L 12 KA 89/02

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 28 KA 2996/01
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 12 KA 89/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 117/03 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 29. April 2002 wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin hat dem Beklagte auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die bedarfsunabhängige Zulassung als Psychologische Psychotherapeutin zur vertragsärztlichen Versorgung. Die 1958 geborene Klägerin, Mutter dreier Kinder (geboren 1990, 1995 und 1997), ist Diplom-Psychologin Univ. und approbierte Psychologische Psychotherapeutin und war seit dem 1. August 1984 bis 15. Juni 2002 als Diplom-Psychologin in einer Fachambulanz für Suchtkranke in W. im Umfang von 19,25 Wochenstunden abhängig beschäftigt. Dieses Arbeitsverhältnis war vom 4. Januar 1991 bis 8. Mai 1992, vom 28. Oktober 1995 bis 15. Juni 2000 und durch den anschließenden Sonderurlaub bis 15. Juni 2002 unterbrochen. Im Januar 1996 nahm die Klägerin nach eigenen Angaben eine Tätigkeit als Psychologische Psychotherapeutin in eigener Praxis in W. auf. In der Zeit vom 4. Juli 1996 bis- Kostenerstattungsverfahrens 31 psychotherapeutische Behandlungsstunden zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung. Die Klägerin hat am 30. Dezember 1998 Antrag auf bedarfsunabhängige Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung als Psychotherapeutin gestellt. Der Antrag der Klägerin wurde mit Beschluss des Zulassungsausschusses Ärzte-Oberpfalz vom 19. April 1999/Bescheid vom 3. Mai 1999 abgelehnt. Es könne dahingestellt bleiben, ob die Klägerin die allgemeinen Voraussetzungen für die bedarfsunabhängige Zulassung erfülle. Die Klägerin habe jedenfalls mit 23 psychotherapeutischen Behandlungsstunden innerhalb von zwölf Monaten keine besitzstandswahrende Vortätigkeit im Sinne von § 95 Abs.10 Satz 1 Nr.3 SGB V nachgewiesen. Soweit sie hierfür die Geburt und Erziehung ihrer drei Kinder im Alter von acht, drei und 1 3/4 Jahren geltend mache, stelle dies keine ausreichende Begründung dar, um vom Kriterium der 250 Behandlungsstunden nach unten abzuweichen. Der Antrag auf bedarfsunabhängige Zulassung und der hilfsweise gestellte Antrag auf bedarfsunabhängige Ermächtigung zum Zwecke der Nachqualifikation seien daher mangels besitzstandswahrender Vortätigkeit abzulehnen. Die Klägerin hat mit Schreiben vom 24. Mai 1999 Widerspruch gegen den Bescheid des Zulassungsausschusses eingelegt. Die gesetzte Frist von einem Jahr, in der 250 Behandlungstunden nachzuweisen seien, sei rein willkürlich und weder vom Gesetz noch nach dem nachvollziehbaren Willen des Gesetzgebers genannt worden. Der Beklagte hat mit Bescheid vom 26. September 2001 den Widerspruch der Klägerin zurückgewiesen. Die Klägerin habe im Zeitraum vom 4. Juli 1996 bis 24. Juni 1997 im Kostenerstattungsverfahren 31 Behandlungsstunden für Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht, in der Zeit vom 4. Juli 1996 bis zum 5. Februar 1998 37 Behandlungsstunden (gemäß Angaben im Antrag vom 30. Dezember 1998). Damit liege keine besitzstandswahrende Vortätigkeit im rechtserheblichen Umfange vor. Die Kindererziehungszeiten seien nach Ansicht des BSG ausschließlich und hinreichend in § 95 Abs.11b SGB V geregelt. Eine Vorverlagerung des Zeitfensters um die im Zeitfenster geleisteten Kindererziehungszeiten vor Beginn des Zeitfensters helfe im Falle der Klägerin nicht weiter, denn sie sei erst seit 4. Juli 1996 für Versicherte der GKV psychotherapeutisch tätig. Dass die Kindererziehungszeiten der Klägerin nicht berücksichtigt würden, verstoße nicht gegen das Grundrecht des besonderen Schutzes der Familie. Zwar stünden Ehe und Familie unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung (Art.6 Abs.1 GG). Der Gesetzgeber sei aber nicht gehalten, alle mit Mutterschaft oder Kindererziehung zusammenhängenden wirtschaftlichen und beruflichen Belastungen auszugleichen. Hiergegen richtet sich die Klage der Klägerin vom 25. Januar 2001 zum Sozialgericht München. Unstreitig erfülle die Kläge- rin die Zulassungsvoraussetzungen des § 95 Abs.10 Satz 1 Nrn.1 und 2 SGB V. Sie habe die Fachkunde nach § 95c Satz 2 Nr.3 SGB V nachgewiesen, vor dem 31. Dezember 1998 den Antrag auf Zulassung gestellt und rechtzeitig die Approbationsurkunde als Psychologische Psychotherapeutin vorgelegt. Die Klägerin weise auch eine schützenswerte Vortätigkeit gemäß § 95 Abs.10 Satz 1 Nr.3 SGB V auf. Die freiberufliche Praxistätigkeit im Umfange von 31 psychotherapeutischen Behandlungsstunden für Versicherte der GKV in der Zeit vom 4. Juni 1996 bis 24. Juni 1997 sei im vorliegenden Falle schützenswert, da in der erforderlichen Einzelfallbetrachtung aller Umstände auch aus Härtegesichtspunkten der geringere Praxisumfang schützenswert sei. Die Klägerin habe 1995 und 1997 jeweils ihr zweites und drittes Kind geboren. Mit Eintritt in den Erziehungsurlaub 1995 habe sie beschlossen, zukünftig ihre Angestelltentätigkeit in Teilzeit aufzugeben und eine freiberufliche psychotherapeutische Tätigkeit zur Versorgung von Versicherten der GKV zu beginnen. Die Gründung der Praxis habe daher innerhalb des Fensterzeitraumes gelegen. Durch die gleichzeitige Betreuung und Erziehung zunächst von zwei, dann von drei Kindern sei der Praxisaufbau langsam und in geringem Ausmaße erfolgt. Die Voraussetzung der Ableistung einer exakten Mindeststundenzahl in einem bestimmten Zeitraum stünde auch