L 14 RA 81/03

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 47 RA 1096/01
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 14 RA 81/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 25. Februar 2003 aufgehoben. Im übrigen wird die Berufung verworfen.
II. Die Beklagte hat dem Kläger die Hälfte der außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig zwischen den Beteiligten ist die Zahlung einer höheren Altersrente.

Die Beklagte gewährte dem 1941 geborenen Kläger mit Bescheid vom 28.05.2001 Altersrente wegen Arbeitslosigkeit (§ 237 des Sozialgesetzbuches Teil VI - SGB VI) ab 01.07.2001. Hierbei wurde der Zugangsfaktor von 1,000 wegen vorzeitiger Inanspruchnahme der Altersrente auf 0,838 gemindert, was zu einer Herabsetzung der Entgeltpunkte von 66,0404 auf 55,3419 führte. Aus dem Versicherungsverlauf des Bescheids waren die Pflichtbeiträge vom 01.09.1955 bis 28.02.1959 zugleich mit "berufliche Ausbildung" gekennzeichnet (leistungsgeminderte Zeiten, bei der Rentenberechnung berücksichtigt nach dem höheren Gesamtleistungswert), die folgende Schul- und Fachausbildung (01.10.1959 bis 20.07.1961 und 01.03.1962 bis 30.04.1963) war mit 36 Monaten berücksichtigt, die Zeit der Fachschulausbildung vom 01.05.1963 bis 31.01.1964 mit "Höchstdauer überschritten" gekennzeichnet. Dementsprechend erfolgte auch die Rentenberechnung nach dem SGB VI.

Mit Widerspruch wandte sich der Kläger gegen die Minderung seiner Entgeltpunkte (Zugangsfaktor) und begehrte zudem eine Bewertung der "ersten fünf Beitragsjahre" und eine Berücksichtigung seiner Anrechnungszeiten (dem zeitlichen Umfang und der Höhe nach) entsprechend dem im Jahre 1964 geltenden Angestelltenversicherungsgesetz (AVG).

Der Rechtsbehelf wurde mit Widerspruchsbescheid vom 11.09.2001 zurückgewiesen.

Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht München (S 47 RA 1096/01) beantragte der Kläger (wörtlich), "unter Aufhebung des Rentenbescheides vom 28.05.2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.09.2001 die BfA dazu zu verurteilen, 1. den in Anwendung gebrachten Rentenabschlag in Höhe von 16,2 % zurückzunehmen und meine Rente entsprechend neu festzusetzen, 2. die Ausbildungszeiten in meinem Rentenbescheid entsprechend dem Angestelltenversicherungsgesetz von 1964 zu berücksichtigen".

Nach Anhörung und entsprechenden Äußerungen der Beteiligten trennte das Sozialgericht im Hinblick auf ein beim Bundesverfassungsgericht anhängiges Verfahren (Vorlagebeschluss des Bundessozialgerichts vom 16.12.1999 - B 4 RA 121/99) den Rechtsstreit wegen Bewertung der ersten Berufsjahre ab (neues Aktenzeichen S 31 RA 331/02) und ordnete insoweit das Ruhen des Verfahrens an (Beschluss vom 08.03.2002). Im Übrigen wies es die Klage mit Gerichtsbescheid vom 25.02.2003 ab. In seiner ausführlichen Entscheidung ging es auf die einschlägige Gesetzesregelung, die vom Kläger aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Fragen und die Rechtsprechung hierzu ein.

