L 8 AL 300/02

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 4 AL 3/00
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 8 AL 300/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Klägerin wird die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Augsburg vom 25. Juni 2002 und unter Abänderung des Bescheides vom 4. November 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Dezember 1999 und des Bescheides vom 17. November 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Februar 2000 verurteilt, der Klägerin auch für die Zeit vom 25. bis 31. Dezember 1999 Teilunterhaltsgeld zu bewilligen.
II. Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Bewilligung von Teilunterhaltsgeld während der Ferien streitig.

Die 1962 geborene Klägerin war bis 29.10.1989 als Diätassistentin beschäftigt und gab diese Tätigkeit nach der Geburt ihres ersten Kindes auf. Am 24.04.1992 hat sie ihr zweites Kind geboren. Am 18.08.1999 beantragte sie die Weiterbildung zur staatlich anerkannten Altenpflegerin an der Fachschule für Altenpflege der Evangelischen Diakonissenanstalt A. in der Zeit vom 04.10.1999 bis 30.09.2002. Der Unterricht fand von Montag bis Freitag von 8.00 Uhr bis 12.00 Uhr statt.

Mit Bescheid vom 04.11.1999 bewilligte die Beklagte Teilunterhaltsgeld für die Zeit vom 04.bis 31.10.1990, nicht jedoch für die Folgezeit vom 30.10. bis 07.11.1999, in der wegen Ferien kein Unterricht stattfand. Mit ihrem Widerspruch machte die Klägerin geltend, vor Beginn der Maßnahme die Sachbearbeiterin darauf hingewiesen zu haben, dass sie zur Bestreitung ihres Lebensunterhaltes auf die bis dahin ausgeübte geringfügige Beschäftigung und den daraus erzielten Lohn angewiesen sei; von einer Unterbrechung der Zahlung während der Ferien sei keine Rede gewesen, weshalb sie ihre Beschäftigung zum 30.09.1999 gekündigt habe.

Mit Widerspruchsbescheid vom 06.12.1999 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Der Lehrgang umfasse die Abschnitte, 04.10.1999 bis 15.12.2000, 15.01.2001 bis 08.02. 2002 und 18.02. bis 30.09.2002, wobei innerhalb der einzelnen Abschnitte auch unterrichtsfreie Wochen lägen. Hierbei handele es sich allerdings nicht um anerkannte Ferien mit der Folge, dass kein Anspruch auf Teilunterhaltsgeld bestehe. Leistungen könnten nur für die Zeit der tatsächlichen Teilnahme gewährt werden.

Mit weiterem Bescheid vom 17.11.1999 bewilligte die Beklagte Teil-UHG für die Zeit vom 08.11. bis 19.12.1999. Den Widerspruch, mit dem eine Weiterbewilligung über den 19.12.1999 hinaus geltend gemacht worden war, wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 28.02.2000 zurück. Die Bestimmungen des Bundesurlaubsgesetzes könnten nicht angewandt werden.

Gegen beide Widerspruchsbescheide hat die Klägerin Klagen (S 4 AL 3/00 und S 4 AL 184/00) zum Sozialgericht Augsburg (SG) erhoben. Ihr sei von der Sachbearbeiterin die Zahlung für die gesamte Dauer der Maßnahme zugesagt worden. In der Regel entsprächen die anerkannten Ferienzeiten den allgemeinen Schulferien. Sie hat eine Terminplan der Fachschule vorgelegt, in dem die unterrichtsfreien Zeiten jeweils als Ferienzeiten deklariert sind.

Die Beklagte hat geltend gemacht, nach § 2 der Schulordnung der Fachschulen für Altenpflege vom 22.12.1994 seien im ersten Ausbildungsabschnitt bei der berufsbegleitenden Form insgesamt 14 Wochen Ferien vorgesehen. Nach den innerdienstlichen Weisungen sollten jedoch nur bis zu 24 Unterrichtstagen je Maßnahme im Jahr gewährt werden. Nachdem diese Vorgaben durch die tatsächlich vorgesehenen Ferienzeiten bei weitem überschritten würden, vermöge sich die Beklagte der Ferienregelung des Maßnahmeträgers nicht anzuschließen.

Mit Urteil vom 25.06.2002 hat das SG die Klage abgewiesen und gemäß § 136 Abs.3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe unter Bezugnahme auf die angefochtenen Bescheide abgesehen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin, die geltend macht, vorliegend sei die konkrete Feriendauer von insgesamt 41 Wochen in 30 Ausbildungswochen dadurch gerechtfertigt, dass die Unterrichts- und Praktikumsstunden nicht, wie bei Teilzeitausbildungen üblich, 20 Stunden pro Woche umfassen, sondern 25 Stunden; ausgehend von 4 Stunden pro Unterrichtstag bedeuteten dies statistisch 121,25 Tage bzw. 22,25 Wochen an zusätzlicher Ausbildung.

