L 16 RJ 173/02

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 12 RJ 47/99 A
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 16 RJ 173/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Beklagte wird in Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Landshut vom 29. August 2001 und des Bescheides der Beklagten vom 20. Juli 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Oktober 1998 verpflichtet, Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 01.08.2002, sowie Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 01.02.2003 zu bezahlen. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten zur Hälfte zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit an die Klägerin.

Die 1952 geborene Klägerin ist jugoslawische Staatsangehörige und hat ihren Wohnsitz in Jugoslawien. Sie gab an, gelernte Schusterin bzw. Taschnerin zu sein. Unterlagen über die Berufsausbildung liegen nicht vor. Bei der Untersuchung teilte sie mit, in Deutschland in verschiedenen Berufen gearbeitet zu haben. Jugoslawische Versicherungszeiten hat sie zwischen Juni 1969 und September 1970 sowie August 1979 und November 1996 insgesamt für 18 Jahre und 6 Monate zurückgelegt. In der Bundesrepublik wurden zwischen Dezember 1970 und März 1979 insgesamt für 97 Monate Beiträge bezahlt.

Mit dem Rentenantrag vom 27.02.1995 legte der serbische Versicherungsträger einen Untersuchungsbericht der Invalidenkommision vom 28.11.1996 vor. Dort wird über eine seit dem 20. Lebens- jahr bestehende Epilepsie berichtet, die wieder mit Anfällen einhergehe. Das Leistungsvermögen wurde mit weniger als zwei Stunden von den serbischen Ärzten bewertet. Vorgelegt wurden außerdem zahlreiche Berichte der behandelnden Ärzte.

In der Gutachterstelle Regensburg wurde die Klägerin vom 15.06. bis 17.06. 1998 untersucht. Dabei stellte Dr. L. folgende Diagnosen: 1. Anfallsleiden. 2. Wirbelsäulenabhängige Beschwerden bei Abnutzungserscheinungen. In Regensburg trat nachts ein Anfall auf; die Klägerin berichtete über Anfälle zwei bis fünfmal im Monat. Der bei der Untersuchung gemessene Carbamazepin-Serumspiegel lag im therapeutischen Bereich, das EEG war pathologisch verändert. Bei der neurologischen Untersuchung ergaben sich weder Paresen, Koordinationsstörungen noch Reflexausfälle. Die Sensibilität war gestört, dies konnte jedoch keinem Dermatom zugeordnet werden. Bei der allgemein-körperlichen Untersuchung war an den inneren Organen kein aktuell krankhafter Befund zu erheben. Das Leistungsvermögen wurde von Dr. L. als beeinträchtigt beschrieben. Den erlernten Beruf als Taschnerin und Schusterin könne die Klägerin nicht mehr zumutbar ausüben, allerdings sei sie für leichte Arbeiten ohne Akkord, ohne Nachtschicht, ohne Absturzgefahr, nicht an gefährdenden Maschinen und ohne häufiges Bücken vollschichtig einsatzfähig.

Mit Bescheid vom 20.07.1998 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab mit der Begründung, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bestehe noch ein vollschichtiges Leistungsvermögen.

Ihren Widerspruch vom 05.08.1998 begründete die Klägerin mit den Epilepsieanfällen, die dreimal im Krankenhaus behandelt werden mussten. Sie stehe deshalb in ständiger Behandlung. Auch bei der Untersuchung in Deutschland habe sie einen Anfall gehabt. Sie habe diese Anfälle monatlich zwei- bis sechsmal und deshalb hätten ihr die behandelnden Ärzte jede Arbeitstätigkeit verboten.

Diesen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20.10.1998 zurück.

Ihre Klage vom 15.12.1998, eingegangen beim Sozialgericht am 15.01.1999, begründete die Klägerin erneut mit den auftretenden epileptischen Anfällen.

Sie legte zahlreiche Unterlagen der behandelnden Ärzte vor.

Das Sozialgericht veranlasste Untersuchungen, die bei Dr. P. , Dr. B. und Herrn R. am 04.09.2000 stattfanden und folgende Gesundheitsstörungen ergaben:
1. Anfallsleiden.
2. Psychovegetatives Syndrom.
3. Chronisch rezidivierende Lumboischialgien rechts bei deutlichen degenerativen Veränderungen L5/S1.
4. Cervikobrachial-Syndrom rechts bei leichten degenerativen Veränderungen C4 bis C6, vertebragene Cervikocephalgie, vertebragener Schwindel.
5. Periarthritis coxae rechts.
6. Enthesiopathie des rechten Kniegelenks, Patellalateralstand.
7. Senk-Spreizfuß beidseits und Hallux valgus beidseits.
8. Epikondylitis humeri radialis rechts.
9. Enthesiopathie der rechten Hand, leichte Heberden-Arhtrose 2. bis 4. Finger rechts.
10. Verdacht auf Hypertonie.
11. Gallenblasenpolypen.