in direktem Widerspruch zur Ausgestaltung des § 95 Abs.10 SGB V als Härtefallregelung (Hinweis auf BSG, Urteil vom 8. November 2000 - Az.: B 6 KA 51/00 R). Der Gedanke des § 95 Abs.11b SGB V müsse in Hinblick auf Art.6, 3 GG bei der Einzelfallbeurteilung einer wegen Kinderbetreuung geringen, aber schutzwürdigen Praxistätigkeit entsprechende Anwendung finden. Des Weiteren würde die Ablehnung einer Schutzwürdigkeit wegen zu geringer Behandlungsstundenzahl einen Verstoß gegen den europarechtlichen Grundsatz der Gleichbehandlung von Männern und Frauen bedeuten. Nach den auf der Grundlage des Art.141 des EG-Vertrages erlassenen Richtlinien 76/202/EWG und 86/613/EWG solle die Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung und die Bedingungen des Zugangs einschließlich der Auswahlkriterien gewährleistet werden. Eine mittelbare Diskriminierung liege vor, wenn eine geschlechtsneutral formulierte Vorschrift gleichwohl faktisch mehr Frauen als Männer benachteilige, ohne dass diese Benachteiligung durch vom Geschlecht unabhängige Gründe gerechtfertigt sei, siehe Art.2 der Richtlinie 97/80/EG des Rates vom 15. Dezember 1997 über die Beweislast bei Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes, Amtsblatt Nr. 11014 vom 20. Januar 1998, S.6 ff. Bei der Zeitfensterregelung des § 95 Abs.10 Satz 1 Nr.3 SGB V handle es sich um eine Vorschrift, die eine Bedingung des Zugangs zur vertrags- psychotherapeutischen Tätigkeit an einem bestimmten Ort regle. Der Verweis auf freie Zulassungsbezirke gehe ins Leere, da die Frauen meist wegen ihrer Familienaufgaben in ihrer örtlichen Mobilität beschränkt seien. Die Zeitfensterregelung in ihrer Umsetzung nach den Vorgaben des BSG treffe trotz geschlechtsneutraler Formulierung überwiegend Frauen. Da die Frage, ob tatsächlich mehr Frauen als Männer durch die Zeitfensterregelung nachteilig betroffen seien, für die Beurteilung einer mittelbaren Diskriminierung entscheidungserheblich sei, werde beantragt, Beweis darüber zu erheben, dass unter Zugrundelegung der Kriterien des Bundessozialgerichts erheblich mehr Zulassungs- und Ermächtigungsanträge von weiblichen Psychotherapeuten scheitern. Für den Fall, dass das erkennende Gericht- Erfordernis für die Erteilung einer Zulassung an die Klägerin sehen sollte, werde hilfsweise angeregt, das Verfahren auszusetzen und dem Europäischen Gerichtshof die Frage vorzulegen, ob das Erfordernis von mindestens 250 Behandlungsstunden mit dem Europarecht in Einklang stehe. Es bestünden begründete Zweifel, ob die Zeitfensterregelung dem mittelbaren Diskriminierungsverbot gerecht werde. Der Europäische Gerichtshof habe in dem Fall Kording gegen Senator für Finanzen (Rechtssache C-100/95) in einer Privilegierung der Ganztags- gegenüber der Halbtagstätigkeit eine mittelbare Diskriminierung von Frauen gesehen, da eine Teilzeittätigkeit überwiegend von Frauen ausgeübt werde. Die Beigeladene zu 1) hat hierzu mit Schriftsatz vom 4. Februar 2002 Stellung genommen. Die Klägerin habe im gesamten vorge- gebenen 3-Jahres-Zeitraum des § 95 Abs.10 Satz 1 Nr.3 SGB V 23 Behandlungsstunden für Versicherte der GKV in freier Tätigkeit nachgewiesen. Insgesamt handle es sich um zwei per Krankenkassensammelbescheinigung nachgewiesene Fälle von Juli 1996 bis September 1997 und von Januar 1997 bis Februar 1998. Damit sei unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ein besitzstandswahrender Behandlungsumfang nicht gegeben. Weder habe die ambulante Tätigkeit einen Schwerpunkt der beruflichen Tätigkeit der Klägerin dargestellt, noch habe sie ihren Lebensunterhalt zu einem bedeutsamen Teil mit der Versorgung gesetzlich Versicherter in niedergelassener Praxis bestritten. Nach Auffassung des Bundessozialgerichts könne unter Härtegesichtspunkten das Merkmal "Teilnahme" jedoch auch erfüllt sein, wenn nicht für mindestens sechs Monate während des Zeitfensters eine annähernd halbtägige Behandlungstätigkeit in eigener Praxis nachgewiesen werden könne, weil die Praxis erst zu Beginn des Jahres 1997 neu gegründet worden sei. Abgesehen davon, dass fraglich sei, ob bei der Klägerin von einer Praxisgründung gegen Ende des Jahres 1996 oder Beginn des Jahres 1997 zu sprechen sei, überschreite die Klägerin mit den nachgewiesenen 23 Stunden im gesamten 3-Jahres-Zeitraum gerade einmal die Schwelle, die das Bundessozialgericht im Durchschnitt für eine Woche als erforderlich ansieht (15 Stunden), um dem Teilnahmebegriff Genüge zu leisten. Auch andere etwaig denkbare Härtetatbestände seien vorliegend nicht erkennbar. Zur angesprochenen Problematik der Diskriminierung von Frauen durch die Zeitfensterregelung könne mitgeteilt werden, dass im Rahmen der bedarfsunabhängigen Zulassung/Ermächtigung bislang 52 Anträge von Männern und 85 Anträge von Frauen vor dem Zulassungsausschuss im Bereich Oberpfalz behandelt worden seien, davon seien 19 Anträge bei den Männern (Ablehnungsquote bei 37 %) und 34 Anträge von Frauen (40 %) abgelehnt worden. Die Klägerbevollmächtigte hat mit Schriftsatz vom 26. Februar 2002 weitere Veröffentlichungen zur Frage der verfassungsrechtlich und europarechtlich relevanten Benachteiligung von Psychotherapeutinnen durch das sog. Zeitfenster vorgelegt und beantragt, bei der KVB - Bezirksstelle Oberpfalz - nachzufragen, welche Behandlungsstundenzahlen im Zeitfenster von den 52 antragstellenden, davon 19 abgelehnten männlichen und von den 85 antragstellenden, davon 34 abgelehnten weiblichen Psychotherapeuten erbracht worden seien.

