. Gutachten Dr. H. vom 23.01.1995) untersuchen und begutachten und zog den Entlassungsbericht vom 14.02.1994 (stationär: 11.01.1994 - 08.02.1994) bei.

Mit Bescheid vom 30.05.1995 lehnte die Beklagte den Antrag auf Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit ab. Trotz der vorliegenden Gesundheitsstörungen (Spondylose der HWS, BWS, LWS; leichte Skoliose der WS, leichte obstruktive und restriktive Ventilationsstörung, Verdacht auf rheumatischen Grundprozess, somatoforme Schmerzstörung) sei der Kläger noch in der Lage, im bisherigen Berufsbereich weiterhin vollschichtig tätig zu sein. Mit Widerspruchsbescheid vom 25.10.1996 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Auch die weitere Begutachtung durch den Nervenarzt Dr. P. (Gutachten vom 02.07.1996) habe keine weitere Einschränkung des festgestellten Leistungsvermögens ergeben.

Seine zum Sozialgericht München (SG) erhobene Klage hat der Kläger damit begründet, dass er aufgrund der Vielzahl der Gesundheitsstörungen, vor allem der chronifizierten Depression, verbunden mit einem psychovegetativen Syndrom, der Schwindelerscheinungen und der Migräne weder als Kaufmannsgehilfe noch als Handelsfachwirt leistungsfähig sei. Alle bisherigen Behandlungen seien erfolglos geblieben.

Zur Aufklärung des Sachverhalts hat das SG Befunde auf nervenärztlich / psychiatrischem, röntgenologischem, orthopädischem, neurochirurgischem, HNO-ärztlichem, augenärztlichem, internistischem und lungenärztlichem Gebiet sowie Auskünfte der Arbeitgeber und einen Leistungsauszug der Krankenkasse beigezogen. Im Auftrag des SG haben die Internistin Dr. L. (internistisch - kardiologisches Gutachten vom 04.12.1997) sowie der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. M. (nervenärztliches Gutachten vom 10.11.1998) den Kläger untersucht und begutachtet. Übereinstimmend wird ein vollschichtiges Leistungsvermögen mit qualitativen Einschränkungen angenommen.

Mit Urteil vom 24.11.1999 hat das SG die Klage abgewiesen und sich im Wesentlichen auf das Ergebnis der medizinischen Sachaufklärung gestützt. Der Kläger könne die bisher ausgeübten Tätigkeiten weiter verrichten, wie sie in der Arbeitgeberauskunft der Fa. U. beschrieben worden seien.

Seine zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegte Berufung stützt der Kläger im Wesentlichen auf nur unzureichend berücksichtigte Schmerzen, die seit dem bisher nicht anerkannten Arbeitsunfall von 08.06.1993 bestünden und sich durch den Verkehrsunfall von 1996 verstärkt hätten. Es bestehe ein chronisches polytopes Schmerzsyndrom, wie der Arztbrief aus der Neurologischen Klinik rechts der Isar vom 17.02.2000 (stationär: 02.02.2000 - 14.02.2000) belege. Arbeiten von wirtschaftlichem Wert seien nicht mehr möglich. Mit Bescheid vom 07.03.2002 hat die Großhandels- und Lagerei-Berufsgenossenschaft Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung abgelehnt, da ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem beschriebenen Unfallereignis vom 08.06.1993 und den angegebenen Beschwerden im Bereich der Halswirbelsäule nicht bestehe.

Der Senat hat Befunde auf orthopädischem, chirurgischem, neurochirurgischem, toxikologischem, radiologischem, psychiatrischem, angiologischem, internistischem, urologischem und HNO-ärztlichem Gebiet, Labordaten sowie einen Leistungsauszug der Krankenkasse (DAK) vom 08.10.2002 beigezogen.

Außerdem hat der Senat den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. S. sowie den Arzt für Orthopädie Dr. G. zu Sachverständigen bestellt. In ihren Gutachten vom 30.10.2000 und 18.02.2003 sind die Sachverständigen übereinstimmend zu der Auffassung gelangt, dass der Kläger noch leichte Arbeiten in Wechselhaltung und ohne Zwangshaltung vollschichtig verrichten könne. Das Heben und Tragen von mittelschweren und schweren Lasten, das Arbeiten in Kälte und Zugluft sowie Arbeiten unter Akkord seien nicht mehr zumutbar. Wegen der Einzelheiten wird auf die erstatteten Gutachten, die den Beteiligten jeweils in Ablichtung übersandt worden sind, verwiesen.

Der Kläger beantragt, ein Gutachten nach § 109 SGG durch Herrn Dr. R., M. , auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet einzuholen.