Dr. P. war der Auffassung, dass im Vordergrund die psychiatrischen Krankheitsbilder stehen, die im Gutachten von Herrn R. berücksichtigt wurden. Dennoch könne die Klägerin vollschichtige Leistungen mit qualitativen Einschränkungen erbringen. Auf internem Fachgebiet sei die Leistungsfähigkeit allenfalls qualitativ aber nicht quantitativ beeinträchtigt.

Der Arzt für Neurologie und Psychiatrie R. erstellte ebenfalls am 04.09.2000 ein Gutachten. Dort gab die Klägerin an, wegen einer Depression 1998 stationär behandelt worden zu sein. Das von Herrn R. durchgeführte EEG ergab keine sicheren Zeichen erhöhter cerebraler Anfallsbereitschaft. Die Angaben der Klägerin über vier große epileptische Anfälle pro Woche ließen sich nicht sicher mit dem EEG-Befund in Einklang bringen. Nach dem EEG-Befund sei das Anfallsleiden derzeit ausreichend kompensiert. Hinweise auf eine epileptische Wesensänderung hat Herr R. nicht festgestellt. Für eine Depression ergab sich bei der Untersuchung kein Anhalt. Eine gewisse Diskrepanz zwischen den geschilderten Symptomen und den objektivierbaren Befunden fiel auf, die Herr R. als Hinweis auf zweckgerichtete Verhaltsweisen deutete. Nach Einschätzung von Herrn R. besitzt die Klägerin bei zumutbarer Willensanstrengung das nötige Anpassungs- und Umstellungsvermögen, so dass vollschichtige Tätigkeiten im Wechsel zwischen Gehen, Sitzen und Stehen, ohne Schichtdienst und nicht an gefährdenden Maschinen noch möglich seien.

Das orthopädische Gutachten erstellte Dr. B. , ebenfalls nach Untersuchung, am 05.09.2000. Wegen der genannten Diagnose sei eine mäßige Minderung der Steh- und eine leichte Einschränkung der Gehleistung vorhanden. Die gesundheitliche Beenträchtigung der rechten Hand bestehe seit sechs Monaten. Da keine Umfangminderung des rechten Armes festgestellt werden konnte, wurde die Funktionseinschränkung als nur leicht bewertet.

Während des Aufenthalts in Landshut wurde die Klägerin aufgrund eines epileptischen Anfalls ins dortige Klinikum eingeliefert. Am 18.06.2001 hat Herr R. deshalb eine ergänzende Stellungnahme nach Aktenlage abgegeben. Nach Auskunft des Klinikums Landshut habe eine Behandlung nicht stattgefunden, die Klägerin sei bereits nach 30 Minuten wieder entlassen worden. Es sei bei der bekannten Aktenlage davon auszugehen, dass die Klägerin einen epileptischen Anfall erlitten habe. Daraus ergäben sich aber keine neuen Gesichtspunkte, da das EEG keine sicheren Zeichen einer erhöhten Anfallsbereitschaft gezeigt habe. Die Anfälle bedingten keine quantitative Einschränkung des Leistungsver- mögens, das heißt, es sei weiterhin ein vollschichtiges Leistungsvermögen anzunehmen. Die gleiche Auffassung vertrat Dr. P ...

Mit Urteil vom 29.08.2001 wies das Sozialgericht die Klage ab. Es schloss sich den Gutachten von Dr. P. , Dr. B. und Herrn R. an, dass noch ein vollschichtiges Leistungsvermögen bestehe und die Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig tätig sein könne. Berufsschutz genieße die Klägerin, die in der Bundesrepublik wechselnde Tätigkeiten ausgeübt habe, nicht.

Mit Schriftsatz vom 11.02.2002, eingegangen beim BayLSG am 09.04.2002, legte der Klägerbevollmächtigte gegen das am 21.01. 2002 zugestellte Urteil Berufung ein. Nachgewiesen seien die epileptischen Anfälle der Klägerin, die die Leistungsfähigkeit beeinflussten, so dass eine Arbeitsleistung nicht mehr erbracht werden könne. Es handle sich bei den Anfällen um sog. große epileptische Anfälle. Die Sachverständigen hätten diesen Sachverhalt vernachlässigt und nicht ausreichend berücksichtigt.

