L 14 RA 253/00

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 3 RA 63/00
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 14 RA 253/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen das Urtel des Sozialgerichts Bayreuth vom 31. Oktober 2000 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist zwischen den Beteiligten die um Abschläge gekürzte Altersrente wegen Arbeitslosigkeit bei Inanspruchnahme mit Vollendung des 60.Lebensjahres.

Der 1939 geborene Kläger gab seine Beschäftigung beim Arbeitgeber "A." zum 30.11.1997 auf und bezog ab 01.12.1997 Arbeitslosengeld vom Arbeitsamt Bayreuth.

Am 28.07.1999 beantragte er bei der Beklagten die Gewährung von Altersrente wegen Arbeitslosigkeit und Vollendung des 60. Lebensjahres als Vollrente zum frühestmöglichen Zeitpunkt 01.12.1999. Dem Antrag lag die tabellarische Rentenminderung durch Anhebung der Altersgrenze bei. Dabei verneinte der Kläger Tatbestände der sogenannten "Vertrauensschutzregelungen". Die Beklagte gewährte mit Bescheid vom 23.09.1999 dem Antrag entsprechend die Altersrente ab Dezember 1999. Bei der Rentenberechnung (Anlage 6, S.1 unter der Überschrift Zugangsfaktor) führte die Beklagte aus, dass der Zugangsfaktor 1,000 betrage. Er vermindere sich für jeden Kalendermonat, in dem die Rente wegen Alters vorzeitig in Anspruch genommen werde, um 0,003. Die Minderung betrage für 35 Kalendermonate 0,105. Somit ergebe sich ein Zugangsfaktor von 0,895.

Der Widerspruch, mit dem sich der Kläger ausführlich gegen die Anhebung der Altersgrenze wandte und diese für verfassungswidrig hielt, wurde mit Widerspruchsbescheid vom 11.02.2000 zurückgewiesen.

Mit der Klage, in die der Kläger auch den Neuberechnungsbescheid vom 05.01.2000 (wegen Änderung in der Kranken- und Pflegeversicherung) einbezog, machte er in ausführlicher Begründung geltend, die Anhebung der Altersgrenzen in § 41 Abs.1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) verstießen gegen Art.14 Abs.1 und 3 des Grundgesetzes (GG) und die unterschiedliche geschlechtsspezifische Anhebung der Altersgrenzen in § 41 Abs.1 und 2 SGB VI seien wegen Verstoßes gegen Art.3 GG verfassungswidrig, da Frauen bis zum Geburtsjahrgang 31.12.1939 eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit ohne Rentenabschlag erhalten könnten. Des weiteren liege ein Verstoß gegen die europäische "Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten" und gegen die europäische "Richtlinie zur Gleichstellung von Mann und Frau" und damit gegen zwingendes Europäisches Recht vor.

Im Termin der mündlichen Verhandlung vom 18.09.2000 gab der Kläger den Hinweis, bei der Prüfung des Gleichbehandlungsgrundsatzes im Verhältnis zwischen Mann und Frau sei zu beachten, dass er durch die Betreuung und Erziehung seiner beiden Töchter etwa zehn Jahre der Doppelbelastung von Kindererziehung und Berufstätigkeit ausgesetzt gewesen sei. Im Übrigen sei zu bedenken, dass auch Frauen, die nicht geheiratet hätten oder keine Kinder erzogen hätten, in den Genuss der Regelung des § 41 Abs.2 SGB VI kommen könnten. Zur Verletzung von Art.14 GG berief sich der Kläger auf den Bestandsschutz; auch ein Lebensversicherer könne nicht nach jahrelanger Beitragsentrichtung die Leistungen kürzen.

Mit Urteil im schriftlichen Verfahren vom 31.10.2000 wies das Sozialgericht die Klage ab. In den Gründen verneinte es einen Verfassungsverstoß und eine Verletzung Europäischen Rechts.