Für den Fall, dass das Gericht dem Antrag auf Erholung eines Gutachtens nach § 109 SGG durch Dr. R. nicht entspricht, beantragt der Kläger, das Urteil des Sozialgerichts München vom 24.11.1999 sowie den Bescheid vom 30.05.1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.10.1996 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm gemäß dem Antrag vom 15.08.1994 Rente wegen Erwerbs-, hilfsweise Berufsunfähigkeit zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren die Prozessakten beider Rechtszüge, die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Schwerbehindertenakte. Auf ihren Inhalt wird zur Ergänzung des Sachverhalts Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 143, 151 SGG zulässige Berufung ist nicht begründet. Das SG hat zu Recht entschieden, dass dem Kläger kein Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zusteht.

Der Anspruch auf Versichertenrente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit richtet sich bei Antragstellung vor dem 31.03.2001 (hier am 15.08.1994) nach den Vorschriften des SGB VI in der bis 31.12.2000 geltenden Fassung, soweit ein Anspruch vor dem 01.01.2001 geltend gemacht wird (vgl. § 300 Abs. 2 SGB VI). Für den Anspruch sind aber auch die Vorschriften des SGB VI in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung (n.F.) maßgebend, soweit (hilfsweise) Rente wegen Erwerbsminderung für die Zeit nach dem 31.12.2000 begehrt wird (vgl. § 300 Abs. 1 SGB VI).

Rechtsgrundlage sind die §§ 43, 44 SGB VI. Neben der allgemeinen Wartezeit sind die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Antragstellung nach § 43 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3, § 44 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 SGB VI erfüllt. Der Kläger ist aber nicht berufsunfähig im Sinne der Begriffsbestimmung des § 43 Abs. 2 SGB VI. Da der Versicherungsfall der Erwerbsunfähigkeit an strengere Voraussetzungen geknüpft ist als derjenige der Berufsunfähigkeit, folgt aus der Verneinung von Berufsunfähigkeit ohne Weiteres das Fehlen von Erwerbsunfähigkeit (vgl. BSG, Urteil vom 05.04.2001, B 13 RJ 61/00 R).

Zur Beurteilung des zunächst nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI festzustellenden Leistungsvermögens stützt sich der Senat auf die vom SG gehörten Sachverständigen Dres. L. und M. (vgl. das internistisch - kardiologisches Gutachten vom 04.12.1997 und das nervenärztliche Gutachten vom 10.01.1998) sowie die schlüssigen und überzeugenden Ausführungen der vom Senat gehörten Sachverständigen Dres. S. und G ... Die Sachverständigen haben den Kläger persönlich untersucht, eine ausführliche Anamnese erhoben und das umfangreiche Befundmaterial sorgfältig ausgewertet.

Als Ergebnis seiner Begutachtung hat der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. S. überzeugend dargestellt, dass der Kläger an einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung leidet. Auf orthopädischem Gebiet führt Dr. G. ein chronisches polytopes Schmerzsyndrom ohne Hinweis auf eine Nervenwurzelkompression oder Polyneuropathie bei mäßigem Muskelhartspann im Bereich der Hals- und Lendenwirbelsäule mit jeweils pseudoradikulärer Ausstrahlung in den Schulter- bzw. Oberschenkelbereich, jedoch ohne Hinweis für radikuläre oder myelopathische Symptome und ohne Hinweis auf ein neurologisch fassbares segementales Defizit auf. Auf internistischem Gebiet bestehen nach der im SG-Verfahren gehörten Sachverständigen Dr. L. (vgl. internistisch-kardiologisches Gutachten vom 04.12.1997) eine Veränderung der Schilddrüse (Struma diffusa et nodosa Grad II), ein starker Juckreiz bei Neurodermitis, eine Hypotonieneigung bei völlig unauffälligen Herz-Kreislaufbefunden, eine Fettleber ohne entzündliche Reaktion, ein Verdacht auf funktionelle Magen- /Darmbeschwerden sowie eine Pollakisurie (häufiges Wasserlassen) und ein imperativer Harndrang bei kleinem Prostataadenom mit Ausschluss eines Blaseninfektes und einer Restharnbildung. Zusätzlich ist der Kläger durch eine Sehminderung beidseits sowie eine kombinierte Schwerhörigkeit bei gutem Verständnis von Umgangssprache beeinträchtigt.

Übereinstimmend sind die Sachverständigen der Auffassung, dass der Kläger noch leichte Arbeiten in Wechselhaltung und ohne Zwangshaltung vollschichtig verrichten kann. Das Heben und Tragen von mittelschweren und schweren Lasten, das Arbeiten in Kälte und Zugluft, das Arbeiten unter Akkord sowie am Fließband sind nicht mehr zumutbar. Ebenso sind hautbelastende Tätigkeiten sowie Arbeiten mit Lärmexposition und mit besonderen Anforderungen an das Seh- und Hörvermögen zu vermeiden.