Die Beklagte beantragt im Schriftsatz vom 29.07.2002 die Abweisung der Berufung. Die überlassenen Unterlagen enthielten keine neuen Gesichtspunkte, die eine Änderung der Beurteilung erforderten. Sie stützt sich dabei auf die Stellungnahmen von Dr. L. vom 23.07.2002 und 06.11.2002.

Zum gerichtlichen Sachverständigen wurde vom Senat der Internist Dr. E. bestellt. Dieser stellte im Gutachten vom 10.02. 2003 folgende Diagnosen:
1. Arterieller Hypertonus.
2. Degenerative Wirbelsäulenveränderungen mit rezidivierenden Wirbelsäulensyndromen, Verdacht auf beginnende Osteoporose.
3. Verdacht auf arthrotische Veränderungen des rechten Kniegelenks.
4. Hyperlidpidämie.
5. Geringe Hepatopathie.
Die internistischen Gesundheitsstörungen seien nur von geringem Ausprägungszustand. Die wesentlichen Leistungseinschränkungen seien durch die nervenärztliche Erkrankung bedingt. Aus interner Sicht seien leichte Arbeiten noch vollschichtig möglich.

Zur weiteren Sachverständigen wurde Dr. M. bestellt. Diese untersuchte am 24.02.2003 die Klägerin unter Beteiligung eines Dolmetschers. Sie beschreibt vor allem eine psychische Verlangsamgung und einen schlechten Allgemeinzustand, der auf die Grunderkrankung, nämlich das Anfallsleiden und die damit in Zusammenhang stehende psychische Veränderung zurückzuführen sei. Die Klägerin sei dadurch in ihrer psychischen, nervlichen und körperlichen Belastbarkeit erheblich eingeschränkt. Dieses Krankheitsbild bestehe im Grunde seit der Begutachtung durch die Invalidenkommission 1996, habe sich chronifiziert und durch das Hinzukommen einer dauerhaften psychischen Veränderung allmählich verschlechtert. Die Klägerin könne Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nur weniger als drei Stunden täglich verrichten. Dabei müssten Arbeiten mit besonderen Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit, unter Zeitdruck, in Nacht- und Wechselschicht ausgeschlossen werden, ebenso Tätigkeiten, die mit Absturzgefahr verbunden sind oder an gefährdenden Maschinen verrichtet werden.

Mit Schriftsatz vom 24.05.2003 unterbreitete die Beklagte ein Angebot, Erwerbsminderung ab 24.02.2003 anzuerkennen und der Klägerin ab 01.03.2003 Rente zu bezahlen. Sie stützt sich dabei auf eine Stellungnahme von Dr. L. , der ausführte, dass eine Änderung des Gesundheitszustandes eingetreten sei, da nach den Gutachten aus dem Jahr 2000 von Herrn R. noch von einem vollschichtigen Leistungsvermögen ausgegangen werden musste.

Der Klägerbevollmächtigte teilte im Schreiben vom 10.06.2002 mit, der Anspruch der Klägerin bestehe bereits ab 28.11.1996. Dieser Anspruch werde auch geltend gemacht.

In einer ergänzenden Stellungnahme hat Dr. M. dargelegt, dass unzweifelhaft zwischen der Begutachtung durch Herrn R. und ihrer eigenen Untersuchung, also zwischen September 2000 und Februar 2003, eine wesentliche Verschlechterung eingetreten sei durch die dauernde psychische Veränderung im Sinne einer Wesensänderung. Nach nochmaliger Durchsicht der Aktenunterlagen vertrete sie nun die Auffassung, dass spästens ab Juli 2002 keinesfalls mehr eine vollschichtige Leistungsfähigkeit bestand. Sie bezg sich dabei auf den nervenärztlichen Befund vom 01.07.2002.

Die Beklagte erweiterte daraufhin entsprechend einer Stellungnahme von Dr. L. , ihr Angebot. Teilweise Erwerbsminderung werde ab 01.07.2002, volle Erwerbsminderung ab 30.01.2003 anerkannt. Die Zahlung der Rente erfolge ab 01.08. 2002 wegen teilweiser, ab 01.02.2003 wegen voller Erwerbsminderung.

Der Klägerbevollmächtigte äußerte sich dazu nicht.

