L 6 RJ 370/03

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 9 RJ 504/99
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 6 RJ 370/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung des Klägers wird die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Regensburg vom 2. April 2003 sowie des Bescheides vom 11. Januar 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. August 1999 verurteilt, dem Kläger Rente wegen Erwerbsunfähigkeit über den 31. Dezember 1998 hinaus zu leisten.
II. Die Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Verfahrens zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Leistung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit über den 31.12.1998 hinaus.

Der 1959 geborene Kläger, der keinen Beruf erlernt hat, war seit Juni 1977 als Hilfsarbeiter versicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Am 01.05.1985 hat er sich bei einer Schlägerei eine Kompressionsfraktur des 7. Halswirbelkörpers zugezogen. Auf den Reha-Antrag vom 06.12.1988 bewilligte ihm die Beklagte mit Bescheid vom 10.04.1989 eine stationäre Heilbehandlung in der Klinik P. vom 11.07.1989 bis 01.08.1989.

Nachdem der Kläger am 29.07.1990 Antrag auf Bewilligung einer Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit gestellt hatte, veranlasste die Beklagte eine Begutachtung durch den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. N. , der den Kläger aufgrund einer Persönlichkeitsstörung mit querulatorischen, hypochondrischen und paranoiden Wesenszügen mit Neigung zu Fremdaggressivität und einem chronifiziertes HWS-Syndrom bei Zustand nach traumatischer C7-Fraktur und knöchernem Abriss C5 und C6 (1985) nur mehr für fähig erachtete, leichte Arbeiten täglich unter zweistündig zu verrichten. Die Beklagte bewilligte dem Kläger daraufhin mit Bescheid vom 08.10.1990 aufgrund des Antrags vom 06.12.1988 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit, die am 02.08.1989 beginne und am 31.12.1991 wegfalle.

Mit Schreiben vom 29.12.1994 erkundete sich der Kläger, der sich zwischenzeitlich zur Abbüßung einer Strafe in der Justizvollzugsanstalt B. aufhielt, nach seiner Rente. Die Beklagte holte das von der Ärztin für Psychiatrie Dr. F. am 19.09.1995 erstattete Gutachten ein, die den Kläger für fähig erachtete, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes nur mehr halb- bis unter vollschichtig auszuüben. Diese Beurteilung gelte ab Beendigung der Zeitrente am 31.12.1991. Eine wesentliche Besserung könne mit berufsfördernden sozial-rehabilitativen Maßnahmen erreicht werden.

Mit Bescheid vom 05.02.1996 und Widerspruchsbescheid vom 22.05.1996 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab, weil die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Im anschließenden Klageverfahren beim Sozialgericht Bayreuth (S 2 Ar 470/96) holte das Sozialgericht ein Gutachten des leitenden Medizinaldirektors a.D. Dr.M. ein, der am 24.03.1997 die Auffassung vertrat, der Kläger leide an einem Restzustand nach inkompletter Querschnittssymptomatik bei Kompressionsfraktur des 7. Halswirbelkörpers, einer intellektuellen Minderbegabung und an einer ausgeprägten Persönlichkeitsstörung mit depressiv-paranoiden Zügen und deutlichen soziopathischen Auffälligkeiten. Aufgrund dieser Gesundheitsstörungen sei der Kläger nicht mehr zu einer vollschichtigen Tätigkeit im Stande, mit einer Besserung sei nicht zu rechnen. Im Erörterungstermin vom 24.03.1997 stellte der Kläger sodann bei der Beklagten Antrag gemäß § 44 SGB X auf Gewährung von unbefristeter Rente wegen Erwerbsunfähigkeit über den 31.12.1991 hinaus.

Mit Bescheid vom 13.08.1997 entsprach die Beklagte diesem Antrag durch Weitergewährung der Zeitrente, die mit dem 31.12. 1998 wegfalle.

Am 22.09.1989 beantragte der Kläger die Weitergewährung der Rente über den Monat Dezember 1998 hinaus.

Die Beklagte holte das von dem Arzt für Neurologie Dr. S. am 16.12.1998 erstattete Gutachten ein, der den Kläger noch für fähig erachtete, leichte bis mittelschwere Arbeiten vollschichtig ohne Akkordbedingungen und ohne besondere Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit zu verrichten.

Mit Bescheid vom 11.01.1999 lehnte die Beklagte den Antrag auf Weitergewährung der Rente ab, weil über Dezember 1998 hinaus weder Berufsunfähigkeit noch Erwerbsunfähigkeit gegeben seien.

Im anschließenden Widerspruchsverfahren legte der Kläger ein Gutachten des Psychiaters Dr.R. vom 19.11.1998 für das Ordnungsamt der Stadt W. zur Frage seiner Unterbringung vor sowie das nervenärztliche Gutachten des Dr.F. vom 01.02.1999 für das Amtsgericht Weiden, betreffend die Voraussetzungen für eine Unterbringung nach dem Bayer. Unterbringungsgesetz. Mit Widerspruchsbescheid vom 05.08.1999 wies die Beklagte daraufhin den Widerspruch zurück mit der Begründung, aus dem Gutachten des Dr.S. ergebe sich eine wesentliche Besserung der Leistungsfähigkeit des Versicherten, der wieder vollschichtig arbeitsfähig sei und deshalb keinen Rentenanspruch habe.

Dagegen hat der Kläger zum Sozialgericht Regensburg Klage erhoben und auf die Gutachten der Dres. R. und F. verwiesen, wonach bei ihm eine paranoide Grundhaltung bestehe. Es stelle sich die Frage, ob er sein Verhalten so steuern könne, dass er sich in einen ordentlichen Arbeitsprozess eingliedern lasse.

Zur Aufklärung des Sachverhalts holte das Sozialgericht Befundberichte der behandelnde Ärzte des Klägers ein sowie das von dem Nervenarzt Dr.F. vom 22.01.2002 erstattete Gutachten, nachdem ein vom Kläger am 23.07.2001 gestellter Antrag auf Bewilligung von Rehabilitationsmaßnahmen mit Bescheid vom 14.08. 2001 abgelehnt worden war, weil er nicht vermindert erwerbsunfähig sei. Dr.F. vertrat in seinem Gutachten die Auffassung, dass der Kläger aufgrund der von ihm festgestellten Depression noch nicht wieder in der Lage sei, einer geregelten Arbeit nachzugehen, es bedürfe einer engmaschigen antidepressiven Behandlung mit stützenden Gesprächen und ausreichend dosierten Thymoleptika. In einer ergänzenden Stellungnahme zu der von der Beklagten vorgelegten Äußerung der Prüfärztin Dr.H. vom 15.02.2002 führte Dr.F. am 18.04.2002 aus, aus nervenärztlicher Sicht müsse der Kläger wieder in der Lage sein, körperlich leichte Arbeiten ohne Zeitdruck etwa halb- bis unter vollschichtig auszuüben.

Das Sozialgericht holte sodann das von dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr.K. am 15.11.2002 erstattete Gutachten ein, nach dessen Auffassung dem Kläger keine Arbeitsleistung mehr möglich sei. Hierzu erklärte die Beklagte unter Vorlage einer Äußerung von Dr.S. vom 20.12.2002, es könne allenfalls ein aktuell unter dreistündiges Einsatzvermögen festgestellt werden, wobei als Leistungsfall der Tag der Untersuchung durch Dr.K. am 08.11.2002 anzusehen wäre. Für einen solchen Leistungsfall wie auch für jeden anderen nach dem 31.12.1998 seien jedoch die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt und könnten nur durch die Entrichtung von Pflichtbeiträgen erfüllt werden.

Mit Urteil vom 02.04.2003 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zwischen dem 01.01.1999 und Ende 2002 habe eine zeitliche Einschränkung der Leistungsfähigkeit des Klägers für Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht bestanden, da er nach Ablauf der Zeitrente wieder in der Lage gewesen sei, leichtere Tätigkeiten vollschichtig auszuüben. Die Beklagte habe deshalb zu Recht eine Weitergewährung der Rente abgelehnt.

Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers, nach dessen Auffassung sich bereits aus den Gutachten der Sachverständigen Dr. F. und Dr.K. seine Erwerbsunfähigkeit ergebe. Auch habe Dr.M. in seinem Gutachten vom 24.07.1997 eine eingeschränkte Erwerbsfähigkeit ohne Besserungsmöglichkeit angenommen. Für eine Besserung seines Gesundheitszustandes zwischen 1999 bis 2002 bestehe kein Anhalt.

Zur Aufklärung des Sachverhalts hat der Senat das von dem Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. M. M. am 26.11.2003 erstattete Gutachten eingeholt. Dieser führte aus, über den 31.12.1998 hinaus sei der Kläger nicht mehr in der Lage gewesen, eine regelmäßige Tätigkeit unter Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes auszuführen. Er sei nur mehr in der Lage, weniger als drei Stunden täglich leichte körperliche Tätigkeiten auszuüben.

In ihrer Stellungnahme vom 08.01.2004 hat die Beklagte hierzu ausgeführt, der Auffassung von Dr.M. könne nicht gefolgt werden. Dagegen stünden die zeitlich näheren Gutachten vom 19.11.1998, 02.12.1998 und 01.02.1999, die von einer vollschichtigen Einsatzfähigkeit für leichte Arbeiten ausgegangen seien. Bei einem späteren Leistungsfall seien die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt.

Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Regensburg vom 02.04.2003 sowie des Bescheides vom 11.01. 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.08. 1999 zu verurteilen, ihm über den 31. Dezember 1998 hinaus Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zu leisten.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Bezüglich weiterer Einzelheiten des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Akten des Gerichts und der beigezogenen Akten der Beklagten sowie der Klageakten des Sozialgerichts Bayreuth Bezug genommen, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig.

Das Rechtsmittel erweist sich auch als begründet, weil der Kläger über den 31.12.1998 hinaus erwerbsunfähig im Sinne des bis 31.12.2000 gültigen und vorliegend noch anwendbaren § 44 Abs.2 Satz 1 Sechtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) ist. Er ist nämlich auch ab 01.01.1999 auf Dauer wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße übersteigt. Dies ergibt sich insbesondere aus den Darlegungen des gerichtlichen Sachverständigen Dr.M. in seinem Gutachten vom 26.11.2003.

Dr.M. beschreibt den Kläger als verbittert, moros verstimmt und misstrauisch-gereizt. Er betont, dass die angegebenen körperlichen Beschwerden (Innenohrgeräusche, Stechen im linken Auge, Taubheitsgefühl bzw. Pelzigkeitsgefühl in der linken Gesichtshälte, häufiger Kopfschmerz, Schmerzen in der Lendenwirbelsäule, Taubheitsgefühl der Hände, Schwindel) in derselben Ausgestaltung bereits bei der ersten Rehabilitation im Jahre 1985 beschrieben worden sind. Nach der Haftentlassung im Jahre 1998 wurde nach den Feststellungen des Sachverständigen eine zunehmende depressive Entwicklung deutlich, die auch von Dr.F. beschrieben worden ist. Nach Auffassung des Klägers hätten seine Beschwerden mit den Folgen der Schlägerei vom 01.05.1985 angefangen, während er vorher ein normales Leben geführt habe. Dr.M. weist hierzu darauf hin, dass der Kläger bereits im Kindes- und Jugendalter eine Störung des Sozialverhaltens mit oppositionellem aufsässigen Verhalten gezeigt habe. Verstärkt wurde diese Auffälligkeit insbesondere durch einen exzessiven Alkoholkonsum. Heute sieht sich der Kläger als Opfer der Justiz und Opfer eines Komplottes seiner Familie gegen ihn, in dem ihn der angebliche sexuelle Missbrauch und die Vergewaltigung seiner Tochter unterschoben worden sei mit der Folge einer mehrjährigen Haftstrafe.

Eine hirnorganische Verursachung bzw. eine Wesensänderung nach Schädel-Hirn-Trauma ist durch die mehrfache psychiatrische Begutachtung weitgehend ausgeschlossen worden. Nach Auffassung von Dr.M. ist von einer - wie auch von Dr.F. bereits festgestellt - dissozialen Persönlichkeitsstörung auszugehen, deren Kriterien beim Kläger eindeutig vorliegen. Daneben sind aber auch Kriterien der paranoiden Persönlichkeitsstörung feststellbar. Dr.M. weist darauf hin, dass in den Vorgutachten insbesondere die dissoziale Komponente in den Vordergrund gerückt worden sei, die bei seiner aktuellen Begutachtung aber zurückgetreten sei. An paranoiden Symptomen findet sich aktuell die fortbestehende Vorstellung, dass ein Komplott gegen ihn zur rechtskräftigen Verurteilung geführt habe. Auch werde er weiterhin von der Polizei und vom Verfassungsschutz beobachtet.

Unabhängig von Frage, ober der Kläger nunmehr an einer schizophrenen Psychose leidet, ist nach Auffassung von Dr.M. festzustellen, dass zumindest die bestehende Persönlichkeitsstörung in ihrem psychopathologischen und funktionellen Ausmaß dem einer Psychose gleichkommt.

Die vom Kläger erwähnten körperlichen Restbeschwerden bestehen nach Auffassung des Sachverständigen nunmehr seit 1985 in ihrer Art, dem Ausmaß der Symptome und dem subjektiven Empfinden nach als psychogene Fehlreaktion. Die Symptome sprechen damit für eine Somatisierungsstörung. Für diese sind charakteristisch multiple, wiederholt auftretende und häufig wechselnde körperliche Symptome, die meist bereits seit einigen Jahren bestanden haben.

