L 4 KR 254/02

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 3 KR 246/01
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KR 254/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 11.11.2002 wird verworfen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin eine implantologische Versorgung des Ober- und Unterkiefers zu verschaffen bzw. Kosten für bereits durchgeführte Behandlungen zu erstatten.

Die 1954 geborene Klägerin ist Mitglied der Beklagten. Sie beantragte bei der Beklagten unter Vorlage eines Schreiben des Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgen Dr.K. vom 07.02.1996 sowie eines Heil- und Kostenplan des Zahnarztes F. vom 12.04.1996 mit Mehrkostenvereinbarung eine Implantatversorgung. Die Beklagte holte Stellungnahmen des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung in Bayern (MDK) ein. Der Zahnarzt Dr.O. kam zu dem Ergebnis, nach den vorgelegten Unterlagen stehe die Notwendigkeit einer prothetischen Neuversorgung für beide Kiefer außerhalb jeden Zweifels. Die Notwendigkeit von Implantaten sei jedoch zu verneinen. Nach Vorlage eines ärztlichen Attestes des Arztes für Psychiatrie, Psychotherapie Dr.P. , wonach bei der Klägerin eine emotional labile Borderline-Persönlichkeitsstruktur vorliege, ergänzte Dr.O. , eine Versorgung mit Implantaten sei auch wegen des neurologischen Befundes nicht indiziert und werde somit gutachterlicherseits nicht befürwortet.

Die Beklagte lehnte daraufhin mit Bescheid vom 25.05.1996 die Implantatversorgung ab. Hiergegen richtete sich der Widerspruch der Klägerin.

Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 14.10.1996 zurückgewiesen. Die Versorgung mit Implantaten stelle grundsätzlich eine über das Maß des Notwendigen hinausgehende Leistung dar. Auch die behandelnden Ärzte hätten Bedenken bezüglich einer Implantatversorgung.

Auf die dagegen zum Sozialgericht München erhobene Klage bewilligte das Sozialgericht mit Beschluss vom 20.03.1997 Prozesskostenhilfe und ordnete für das Verfahren vor dem Sozialgericht der Klägerin Rechtsanwalt Dr.M. bei. Am 13.10.1997 stellte der Facharzt für Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgie Dr.K. der Klägerin für die Insertion von sieben enossalen Schrauben- implantaten insgesamt 13.189,72 DM in Rechnung. Die Beklagte lehnte die Erstattung mit Bescheid vom 11.11.1997 zum großen Teil ab. Der gegen die Ablehnung eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 12.01.1998 zurückgewiesen.

Auch hiergegen wurde Klage erhoben, die unter dem Az.: S 3 KR 78/98 geführt wurde. Beide Verfahren wurden mit Beschluss vom 03.07.1998 zum Ruhen gebracht und auf Antrag des Klägerbevollmächtigten vom 13. März 2001 wieder aufgenommen. Der Rechtsstreit S 3 Kr 360/96 wurde unter dem Az.: S 3 KR 246/01 weitergeführt, der Rechtsstreit S 3 KR 78/98 unter dem Az.: S 3 KR 247/01. Die Verfahren wurden mit Beschluss vom 13.09. 2001 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Der Rechtsstreit wurde unter dem Az.: S 3 KR 246/01 weitergeführt. Der Rechtsstreit S 3 KR 247/01 wurde als erledigt ausgetragen.

Das Sozialgericht holte ein Gutachten nach Aktenlage von der Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgin und Zahnärztin Dr.M. ein. Zusammengefasst kam die Gutachterin zu dem Ergebnis, eine richtlinienkonforme prothetische Versorgung der Klägerin sei möglich und vor allem ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich. Die angebliche Prothesenintoleranz, die ihren Ursprung in einer psychischen Erkrankung habe, stelle keine Ausnahmeindikation (für Implantate) dar. Die Versorgung in Form von Langzeitprovisorien im Zusammenhang mit der Insertion von Implantaten sei nicht notwendig, zweckmäßig und wirtschaftlich gewesen.

Das Sozialgericht wies nach Anhörung der Beteiligten die Klage mit Gerichtsbescheid vom 11.11.2002 ab. Die zulässige Klage sei unbegründet. Entsprechend der Entscheidung der Beklagten im Bescheid vom 24.05.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.10.1996 habe die Klägerin keinen Anspruch auf Kostenbeteiligung an der privatzahnärztlich durchgeführten Implantatversorgung bzw. Bezuschussung oder Kostenübernahme einer Implantatversorgung. Die Gutachter seien zu dem Ergebnis gekommen, eine prothetische Versorgung im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung sei möglich. Für die Notwendigkeit einer darüber hinausgehenden Versorgung mit Implantaten bestünden keine Anhaltspunkte.

Der Gerichtsbescheid wurde dem Bevollmächtigten der Klägerin am 22.11.2002 zugestellt.