Das Sozialgericht München hat mit Urteil vom 29. April 2002 die Klage abgewiesen. Die Klägerin erfülle die in § 95 Abs.10 SGB V i.V.m. dem Ausnahmetatbestand des Abs.11b SGB V genannten Voraussetzungen jedenfalls insofern nicht, als sie im Zeitfenster nicht an der ambulanten psychotherapeutischen Versorgung der Versicherten der GKV "teilgenommen" (Satz 1 Nr.3) habe (zur Verfassungsmäßigkeit der Regelung vgl. BSG, Urteil vom 8. November 2000, Az.: B 6 KA 52/00 R; BVerfG, Beschluss vom 22. März 2001, Az.: 1 BvR 409/01). Eine Ausnahme vom Erfordernis der Teilnahme im Zeitfenster sehe § 95 SGB V nur für den Fall vor, dass der jeweilige Antragsteller wegen der Betreuung und Erziehung eines Kindes in den ersten drei Lebensjahren im Zeitfenster keine Erwerbstätigkeit ausgeübt habe (Abs.11b). In diesem Fall werde der Beginn des Zeitfensters um die Zeit vorverlegt, die der Zeit der Kindererziehung in dem 3-Jahres-Zeitraum entspreche. Aus dieser Regelung sei abzuleiten, dass andere Gründe für die fehlende Erwerbstätigkeit im Zeitfenster grundsätzlich keine Berücksichtigung finden könnten. Der Gesetzgeber sei nach Art.6 GG nicht verpflichtet, Familien jeden durch die Erziehung eines Kindes entstehenden Nachteil auszugleichen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29. Mai 1990 - 1 BvL 20/84). Tatsächlich begehre die Klägerin allein aufgrund der Kindererziehung sogar eine Besserstellung (Annahme eines tatsächlich weder vor noch im Zeitfenster vorhandenen Besitzstandes) gegenüber solchen Psychotherapeuten, die vor dem Zeitraum der Kindererziehung bereits eine ausreichende Praxistätigkeit ausgeübt hätten. § 95 Abs.10 SGB V verstoße auch nicht gegen das europarechtlich verankerte Verbot geschlechtsbezogener Diskriminierung (vgl. die Richtlinien 76/207/EWG vom 9. Februar 1976 und 86/613/EWG vom 11. Dezember 1986). Dabei könne dahinstehen, ob § 95 Abs.10 SGB V einer gesonderten Prüfung zugänglich sei (zu den Voraussetzungen vgl. Urteil des Europäischen Gerichtshofs - EuGH - vom 6. April 2000, C-226/98, Rdnr.32 f) und die Regelung tatsächlich mehr Frauen als Männer benachteilige. Eine dann an sich zu vermutende mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts (vgl. EuGH a.a.O., Rdnr.30) liege nicht vor, da die Regelung durch objektive Gründe gerechtfertigt sei. § 95 Abs.10 SGB V ergänze die zum 1. Januar 1999 mit der Aufnahme der Psychologischen Psychotherapeuten in das vertragsärztliche Versorgungssystem verbundene Beschränkung der Niederlassungsfreiheit (Einbeziehung in die vertragsärztliche Bedarfsplanung) um einen das Prinzip der bedarfsabhängigen Zulassung durchbrechenden Sonderzulassungsanspruch. Die Bindung des Zulassungsanspruches an einen objektiven Bedarf diene sowohl der Sicherung der finanziellen Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung durch Begrenzung der Zahl der zugelassenen Leistungserbringer als auch der Sicherung einer gleichmäßigen Versorgung der Versicherten durch eine bedarfsabhängige Steuerung der Niederlassung (vgl. BSG a.a.O., S.163 f). Diese Gründe würden es rechtfertigen, auch bei Psychotherapeuten bedarfsunabhängige Zulassungen nur in besonderen Ausnahmefällen zuzulassen (vgl. EuGH a.a.O., Rdnrn.40, 42). Der Gesetzgeber sei deshalb nicht gehindert gewesen, im Rahmen des ihm auch europarechtlich zukommenden weiten sozialpolitischen Entscheidungs- und Gestaltungsspielraums (vgl. EuGH a.a.O., Rdnr.41, Urteil vom 14. Dezember 1995, C-444/93, Rdnr.29) den Sonderzulassungsanspruch in § 95 Abs.10 SGB V, einer nach dem erkennbaren Gesetzeszweck allein besitzstandswahrenden Übergangs- und Härtefallregelung, eng zu begrenzen. Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin zum Bayer. Landessozialgericht vom 20. Juni 2002. Da das Gesetz selbst keine strikten zeitlichen Vorgaben für den Umfang einer Teilnahme an der vertragspsychotherapeutischen Versorgung im Zeitfensterzeitraum festgelegt habe, ermögliche § 95 Abs.10 Satz 1 Nr.3 SGB V den jeweiligen Zulassungsgremien eine flexible Anwendung, die den objektiven und subjektiven Besonderheiten jedes Einzelfalles Rechnung trage. Die Klägerin sei nicht in eine Teilzeitbeschäftigung zurückgekehrt und lebe nahezu vollständig von den Einnahmen aus ihrer Praxis, in der die Patienten fast ausschließlich Versicherte der GVK seien. Wesentlicher Gegenstand der Gesamtbetrachtung müsse zudem sein, dass die Klägerin wegen der zwei Schwangerschaften und Geburten sowie der Erziehung des im September 1995 geborenen Kindes am zügigen Ausbau ihrer Praxis gehindert gewesen sei. Dieser in der Person der Klägerin liegende Umstand müsse dazu führen, die Anforderungen an eine psychotherapeutische Praxistätigkeit erheblich zu reduzieren. Dass der Gesetzgeber Kindererziehung als schützenswerten und damit für den Härtefall zu berücksichtigenden Belang ansehe, werde aus der Regelung des § 95 Abs.11b SGB V ersichtlich. Was die konkret nachzuweisende Anzahl an Behandlungsstunden betreffe, sei darauf abzustellen, dass der Klägerin wegen der aufeinanderfolgenden Geburten zweier Kinder nahezu kaum Raum und Zeit geblieben sei, sich einer umfangreichen Praxistätigkeit zu widmen. 