Mit dem Rechtsmittel der Berufung wiederholt der Kläger wortwörtlich sein bisheriges erstinstanzliches Vorbringen und moniert an den Entscheidungsgründen des Sozialgerichts, dass die im Urteil herangezogene und zitierte Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 24.02.1999 (Az.: B 5 RJ 28/98 R) nicht einschlägig sei, da dort Rentenanwartschaften, die nicht auf eigener Leistung des Versicherten beruhten, abgehandelt seien, so dass hinsichtlich des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums bei ihm sehr enge Grenzen bei der Bestandsgarantie gezogen seien. Auch sei für ihn die Rentenkürzung durch den Auflösungsvertrag des Arbeitgebers unausweichlich gewesen. Im Übrigen werde das Bild von der Doppelbelastung der Frauen durch Beruf und Haushalt und die durch die Rechtsprechung gerechtfertigte Bevorzugung seit Jahrzehnten der Wirklichkeit im gesellschaftlichen Umfeld nicht mehr gerecht; vielmehr würden die Frauen durch die geschlechtsspezifisch unterschiedliche Anhebung der Altersgrenzen privilegiert. Dies werde überdies durch die unterschiedliche Lebenserwartung von Frauen und Männern wesentlich verstärkt. Schließlich ergebe sich der Verstoß gegen die "Richtlinie 79/7 EWG zur Gleichstellung von Mann und Frau" und damit gegen zwingendes Europäisches Recht schon aus jüngsten Urteilen des "Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und Grundfreiheiten", etwa der Entscheidung zum Zugang von Frauen zur Bundeswehr, dass die Geschlechter gleichbehandelt werden müssen.

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 31.10.2000 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 23.09.1999 und des Folgebescheides vom 05.01.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11.02.2000 zu verurteilen, ihm Altersrente ohne Rentenabschlag zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Dem Senat lagen zur Entscheidung die Rentenakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge vor. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird wegen der Einzelheiten, insbesondere hinsichtlich des Vortrags des Klägers, hierauf Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gem. § 143 ff. des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, sachlich aber nicht begründet.

Auch nach Auffassung des Senats hat die Beklagte die Altersrente des Klägers wegen Arbeitslosigkeit zutreffend mit Abschlägen berechnet und das Sozialgericht dies im Ergebnis nicht beanstandet. Die Einwände des Klägers, die generelle Anhebung der Altersgrenzen (zu 1) und die unterschiedliche geschlechtsspezifische (zu 2) Handhabung der Altersrenten seien verfassungswidrig, überdies liege ein Verstoß gegen zwingendes Europäisches Recht (zu 3) vor, führen nicht zur Aussetzung des Verfahrens und zur Vorlage an das Bundesverfassungsgericht. Denn insoweit müsste der Senat selbst von der Verfassungswidrigkeit des § 41 SGB VI a.F. überzeugt sein. Dies ist jedoch nicht der Fall.

Die zur Zeit der Verwaltungsentscheidung gültige - ebenso wie § 38 SGB VI (a.F.) seit 01.01.2000 durch das Rentenreformgesetz (RRG) vom 16.12.1997 (BGBl. I 2998) aufgehobene und durch § 237 SGB VI (n.F.) ersetzte - Vorschrift des § 41 SGB VI (a.F.) lautete - vom Kläger insoweit richtig zitiert -:

Abs.1: Die Altersgrenze von 60 Jahren wird bei Altersrenten wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit für Versicherte, die nach dem 31. Dezember 1936 geboren sind, angehoben. Die vorzeitige Inanspruchnahme einer solchen Altersrente ist möglich. Die Anhebung der Altersgrenzen und die Möglichkeit der vorzeitigen Inanspruchnahme der Altersrenten bestimmen sich nach Anlage 19.

Abs.2: Die Altersgrenze von 60 Jahren wird bei Altersrenten für Frauen für Versicherte, die nach dem 31. Dezember 1939 geboren sind, angehoben. Die vorzeitige Inanspruchnahme einer solchen Altersrente ist möglich. Die Anhebung der Altersgrenzen und die Möglichkeit der vorzeitigen Inanspruchnahme der Altersrenten bestimmen sich nach Anlage 20.