Das Berufungsschreiben der Klägerin vom 27.12.2002 ging am 30.12.2002 beim LSG ein. Die Klägerin bat darin um Annahme des Berufungsantrags. Sie müsse sich derzeit selbst vertreten, da der Rechtsanwalt, der sie im Sozialgerichtsverfahren vertreten habe, nicht dazu bereit sei, für sie Berufung einzulegen. An Allerheiligen vor einem Jahr sei eine ihr sehr nahe stehende Tante völlig unerwartet an Leukämie gestorben, was für ihre Eltern und sie bis jetzt noch zu vielen Belastungen führte. Ihr Vater habe im August dieses Jahres einen Herzinfarkt erlitten. Ihre Eltern und sie könnten momentan einfach nicht mehr. Sie könne vor Schmerzen überhaupt nicht klar denken, habe die größten Probleme mit den Augen, sie sei nicht in der Lage, den über mehrere Seiten eng gedruckten Text des Gerichtsbescheides zu lesen sowie auch das diesem zugrunde liegende Aktenlagegutachten. Im Schreiben vom 29.12.2002 begründete die Klägerin die Fristüberschreitung zusätzlich damit, in der Zeit vom Totensonntag (24.11.2002) bis zum vierten Adventsonntag (22.12.2002) habe sie sich zu Besuch bei der Schwägerin ihrer verstorbenen Tante in L. bei Karlsruhe befunden, um mit ihr gemeinsam das Grab zu pflegen. Durch diese Umstände sei ihr eine fristgerechte Berufungseinlegung nicht möglich gewesen. Auf die Anfrage des Senats vom 10.01.2003, in der die Klägerin gebeten wurde, das Schreiben des Rechtsanwalts M. vorzulegen, mit dem er den Gerichtsbescheid übersandt hatte, sowie Nachweise für ihre lange Abwesenheit zu erbringen und mitzuteilen, warum sie nicht für ihre postalische Erreichbarkeit gesorgt habe, reagierte die Klägerin nicht.

Die Klägerin beantragt sinngemäß, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 11.11. 2002 sowie den Bescheid der Beklagten vom 24.05.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.10.1996 und den Bescheid vom 11.11.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.12.1997 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten der Implantatversorgung zu übernehmen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Zur öffentlichen Sitzung am 30.10.2003 erscheint die Klägerin trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht. Die erschienene Vertreterin der Beklagten beantragt deshalb, gemäß § 126 SGG nach Lage der Akten zu entscheiden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Da die im Termin anwesende Beklagte eine Entscheidung gemäß § 126 SGG beantragt hat, kann der Senat ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

Die Berufung ist unzulässig.

Gemäß § 151 Abs.1 SGG ist die Berufung bei dem Bayer. Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach der Zustellung des Urteils schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Diese Berufungsfrist hat die Klägerin nicht gewahrt. Das Urteil wurde ihrem Bevollmächtigten am 22.11.2002 zugestellt. Da der 22.12.2002 ein Sonntag war, endete die Berufungsfrist erst am Montag, den 23.12.2002.

Die erst am 30.12.2002 beim Bayer. Landessozialgericht eingegangene Berufung wahrt damit die Frist nicht.

Der Klägerin ist auch nicht Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 67 SGG zu gewähren. Nach § 67 Abs.1 SGG ist auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sollen glaubhaft gemacht werden (§ 67 Abs.2 Satz 2 SGG). Ein Antrag kann aus dem Schreiben der Klägerin vom 30.12.2002 entnommen werden. Die Frist wurde jedoch nicht ohne Verschulden versäumt. Die Klägerin begründet die Fristversäumnis zum einen mit der Überlastung durch den Tod der ihr nahestehenden Tante. Da dieser Tod allerdings mehr als ein Jahr zurück liegt, ist nicht nachvollziehbar, weshalb die Klägerin nicht fristgerecht Berufung einlegen können sollte. Die im Schreiben vom 29.12. 2002 zusätzlich vorgetragene Begründung, die Klägerin sei vom 24.11.2002 bis 22.12.2002 zur Grabpflege zu Besuch bei der Schwägerin ihrer verstorbenen Tante gewesen, ist von der Dauer betrachtet wohl eher ungewöhnlich.

Die Klägerin hat trotz Aufforderung durch den Senat ihre lange Abwesenheit nicht glaubhaft gemacht. Da es die Klägerin auch versäumt hat, den vom Senat angeforderten Brief vorzulegen, mit dem ihr der Bevollmächtigte den Gerichtsbescheid zur Kenntnis brachte, kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin nicht vor Fristablauf Kenntnis vom Gerichtsbescheid hatte. Daher ist die Frage, ob die Klägerin schuldlos ihre postalische Erreichbarkeit während dieser angeblichen Abwesenheit nicht sicher gestellt hatte, nicht mehr zu beantworten. Da die Gewährung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Rechtsanwalts Dr.M. nur für das Sozialgerichtsverfahren galt, war Dr.M. nicht verpflichtet, Berufung einzulegen. Ein Verschulden des beigeordneten Rechtsanwalts an der Fristversäumnis ist nicht behauptet und nicht belegt.

Da die Berufung nicht in der gesetzlichen Frist eingelegt wurde, ist sie gemäß § 158 SGG als unzulässig zu verwerfen. Der Senat ist deshalb an einer Überprüfung des Streitfalles (§ 157 SGG) gehindert.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG und entspricht dem Unterliegen der Klägerin.

Gründe, die Revision gemäß § 160 SGG zuzulassen, sind nicht gegeben.
Rechtskraft
Aus
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