31 Behandlungsstunden würden angesichts der familiären Belastung und der damit eingeschränkten freiberuflichen Leistungsfähigkeit der Klägerin eindeutig einen schutzwürdigen Praxisbestand aufzeigen. Auch die verfassungsrechtlichen Vorgaben im Sinne von Art.6 Abs.4 GG (Diskriminierungsverbot) führten dazu, den Praxisbestand der Klägerin als schutzwürdig anzuerkennen. Eine mit Art.6 Abs.4 GG zu vereinbarende Auslegung des Teilnahmebegriffes in § 95 Abs.10 Satz 1 Nr.3 SGB V könne daher nur dazu führen, im Falle der Klägerin von der Festlegung einer nahezu halbtägigen Praxistätigkeit abzugehen und die durch ihre Mutterschaft bedingten Nachteile durch Absenkung der Teilnahmeanforderungen nach § 95 Abs.10 Satz 1 Nr.3 SGB V zu vermeiden. Auch eine europarechtskonforme Auslegung des Teilnahmeerfordernisses gebiete eine Berücksichtigung und Anerkennung der eingeschränkten Praxistätigkeit der Klägerin. Nach der Rechtsprechung des EuGH liege bereits dann eine un- mittelbare Diskriminierung vor, wenn der wesentliche Grund für die Ungleichbehandlung ausschließlich in einem der beiden Geschlechter liege. Eine Diskriminierung liege bereits dann vor, wenn für den Fall, dass kein notwendig geschlechtsbezogenes Ereignis wie Schwangerschaft oder Mutterschaftsurlaub vorgelegen hätte, ein abwei- chendes Ergebnis erzielt worden wäre (EuGH, Urteil vom 30. April 1998, Rs. C-136/95, "Thibault"). Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass eine unmittelbare Diskriminierung vorliege, wenn wegen der notwendigen geschlechtsbezogenen Umstände zweier Schwangerschaften und Mutterschaften eine andere rechtlich bedingte Situation eintrete als sie ohne diesen geschlechtsspe- zifischen Umstand eingetreten wäre. Wenn die Klägerin nicht schwanger geworden wäre, hätte sie im Zeitfenster rascher einen Praxisbestand aufgebaut, der über seine Anerkennung als schutz- würdig zu einer bedarfsunabhängigen Zulassung geführt hätte. Auch das Verbot mittelbarer Diskriminierung müsse dazu führen, von einer starren Anzahl an nachzuweisenden Behandlungsstunden abzugehen. Eine mittelbare Diskriminierung liege vor, wenn eine geschlechtsneutral formulierte Vorschrift gleichwohl faktisch mehr Frauen als Männer benachteilige, ohne dass diese Benachteiligung durch vom Geschlecht unabhängige Gründe gerechtfertigt sei. Die Zeitfensterregelung in ihrer Umsetzung nach den Vorgaben des Sozialgerichts München über nachzuweisende Mindeststundenzahlen in Höhe einer halbtätigen Tätigkeit treffe, auch wenn sie geschlechtsneutral formuliert sei, überwiegend Frauen, da männliche Psychotherapeuten das so definierte Merkmal einer annähernd halbtägigen Tätigkeit wesentlich leichter erreichen als die oft in Teilzeit arbeitenden Frauen. Es könne- Psychotherapeutinnen innerhalb der Gesamtzahl tätiger Psychotherapeutinnen wegen der geschilderten familientypischen Be- lastungen der Frauen höher sei als der Anteil teilzeittätiger männlicher Psychotherapeuten an der Gesamtzahl männlicher Psychotherapeuten. Der vom Sozialgericht angeführte eine Benachteiligung legitimierende Grund - die Sicherung der finanziellen Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung - gebiete nicht in verhältnismäßiger, erforderlicher und geeigneter Weise die Benachteiligung von Frauen.

Die Klägervertreterin stellt den Antrag, das Urteil des Sozialgerichts München vom 29. April 2002 aufzuheben und unter Aufhebung des Bescheides des Beklagten vom 26. September 2001 die Klägerin zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung am Vertragspsychotherapeutensitz B.straße in W. bedarfsunabhängig zuzulassen. Weiter wurde beantragt, über die Tatsache, dass der Anteil der teilzeitbeschäftigten Psychotherapeutinnen signifikant höher ist als der Anteil teilzeitbeschäftigter Psychotherapeuten durch Vorlage der am Stichtag 31. Dezember 1998 im Bezirk der KV Oberpfalz gesamten gestellten Anträge auf bedarfsunabhängige Zulassung bzw. Ermächtigung Beweis zu erheben.

Die Beigeladenen zu 1), 2), 4) und 5) haben den Antrag gestellt, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Die Beigeladene zu 1) hat mit Schriftsatz vom 22. Juli 2002 darauf hingewiesen, dass das Beschäftigungsverhältnis der Klägerin in der Fachambulanz für Suchtprobleme in W. seit August 1984 in Vollzeit, seit 9. Mai 1992 mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 19,25 Stunden betrieben und dieses Beschäftigungsverhältnis erst zum 15. Juni 2002 nach Ablauf eines an den Erziehungsurlaub anschließenden Sonderurlaubes beendet worden sei. Sie habe daneben nur 23 Behandlungsstunden für Versicherte der GKV im Zeitfenster vom 25. Juni 1994 bis 24. Juni 1997 in freier Praxis nachgewiesen (zwei Fälle von Juli 1996 bis September 1997 und von Januar 1997 bis Februar 1998). Mit diesem nur sehr geringen Teilnahmeumfang habe die Klägerin keinen schützenswerten Besitzstand gemäß der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts erworben. Gerade in Hinblick auf das Beschäftigungsverhältnis bei der Suchtambulanz in W. habe die Tätigkeit der Klägerin in freier Praxis im Zeitfenster allenfalls den Charakter einer Nebentätigkeit von minimalem Umfang gehabt und sei in keinem Falle prägend oder gleichgewichtig gewesen und lasse aus objektiver Sicht eines Dritten eine Ausrichtung auf eine Tätigkeit in freier Praxis im Zeitfenster erkennen. Der Problemkreis der Kindererziehung sei durch § 95 Abs.11b SGB V explizit und abschließend geregelt. Im Falle der Klägerin sei die Annahme, dass im Falle keiner Kindererziehung die Klägerin ihre Tätigkeit in freier Praxis ausgeweitet hätte, lediglich hypothetisch. Das Sozialgericht habe zu Recht auch bereits darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber nach Art.6 GG nicht gehalten sei, jedwede wirtschaftliche oder berufliche Belastung, die im Zusammenhang mit der Mutterschaft und/oder Kindererziehung entstehe, auszugleichen. Einen Verstoß gegen das europarechtlich verankerte Verbot geschlechtsbezogener Diskriminierung liege nach zutreffender Auffassung des Sozialgerichts München ebenfalls nicht vor.

Dem Senat liegen die Akte des Zulassungsausschusses, die Akte des Beklagten, die Akte des Sozialgerichts München mit dem Az.: S 28 KA 2996/01 und die Akte des Bayer. Landessozialgerichts mit dem Az.: L 12 KA 89/02 zur Entscheidung vor, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden und auf deren sonstigen Inhalt ergänzend Bezug genommen wird. -

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin (§ 151 Abs.1 SGG) ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf bedarfsunabhängige Zulassung als Psychologische Psychotherapeutin am Sitz ihrer Praxis in W. , einem überversorgten Planungsbereich, da sie die Voraussetzungen des § 95 Abs.10 Satz 1 Nr.3 SGB V nicht erfüllt.

Gemäß § 95 Abs.10 SGB V (eingefügt durch Art.2 Nr.11 des Gesetzes über die Berufe des Psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendlichentherapeuten vom 16. Juni 1998, BGBl.I, S.1311) sind Psychologische Psychotherapeuten zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung zuzulassen, wenn sie bis zum 31. Dezember 1998 die Voraussetzungen der Approbation nach § 12 des Psychotherapeutengesetzes sowie des Fachkundenachweises nach § 95c Satz 2 Nr.3 SGB V erfüllt und den Antrag auf Erteilung der Zulassung gestellt haben (Satz 1 Nr.1); darüber hinaus müssen sie bis zum 31. März 1999 die Approbationsurkunde vorgelegt (Satz 1 Nr.2) und in der Zeit vom 25. Juni 1994 bis zum 24. Juni 1997 (sog. Zeitfenster) an der ambulanten psychotherapeutischen Versorgung der Versicherten der GKV teilgenommen haben (Satz 1 Nr.3 a.a.O.). Die Auslegung des Merkmals der "Teilnahme" an der Versorgung im Sinne des § 95 Abs.10 Satz 1 Nr.3 SGB V wird durch die Funktion der Vorschrift bestimmt, für Härtefälle eine Ausnahme von dem Grundsatz der bedarfsabhängigen Zulassung der Psychologischen Psychotherapeuten zu ermöglichen (BSGE 87, 158, 164 = SozR 3-2500 § 95 Nr.25, S.111 unter Hinweis auf BT-Drucksache 13/9212, S.40 und BVerfG SozR 3-2500 § 95 Nr.24, S.103). Es geht dabei nicht um den Zugang zur psychotherapeutischen Versorgung der Versicherten der GKV als solchen, sondern lediglich um die Möglichkeit, sich an einem Ort- Bedarfsplanung getroffenen Feststellungen bereits überversorgt ist, das heißt, für den Überkapazitäten auf Seiten der psychotherapeutischen Leistungserbringer bestehen. Zulassungsbewerbern, die sich bei der Auswahl des Praxissitzes typischerweise an ihrem bisherigen Lebensmittelpunkt orientieren, wird grundsätzlich zugemutet, dass sie den Ort ihrer Zulassung nicht nach eigenen Wünschen frei wählen können, sondern sich nach dem Versorgungsbedarf der Versicherten richten. Eine Ausnahme davon sieht § 95 Abs.10 SGB V nur für Zulassungsbewerber vor, die bereits im Zeitfenster an der Versorgung der Versicherten der GKV teilgenommen haben (Satz 1 Nr.3 a.a.O.). Diese Begünstigung ist nur dann gerechtfertigt, wenn der Betroffene bereits unter Einsatz von Arbeitskraft und finanziellen Mitteln eine eigene Praxis eingerichtet und in einem rechtlich erheblichen Umfang betrieben hat. Sowohl in Bezug auf die Inanspruchnahme der Arbeitskraft des Psychologischen Psychotherapeuten als auch im Hinblick auf den wirtschaftlichen Ertrag seiner Tätigkeit muss dabei in eigener Praxis annähernd das für eine Berufstätigkeit typische Ausmaß erreicht worden sein. Aus dem Gesetzeszweck ergibt sich, dass der Begriff der "Teilnahme" die eigenverantwortliche Behandlung von Versicherten der GKV in anerkannten Behandlungsverfahren in eigener Praxis und mit einem bestimmten Behandlungsumfang erfordert. Die nachhaltig auf die ambulante psychotherapeutische Versorgung von Versicherten der GKV ausgerichtete Tätigkeit muss zumindest einen von zwei gleich zu gewichtenden Schwerpunkten der beruflichen Tätigkeit des Betroffenen gebildet haben (vgl. BSG SozR 3-2500 § 95 Nr.25, S.126 und BSG, Urteil vom 11. September 2002, Az.: B 6 KA 41/01 R, S.8). Vor diesem Hintergrund erfordert eine "Teilnahme" im Sinne von § 95 Abs.10 Satz 1 Nr.3 SGB V grundsätzlich eine Vortätigkeit, die sich auf 250 an Versicherten der GKV erbrachte Behandlungsstunden beläuft, welche - innerhalb des Zeitfensters - konzentriert in einem Halbjahreszeitraum erbracht wurden. Dieser Wert, der umgerechnet ca. 11,6 Behandlungsstunden wöchentlich ergibt, erreicht bei großzügiger Betrachtung unter Berücksichtigung des Begleitaufwandes ungefähr die Hälfte des zeitlichen Aufwandes, der in der gleichen Zeit von einem ausschließlich in eigener voll ausgelasteter Praxis tätigen Psychotherapeuten im Regelfall bewältigt wird.