Mit dem Rechtsmittel der Berufung wendet sich der Kläger hiergegen, regt das Ruhen des Verfahrens an und beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 28.05.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11.09.2001 abzuändern, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 25.02.2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, höhere Altersrente ab 01.07.2001 zu zahlen, und zwar
a) ohne den für die vorzeitige Beanspruchung der Rente vor gesehenen "Rentenabschlag" von 16,2 %,
b) unter Berücksichtigung der Ausbildungszeit vom 01.05. 1963 bis 31.01.1964 als Anrechnungszeit,
c) unter höherer Bewertung der Anrechnungszeiten wegen Aus bildung vom 01.10.1959 bis 20.07.1961 und vom 01.03.1962 bis 31.01.1964.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Dem Senat lagen zur Entscheidung die Prozessakten beider Rechtszüge, die zweite Klageakte des Sozialgerichts mit Aktenzeichen S 31 RA 331/02 und die Versichertenakte der Beklagten vor. Zur Ergänzung des Tatbestands, insbesondere hinsichtlich des Vortrags des Klägers, wird auf den Inhalt der Streitakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143 f., 151 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -) ist insoweit zulässig und in der Hauptsache begründet, als sie sich gegen den Gerichtsbescheid richtet; dieser war aufzuheben. Im Übrigen ist die Berufung unzulässig und daher zu verwerfen.

Streitgegenstand in erster und zweiter Instanz ist die Zahlung einer höheren Altersrente unter Abänderung der angefochtenen, nach klägerischem Vortrag rechtswidrigen Verwaltungsakte (Abänderung im Regelungssatz, d.h. vorliegend des Rentenzahlbetrages). Dieses in erster Instanz zum Ausdruck gebrachte Begehren wird auch mit der hierfür vorgesehenen Anfechtungsklage und allgemeinen Leistungsklage verfolgt (§ 54 Abs.1 Satz 1, Fall 1 i.V.m. Abs.4 SGG).

Der Streitgegenstand ist wesentlich für die Frage, in welchem Umfang Rechtshängigkeit eingetreten ist, wie weit die Rechtskraft einer gerichtlichen Entscheidung reicht, ob Klageänderung oder Klagehäufung vorliegt und ob über einen einzelnen Punkt ein Teilurteil ergehen kann (Meyer-Ladewig, SGG, 6. Aufl., Anm. 4 zu § 95). Streitgegenstand ist nach herrschender Meinung ein prozessualer Anspruch, das vom Kläger aufgrund eines bestimmten Sachverhalts an das Gericht gerichtete Begehren der im Klageantrag bezeichneten Entscheidung; wesentlich ist, dass der Streitgegenstand durch den Antrag des Klägers, zu dessen Auslegung ggf. der Sachverhalt heranzuziehen ist, umrissen wird (Meyer-Ladewig, a.a.O., Anm. 5 und 5a zu § 95). An die Fassung der Anträge ist das Gericht nicht gebunden (§ 123 SGG), jedoch an das vom Kläger Gewollte. Dies bedeutet jedoch nicht, dass der Kläger wegen seiner Dispositionsfreiheit und das Gericht in seiner Entscheidung im Rahmen des klägerischen Begehrens über die Behandlung des Streitstoffes beliebig verfügen könnten. Grenzen für den (zulässigen) Streitgegenstand setzen der Klagegegenstand (vgl. hierzu § 95 SGG), die Klagearten mit den in §§ 54 ff. SGG vorgeschriebenen Voraussetzungen und zwingendes materielles oder prozessuales Recht. So kann der Kläger durch die Stellung zweier Anträge bzw. das Geltendmachen mehrerer materiell-rechtlicher Grundlagen für denselben (prozessualen) Klageanspruch nicht mehrere Streitgegenstände schaffen oder durch die Beschränkung auf eine materiell-rechtliche Grundlage den Beurteilungsspielraum des Gerichts bzw. das anzuwendende Recht einschränken. Ebensowenig kann er die verbindliche (der Rechtskraft fähige) Entscheidung in einer ihn interessierenden Rechtsfrage erzwingen, wenn es die Klageart oder andere prozessrechtliche Maximen nicht zulassen oder das Gericht die Frage wegen Unerheblichkeit nicht beantworten muss. Andererseits darf auch das Gericht im Rahmen des Streitgegenstandes nicht entscheidungserhebliche materiell-rechtliche Grundlagen, Sachverhalte, Rechtsfragen und Angriffs- oder Verteidigungsmittel außer Acht lassen oder abtrennen oder vorweg beliebig über einzelne der genannten Punkte oder Vorfragen bzw. nur einen Teil der Anspruchsvoraussetzungen entscheiden. Ein Urteil muss sich, abgesehen von den im Gesetz zugelassenen Fällen, auf den gesamten Streitgegenstand erstrecken.