Schon der klare und eindeutige Wortlaut des Gesetzes widerlegt die Argumentationskette des Klägers. In Abs.1 des § 41 SGB VI a.F. ist eindeutig die Anhebung der Altersgrenze von 60 Jahren "bei Altersrenten wegen Arbeitslosigkeit" geregelt und dies - geschlechtsneutral - für "Versicherte", damit gleichgültig, ob Mann oder Frau, wenn sie "nach dem 31. Dezember 1936 geboren sind". Es gab und gibt bisher keine geschlechtsspezifisch unterschiedlichen Anspruchsvoraussetzungen für die Altersrente wegen Arbeitslosigkeit. Wohl aber gab es, und zwar schon seit 01.01.1973, zur Zeit der Geltung der Reichsversicherungsordnung (als gesetzlicher Grundlage für die Rentenversicherung der Arbeiter) bzw. des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG), das/die ausschließlich weiblichen Versicherten vorbehaltene Altersruhegeld/Altersrente für Frauen: § 1248 Abs.3 RVO = § 25 Abs.3 AVG. Diese Altersrente - mit den Voraussetzungen: Vollendung des 60.Lebensjahres, 15-jährige Wartezeiterfüllung, überwiegende Ausübung einer rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit in den letzten zwanzig Jahren - war seit ihrer Einführung speziell auf ein durch vorausgegangene Kindererziehung unterbrochenes Erwerbsleben versicherter Frauen zugeschnitten, wobei es noch keine gesetzgeberischen Überlegungen gab, Kindererziehung durch Beitrags- und Berücksichtigungszeiten (so erst das SGB VI ab 01.01.1992) rentenrechtlich zu honorieren. Diese geschlechtsspezifische Altersrente begegnete seit ihrer Einführung durch den Gesetzgeber verfassungsrechtlichen Bedenken, bis das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in seiner Entscheidung vom 28.01.1987 (SozR 2200 § 1248 Nr.47) geurteilt hatte: Es ist mit Art.3 Abs.2 GG vereinbar, dass Frauen Altersruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung im Unterschied zu Männern bereits mit Vollendung des 60.Lebensjahres beziehen können. Allein für diese spezielle Altersrentenart, nämlich die für Frauen, bestimmte der Gesetzgeber in Abs.2 des § 41 SGB VI a.F. ebenfalls eine Anhebung der Altersgrenzen für die - ausschließlich weiblichen - Versicherten, soweit sie "nach dem 31. Dezember 1939 geboren sind". Der Kläger als am 11.11.1939 geboren setzt nun einfach - in benachteiligende Gedanken verfangen - Altersrente für Frauen der Altersrente wegen Arbeitslosigkeit gleich und behauptet, dass derart gebürtige Frauen - im Gegensatz zu Männern - damit ohne Abschläge auch eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit in Anspruch nehmen könnten. Dies ist schlicht falsch und damit sind bereits die Argumente des Klägers im Wesentlichen entkräftet. Gleichwohl sind noch folgende Ausführungen zum Klagebegehren im einzelnen notwendig:

zu 1:

Die seit 01.01.1997 - eingeführt durch § 41 SGB VI (a.F.) und fortgeführt durch § 237 Abs.3 SGB VI - Gesetz gewordene Anhebung der Altersgrenze bei der Altersrente wegen Arbeitslosigkeit des/der 60-jährigen Versicherten wirkt sich für alle Versicherten aus, die nach dem 31. Dezember 1936 geboren sind, soweit nicht die Vertrauensschutzregelung - nunmehr § 237 Abs.4 SGB VI - greift, deren Voraussetzungen der Kläger zu Recht für sich bei seiner Antragsstellung verneint hat.