Ausgehend von diesen Grundsätzen liegt bei der Klägerin keine bestandsgeschützte "Teilnahme" im Sinne von § 95 Abs.10 Satz 1 Nr.3 SGB V vor. Die Klägerin hat nach ihren belegten Angaben im Zeitraum vom 4. Juli 1996 bis 24. Juni 1997 31 Behandlungsstunden bzw. im Zeitraum vom 4. Juli 1996 bis 5. Februar 1998 37 Behandlungsstunden im Kostenerstattungsverfahren, bezogen auf zwei Patienten, abgehalten. Bei Zugrundelegung des gesamten 3-Jahres-Zeitraumes würde sich bei einer angenommenen Arbeitszeit von 43 Wochen pro Jahr wegen Urlaubs- bzw. Krankheitszeiten ein wöchentlicher Behandlungsumfang von 0,24 Stunden pro Woche ergeben, womit die vom BSG für notwendig erachtete Behandlungszahl von ungefähr 11,6 Stunden pro Woche bei weitem nicht erreicht wird. Allerdings ist eine auf den gesamten 3-Jahres-Zeitraum abstellende Betrachtungsweise - ganz abge- sehen davon, dass die Klägerin ihre psychotherapeutische Tätigkeit erst zum 1. Januar 1996 begonnen hat - nach dem Bundessozialgericht (BSG SozR 2500 § 95 SGB V Nr.25, S.126) ohnehin nicht zulässig. Wenn man auf den Zeitraum von 3/96 (in den Quartalen 1 und 2/96 wurden keine psychotherapeutischen Behandlungsstunden abgehalten) bis Quartal 2/97 abstellt, kommt man auf eine Stundenzahl pro Woche in Höhe von 0,72. Auch wenn man davon ausgehen würde, dass alle abgeleisteten Behandlungsstunden innerhalb eines halben Jahres abgeleistet worden wären, ergäbe sich ebenfalls lediglich ein wöchentlicher Behandlungsumfang von 1,44 Behandlungsstunden. Unter Härtegesichtspunkten kann das Merkmal "Teilnahme" nach dem bereits genannten Urteil des BSG (a.a.O., S.127) auch dann gegeben sein, wenn im letzten Vierteljahr des Zeitfensters (April bis Juni 1997) durchschnittlich 15 Behandlungsstunden pro Woche nachgewiesen worden sind. Auch diese Alternative ist erkennbar nicht erfüllt. Die Klägerin erfüllt auch nicht die Ausnahmevorschrift des § 95 Abs.11b SGB V, wonach für Psychotherapeuten, die im Zeitrauma wegen der Betreuung und Erziehung eines Kindes in den ersten drei Lebensjahren keine Erwerbstätigkeit ausüben, der Beginn der Frist um die Zeit vorverlegt wird, die der Zeit der Kindererziehung in dem 3-Jahres-Zeitraum entspricht. Begann die Kindererziehungszeit vor dem 25. Juni 1994, berechnet sich die Frist vom Zeitpunkt des Beginns der Kindererziehungszeit an. Die genannte Vorschrift - so sie denn auf die Klägerin in weiter Analogie anwendbar sein sollte - nützt ihr nichts, weil sie die Praxistätigkeit erst zum 1. Januar 1996 und die tatsächliche Behandlungstätigkeit erst ab Juli 1996 begonnen hat und sie in dem dann maßgeblichen Zeitraum überhaupt keine Behandlungsstunden abgeleistet hat. Hinzu kommt, dass die Klägerin einerseits ihre Praxistätigkeit erst zum 1. Januar 1996 bzw. in tatsächlicher Hinsicht zum 1. Juli 1996 begonnen hat, andererseits aber ihre schon vorher begonnene Tätigkeit als Diplom-Psychologin in einer Fachambulanz für Suchtkranke in W. im Umfang von 19,25 Stunden in abhängiger Beschäftigung, von der sie seit dem 28. Oktober 1995 befreit war, erst zum 15. Juni 2002 beendet hat. Vor diesem Hintergrund ist auf das Zeitfenster bezogen eine endgültige Umorientierung auf die Tätigkeit als freie niedergelassene Psychotherapeutin nicht hinreichend objektivierbar.

Diese Auslegung des § 95 Abs.10 Satz 1 Nr.3 SGB V verstößt nicht gegen höherrangiges Recht. Prüfungsmaßstab ist hierbei zunächst Art.12 Abs.1 GG, da es der Klägerin darum geht, ihre psychotherapeutische Praxis in W. in der Zukunft weiter betreiben zu können, so dass die damit verbundenen Erwerbsmöglichkeiten im Vordergrund des Begehrens stehen (vgl. BVerfGE 30, 292, 334 f; 85, 360, 383). Die Beschränkung der Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung in überversorgten Gebieten stellt sich als eine Berufsausübungsregelung dar, die vor allem zur Sicherung einer gleichmäßigen Versorgung der Versicherten im gesamten Bundesgebiet gerechtfertigt ist (vgl. BSGE 82, 41, 44 = SozR 3-2500 § 103 Nr.2 S.13 für die vertragsärztliche Versorgung; BSGE 81, 207, 212 = SozR 3-2500 § 101 Nr.2 S.13 für die vertragszahnärztliche Versorgung; BSGE 87, 158, 163 = SozR 3-2500 § 95 Nr.25 S.110 für die vertragspsychotherapeutische Versorgung). Da die Klägerin vor In-Kraft-Treten des Gesetzes vom 16. Juni 1998 keinen Anspruch auf Zulassung zur vertrags- psychotherapeutischen Versorgung hatte, beseitigt dieses Gesetz keine von ihr schon inne gehabte bzw. erworbene Rechtsposition, wenn es den auf einen bestimmten Ort bezogenen Zulassungsanspruch nur unter dem Vorbehalt der Gewährleistung einer annähernd gleichmäßigen Versorgung der Versicherten der GKV gewährt. Zwar ist der Gesetzgeber bei der Neuordnung von Berufsausübungsregelungen aus Gründen des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit gehalten, Übergangsregelungen für solche Personen zu schaffen, welche die von der Neuregelung betroffene Tätigkeit in der Vergangenheit in erlaubter Weise ausgeübt haben (BVerfGE 98, 265, 309 f). Solche Übergangsregelungen müssen aber nicht notwendig darauf hinauslaufen, dass die bisherige Tätigkeit in unveränderter Form beibehalten werden darf (BVerfGE 68, 277, 287). Ein Psychologischer Psychotherapeut hat daher nicht allein deswegen Anspruch auf eine Zulassung ohne Berücksichtigung des Bedarfs, weil er bereits vor dem In-Kraft-Treten des Gesetzes vom 16. Juni 1998 die nach damaligem Recht erforderliche Qualifikation zur Behandlung von Versicherten der GKV besaß (BVerfG SozR 3-2500 § 95 Nr.24 