Zu einer weiteren Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen sieht sich der Senat entgegen der Ansicht des Klägers nicht gedrängt.

Maßgeblich für die Frage, welches Leistungsvermögen beim Kläger besteht, sind nicht die Röntgenbefunde und Diagnosen, sondern die funktionellen Auswirkungen von Gesundheitsstörungen. Diese hat zuletzt der vom Senat gehörte Sachverständige Dr. G. festgestellt und das Leistungsvermögen unter Auswertung des Untersuchungsbefundes und zusätzlich gefertigter Röntgenaufnahmen zur Überzeugung des Senats dargestellt. Der vom Kläger vorgelegte MRT-Befund der Halswirbelsäule vom 05.03.2003 (Osteo-chondrose der mittleren und unteren HWS mit mäßigen Bandscheibenprotrusionen, keine knöchernen Läsionen) erschüttert diese Feststellung nicht.

Dies bestätigen auch die Feststellungen des Sachverständigen Dr. S. auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet. Weder die bei allen Sachverständigen vorgetragenen Begehrensvorstellungen noch die Widersprüche zwischen den subjektiven Angaben des Klägers und dem objektiven Befund können eine Einschränkung des quantitativen Leistungsvermögens rechtfertigen. Schließlich ist nach Dr. S. auch das vom Kläger angegebene Trauma von 1993 und die sich daraus ergebenden objektiven Befunde nicht geeignet, die Entwicklung eines überdauernden Schmerzsyndroms zu erklären. Die Untersuchungen der Gefäße vom 24.07.2002 und 12.12.2002 haben einen regelrechten Gefäßstatus ergeben, insbesondere konnten Stenosen nicht gefunden werden.

Den in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag, den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. R. als Arzt nach § 109 SGG zu hören, lehnt der Senat nach § 109 Abs. 2 SGG ab. Denn durch die Zulassung würde die Erledigung des seit Mai 2000 im Berufungsverfahren anhängigen Rechtsstreits verzögert werden. Zudem ist der Antrag aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden. Der Senat hat mit Schreiben vom 14.03.2003 das orthopädische Gerichtsgutachten vom 18.02.2003 übersandt und darauf hingewiesen, dass der Rechtsstreit zur Sitzung vorgesehen ist. Damit war für den durch einen Prozessbevollmächtigten vertretenen Kläger erkennbar, dass der Senat die Beweiserhebung als abgeschlossen betrachtet. Nach herrschender Meinung muss nun innerhalb angemessener Frist der Antrag nach § 109 Abs. 1 SGG gestellt werden (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 7. Auflage 2002, § 109, Rdnr. 8, 8a, m.w.N.). Eine besondere Hinweispflicht auf die Vorschrift des § 109 SGG bei einem vertretenen Kläger besteht nicht. Die Anregung im Schriftsatz vom 16.04.2003, im Anschluss an weitere Untersuchungen ein neurologisches Gutachten bei Dr. R. einzuholen, ist eine Anregung im Rahmen der Amtsermittlung nach § 106 SGG, nicht jedoch ein Antrag nach § 109 SGG. Auch nach Einreichung weiterer Unterlagen am 10.07.2003 (Arztbrief über die Schilddrüsenuntersuchung vom 14.05.2003, sozialmedizinische Stellungnahme vom 23.05.2003) war für den Kläger erkennbar, dass eine weitere Ermittlung von Amts wegen nicht mehr erfolgen wird. Denn der Rechtsstreit ist am 15.07.2003 zur Sitzung für den 13.08.2003 geladen worden. Spätestens nach Erhalt der Ladung am 17.07.2003 hätte der Kläger umgehend einen Antrag nach § 109 SGG stellen müssen. Der Antrag erst im Termin am 13.08.2003 ist in jedem Fall verspätet.

Der Kläger genießt aufgrund der zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Verkäufer und Disponent (vgl. die Arbeitgeberauskunft vom 04.11.1997) den qualifizierten Berufsschutz eines "Gelernten". Diesen Beruf kann er nach Ansicht aller im Verwaltungsverfahren gehörten Gutachter und aller im SG- und Berufungsverfahren gehörten Sachverständigen, denen sich der Senat anschließt, weiter ausüben.