Streitgegenstand bei der Anfechtungsklage ist die Behauptung des Klägers, ein Verwaltungsakt sei rechtswidrig und greife in seine Rechtssphäre ein (wobei der Eingriff naturgemäß nur durch den Regelungsatz des Verwaltungsaktes und nicht durch die Begründung erfolgen kann). Streitgegenstand bei der Leistungsklage ist ein aus einem bestimmten Sachverhalt abge- leiteter Anspruch des Klägers auf Verpflichtung der Beklagten zu der begehrten Leistung bzw. einer höheren als der bereits bewilligten Leistung. Wird die Leistungsklage mit einer Anfechtungsklage kombiniert, umfasst der Streitgegenstand sowohl die Elemente der Anfechtungsklage als auch die der Leistungsklage; er wird bestimmt durch das Begehren der Aufhebung (bzw. Abänderung) und der Zuerkennung eines Leistungsanspruchs (vgl. zu den einzelnen Streitgegenständen Meyer-Ladewig, a.a.O., Anm. 6 und 8 zu § 95).

Es können aber mit der Anfechtungs- und Leistungsklage aufgrund des vorgegebenen Streitgegenstandes nicht einzelne Elemente der Rentenberechnung in einem Leistungsbescheid isoliert und selbstständig "angegriffen" und Abänderungen der Berechnung in bestimmten Punkten verfolgt werden. Vielmehr richtet sie sich gegen den streitgegenständlichen Bescheid in der Fassung des Widerspruchsbescheides insoweit, als darin - aus den vom Kläger angegebenen Gründen - ein zu niedriger Zahlbetrag der Rente festgesetzt wurde; somit wird eine Abänderung begehrt, wobei die im einzelnen beanstandeten Punkte (hier Umfang und Bewertung der Anrechnungszeiten sowie Zugangsfaktor) lediglich zur Begründung gehören, aber bei einem nicht bezifferten (und für einen Laien auch kaum bezifferbaren) monatlichen Geldbetrag die Richtung angeben, wie hoch die begehrte Monatsrente sein soll. Entsprechendes gilt auch für ein (stattgebendes) Urteil, in dem zur Gewährung einer höheren Leistung (z.B. unter Berücksichtigung einer Zeit von ... bis ... als Ausbildungs-Anrechungszeit) verurteilt wird. Auch hier wäre es unzulässig, nur über unselbstständige Berechnungsfaktoren zu urteilen; unzulässig wäre es aber auch, zu einer höheren Rente zu verurteilen, wenn die Berechnung des Leistungsträgers zwar, z.B. bei Weglassen einer Ausfall- bzw. Anrechnungszeit, unrichtig ist, sich aber bei richtigem Ansatz der Berechnungsfaktoren kein höherer Zahlbetrag ergäbe. Zulässig ist hingegen eine Verurteilung zu einer höheren Leistung auch dann, wenn die vom Kläger vorgetragenen Argumente unzutreffend sind, aber andere von Amts wegen zu berücksichtigende Rentenberechungsfaktoren in einem Leistungsbescheid sich günstig auf die Höhe der Rente auswirken würden. Denn bei Rentenbescheiden gehören (idR) nur Art, Dauer und Höhe zum Verfügungssatz (Regelungsatz), nicht die Rentenberechnung und die Versicherungszeiten sowie (idR) bei ablehnenden Bescheiden auch nicht der Eintritt des Versicherungsfalles (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 7. Aufl., Anm. 5e zu § 77 SGG mit Hinweisen auf die grundsätzliche Rechtsprechung des BSG).