S.103). Auf den Umstand, dass das Rechtsstaatprizip Vertrauensschutz auch im Hinblick auf Dispositionen gewährt, die der Bürger in der berechtigten Erwartung getätigt hat, dass sich bestimmte rechtliche Ausgangsbedingungen nicht ändern werden (vgl. BVerfGE 13, 39, 45 f; 30, 367, 389), musste der Gesetzgeber übergangsrechtlich nur dadurch reagieren, dass Psychologische Psychotherapeuten, die eine eigene Praxis aufgebaut und in diese in der Erwartung investiert hatten, sie zu alten Bedingungen unverändert weiter zu führen, einen gewissen Schutz genossen. Die sich unter diesem Gesichtspunkt ergebenden verfassungsrechtlichen Erfordernisse hat § 95 Abs.10 Satz 1 Nr.3 SGB V in angemessener Weise aufgenommen und verwirklicht (vgl. BSG SozR 3-2500 § 95 Nr.25 S.108 sowie BSG, Urteil vom 11. September 2002, Az.: B 6 KA 41/01 R, S.13/14). Auch aus Art.6 GG ergibt sich kein Verfassungsverstoß. Zwar stehen Ehe und Familie unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung (Abs.2) und jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft (Abs.4). Der Gesetzgeber ist jedoch nicht gehalten, alle mit der Mutterschaft und/oder Kindererziehung zusammenhängenden wirtschaftlichen und beruflichen Belastungen auszugleichen (vgl. z.B. BVerfGE 60, 68, 74 und BVerfG-Kammer-Beschluss vom 2. April 1996, NVWZ 1997, 54, 55). Vielmehr steht ihm bei seiner Entscheidung, in welchem Umfang und mit welchen Mitteln er den Schutzauftrag des Art.6 GG nachkommt, eine weite Gestaltungsfreiheit zu. Er kann und muss auch andere öffentliche Belange mitberücksichtigen, wobei eine Güterabwägung vorzunehmen ist. So ist auf den Gemeinwohlbelang der finanziellen Stabilität und Funktionsfähigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung, dem das BVerfG hohe Bedeutung beimisst (vgl. BVerfGE 68, 193, 218; 70, 1, 30; 82, 209, 229 ff.; ferner BVerfGE 77, 84, 107), Rücksicht zu nehmen und in Rechnung zu stellen, dass es dem Gemeinwohlbelang dient, die Bedarfsplanung praktikabel sowie in ihren Auswirkungen überschaubar und die Ausnahmetatbestände in engen Grenzen zu halten. Vor diesem Hintergrund ist zunächt festzustellen, dass der Gesetzgeber in § 95 Abs.11b SGB V dem Schutzauftrag des Art.6 GG Rechnung getragen hat und für die bedarfsunabhängige Zulassung von Psychotherapeuten, die während des Zeitfensters ganz oder teilweise ihre Erwerbstätigkeit im Hinblick auf Pflege und Erziehung von Kindern zurückgestellt haben, günstigere Voraussetzungen vorgesehen hat, indem unter bestimmten Voraussetzungen eine Vorverlegung des Beginns der Frist für das Zeitfenster ermöglicht wird, die der Zeit der Kinderziehung in dem 3-Jahres-Zeitraum entspricht. Mit der in § 95 Abs.11b SGB V (für den Fall der Ermächtigung vgl. § 95 Abs.11a SGB V) geschaffenen Vergünstigung in Fällen der Kinderziehung hält sich der Gesetzgeber in den Grenzen des ihm zukommenden Gestaltungsspielraumes und es ist für den Senat nicht erkennbar, dass er zu einer darüber hinausgehenden Regelung zu Gunsten von Eltern wegen der Erziehung von Kindern von Verfassungs wegen verpflichtet gewesen wäre. Die Regelung des § 95 Abs.11b Satz 1 Nr.3 SGB V trägt dem Ziel des Gesetzgebers Rechnung, nur solche Psychotherapeuten zu begünstigen, die vor Bekanntwerden des maßgeblichen Gesetzentwurfs eine Praxis aufgebaut hatten (vgl. BT-Drucksache 13/9212, S.41, Art.2 zu Nr.10 Buchstabe c). Die Regelung des § 95 Abs.10 Satz 1 Nr.3 SGB V verstößt auch nicht gegen das verfassungsrechtliche (Art.3 Absätze 2, 3 GG) bzw. europarechtliche Diskriminierungsverbot (Art.4 der Richtlinie 86/613/EWG vom 11. Dezember 1986 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen, die eine selbständige Erwerbstätigkeit ausüben sowie über den Mutterschutz i.V.m. Art.3 der Richtlinie 76/207/EWG vom 9. Februar 1976 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen). Diesbezüglich ist zunächst festzustellen, dass das in den genannten Vorschriften normierte Diskriminierungsverbot nicht nur eine unmittelbare, sondern auch eine mittelbare Diskriminierung wegen des Geschlechts verbietet. Eine unmittelbare Diskriminierung durch den Begriff der "Teilnahme" und dessen Auslegung durch das Bundessozialgericht liegt nicht vor, weil eine geschlechtsspezifische Definition nicht vorgenommen wird. Aber auch wenn eine Regelung unterschiedslos auf Männer und Frauen anzuwenden ist, dann ist eine solche Regelung gleichwohl geschlechtsdiskriminierend und deshalb nichtig, wenn ihre nachteiligen Folgen erheblich mehr Angehörige des einen als des anderen Geschlechts betreffen, wenn sie nicht durch gewichtige objektive Gründe gerechtfertigt ist, die nichts mit der Geschlechtszugehörigkeit der benachteiligten Personen zu tun haben. Vorliegend ist bereits zweifelhaft, ob überhaupt eine tatsächliche Diskriminierung durch das Zeitfenster zwischen Männern und Frauen dergestalt vorliegt, dass ein erheblich niedrigerer Anteil weiblicher als männlicher Psychotherapeuten die Voraussetzungen der "Teilnahme" an der ambulanten psychotherapeutischen Versorgung erfüllt. Die von der Beigeladenen zu 1) für den Zulassungsbereich Oberpfalz mitgeteilten Zahlen (prozentuale Ablehnungsquote bei den Männern 37 %- Diskriminierung. Abgesehen davon wäre die allenfalls vorliegende mittelbare Diskriminierung jedenfalls durch gewichtige objektive Gründe gerechtfertigt. Dass eine mittelbare Diskriminierung durch objektive Gründe gerechtfertigt sein kann, ist sowohl für die verfassungsrechtliche wie auch für die europarechtliche Ebene unumstritten (vgl. BVerfGE 57, 335, 343 f; BAGE 83, 327, 337; Jarass/Pieroth, Kommentar zum Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, 5. Auflage 2000, Art.3 Rdnr.80; für die europarechtliche Ebene vgl. EuGHE 1986, 2. Teil, 1607, 1627; EuGHE I 2000, 10997 bis 11035 "Schnorbus"; EuGHE I 1997, 5289 bis 5301). Als notwendiges objektiv rechtfertigendes sozialpolitisches Ziel hat der EuGH z.B. das Ziel, die öffentlichen Ausgaben für die fachärztliche Behandlung zu steuern und der Bevölkerung den Zugang zu ihr zu garantieren, angesehen (vgl. EuGH, Urteil vom 6. April 2000 - C 226/98 - EuGHE I 2000, 2447 bis 2485, "Jörgensen"). Voraussetzung ist allerdings jeweils, dass das gewählte Mittel zur Erreichung dieses Ziels auch geeignet, erforderlich und im engeren Sinne angemessen ist, wobei ein strenger Maßstab anzulegen ist. Differenzierungsgrund, also Hintergrund der Regelung des § 95 Abs.10 Satz 1 Nr.3, Abs.11 Satz 1 Nr.3 SGB V, ist das Bestreben des Gesetzgebers gewesen, die Zahl der bedarfsunabhängig zuzulassenden Psychotherapeuten zu reduzieren, um auf diese Weise die mit der Bedarfsplanung bezweckte gleichmäßige Verteilung möglichst weitgehend umzusetzen (vgl. BSG, a.a.O., S.109 unter Hinweis auf die Beschluss- empfehlung und den Bericht des BT-Ausschusses für Gesundheit, BT-Drucksache 13/9212, S.20/21). Allein hierzu wurde das Merkmal der "Teilnahme" an der ambulanten psychotherapeutischen Versorgung der GKV-Versicherten in das Gesetz aufgenommen. Vor dem Hintergrund der Verfassungsmäßigkeit der Bedarfsplanung (vgl. hierzu BSG, SozR 3-2500 § 103 Nr.2 für den ärztlichen Bereich und inzident BSGE, SozR 3-2500 § 101 Nr.2) unterliegen weder die Zulässigkeit des Differenzierungsziels noch die Eignung oder Erforderlichkeit des Differenzierungskriteriums durchgreifenden Bedenken. Die streitgegenständliche Regelung des § 95 Abs.10 Satz 1 Nr.3 SGB V ist auch als angemessen im Sinne der Verhältnismäßigkeit anzusehen. Es ist letztlich nicht zu beanstanden, wenn der möglichst weitgehenden Umsetzung der Bedarfsplanung vor dem Hintergrund einer flächendeckenden psychotherapeutischen Versorgung der GKV-Versicherten und der Sicherung der finanziellen Stabilität durch Begrenzung der Zahl der Leistungserbringer der Vorrang eingeräumt wird vor dem Anspruch der möglicherweise häufiger nur in Teilzeit tätigen Therapeutinnen auf Gleichbehandlung mit ihren möglicherweise häufiger in Vollzeit arbeitenden Kollegen. Vor diesem Hintergrund war auch dem klägerseitigen Beweisantrag nicht zu entsprechen, über die Tatsache, dass der Anteil der teilzeitbeschäftigten Psychotherapeutinnen signifikant höher ist als der Anteil teilzeitbeschäftigter Psychotherapeuten durch Vorlage der am Stichtag 31. Dezember 1998 bei der im Bezirk der KV Oberpfalz gesamten gestellten Anträge auf bedarfsunabhängige Zulassung bzw. auf Ermächtigung, Beweis zu erheben. Der Klägerin hätte nur dadurch geholfen werden können, dass man entweder auf das Erfordernis einer hinreichenden Teilnahme im Rahmen des Zeitfensters weitgehend verzichtet, was aber nach den gemachten Ausführungen nicht zu rechtfertigen wäre, oder indem man den maßgeblichen Zeitraum des Zeitfensters weit über den Stichtag 24. Juni 1997 hinaus in die Gegenwart verschiebt. Aber auch gegen den Stichtag 24. Juni 1997 bestehen keine rechtlich durchgreifenden Gründe. Der Stichtag 24. Juni 1997 entspricht dem Tag der Einbringung des Gesetzentwurfes der damaligen Regierungsfraktionen von CDU/CSU und FDP für ein Psychotherapeutengesetz im Deutschen Bundestag (BT-Drucksache 13/8035). Dieser Gesetzentwurf enthielt zunächst allerdings noch keine Zulassungsbeschränkung für diejenigen Psychotherapeuten, die bis zum 30. Juni 1999 einen Antrag auf Zulassung zur psychotherapeutischen Versorgung der Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung stellen wollten. Erst in dem während der Beratungen des BT-Ausschusses für Gesundheit geänderten Gesetzentwurfes, der mit dem Bericht und der Beschlussfassung des Ausschusses für Gesundheit vom 25. November 1997 (BT-Drucksache 13/2219) bekannt geworden ist, ist die Übergangsregelung mit der Anknüpfung an eine Teilnahme mit dem Stichtag 24. Juni 1997 aufgenommen worden. Nach dem gesetzgeberischen Willen sollte nach diesem Tag kein Leistungserbringer seine Zulassungschancen mehr durch eigene, zielgerichtete Aktivitäten verbessern können. Der Gesetzgeber hat damit Erfahrungen Rechnung getragen, die im Bereich des ärztlichen Zulassungsrechts im Zusammenhang mit der Einführung der verschärften Bedarfsplanung durch das GSG Ende 1992/Anfang 1993 gemacht worden sind. So ist die Zahl der zugelassenen Vertragsärzte im Jahre 1992 gegenüber 1991 um 3,6 % und 1993 gegenüber 1992 noch einmal um 10,2 % angestiegen, während sich die Steigerungsraten ab 1994 auf Werte zwischen 1,2 und 2,4 % eingependelt haben (vgl. Grunddaten zur vertragsärztlichen Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland, herausgegeben von der KÄBV, 1999, A 8). Um eine vergleichbare Situation im Bereich der psychologischen Psychotherapeuten 1998/1999 zu verhindern, erweist sich eine Stichtagsregelung, die auf den Beginn des Gesetzgebungsverfahrens abstellt, als geeignet. Nach alledem ist die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs.1 und 4 SGG in der bis zum In-Kraft-Treten des 6. SGG-Änderungsgesetzes geltenden und hier noch anzuwendenden Fassung.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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