Dr.M. weist auf das einschneidende Erlebnis im Leben des Klägers hin, als er am 01.05.1985 eine Halswirbelkörperfraktur erlitten hat. Die im Anschluss daran durchgeführten Rehabilitationsmaßnahmen machten deutlich, dass die Restbeschwerden keine funktionellen Einschränkungen nach sich gezogen haben. Vielmehr stand eine psychosomatische Fehlverarbeitung im Vordergrund. Dementsprechend hat der Kläger in der Folge keine Arbeit mehr aufgenommen. Die im Jahre 1988 beantragte Rehabilitationsmaßnahme verlief nach den Darstellungen des Sachverständigen mit auffälligen Angstzuständen "geradezu dramatisch" und musste abgebrochen werden, die Beklagte hat dem Kläger daraufhin die Rente auf Zeit bewilligt. Die Psychiaterin Dr.F. hat noch Jahre später im September 1995 während des Aufenthalts in der Justizvollzugsanstalt beim Kläger weiterhin ein nur mehr unter vollschichtiges Leistungsvermögen angenommen. Gleiches hat Dr. M. im Gutachten vom 24.03.1997 festgestellt und eine Besserungsmöglichkeit verneint.

Im Zuge des Verfahrens über die Weitergewährung der Rente hat im Dezember 1998 Dr.S. für die Beklagte ein weiteres psychiatrisches Gutachten erstellt. Nach seiner Auffassung besteht beim Kläger eine abnorme Persönlichkeit ohne dass er eine depressive Verstimmung vorfand oder Hinweise auf eine Psychose oder hirnorganische Beeinträchtigung. Der Kläger sei damit noch vollschichtig arbeitsleistungsfähig. Dr.M. hebt hervor, dass im gleichen Zeitpunkt in einem anderen Zusammenhang durch Dr. F. am Bezirkskrankenhaus W. ein Gutachten erstattet worden war, in dem die Persönlichkeit des Klägers weitaus gravierender beschrieben wurde. Gleiches gilt für den Psy- chiater Dr.R ...

Dr.M. setzt sich auch mit der Aufassung von Dr.S. vom Sozialärztlichen Dienst der Beklagten in ihrer während des Verfahrens beim Sozialgericht Regensburg abgegebenen Stellungnahme vom 20.12.2002 kritisch auseinander, in dem die Leistungsfähigkeit des Klägers anhand der Aktenlage so rekonstruiert worden sei, dass infolge der Haftstrafe die Folgen des Traumas in den Hintergrund getreten seien. Vorübergehend sei ein vollschichtiges Leistungsvermögen anzunehmen gewesen. Dr. M. weist darauf hin, dass die beiden forensischen Gutachten im gleichen Zeitraum diesen Schluss eben nicht zugelassen hätten. Aus den Akten gehe vielmehr hervor, dass der Kläger bereits im Mai und Juni den Orthopäden Dr.L. mit den bekannten psychosomatischen Beschweren aufgesucht habe und er sich auch im September 1999 in der Abmulanz des Bezirkskrankenhauses W. vorgestellt habe. Wenn man den chronischen Verlauf der Erkrankung kritisch würdigt, ist es nicht nachvollziehbar, dass der Kläger ausgerechnet nach der Haftentlassung und unter den damaligen erheblichen psychosozialen Problemen der Obdachlosigkeit und gescheiterten Resozialisierung eine Phase des vollschichtigen Leistungsvermögens erlangt habe. Als bemerkenswert schildert Dr.M. auch, dass Dr.S. zwar in der Zwischenananmnese erwähnt habe, dass sich der Kläger drei Wochen zuvor eine intensivpflichtige Pilzvergiftung zugegezogen habe, ohne sich aber mit dem dahinter stehenden Suizidmotiv auseinanderzusetzen. Gerade diese Vergiftung, die sich der Kläger selbst beigebracht hat, ist ein starkes Indiz dafür, dass er sich kurz vor der Begutachtung in einem seelisch sehr instabilen Zustand befunden habe. Die Phase eines verbesserten Leistungsvermögens seit Dezember 1998 muss daher insgesamt aus psychiatrischer Sicht ausgeschlossen werden.

Aufgrund der schweren psychischen bzw. psychosomatischen Störung mit Depression, Somatisierungsstörung und hochgradigen Verhaltensauffälligkeiten im sozialen Bereich auf dem Boden einer ausgeprägten paranoid-dissozialen Persönlichkeitsstörung ergibt sich somit ohne weiteres, dass der Kläger über den 31.12.1998 hinaus nicht mehr eine regelmäßige Erwerbstätigkeit auszuüben in der Lage war. Damit liegt beim Kläger auch über Dezember 1998 hinaus Erwerbsunfähigkeit vor und er hat einen Anspruch auf die dementsprechenden Leistungen.

Das angefochtene Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 02.04.2003 sowie der Bescheid vom 11.01.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.08.1999 waren aufzuheben und die Beklagte zu einer entsprechenden Rentenleistung zu verurteilen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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