Die einzelnen unselbständigen Rentenberechungsfaktoren können auch nicht mit einer Feststellungsklage (§ 55 SGG) isoliert angegriffen werden. Es würde dann eine unzulässige "Elementenfeststellungsklage" vorliegen (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, Anm.9 zu § 55 im Allgemeinen mit vielen Beispielen sowie BSG vom 11.12.1956 - 1 RA 109/55 in BSGE 4, 184 und vom 29.06.1977 - 11 RA 94/76 in SozR 1500 § 161 Nr.16 zu den einzelnen Faktoren der Rentenberechnung wie Grundbetrag und Ersatzzeit). Davon zu unterscheiden ist der Fall, dass in Feststellungsbescheiden - in den im Rahmen des Gesetzes zulässigen Fällen - über einzelne Rentenberechnungsfaktoren wie Versicherungszeiten bzw. rentenrelevante Zeiten isoliert vorweg entschieden werden darf. So allerdings liegt nicht der vorliegende Rechtsstreit.

Im Bezug auf Leistungsbescheide zeigen bereits der Streitgegenstand und die vom SGG hierfür vorgesehene Klageart sowie vorausgehend der Regelsatz des Verwaltungsakts, der im Gegensatz zur Begründung rechtsverbindlich wird, auf, dass eine Trennung und isolierte Behandlung einzelner Rechtsfragen der Rentenberechnung nicht zulässig ist.

Vorliegend wurde über den einheitlichen Anspruch (höhere Rente) teilweise, soweit er bestimmte Rechtsfragen betrifft, mit streitgegenständlichem Gerichtsbescheid entschieden und teilweise (Trennungsbeschluss vom 08.03.2002) nicht, so dass in erster Instanz ein Rechtsstreit über die Zahlung einer höheren Altersrente anhängig ist und bleibt. Denn durch Urteil zu entscheiden ist nicht über einzelne Rentenzeiten oder Bewertungsmaßstäbe, sondern ob bei zutreffender und verfassungsgemäßer Rentenberechnung unter Berücksichtigung aller unselbständigen Rentenfaktoren das klägerische Endziel (höherer materiell-rechtlicher Anspruch) gerechtfertigt ist.

Beim streitbefangenen Gerichtsbescheid handelt es sich um ein mit Rechtsmittel anfechtbares Endurteil in der Gestalt eines Teilurteils, das gerade nicht das Begehren in seiner Gesamtheit erledigt hat und auch nicht erledigen konnte. Ein Teilurteil liegt nämlich dann vor, wenn im Urteil selbst oder in eindeutigen Begleitumständen zum Ausdruck gekommen ist, dass nicht umfassend und abschließend im "Gesamtverfahren" entschieden werden sollte; dabei kommt es auf die Urteilsbezeichnung nicht an (Meyer-Ladewig, a.a.O., Anm.3b zu § 125; BGH vom 22.01.1999 - VI ZR 77/98 in NJW 1999, 1035, BVerwG vom 22.02.1994 - 9 B 510/93 in NVwZ 1994, 1116). Ein den Rechtsstreit abschließendes Urteil (laut BGH "Vollendurteil") wäre nur dann gegeben, wenn versehentlich eine den Streitgegenstand nicht voll erschöpfende Entscheidung ergangen wäre.

Ein Teilurteil ist zulässig, wenn von mehreren in einer Klage geltend gemachten Ansprüchen nur der eine oder ein Teil eines Anspruchs zur Entscheidung reif ist (§ 301 Abs.1 ZPO), wobei die erste Alternative (mehrere in einer Klage geltend gemachte Ansprüche) die Klage- und/oder Anspruchshäufung betrifft und vorliegend nicht gegeben ist. Die zweite Alternative knüpft an einen Teil eines einzigen Anspruchs an und ist nur (vgl. Lauterbach, a.a.O., Anm. 2 zu § 301; Meyer-Ladewig, a.a.O., Anm.3a zu § 125 sowie zahlreiche BSG-Urteile, z.B. in BSGE 7, 3 ff., 12, 185 ff., 27, 142 ff.) unter folgenden kumulativen Voraussetzungen zulässig: a) Teilbarkeit des Streitverhältnisses b) Entscheidungsreife eines Teils und c) Unabhängigkeit vom restlichen Stoff. Darüber hinaus ist eine besondere Vorentscheidung, ob einer von mehreren "Klagegründen" durchgreift, wie sie die Zivilprozessordnung in § 303 in der bis zum Inkrafttreten der Novelle vom 13.02.1924 geltenden Fassung noch als Entscheidung über ein "einzelnes selbständiges Angriffsmittel" vorsah, nach BSG ausdrücklich nicht mehr möglich (vgl. Urteil vom 24.11.1960 - 6 Ka 24/57 in BSGE 13, 163).