Die Klägerin beantragt sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 29.08.2001 sowie den Bescheid der Beklagte vom 20.07.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.10.1998 aufzuheben und ab Antrag Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen, soweit über das im Termin der mündlichen Verhandlung vom 08.07.2003 wiederholte Teilanerkenntnis hinaus Leistungen gefordert werden.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten der Beklagten, des Sozialgerichts Landshut und des Bayer. Landessozialgerichts Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist zulässig und teilweise begründet.

Die Berufung ist teilweise begründet und führt zur Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Landshut vom 29.08.2001 und des Bescheides der Beklagten vom 20.07.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.10.1998. Die Beklagte war entsprechend ihrem Teilanerkenntnis zu verpflichten, Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 01.08.2002 sowie Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 01.02.2003 zu bezahlen. Im Übrigen war die Berufung zurückzuweisen, da für den Zeitpunkt vor Juli 2002 keine ausreichende Leistungsminderung bei der Klägerin nachgewiesen ist.

Da die Klägerin das Teilanerkenntnis der Beklagten nicht angenommen hat, auch nicht inzident, ist keine Erledigung des Anspruchs nach § 101 Abs.2 SGG eingetreten, so dass im Wege des Anerkenntnisurteils gemäß § 202 i.V.m. § 307 Abs.1 ZPO über den Teilanspruch ein Anerkenntnisurteil zu ergehen hatte.

Eine Begründung des Anspruchs für die Zeit ab 01.07.2002 kann daher, da nicht mehr streitig, entfallen.

Es ist aber festzustellen, dass die Klägerin über das von der Beklagten abgegebene Teilanerkenntnis hinaus keinen Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder Erwerbsminderung hat. Das Sozialgericht hat insoweit die Klage mit Urteil vom 29.08.2001 zu Recht abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung war zurückzuweisen.

Der Anspruch der Klägerin für den noch streitigen Zeitraum richtet sich nach den Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der bis zum 31.12.2000 geltenden Fassung (a.F.), da die Klägerin den zugrundeliegenden Rentenantrag bereits am 27.02.1995 gestellt hat und die Leistung für die Zeit ab Antragstellung begehrt (§ 300 Abs.2 SGB VI). Soweit ein Rentenanspruch für die Zeit nach dem 31.12.2000 begehrt wird, findet das SGB VI in der ab 01.01.2000 geltenden Fassung (n.F.) Anwendung.

Die Voraussetzungen der §§ 43, 44 SGB VI a.F. sind nicht jedoch ebenso wenig erfüllt wie bis zum 01.08.2002 die Voraussetzung des § 44 SGB VI n.F.

Nach § 43 SGB VI a.F. haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit, wenn sie 1. berufsunfähig sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Berufsunfähigkeit drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Berufsunfähigkeit die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.

Zwar hat die Klägerin aufgrund der in der deutschen bzw. jugoslawischen Rentenversicherung zurückgelegten Beitragszeiten die allgemeine Wartezeit (§§ 50 Abs.1 Satz 1, 51 Abs.1 SGB VI i.V.m. dem deutsch-jugoslawischen Sozialversicherungsabkommen vom 12.10.1968 (BGBl.II 1969, S.1438) in der Fassung des Änderungsabkommens vom 30.09.1974 (BGBl.II 1975, S.389), das im Verhältnis zum sog. Restjugoslawien weiterhin gilt (siehe Bekanntmachung vom 20.03.1997, BGBl.II, S.961) erfüllt, es liegt vor Juli 2002 jedoch weder Berufs- noch Erwerbsunfähigkeit noch teilweise Erwerbsminderung vor. Nach der Definition sind berufsunfähig Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs, und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur beruflichen Rehabilitation mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs.2 SGB VI a.F.). Dagegen besteht Erwerbsunfähigkeit bei solchen Versicherten, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße übersteigt (§ 44 Abs.2 Satz 1 SGB VI a.F.). Da der Versicherungsfall der Erwerbsunfähigkeit an strengere Voraussetzungen geknüpft ist als derjenige der Berufsunfähigkeit, folgt aus der Verneinung von Berufsunfähigkeit ohne Weiteres das Fehlen von Erwerbsunfähigkeit (vgl. Bundessozialgericht - BSG - Urteil vom 05.04.2001, Az.: B 13 RJ 61/00 R). Bei Bestimmung des bisherigen Berufs ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts grundsätzlich von der zuletzt in der Bundesrepublik ausgeübten versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit auszugehen (vgl. Kasseler Kommentar Niesel, § 43 SGB VI Rdnr.21 ff. m.w.N.). Aus den Angaben der Klägerin selbst kann nicht entnommen werden, dass sie den erlernten Beruf als Taschnerin in der Bundesrepublik ausgeübt hat, vielmehr hat sie selbst angegeben, in der Bundesrepublik wechselnde Tätigkeiten verrichtet zu haben. Arbeitgeber wurden nicht benannt. Es wurde somit nicht bewiesen, dass die Klägerin in der Bundesrepublik einem Facharbeiter vergleichbar eingesetzt war und gearbeitet hat. Auch ein qualifiziertes Anlernverhältnis ist nicht nachgewiesen. Auch wenn die Klägerin also den maßgeblichen Beruf bereits ab Antragstellung nicht mehr hätte ausüben können, war sie dennoch nicht berufsunfähig im Sinne der deutschen Bestimmungen, denn für die Annahme von Berufsunfähigkeit reicht es nicht aus, wenn Versicherte ihren bisherigen Beruf nicht mehr ausüben können. Vielmehr sind, wie sich aus § 43 Abs.2 Satz 2 SGB VI a.F., § 240 Abs.2 SGB VI n.F. ergibt, Versicherte nur dann berufsunfähig, wenn ihnen auch die Verweisung auf andere Berufstätigkeiten aus gesundheitlichen Gründen oder sozial nicht mehr zumutbar ist (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. u.a. SozR 2200 § 1246 RVO Nr.138).

Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit beurteilt sich nach der sozialen Wertigkeit des bisherigen Berufs. Um diese zu beurteilen, hat das BSG die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufs haben, gebildet worden. Dementsprechend werden die Gruppen durch den Leitberuf des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonderen hochqualifizierten Facharbeiters, des Facharbeits (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 RVO Nr.138 und 140). Bei der Einordnung eines bestimmten Berufes in dieses Mehrstufenschema ist ausschlaggebend die Qualität der verrichteten Arbeit, das heißt der aus einer Vielzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Grundsätzlich darf der Versicherte im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf auf die nächst niedrigere Gruppe verwiesen werden (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nr.143 m.w.N., SozR 3-2200 § 1246 Nr.5). Unter Anwendung dieser Grundsätze ist die Klägerin auf alle angelernten und ungelernten Tätigkeiten zu verweisen, da nicht bewiesen ist, dass sie einen qualifizierten Beruf in der Bundesrepublik ausgeübt hat. Maßgeblich ist somit ausschließlich, ob das Leistungsvermögen der Klägerin noch mit vollschichtig zu beurteilen ist, was alle gerichtlichen Sachverständigen bejaht haben. Bei der Beurteilung des Leistungsvermögens der Klägerin stützt sich der Senat vor allem auf die in der Gutachterstelle Regensburg 1998 durchgeführte Untersuchung sowie die Gutachten im erstinstanzlichen Verfahren von Dr. B. , Dr. P. und Herrn R. und die vom Senat eingeholten Gutachten von Dr. E. und Dr. M ... Dabei haben alle Gutachter übereinstimmend festgestellt, dass die hauptleistungsmindernden Gesundheitsstörungen der Klägerin auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet bestehen und vor allem im Anfallsleiden zu suchen sind. Trotz der glaubhaften Anfälle, die ja auch bei den Untersuchungen aufgetreten sind, haben Dr. L. und Herr R. ein vollschichtiges Leis- tungsvermögen bei der Klägerin festgestellt. Dies begründet sich vor allem darin, dass in dem von Herrn R. durchgeführten EEG keine sicheren Anzeichen erhöhter cerebraler Anfallsbereitschaft nachgewiesen werden konnten. Die von der Klägerin zu diesem Zeitpunkt geltend gemachten großen epileptischen Anfälle, die angeblich im Jahr 2000 bereits viermal pro Woche aufgetreten sind, ließen sich somit nicht sicher mit dem EEG-Befund in Einklang bringen. Anders als bei der späteren Untersuchung durch Dr. M. konnte bei der Untersuchung von Herrn R. auch nicht festgestellt werden, dass bereits eine epileptische Wesensänderung oder eine hirnorganische Wesensänderung eingetreten ist. Auch Dr. M. hat das EEG, das im September 2000 gefertigt wurde, nur als leichtgradig pathologisch eingestuft. Eindeutige Zeichen einer cerebralen Anfallsbereitschaft konnte sie daraus aber nicht ableiten. Die von Dr. M. festgestellte Verschlechterung bezieht sich im Wesentlichen nicht auf das Anfallsleiden, sondern auf die psychischen Veränderungen, die im Zusammenhang mit dem langjährigen Anfallsleiden zu sehen sind. Dr. M. hat dies als Wesensänderung bezeichnet und somit seit der Erstuntersuchung bei der Invalidenkommission als auch seit der Untersuchung durch Dres. P. , B. und Herrn R. eine Verschlimmerung durch Hinzukommen der psychischen Veränderungen im Sinne einer emotional labilen asthenischen Störung bejaht. Sie hat auf die Einwendungen von Dr. L. auch eingeräumt, dass erst mit dem Hinzukommen der psychischen Wesensänderung bewiesen sei, dass das Leistungsvermögen der Klägerin auf weniger als acht Stunden herabgesunken ist. Dieser Beurteilung schließt sich der Senat voll inhaltlich an, denn die umfangreichen Vorgutachten beschreiben keine Veränderungen, wie sie Dr. M. jetzt feststellen konnte. Während bei den früheren Untersuchungen die Klägerin ihre Beschwerden schildern konnte und selbst Angaben zur Anamnese machte, war eine Anamneseerhebung mit der Klägerin zum Zeitpunkt der Untersuchung bei Dr. M. kaum möglich, da sie deutlich verlangsamt und benommen wirkte. Auch die Prüfung der Koordination und der motorischen Funktionen war nur sehr eingeschränkt möglich, da die Klägerin aufgrund ihres schlechten Allgemeinzustandes zur ausreichenden Mitarbeit unfähig war. Bei Dr. M. erschien die Klägerin auch depressiv und massiv eingeschränkt in ihrer affektiven Schwingungsfähigkeit. Es bestand eine Verlangsamung der Denkabläufe und des psychomotorischen Tempos, der Antrieb war deutlich reduziert. Diese Erscheinungen sind hingegen in den früheren Gutachten noch nicht beschrieben, so dass mit Dr. M. von einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes auszugehen ist, die sicherlich allmählich eingetreten ist. Da aber die Wesensänderung und der schlechte Allgemeinzustand erst ab der Untersuchung bei Dr. M. ausreichend dokumentiert sind, kann eine frühere Einschränkung des Leistungsvermögens auf weniger als acht Stunden nicht angenommen werden. Dr. M. und der ebenfalls die Unterlagen auswertende Dr. L. kamen deshalb übereinstimmend und gut nachvollziehbar zum Ergebnis, dass eine teilweise Erwerbsminderung ab Juli 2002 besteht und eine volle Erwerbsminderung ab Januar 2003. Entgegen der Auffassung der Klägerin ließ sich somit weiterhin nicht nachweisen, dass bereits ab Antragstellung oder ab 1996 die Leistungseinschränkungen so schwerwiegend waren, dass nicht zumindestens leichte Arbeiten vollschichtig noch möglich waren, sofern einige qualitativen Leistungseinschränkungen beachtet wurden.