Die Beklagte hat am 20.10.2003 dem Klagebegehren insoweit stattgegeben, als die Zeiträume 01. bis 07.11. und 20. bis 24.12.1999 als Ferienzeiten mit Anspruch auf Teilunterhaltsgeld anerkannt worden sind. Weitere Ferientage könnten nicht anerkannt werden, da wegen des Besuches einer Teilzeitmaßnahme auch nur die Hälfte der Ferienhöchstdauer, also 12 Tage pro Jahr, anerkannt werden könnten, vergleichbar mit einem Arbeitnehmer in einer Teilzeitbeschäftigung, dessen Urlaubsanspruch sich entsprechend der gewählten Arbeitszeit reduziere.

Die Klägerin hat das Teilanerkenntnis angenommen und im Übrigen beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Augsburg vom 25.06.2002 und des Bescheides vom 04.11.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.12.1999 sowie des Bescheides vom 17.11.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.02.2000 zu verurteilen, ihr Teilunterhaltsgeld für die Zeit vom 25. bis 31.12.1999 zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beteiligten haben übereinstimmend erklärt, dass nur über die Bescheide vom 04. und 17.11.1999 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 16.12.1999 und 28.02.2000 entschieden werden solle, und die Beklagte für den Fall, dass rechtskräftig feststehe, dass diese Bescheide rechtswidrig seien, die Folgebescheide entsprechend anpasse.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Verwaltungsunterlagen der Beklagten und der Verfahrensakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 SGG), ein Ausschließungsgrund (§ 144 Abs.1 SGG) liegt nicht vor, da in dem maßgeblichen Zeitraum der Berufungseinlegung der Anspruch für die gesamten Ferienzeiten streitig war und der Beschwerdewert von 500,00 Euro überschritten wurde.

Das Rechtsmittel erweist sich auch in der Sache als begründet. Die Klägerin hat auch für die unterrichtsfreien Ferienzeiten, wie sie in der von Klägerin vorgelegten Aufstellung der Fachschule (Bl.25 der Klageakte S 4 AL 3/00) aufgeführt sind, Anspruch auf Teilunterhaltsgeld.

Die Klägerin erfüllt die Voraussetzung des § 154 Satz 1 Nr.1 a SGB III, wonach Arbeitnehmer bei Teilnahme an einer für die Weiterbildungsförderung anerkannten Teilzeitmaßnahme, die mindestens 12 Stunden wöchentlich umfasse, ein Teilunterhaltsgeld erhalten, wenn sie die allgemeinen Voraussetzungen für die Förderung der beruflichen Weiterbildung einschließlich der Vorbeschäftigungszeit erfüllen und ihnen wegen der Betreuung und Erziehung von aufsichtsbedürftigen Kindern die Teilnahme an einer Vollzeitmaßnahme nicht zumutbar ist. Letzteres ist bei der Klägerin unstreitig der Fall. Gemäß § 78 Satz 1 SGB III ist die Vorbeschäftigungszeit erfüllt, wenn der Arbeitnehmer innerhalb der letzten drei Jahre vor Beginn der Teilnahme mindestens 12 Monate in einem versicherungspflichtigen Verhältnis gestanden hat. Gemäß Satz 2 gilt dieser Zeitraum von drei Jahren nicht für Berufsrückkehrer, weshalb hat die Klägerin durch ihre Beschäftigung vom 01.03.1984 bis 29.10.1989 die Vorversicherungszeit erfüllt hat.

Auch die übrigen Förderungsvoraussetzungen sind gegeben. Insbesondere hat die Beklagte im Sinne des § 77 Abs.1 Nr.4 SGB III auch die von der Klägerin besuchte Maßnahme als förderungsfähig anerkannt. Diese Anerkennung setzt gemäß § 86 Abs.1 SGB III u.a. voraus, dass die Dauer der Maßnahme angemessen ist (Nr.2), die Maßnahme angemessene Teilnahmebedingungen bietet (Nr.4) und nach den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit geplant und durchgeführt wird sowie die Kosten angemessen sind.

Damit hat die Klägerin dem Grunde nach Anspruch auf Teilunterhaltsgeld, und zwar gemäß § 155 Nr.3 SGB III auch für die Zeiten, die das Arbeitsamt als Ferien anerkannt hat. Diese Vorschrift ist nicht so zu verstehen, dass sie bei fehlender Anerkennung durch die Beklagte einen Anspruch in den Ferienzeiten schlechthin ausgeschlossen ist; vielmehr ist die Verweigerung der Anerkennung nur dann anspruchsschädlich, wenn diese Nichtanerkennung sachlich begründet ist. Die Beklagte hat Dauer und Lage der Ferien sowie die Interessen der Teilnehmer und des Maßnahmeträgers angemessen zu berücksichtigen (vgl. Stephan in Wissing/Mutschler/Bartz/ Schmidt-De Carl Ruwe, SGB III, Rdnrn.8, 9 zu § 155; Niewald in Gagel, SGB III; Rdnr.18 zu § 155).