Mit der vom Gesetzgeber geschaffenen Übergangsregelung hat er zum einen eine Stichtagsregelung für die Anhebung der Altersgrenze bei Altersrenten wegen Arbeitslosigkeit eingefügt, zum anderen aber auch Übergangsvorschriften aus Gründen des Vertrauensschutzes vorgesehen. Die Anhebung der Altersgrenze war aus der Sicht des Gesetzgebers notwendig geworden, um einer erheblichen Ausweitung der Frühverrentungspraxis, die in den Jahren davor angewachsen war, entgegenzuwirken und einer erheblichen zusätzlichen Belastung für die gesetzliche Renten- und Arbeitslosenversicherung vorzubeugen (vgl. Gesetzesbegründung in BR-Drucks. 208/96 S.1). Die Übergangsregelung ist im Hinblick auf das beabsichtigte und schnelle Handeln geschaffen worden. Es sollten die von der Anhebung der Altersgrenze besonders betroffenen rentennahen Jahrgänge geschützt werden, die voraussichtlich nicht mehr flexibel (durch Hinausschieben des Rentenbeginns) auf die neue Gesetzeslage reagieren konnten (vgl. inbesondere BSG vom 30.10.2001, Az.: B 4 RA 10/00 R - nicht veröffentlicht -). Für den Kläger, der nicht mehr der Einstufung der rentennahen Jahrgänge unterliegt, liegt gleichwohl kein Verstoß gegen die Verfassung vor, weder im Hinblick auf den Schutz des Eigentums (Art.14 GG) noch auf das Gleichheitsgebot (Art.3 GG). Denn nach Auffassung des Senats hat der Gesetzgeber den vom Bundesverfassungsgericht für den Sozialbereich in zahlreichen Grundsatzentscheidungen vorgegebenen Rahmen nicht verlassen.

Zwar fallen Rentenansprüche und Rentenanwartschaften unter den Eigentumsschutz des Art.14 GG. Sie stehen jedoch in einem ausgeprägten sozialen Kontext. Das BVerfG hat deshalb im Rahmen von Fragen zur Beitragsfestsetzung in der gesetzlichen Sozialversicherung entschieden, dass Art.14 Abs.1 Satz 2 GG dem Gesetzgeber sogar die Befugnis verleiht, Rentenansprüche und Rentenanwartschaften zu beschränken, Leistungen zu kürzen und Ansprüche und Anwartschaften umzugestalten, sofern dies einem Gemeinwohlzweck dient und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügt (vgl. BVerfG vom 28.02.1980 - SozR-7610 § 1587 Nr.1; BVerfG vom 28.04.1999 - SozR 3-8570 § 10 Nr.3 sowie zuletzt vom 29.12.1999 - SozR 3-2600 § 158 Nr.2). Die Anhebung der Altersgrenze durch das Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz vom 25.09.1996 (WFG) und die Übernahme in § 237 Abs.3 SGB VI dient sowohl arbeitsmarktpolitischen Interessen als auch der Sicherung der gesetzlichen Rentenversicherung und damit in doppeltem Sinne dem Gemeinwohlzweck. Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes hat der Gesetzgeber grundsätzlich insoweit beachtet, als er in § 237 Abs.4 SGB VI Übergangsregelungen aufgenommen hat. Auch hat der Gesetzgeber sich dabei einer Stichtagsregelung bedienen dürfen. Insoweit ist vom BVerG bereits entschieden, dass der Gesetzgeber mit der Einführung von Stichtagen grundsätzlich nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art.3 Abs.1 GG verstößt. Denn dem Gesetzgeber sei es durch den Gleichheitsgrundsatz nicht verwehrt, zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte Stichtage einzuführen, obwohl jeder Stichtag unvermeidlich gewisse Härten mit sich bringt (vgl. BVerfG vom 11.03.1994 - SozR 3-5070 § 12 a WGSVG; vgl. auch BVerfG vom 07.07.1992 - SozR 3-5761 Allg. Nr.1 zur Einführung der Anrechnung von Kindererziehungszeiten mit der Stichtagsregelung für Mütter des Jahrganges 1921).

Auch ist zu sehen, dass die Regelung des WFG aus historischer Sicht vor dem Hintergrund des Beitritts der damaligen DDR zur Bundesrepublik Deutschland geschaffen werden musste. Anliegen des Gesetzgebers war in diesem Zusammenhang die Erhaltung der Funktions- und Leistungsfähigkeit des Systems der bundesdeutschen gesetzlichen Rentenversicherung. Hierin liegt unzweifelhaft ein sachliches Interesse des Gesetzgebers auch an Regelungen, die zu finanziellen Einbußen für die Versicherten bei den Rentenanwartschaften führen. Dabei hat der Gesetzgeber in Abwägung der Erhaltung der Funktions- und Leistungsfähigkeit der gesetzlichen Rentenversicherung als sozialem Sicherungssystem gegenüber den Einzelinteressen zeitgleich (mit Gesetz vom 23.07.1996 - BGBl. I 1078) die Möglichkeit mit Einführung des § 187 a SGB VI eröffnet, durch Zahlung von freiwilligen Beiträgen die Rentenminderung, die durch die vorzeitige Inanspruchnahme an sich eintritt, auszugleichen. Dass der Kläger hiervon nicht Gebrauch machte, ändert nichts am verfassungskonformen Handeln des Gesetzgebers. Ist vom BVerfG wiederholt - zuletzt durch Beschluss vom 29.12.1999 a.a.O. - zum Ausdruck gebracht, dass Rentenansprüche und Anwartschaften zwar einen hohen persönlichen Bezug aufweisen und auch der Eigentumsgarantie des Grundgesetzes unterfallen, jedoch zugleich in einem ausgeprägten sozialen Zusammenhang stehen (Solidarität der Mitglieder, sozialer Ausgleich und soziale Fürsorge), so kann der Kläger mit seinem Vergleich der gesetzlichen Rentenversicherung als sozialem Sicherungssystem mit einer privaten Versicherung nicht gehört werden.

zu 2:

Das BVerfG hat in seinem Beschluss vom 28.01.1987 gegen Ende seiner Entscheidung gleichsam zusammenfassend ausgeführt (a.a.O., S.119 f.): "Gegenstand des Ausgangsverfahrens ist ein Fall, in dem der Gesetzgeber bereits dadurch gehandelt hat, dass er faktische Nachteile, die im Recht der gesetzlichen Rentenversicherung typischerweise Frauen treffen, durch eine Regelung kompensiert hat, die unter bestimmten Voraussetzungen Frauen zeitlich früher als Männern die Möglichkeit bietet, Altersruhegeld zu beziehen. Demgemäß ist lediglich zu prüfen, ob der Gesetzgeber zu diesem Handeln berechtigt war. Insoweit gibt das Ausgangsverfahren Anlass, die bisherige Rechtsprechung zu Art.3 Abs.2 GG dahingehend zu ergänzen, dass der Gesetzgeber zu einer Ungleichbehandlung auch dann befugt ist, wenn er einen sozialstaatlich motivierten typisierenden Ausgleich von Nachteilen anordnet, die ihrerseits auch auf biologische Unterschiede zurückgehen. Darin liegt keine Ungleichbehandlung "wegen des Geschlechts" ..., sondern eine Maßnahme, die auf eine Kompensation erlittener Nachteile zielt. Bei der Prüfung, ob solche Nachteile entstanden sind, wie lange sie fortwirken und welche Maßnahmen als Ausgleich in Betracht kommen, ist grundsätzlich von der Einschätzung des Gesetzgebers auszugehen ... Würde es sich allein um einen Ausgleich für die Doppelbelastung handeln, könnte es zweifelhaft sein, ob eine unterschiedliche Behandlung auch dann zugunsten von Frauen ohne diese Doppelbelastung und zum Nachteil von Männern mit einer solchen statthaft wäre. Es kommen aber weitere Umstände hinzu, die der Gesetzgeber in typisierender Betrachtungsweise berücksichtigen durfte. So weist die BfA zutreffend darauf hin, dass das Ausbildungsdefizit der Frauen, welches ihre berufliche Stellung und damit ihr Arbeitsentgelt sowie ihre Rentenerwartung in der Vergangenheit maßgeblich beeinträchtigt hat, in typischen Fällen durch eine Antizipierung der erwarteten Stellung der Frau als spätere Mutter verursacht worden ist. Ähnliche Ursachen dürften auch vielfach die Beschäftigung in unteren Lohngruppen und in geringeren Aufstiegschancen der Frau im Beruf haben. Die typischen Unterbrechungen einer entgeltlichen Tätigkeit durch Zeiten von Schwangerschaft, Geburt und Kindererziehung haben zudem bei Frauen häufig zur Folge, dass sie im Gegensatz zu Männern von der Inanspruchnahme des flexiblen Altersruhegeldes bei Vollendung des 63.Lebensjahres deswegen keinen Gebrauch machen können, weil sie die besondere Voraussetzung einer 35-jährigen Versicherungszeit nicht erfüllen. All das aber läßt sich im Kern auf die Funktion oder jedenfalls die mögliche Stellung weiblicher Versicherter als Ehefrau und Mutter, also auf biologische Umstände zurückführen. Zum Ausgleich dieser Nachteile erscheint die Einräumung des den Frauen gewährten, nicht allzu erheblichen Vorteils unbedenklich. Ob es richtiger gewesen wäre, einen Ausgleich auf andere Weise zu suchen, hat das BVerfG nicht zu entscheiden. Insbesondere kann das Gericht vom Gesetzgeber getroffene Maßnahmen nicht mit der Begründung beanstanden, andere seien noch wirksamer oder geeigneter. Der Wandel in den tatsächlichen Verhältnissen, der sich schon vollzogen hat und noch vollzieht und die Angleichung der Rechtsordnung an die gebotene Gleichstellung von Mann und Frau lassen erwarten, dass die Umstände, welche die verfassungsrechtliche Prüfung unter dem Gesichtspunkt des Nachteilsausgleiches beeinflussen, im Laufe der weiteren Entwicklung an Bedeutung verlieren werden. Wann das der Fall sein wird und welche Folgerungen daraus zu ziehen sein werden, hat in erster Linie der Gesetzgeber zu beurteilen." In Fortführung dieser Vorgaben durch das BVerfG hat nunmehr der Gesetzgeber im ab 01.01.2000 neu gefaßten § 237 a SGB VI die Altersrente der Frauen dahin geregelt, dass nach dem 1. Januar 1952 geborene Versicherte nur mehr die Altersrente langjähriger Versicherter ab Vollendung des 62.Lebensjahres beanspruchen können. Auf die unter 1. aufgezeigten Grundsätze des BVerfG wird zusätzlich verwiesen.

zu 3:

Den angeblichen Verstoß des § 41 SGB VI (a.F.) gegen Europäisches Recht widerlegt der Kläger mit seiner Begründung in der Berufungsinstanz. Soweit er nämlich hierbei auf die Öffnung der Bundeswehr auch für Frauen durch den Europäischen Gerichtshof Bezug nimmt, ist insoweit eine Benachteiligung der Frauen (!) beseitigt. Speziell auf den Zugang zur Altersrente ist jedoch in Art.7 a) der Richtlinie 79/7 (vom 19.12.1978) die Beibehaltung eines früheren Ruhestandsalters für Frauen gegenüber Männern als mit dem Gemeinschaftsrecht für vereinbar erklärt. Im Übrigen richten sich die Richtlinien nur an die Mitgliedstaaten, die sich um die schrittweise Verwirklichung des Gleichbehandlungsgrundsatzes bemühen sollen. Ein angeblicher Verstoß gegen Art.14 GG auch in diesem Zusammenhang ist bereits unter 2. abgehandelt; eine Verletzung sonstiger Bestimmungen des Europäischen Rechts hat der Kläger im Berufungsverfahren nicht geltend gemacht.

Nach alldem war die Berufung mit der Kostenfolge aus § 193 SGG zurückzuweisen.

Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 160 Abs.2 Nrn. 1 und 2 SGG sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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