L 4 KR 210/02

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 7 KR 261/00
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KR 210/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 11. September 2002 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob die Beklagte verpflichtet ist, die Kosten für eine Brustvergrößerungsoperation der Klägerin zu übernehmen.

Die 1959 geborene Klägerin ist bei der Beklagten versichert. Sie beantragte am 18.04.2000 unter Vorlage eines Attests des psychologischen Psychotherapeuten Dr.R. die Kostenübernahme für eine geplante Operation zur Vergrößerung der Brust mit der Begründung, sie leide sehr an Minderwertigkeitsgefühlen. Ihr persönliches Stimmungsbild werde immer depressiver. Deshalb sei ihr zu einem medizinischen Eingriff geraten worden. Die Beklagte hat nach Anhörung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung in Bayern (MDK) den Antrag mit Bescheid vom 24.05.2000 abgelehnt. Sie führte zur Begründung aus, der MDK habe festgestellt, ein Brustaufbau sei immer ein kosmetischer Eingriff, wenn keine Mamma-Amputation vorgenommen wurde. Falls psychische Probleme bestünden, sei gemäß der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ausschließlich eine Psychotherapie durchzuführen.

Hiergegen richtet sich der Widerspruch der Klägerin, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10.08.2000 zurückwies.

Mit der hiergegen zum Sozialgericht Nürnberg erhobenen Klage verfolgte die Klägerin ihr Ziel auf Kostenübernahme für eine Brustvergrößerungsoperation weiter. Bei ihr liege kein im Normbereich liegender Körperzustand vor, die Brust sei deutlich unterentwickelt. Es könne keinen Unterschied machen, ob beispielsweise ein plastischer Brustaufbau auf Grund einer vorangegangenen Krebsoperation oder eben auf Grund einer anlagebedingt unterentwickelten weiblichen Brust erforderlich sei. Die hieraus resultierende psychische Störung sei durch Psychotherapie erfolglos behandelt worden.

Das Sozialgericht holte auf Antrag der Klägerin ein Gutachten gemäß § 109 SGG vom Direktor der Universitätsfrauenklinik E. , Dr.B. (nach Untersuchung der Klägerin), ein. Die Untersuchung ergab, dass der Brustkorb der Klägerin als Folge eines Unfalls 1979 massiv deformiert sei mit ausgeprägter Verbiegung der Wirbelsäule und einer seitlichen und rechtsdorsalen Ausladung der Rippen. Es fanden sich lange Narben links und rechts am Brustkorb, Folge einer Rippenentfernung wegen innerer Verletzungen. Die vordere Brustwand, insbesondere die Brustmuskulatur, sei schwach ausgebildet. Die Brüste der Patientin seien sekundär (verletzungs-, alters- und ernährungsbedingt) atrophisch und ptotisch (durchhängend). Die Brustdrüsen seien beidseits normal angelegt. Das Brustdrüsengewebe sei beidseits kleinknotig verändert im Sinne einer gutartigen Mastopathie.

Der Gutachter kam zu dem Ergebnis, bei der Klägerin liege eine sekundäre Mammaatrophie beidseits vor, so dass die Größe der Brust als solche bei der Klägerin keine Krankheit darstelle. Eine plastisch-operative Brustvergrößerung sei bei der Patientin derzeit medizinisch relativ kontraindiziert wegen der nachgewiesenen gutartigen fibrozystischen Mastopathie.

Das Sozialgericht hat daraufhin die Klage mit Urteil vom 11. September 2002 abgewiesen. Die Brust der Klägerin befinde sich nicht in einem Zustand, der eine Krankheit im Sinne des SGB V (§ 27) darstelle. Es fehle bereits am regelwidrigen Körperzustand. Abweichungen von einer morphologischen Idealform, die noch befriedigende körperliche und psychische Funktionen zulassen, ergäben keine Krankheit.

Bei psychischen Störungen als Folge der zu kleinen Brust ergebe sich ein Anspruch auf Behandlung mit Mitteln der Psychiatrie und Psychotherapie.

Gegen diese Urteil richtet sich die Berufung, zu deren Begründung die Klägerin vortragen lässt, das Sozialgericht gehe zu Unrecht davon aus, dass die unstreitig bei ihr vorhandene Mammaatrophie keine Krankheit im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts darstelle. Der nicht der Norm entsprechende Zustand ihrer Brust sei auf ein von Außen wirkendes Ereignis zurückzuführen. Sie sei deshalb so zu behandeln, wie eine brustkrebskranke Frau, bei der üblicherweise der Wiederaufbau der Brust von den Krankenkassen bezahlt werde.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 11.09.2002 und den zugrundeliegenden Bescheid der Beklagten vom 24.05.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.08.2000 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten für eine operative Brustvergrößerung der Klägerin dem Grunde nach zu übernehmen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidungsgründe des Urteils für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Akte der Beklagten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung, die nicht der Zulassung gemäß § 144 SGG bedarf, ist zulässig, sie erweist sich aber als unbegründet.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten für die von ihr beabsichtigte Vergrößerung der Brust, es liegt keine Krankheit im Sinne des § 27 Abs.1 SGB V vor. Dies hat das Sozialgericht im angefochtenen Urteil, gestützt auf das ausführliche und überzeugende Sachverständigengutachten, zutreffend ausgeführt. Der Senat schließt sich diesen Ausführungen an und sieht insoweit gemäß § 153 Abs.2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Die Meinung der Klägerbevollmächtigten in der Berufungsbegründung, der schwere Unfall der Klägerin, der in gewissem Umfang mit für den Zustand der Brust der Klägerin verantwortlich sei, rechtfertige es, die Klägerin wie eine an Brustkrebs erkrankte Frau zu behandeln, wird vom Senat nicht geteilt. Vorrangig ist die gutachtliche Feststellung, wonach wegen der Mastophatie die Operation derzeit kontraindiziert ist und darüber hinaus eine plastisch-operative Korrektur durch eine Augmentationsplastik bei der Klägerin auf Grund der bestehenden Brustkorbdeformation wahrscheinlich kein zufriedenstellendes kosmetisch symmetrisches Ergebnis erbringen werde. Schließlich haben nicht allein die Verletzung, sondern auch das Alter und die Ernährung zum derzeitigen Zustand der Brust geführt.

Die Klägerin trägt auch nicht vor, dass der Zustand ihrer Brust ihr körperliche Beschwerden verursache. Sie beantragt die Operation deshalb, weil sie auf Grund der Größe der Brust möglicherweise an einer seelischen Erkrankung leidet. Hierzu ist, wie das Sozialgericht ebenfalls zutreffend ausführt, die Rechtsprechung de Bundessozialgerichts eindeutig. Psychische Störungen sind mit Mitteln der Psychiatrie und Psychotherapie zu behandeln. (Siehe z.B. BSG, Urteil vom 09.06.1998, BSGE 82, 158 ff.).

Beim Bundessozialgericht sind zu der Frage, ob eine Krankenkasse die Kosten für eine Mammaaufbauplastik zu übernehmen hat, wenn durch die vorhandene Brustgröße eine psychische Erkrankung bzw. Störung vorliegt, zwei Revisionsverfahren anhängig (B 1 KR 23/03 R; B 1 KR 3/03 R).

Sollte sich bei der Klägerin die fibrozystische Mastopathie bessern, die beantragte Operation also möglicherweise nicht mehr kontraindiziert sein, steht es bei "positiver" Entscheidung des BSG der Klägerin frei, sich erneut an ihre Krankenkasse zu wenden. Bei der derzeitigen Sach- und Rechtslage ist die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG und entspricht dem Unterliegen der Klägerin.

Gründe, die Revision gemäß § 160 SGG zuzulassen, sind nicht gegeben.
Rechtskraft
Aus
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