Einschränkungen hinsichtlich der Wegefähigkeit bzw. betriebsüblicher Pausen bestehen nicht, insbesondere liegt auch kein sog. Katalog- oder Seltenheitsfall vor. Zu diesen Gruppen zählen Tätigkeiten, die nur unter nicht betriebsüblichen Arbeitsbedingungen (z.B. zusätzliche Arbeitspausen, die im Arbeitszeitgesetz nicht vorgesehen sind) ausgeübt werden können. Die vom Kläger angegebenen Miktionsbeschwerden (häufiges Wasserlassen, imperativer Harndrang) werden insoweit berücksichtigt, als Arbeiten in Kälte, Nässe und Zugluft zu vermeiden sind. Bei Arbeiten in geschlossenen Räumen besteht zudem die Möglichkeit, kurzfristig eine Toilette aufzusuchen. Zusätzliche betriebsunübliche Pausen, die über die persönliche Verteilzeit hinausgehen, sind dafür nicht erforderlich.

Ob dem Kläger ein Arbeitsplatz tatsächlich vermittelt werden kann, ist rechtlich unerheblich, weil vollschichtig einsatzfähigen Versicherten der Arbeitsmarkt offen steht und das Risiko der Arbeitsplatzvermittlung von der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung und nicht von der gesetzlichen Rentenversicherung zu tragen ist (vgl. BSG, SozR 3-2200 § 1246 RVO Nr. 50; BSGE 56, 69; 44, 39).

Nach dem ab 01.01.2001 geltenden Recht des SGB VI (vgl. §§ 43, 240 SGB VI n.F.) hat der Kläger keinen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung, da hiernach - wie bisher - ein Rentenanspruch jedenfalls dann ausgeschlossen ist, wenn ein Versicherter - wie der Kläger - den bisherigen Beruf vollschichtig ausüben kann.

Der beim Kläger festgestellte Grad der Behinderung (GdB) von 90 nach dem SGB IX führt nicht zur verminderten Erwerbsfähigkeit nach dem Recht der gesetzlichen Rentenversicherung. Denn der GdB nach dem SGB IX bezieht sich auf die Auswirkungen einer Behinderung in allen Lebensbereichen, nicht nur auf die Einschränkungen des beruflichen Leistungsvermögens. Als Schwerbehinderte anerkannte Versicherte sind nicht notwendigerweise i.S.d. § 43 SGB VI erwerbsgemindert.

Der Kläger kann einen Rentenanspruch auch nicht auf die sozialmedizinische Stellungnahme vom 23.5.2003 stützen, die seit 02.10.2002 und weiterhin Arbeitsunfähigkeit auf Zeit bei fehlendem Restleistungsvermögen attestiert.

Arbeitsunfähigkeit i.S.d. Krankenversicherung liegt vor, wenn der Versicherte infolge einer Krankheit seiner zuletzt ausgeübten oder einer ähnlich gearteten Erwerbstätigkeit entweder überhaupt nicht mehr oder nur auf die Gefahr hin seinen Zustand zu verschlimmern, nachgehen kann. Anders als bei der Erwerbsminderung i.S.d. gesetzlichen Rentenversicherung müssen die gesundheitlichen Einschränkungen bei der Arbeitsunfähigkeit nicht für einen längeren Zeitraum vorliegen (vgl. BSG SozR 2200 § 580 RVO Nr. 1). Ein Versicherter, der häufig arbeitsunfähig ist, ist deshalb noch nicht erwerbsgemindert (vgl. BSG SozR 2200 § 1247 RVO Nr. 12). Etwas anderes kann gelten, wenn der Versicherte so häufig arbeitsunfähig ist, dass die von ihm während eines Arbeitsjahres erbrachten Arbeitsleistungen nicht mehr die Mindestanforderungen, welche ein vernünftig und billig denkender Arbeitgeber zu stellen berechtigt ist, erfüllen, so dass die Einstellung oder Weiterbeschäftigung praktisch ausgeschlossen ist (vgl. BSG SozR § 1247 RVO Nr. 14).

Vorliegend ist zur Entscheidung der Frage, welches Restleistungsvermögen im Recht der Rentenversicherung vorliegt, nicht der medizinische Dienst der Krankenversicherung, sondern die Beklagte bzw. der Senat zuständig. Danach wird ein vollschichtiges Leistungsvermögen bejaht. Unabhängig davon war der Kläger auch nicht seit seinem geltend gemachten Unfallereignis vom 08.06.1993 arbeitsunfähig. Denn nach dem Erlöschen des Krankengeldanspruchs hat er Leistungen der Arbeitsverwaltung bezogen, zunächst Arbeitslosengeld und dann Arbeitslosenhilfe. Damit steht fest, dass er nicht arbeitsunfähig war, sondern dem Arbeitsmarkt in vollem Umfang zur Verfügung gestanden hat.

Nach alledem ist die Entscheidung des SG nicht zu beanstanden und die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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