Die Voraussetzungen a) und c) sind vorliegend nicht gegeben. Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf höhere Altersrente ist nicht teilbar. Es bestehen keine einzelnen Rentenansprüche bzw. Rentenanspruchsteile auf Grund jeweils bestimmter Versicherungszeiten oder bestimmter Bewertungsmaßstäbe einerseits und auf Grund anderer oder weitergehender Versicherungszeiten oder/und günstigerer Bewertungsmaßstäbe andererseits. Abgesehen davon, dass es sich dabei jeweils um unselbständige Berechnungfaktoren handelt, greift die Rentenberechnung ineinander und lässt nur die Berechnung eines einzigen Anspruchs zu. Es handelt sich um einen einheitlichen Anspruch wie bei den Ansprüchen auf Versorgungsausgleich und Zugewinnausgleich (vgl. hierzu BGH vom 26.04.1989 - IVb ZR 48/88 in BGHZ 107, 236 sowie Lauterbach, a.a.O., Anm.2B.b zu § 301. Selbst bei unterstellter Teilbarkeit von Berechnungsfaktoren wäre bei Trennung und Teilurteil noch als verbindende Klammer ein Grundurteil darüber notwendig, ob der Gesamtanspruch dem Grunde nach besteht oder nicht besteht - siehe BGH vom 10.10.1991 - III ZR 93/90 in NJW 1992, 511 zum Schadensersatz). Die einhellige Meinung verlangt zurecht das Vorliegen der aufgezeigten kumulativen Voraussetzungen. Es kann sich beim streitbefangenen Gerichtsbescheid daher nicht um ein zulässiges Teilurteil handeln.

Im Übrigen ist der Fortgang des Rechtsstreits im Berufungsverfahren nicht unabhängig vom restlichen Stoff in erster Instanz (vgl. Voraussetzung c). In beiden Instanzen muss entschieden werden, ob ein Anspruch auf höhere als von der Beklagten gewährte Altersrente zusteht oder nicht, womit die Gefahr widersprechender Entscheidungen gegeben ist. Wird die Klage - wie im Gerichtsbescheid geschehen- abgewiesen und bliebe die Berufung in vollem Umfang erfolglos, steht fest, dass der Kläger durch den ergangenen Verwaltungsakt nicht in seinen Rechten verletzt war (Meyer-Ladewig, a.a.O., Anm.10 zu § 141). Dies ist nicht vereinbar mit der vom Sozialgericht durch den Trennungsbeschluss vorbehaltenen Möglichkeit, dass gleichwohl Rechte des Klägers durch denselben Verwaltungsakt beeinträchtigt sein könnten und ein den Verwaltungsakt abänderndes Urteil noch ergehen könnte (Zur Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen vgl. auch BGH vom 10.10.1991, a.a.O., mit Hinweisen auf weitere Rechtsprechung; BGH vom 12.01.1999, a.a.O.; BSG vom 21.09.1967 - 2 RU 65/66 in BSGE 27, 142). Abgesehen von diesem verfahrensrechtlichen Irrweg ist noch darauf hinzuweisen, dass der Gerichtsbescheid, dem ein zweites "Teilurteil" folgen könnte, auch in materiell-rechtlicher Hinsicht der Argumentation des Klägers (Unverhältnismäßigkeit aller Eingriffe in die Rentenanwartschaft - unzumutbare Belastung durch alle Maßnahmen) nicht gerecht wird.

Statt der erfolgten Aufhebung des - unzulässigen - Teilurteils wäre zur Verhinderung einer wiederholten Entscheidung derselben Sache in erster und zweiter Instanz für den Senat lediglich noch die Möglichkeit verblieben, den in erster Instanz anhängig gebliebenen Streitgegenstand in zweiter Instanz durch Beschluss an sich zu ziehen und dann im Berufungsverfahren umfassend über alle Rechtsfragen zu entscheiden (so BGH vom 12.01.1999, a.a.O., unter Hinweis auf BGH vom 10.10.1991, a.a.O.). Dieser im Bereich des SGG - bei der vorliegenden besonderen Fallgestaltung - diskussionswürdige Weg erschien dem Senat vorliegend jedenfalls nicht zweckmässig, weil den Beteiligten der Rechtszug verkürzt würde und der Rechtsstreit nach dem bekundeten Willen der Beteiligten ohnehin in seiner Gesamtheit bis zu einer Entscheidung des BVerfG ruhen sollte.

Daher war das angefochtene Urteil aufzuheben. Im Übrigen war die Berufung unzulässig und musste verworfen werden, weil der Rechtsstreit über einen Anspruch auf höhere Altersrente nach wie vor noch in erster Instanz anhängig ist. Die Prozessbeteiligten und das Sozialgericht können hinsichtlich des anhängigen Streitgegenstands nicht einzelne Rechtsfragen abtrennen bzw. den Streit, sei es in erster oder in zweiter Instanz, auf diese oder jene Frage beschränken. Vielmehr war und ist der Streit, ob dem Kläger höhere Altersrente aus den von ihm vorgebrachten Gründen und/oder aus "fallen gelassenen" oder überhaupt nicht vorgetragenen Gründen (Offizialmaxime, die zur Beachtung auch nicht streitiger Berechnungsfaktoren führt!) zusteht, als solcher in erster Instanz anhängig und steht damit einer zweiten Klage wie auch einer Berufung entgegen.

Aus den genannten Gründen war auch nicht unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils der Rechtsstreit an das Sozialgericht zurückzuverweisen. Abgesehen davon, dass dann dort ein zweiter Rechtsstreit in der selben Sache begründet worden wäre, kann eine Zurückverweisung der "Sache" an das Sozialgericht nur erfolgen, wenn die "Sache" ganz oder in einem selbstständig entscheidbaren oder zumindest "grundsätzlich abtrennbaren" Teil den Entscheidungsbereich und Kompetenzbereich des Sozialgerichts (mit Urteil) verlassen hat, so dass die Sache dort erneut in erster Instanz anhängig gemacht werden muss und dann bei dem Gericht, an das verwiesen worden ist, zu entscheiden ist. Der Rechtsstreit wegen höherer Altersrente ist bei Ergehen des Gerichtsbescheids in vollem Umfang in erster Instanz anhängig geblieben, und das Sozialgericht hatte stets und hat auch noch die Verpflichtung, über den Klageanspruch unter Berücksichtigung aller Gesichtspunkte, gleich ob vorgetragen oder nicht, zu entscheiden. Eine "Beschränkung" durch die Beteiligten auf bestimmte rechtliche Gesichtspunkte oder das Unterlassen des Vortrags bestimmter rechtlicher Probleme kann das Gericht nicht binden und schränkt dessen Prüfungs- und Entscheidungsbereich nicht ein. Sofern die Beteiligten Streitpunkte nicht vortragen oder Streitpunkte ausdrücklich nicht mehr geltend machen, gäbe dies allenfalls Anlass, insoweit ein Urteil nicht bzw. nicht mehr oder nur kurz zu begründen. Auch das Sozialgericht durfte und konnte seine Verpflichtung zur umfassenden Entscheidung über einen Anspruch nicht durch unzulässige Abtrennung einzelner Rechtsfragen beschränken.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Über die Tragung der außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens musste der Senat entscheiden, nachdem eine Zurückverweisung nicht erfolgte. Über die außergerichtlichen Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens konnte der Senat nicht entscheiden, da dies einem Schlussurteil des Sozialgerichts in der bisher noch anhängigen Streitsache vorbehalten bleibt.

Anhaltspunkte für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
Saved