Alle Ärzte sind erfahrene, mit dem Recht der deutschen Sozialversicherung besonders vertraute Sachverständige, die nach eigner Untersuchung der Klägerin ihre Darstellung gut nachvollziehbar begründet haben und deren Leistungsbeurteilung nachvollziehbar ist. Zu dieser Einschätzung passt auch, dass die Klägerin anlässlich des in Regensburg erlittenen Anfalls bereits nach 30 Minuten ohne weitere ärztliche Behandlung wieder entlassen wurde und in all den Gutachten eine Anamneseerhebung mit der Klägerin ohne Schwierigkeiten durchgeführt werden konnte, so dass sich Anhaltspunkte für eine Wesensänderung zu diesem frühren Zeitpunkt noch nicht ergeben haben. Da feststeht, dass die Verschlechterung des Gesundheitszustandes bei der Klägerin auch allmählich eingetreten ist, ist auch nachvollziehbar, wenn die Beklagte zunächst von einer teilweisen Erwerbsminderung in der Zeit ab 01.07.2002 ausgeht und die volle Erwerbsminderung erst mit dem Zeitpunkt der Untersuchung bei Dr. E. bzw. Dr. M. angesetzt wird.

Ein über das Teilanerkenntnis der Beklagten hinausgehender Rentenanspruch war somit abzulehnen und die Berufung deshalb insoweit zurückzuweisen.

Da die Klägerin im Sinne des Teilanerkenntnisses mit ihrem Anspruch in gewissem Umfang obsiegt hat, war eine Übernahme der außergerichtlichen Kosten durch die Beklagte zur Hälfte gemäß § 193 SGG gerechtfertigt.

Gründe, gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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