Dass die Beklagte zunächst keinerlei Ferien anerkannt hat, war nicht sachgerecht, wie sie nunmehr selbst einräumt. Jedoch wird auch die nunmehr erfolgte Anerkennug von lediglich 12 Ferientagen pro Jahr in dem vorliegenden besonderen Fall den Interessen der Klägerin und der übrigen Teilnehmer nicht gerecht. Dem Ansatz der Beklagten, dass aufgrund der Tatsache, dass es sich um eine Teilzeitmaßnahme handelt, nur die Hälfte der sonst von ihr anerkannten Feriendauer von 24 Tagen mit Teilunterhaltsgeld förderungsfähig sein soll, kann nicht gefolgt werden; dies zeigt gerade die Bezugnahme auf in Teilzeit beschäftigte Arbeitnehmer. Diese haben z.B. bei einer täglich für vier Stunden ausgeübten Beschäftigung Anspruch auf Urlaub für die selbe Anzahl von Tagen wie Vollzeitbeschäftigte. Nach dem Willen des Gesetzgebers ist bei Maßnahmen dieser Art gerade zu berücksichtigen, dass die Klägerin neben ihrer Ausbildung zwei minderjährige Kinder zu betreuen hat und somit insgesamt "vollzeitbeschäftigt" ist.

Darüber hinaus ist die Beklagte verpflichtet, die vom Maßnahmeträger unterrichtsfrei gehaltenden Zwischenzeiten als Ferienzeiten anzuerkennen. Mit der Bejahung der Voraussetzungen des § 86 Abs.1 SGB III hat die Beklagte anerkannt, dass die Dauer der Maßnahme angemessen ist und sie nach den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit geplant und durchgeführt wird. Wenn sie die unterrichtsfreien Ferienzeiten als zu umfangreich ansieht, hätte sie die Maßnahme in dieser Form nicht als förderungswürdig anerkennen dürfen. Denn sonst würden die Teilnehmer unangemessen benachteiligt, weil sie einerseits durch die Anerkennung der Maßnahme zur Teilnahme veranlasst werden und andererseits nicht für die volle Dauer der Maßnahme Leistungen erhalten. Der Grund für einen Anspruch auf Zahlung auch an unterrichtsfreien Zeiten ist der Umstand, dass zum einen den Teilnehmern Erholungszeiten zuzubilligen sind und ihnen zum anderen nicht zugemutet werden kann, während der Ferienzeiten befristete Beschäftigungen aufzunehmen, um den Lebensunterhalt zu sichern, zumal solche befristete Beschäftigungen, die von der Zeitdauer mit den Ferienzeiten deckungsgleich wären, in aller Regel nicht angeboten werden, so dass es den Teilnehmern ohne das Teilunterhaltsgeld nicht möglich wäre, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Letztlich durfte die Beklagte nicht die Förderungsfähigkeit der Maßnahme und den Förderungsanspruch der Klägerin bei Teilnahme an dieser Maßnahme bejahen, ohne eine - den Teilnehmern voher bekanntgegebene - Entscheidung über die Anerkennung der Ferien getroffen zu haben.

Der Maßnahmeträger hat hier die üblichen Schulferienzeiten und zusätzlich jeweils die Woche nach dem Faschingssonntag unterrichtsfrei gehalten sowie die übrigen Ferienzeiten ausgedehnt. Im Jahr 2000 wurden 3 1/2 Wochen, 2001 fünf Wochen und im Jahre 2002 und bis 31.03. eine Woche zusätzlich zu den üblichen Schulferienzeiten unterrichtsfrei gehalten. Wenn die Beklagte eines solche Ausdehnung der Ferienzeiten für nicht sachgerecht hält, wäre es ihre Aufgabe gewesen, insoweit die Anerkennung der Maßnahme zu versagen bzw. den Maßnahmeträger zu einer entsprechenden Änderung bzw. Straffung des Unterrichts anzuhalten.

Somit waren auf die Berufung der Klägerin das Urteil des SG vom 25.06.2002 sowie die Bescheide der Beklagten aufzuheben und diese zu verpflichten, auch für die Ferienzeiten, in dem streitgegeständlichen Rahmen für die Zeit vom 25. bis 31.12. 1999, Teilunterhaltsgeld zu bewilligen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved