L 10 AL 364/01

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 10 AL 660/98
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 10 AL 364/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 08.05.2001 wird zurückgewiesen.
II. Auf die Berufung des Klägers wird unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Würzburg vom 08.05.2001 der Bescheid der Beklagten vom 23.06.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.09.1998 insoweit aufgehoben, als laufende Renten aus Berufsunfähigkeitsversicherungen und die Beitragserstattung auf den Arbeitslosenhilfeanspruch angerechnet wurden.
III. Die Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
IV. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die teilweise Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) und deren Erstattung.

Der 1958 geborene Kläger war bis Anfang 1992 als Außendienstmitarbeiter bei der V. AG tätig. Danach bezog er Krankengeld und Arbeitslosengeld. Im Anschluss beantragte er am 28.09.1995 Alhi. Er verneinte den Bezug von laufenden oder gelegentlich wiederkehrenden Einnahmen und das Zustehen von Ansprüchen, die z.Zt. nicht erfüllt werden. Die Beklagte bewilligte Alhi zunächst vorläufig und dann mit Bescheid vom 02.02.1996 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 09.02.1996 für die Zeit ab 17.10.1995. Auf den Fortzahlungsantrag des Klägers vom 27.02.1996, in dem er die Fragen nach laufenden oder wiederkehrenden Einnahmen oder dem Zustehen von z.Zt. nicht erfüllten Ansprüchen nicht beantwortete, bewilligte die Beklagte Alhi ab dem 21.02.1996 (Bescheid vom 04.03.1996).

Mit Antrag vom 28.01.1997 beantragte der Kläger erneut die Fortzahlung der Alhi. Er wies darauf hin, dass er Einnahmen aus einer privaten Berufsunfähigkeits (BU)-Versicherung in Höhe von 1.363,70 DM monatlich habe. Daraufhin stellte die Beklagte die Zahlung der Alhi mit Wirkung ab 31.01.1997 ein.

Der Kläger übermittelte der Beklagten Schreiben der V. AG vom 13.03.1996 und 21.03.1996. Dem Schreiben vom 13.03.1996 ist die Abrechnung von Leistungen zu entnehmen, die dem Kläger aus der Kapitallebensversicherung mit BU-Zusatzversicherung (BUZ) Nr. 1-24.093.152-7 bis zum 31.03.1996 und ab dem 01.04.1996 zustanden. Danach konnte der Kläger eine monatliche Barrente ab 01.01.1995 bis 31.12.1995 in Höhe von 912,10 DM und ab 01.01.1996 bis 31.03.1996 in Höhe von 948,60 DM beanspruchen. Weiter erhielt der Kläger Beiträge erstattet für die Zeit vom 01.08.1992 bis 31.05.1995 in Höhe von 6.103,50 DM und für die Zeit vom 01.06.1995 bis 31.03.1996 in Höhe von 2.672,00 DM. Die Höhe der erstatteten Beiträge belief sich in der Zeit vom 01.06.1995 bis 31.03.1996 auf 267,20 DM monatlich. Insgesamt ergab sich für die Zeit bis 31.03.1996 ein Betrag von 47.993,70 DM. Abzüglich eines bereits gezahlten Betrages von 16.399,00 DM wurde ein Betrag von 31.594,70 DM an den Kläger überwiesen. Ab dem 01.04.1996 erhielt der Kläger eine monatliche Barrente in Höhe von 948,60 DM. Im Schreiben vom 21.03.1996 geht es um eine weitere BUZ (Nr. 1-22 516 448-7). Aus dieser BUZ konnte der Kläger u.a. folgende Leistungen bis zum 30.04.1996 und ab dem 01.05.1996 beanspruchen: Monatliche Barrente ab 01.08.1992 bis 30.04.1996 in Höhe von 383,50 DM und eine zusätzliche Barrente für diese Zeit, die sich von monatlich 0,30 DM zum 01.08.1992 auf monatlich 31,60 DM zum 01.01.1996 erhöht hat. Weiter erhielt der Kläger Beiträge erstattet für die Zeit vom 01.08.1992 bis 30.08.1995 in Höhe von 3.172,90 DM und für die Zeit vom 01.09.1995 bis 31.03.1996 in Höhe von 528,50 DM. Die Höhe der erstatteten Beiträge belief sich in der Zeit vom 01.09.1995 bis 31.03.1996 auf 75,50 DM monatlich. Insgesamt ergab sich für die Zeit bis 30.04.1996 ein Betrag von 21.282,40 DM. Abzüglich eines bereits gezahlten Betrages von 10.800,00 DM (Teilrückkauf im Jahre 1993) wurde ein Betrag von 10.482,40 DM an den Kläger überwiesen. Ab dem 01.05.1996 erhielt der Kläger eine monatliche Barrente in Höhe von 415,10 DM. Ergänzend hat der Kläger unter dem 26.02.1997 die Höhe der BUZ-Renten für die Zeit ab 01.01.1997 mit 431,60 DM bzw. 986,30 DM angegeben.

Unter Berücksichtigung dieser Angaben errechnete die Beklagte den Alhi-Anspruch des Klägers, indem sie die Beträge der monatlichen Barrenten und der Beitragserstattungen den entsprechenden Monaten des Alhi-Bezugs zuordnete. Weiter rechnete sie Provisionszahlen an, die der Kläger in den Jahren 1995 und 1996 noch aus seiner früheren Tätigkeit erhalten hatte. Sodann nahm die Beklagte nach Anhörung des Klägers die Bescheide über die Bewilligung von Alhi für die Zeit vom 17.10.1995 bis 30.01.1997 teilweise zurück (Bescheid vom 23.06.1997). Einkünfte aus Verdienstabrechnungen der V. AG sowie Einkünfte aus zwei privaten BU-Renten seien auf die Alhi anzurechnen. Gleichzeitig forderte sie den Kläger zur Erstattung der für den genannten Zeitraum überzahlten Alhi in Höhe von 29.896,63 DM auf.

Hiergegen legte der Kläger den Widerspruch vom 17.07.1997 ein. Zur Begründung gab er an, dass er einen Rechtsstreit gegen die V. AG auf Auszahlung der BUZ geführt habe. Es sei ein für ihn positives Urteil des Landgerichts A. vom 19.01.1996 (zugestellt am 13.02.1996) ergangen. Erst nach dem rechtskräftigen Abschluss dieses Verfahrens durch Berufungsrücknahme der V. AG mit Schriftsatz vom 29.04.1996 habe er mit Gewissheit davon ausgehen können, dass es zur Auszahlung der Leistungen aus der BUZ kommen werde. Die Leistungen der BUZ seien nicht als Einkommen auf die Alhi anzurechnen, da die BUZ zur Vorsorge für den Fall der Arbeitslosigkeit gedient hätten bzw. als BU-Renten von der Berücksichtigung als Einkommen ausgeschlossen seien. Er sei auch in der Verfügung über die Leistungen beschränkt gewesen, da er die Ansprüche aus den beiden BUZ an die Raiffeisenbank F. zur Absicherung von Verbindlichkeiten abgetreten habe. Diese hätten am 20.03.1996 noch in Höhe von etwa 60.000,00 DM bestanden.

Den Widerspruch wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 25.09.1998 zurück. Die beiden BUZ-Renten seien in voller Höhe auf die Alhi anzurechnen. Der Kläger habe nicht nachgewiesen, dass die Renten zur Begleichung von Verbindlichkeiten abgetreten worden seien. Die Entscheidung über die teilweise Rücknahme der Alhi-Bewilligungen beruhe auf § 152 Abs 2 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) iVm § 45 Abs 2 Nr 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Rechtsgrundlage für die Erstattung der überzahlten Alhi sei § 50 Abs 1 SGB X.

Der Kläger hat am 14.10.1998 der Beklagten eine Abtretungserkärung vom 16.12.1993 zugunsten der Raiffeisenbank F. übersandt. Danach hat der Kläger mit Vertrag vom 24.10.1985 seine Forderungen aus der BUZ Nr. 1-24.093.152-7 in voller Höhe an die Bank zur Sicherung zweier Darlehen abgetreten.

Am 27.10.1998 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Würzburg (SG). Er beantragte, den Bescheid der Beklagten vom 23.06.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.09.1998 insoweit aufzuheben, als für die Zeit vom 17.10.1995 bis 30.01.1997 eine Anrechnung der BUZ-Renten auf den Alhi-Anspruch erfolgt sei. Die Zahlungen der V. AG hinsichtlich der BUZ Nr. 1-24.093.152-7 in Höhe von 31.594,70 DM und hinsichtlich der BUZ Nr. 1-22 516 448-7 in Höhe von 10.482,40 DM zuzüglich des durch Urteil des Landgerichts zugesprochenen Betrages von 16.339,00 DM zzgl. Zinsen seien ihm nicht zugeflossen, da diese in Höhe von insgesamt 59.702,45 DM direkt an die Raiffeisenbank B. aufgrund der erfolgten Abtretungen gegangen und dort zur Darlehenstilgung verrechnet worden seien. Die monatlichen Rentenleistungen ab 01.04.1996 bzw. 01.05.1996 seien ebenfalls zur Darlehenstilgung einbehalten worden. Im Antrag vom 27.02.1996 habe er keine Angaben dazu gemacht, ob ihm Ansprüche zustünden, die z.Zt. nicht erfüllt würden. Hier sei er unsicher gewesen, da das zivilgerichtliche Verfahren gegen die V. AG noch nicht rechtskräftig abgeschlossen gewesen sei. Jedenfalls habe er in diesem Punkt keine falschen Angaben gemacht.

Das SG hat mit Urteil vom 08.05.2001 den angefochtenen Bescheid der Beklagten insoweit aufgehoben, als die Beklagte den Zufluss der BUZ-Renten für die Zeit vom 17.10.1995 bis 31.03.1996 als Einkommen auf den Alhi-Anspruch des Klägers angerechnet hat, und festgestellt, dass sich der Rückforderungsanspruch der Beklagten auf 20.680,97 DM vermindert. Die Klage hat es im Übrigen abgewiesen. Rechtsgrundlage für die Aufhebung der Bewilligungsbescheide sei § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB X iVm § 152 Abs 3 AFG. Die ab 01.04.1996 laufenden BUZ-Renten seien als Einkommen auf den Alhi-Anspruch des Klägers anzurechnen. Dem stehe nicht die unmittelbare Verrechnung mit den Darlehensverbindlichkeiten des Klägers entgegen. Denn auch eine Verminderung von Schulden sei als Vermögensmehrung und damit als Einkommenszufluss zu behandeln. Es sei allerdings zu beanstanden, dass die Beklagte den Zufluss der Rentennachzahlungen im März bzw. April 1996 für den Zeitraum 17.10.1995 bis 31.03.1996 als Einkommen angerechnet habe. Zwar habe das Bundessozialgericht (BSG) in dem Urteil vom 12.12.1996 (Az: 11 RAr 57/96) ausgeführt, dass wiederkehrende Leistungen aus einer privaten BU-Rente in dem Zeitraum, für den sie bestimmt sind, als Einkommen auf den Alhi-Anspruch anzurechnen seien, jedoch habe diesem Urteil ein anderer Sachverhalt zugrunde gelegen. Vorliegend sei zu beachten, dass der BUZ-Anspruch in einem zivilgerichtlichen Verfahren eingeklagt worden sei, es nicht wie im BSG-Urteil um die Anrechnung einer vierteljährlich im Voraus zu zahlenden BU-Rente gehe und in dem vom BSG entschiedenen Fall keine Abtretung der BU-Rente an einen Drittgläubiger vorgelegen habe. Es sei auch davon auszugehen, dass bis zur tatsächlichen Auszahlung der gerichtlich geltend gemachten Ansprüche eine verfestigte Anspruchsposition des Klägers i.S. eines geldwerten Vorteils noch nicht bestanden habe. Die tatsächliche Auszahlung sei dann mit den Darlehensverbindlichkeiten des Klägers verrechnet worden. Angesichts dieser besonderen Umstände sei es mit den Regelungen über die Einkommensanrechnung nicht zu vereinbaren, dass der tatsächliche Zufluss der BUZ-Leistungen im März / April 1996 auf den gesamten Zahlungszeitraum des Alhi-Anspruchs rückwirkend angerechnet werde.

Gegen das Urteil haben sowohl der Kläger als auch die Beklagte Berufung beim Bayer. Landessozialgericht eingelegt.

Die Beklagte ist der Auffassung, dass die Ausführungen des BSG im Urteil vom 12.12.1996 allgemein zu verstehen seien. Das BSG sei der Ansicht, dass wiederkehrende Leistungen in dem Zeitraum, für den sie bestimmt seien, auf die Alhi als Einkommen anzurechnen seien. Dies müsse auch für die Nachzahlung einer wiederkehrenden Leistung gelten. Denn andernfalls sei der Zeitpunkt der Anrechnung von Zufälligkeiten abhängig und möglichen Manipulationen unterworfen.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des SG Würzburg vom 08.05.2001 insoweit aufzuheben, als der Bescheid vom 23.06.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.09.1998 teilweise aufgehoben und ein Rückforderungsanspruch in Höhe von 20.680,97 DM festgestellt wurde, und die Klage insgesamt abzuweisen sowie die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Der Kläger beantragt, das Urteil des SG Würzburg vom 08.05.2001 und den Bescheid der Beklagten vom 23.06.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.09.1998 insoweit aufzuheben, als laufende Renten aus BU-Versicherungen ab 01.04.1996 bzw. 01.05.1996 und die Beitragserstattung auf den Alhi-Anspruch angerechnet worden sind, und die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Der Kläger trägt ergänzend vor, dass auch für die Zeit ab 01.04.1996 eine Anrechnung der BUZ-Renten nicht erfolgen könne. Er habe die BUZ-Renten in keinster Weise zur eigenen Lebensführung genutzt. Sie seien vielmehr von der Raiffeisenbank zur Tilgung seiner Darlehensverbindlichkeiten verrechnet worden. Er habe auch keine Möglichkeit gehabt, die Zahlung der laufenden BUZ-Renten an sich zu bewirken. Dies habe die V. AG unter Hinweis darauf abgelehnt, dass die Abtretungsgläubigerin, die Raiffeisenbank, nach wie vor auf den Erhalt dieser Zahlungen bestehe. Zur erfolgten Abtretung verweise er insbesondere auf die im Berufungsverfahren vorgelegten Sicherungsverträge vom 24.10.1985 und andere Unterlagen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten und die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegten Berufungen (§§ 143, 144 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) sind zulässig. Begründet ist die Berufung des Klägers. Denn das SG hat den angefochtenen Bescheid vom 23.06.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.09.1998 zu Unrecht nur zum Teil aufgehoben. Der Bescheid ist nicht nur insoweit aufzuheben, als die Beklagte die BUZ-Renten für die Zeit vom 17.10.1995 bis 31.03.1996 als Einkommen auf den Alhi-Anspruch des Klägers angerechnet hat, sondern darüber hinaus auch hinsichtlich der Anrechnung der BUZ-Renten für die Zeit vom 01.04.1996 bis 30.01.1997 (1) und auch der Berücksichtigung der Beitragserstattungen bei der Bedürftigkeitsprüfung (2).

(1) Hinsichtlich der Anrechnung der BUZ-Renten ist die Beklagte zutreffend davon ausgegangen, dass § 45 SGB X als Rechtsgrundlage für die teilweise Aufhebung der Alg-Bewilligungen in Betracht kommt. Nach Abs 1 und 4 dieser Regelung darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Abs 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden, soweit er rechtswidrig ist. Diese Vorschrift ist anwendbar, wenn der Verwaltungsakt bereits im Zeitpunkt seines Erlasses rechtswidrig war. Soweit dagegen später eintretende Umstände zur Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes führen, ist der Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach § 48 Abs 1 SGB X mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Insofern hat das SG angenommen, dass mit den Auszahlungen der Leistungen aus den BUZ eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eingetreten sei. Allerdings ist vorliegend streitig, ob die Ansprüche des Klägers auf die monatlichen BUZ-Renten bei der Höhe des Alhi-Anspruchs zu berücksichtigen waren, so dass es um die Rechtswidrigkeit der Alhi-Bewilligungen von Anfang an geht.

Voraussetzung für einen Anspruch auf Alhi ist u.a. die Bedürftigkeit des Arbeitslosen (§ 134 Abs 1 Satz 1 Nr 3 AFG idF vom 26.07.1994, gültig ab 01.08.1994 bis 31.03.1996). Der Arbeitslose ist bedürftig, soweit er seinen Lebensunterhalt nicht auf andere Weise als durch Alhi bestreitet oder bestreiten kann und das Einkommen, das nach § 138 AFG zu berücksichtigen ist, die Alhi nach § 136 nicht erreicht (§ 137 Abs 1 AFG in der vom 01.01.1994 bis 31.12.1997 geltenden Fassung). Er ist nicht bedürftig, solange mit Rücksicht auf sein Vermögen, das Vermögen seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten und das Vermögen der Eltern eines minderjährigen Arbeitslosen die Gewährung von Alhi offenbar nicht gerechtfertigt ist (§ 137 Abs 2 AFG).

Ob neben den Provisionszahlungen der Jahre 1995 und 1996, was nach teilweiser Klagerücknahme nicht mehr streitig ist, auch die Ansprüche des Klägers auf monatliche Rentenzahlungen aus den beiden BUZ als Einnahmen im Sinne des § 138 AFG auf die Alhi-Zahlungen anzurechnen sind, kann im Ergebnis offen bleiben.

Die BUZ-Renten sind nicht etwa als Unterstützungen aufgrund eigener Vorsorge für den Fall der Arbeitslosigkeit iSd § 138 Abs 3 Nr 7 AFG von der Anrechnung auszunehmen. Denn die Leistungen aufgrund des Eintritts des Versicherungsfalls der BU werden unabhängig von einer Arbeitslosigkeit erbracht. BU liegt vor, wenn der Versicherte infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls voraussichtlich dauernd außerstande ist, seinen Beruf auszuüben (§ 2 Abs 1 des Versicherungsvertrages, vgl. Seite 8 des Urteils des Landgerichts Aschaffenburg vom 19.01.1996). Es mag sein, dass mit dem Eintritt des privat abgedeckten Risikos der BU auch der Eintritt von Arbeitslosigkeit verbunden ist. Dies ist jedoch nicht erheblich (vgl. Urteil des BSG vom 12.12.1996, Az: 11 RAr 57/96, SozR 3-4100 § 138 Nr 9 S 51). Die Anrechenbarkeit der BUZ-Rente ist auch nicht nach § 138 Abs 4 AFG iVm § 11 Satz 1 Nr 3 AlhiV ausgeschlossen oder begrenzt, weil der Bemessung der Alhi das Arbeitsentgelt zugrunde gelegen hat, das auch das zuvor bezogene Alg bestimmt hat.

Allerdings steht der Anrechnung der monatlichen BUZ-Renten als Einkommen entgegen, dass der Kläger aus diesen Renten keine laufenden Geldzuflüsse erhalten hat und daher bedürftig war. Zwar sind die BUZ-Rentenzahlungen grundsätzlich in den jeweiligen Zeiträumen als Einkommen anzurechnen, für die sie bestimmt waren. Insofern hat die Beklagte für die rückwirkende Zuordnung der BUZ-Rentenzahlungen zutreffend auf das Urteil des BSG vom 12.12.1996 hingewiesen. Das BSG hat hervorgehoben, dass die Anrechenbarkeit einer wiederkehrenden Leistung als Einkommen nicht den Zufluss im jeweiligen Zahlungszeitraum der Alhi voraussetze (aaO S 49 f). Es komme auf eine Identität der Zahlungszeiträume nicht an, da die Legaldefinition des § 138 Abs 2 Satz 1 AFG Einnahmen neben Leistungsansprüchen gegen Dritte stelle, ohne dass es auf deren tatsächliche Realisierung im Bezugszeitraum ankomme. Dennoch scheitert die Anrechnung - auch für die Folgezeit - daran, dass dem Kläger die Ansprüche auf die BUZ gegenüber der V. AG nicht mehr zustanden. Der Kläger hat mit den Sicherungsverträgen vom 24.10.1985 diese Ansprüche an die Raiffeisenbank F. im Voraus abgetreten. Die Abtretungen, die sich auf die Kapitallebensversicherungen Nr. 1-22.516.448-7 und Nr. 1-24.093.152.7 beziehen, umfassen nach Ziffer 2 des jeweiligen Sicherungsvertrages neben den Ansprüchen aus der Lebensversicherung auch die Ansprüche aus allen damit verbundenen Zusatzversicherungen und alle im Zusammenhang mit der Lebensversicherung abgeschlossenen oder noch abzuschließenden Folgeversicherungen. Dies sind die zum 01.01.1989 (Nr. 1-24.093.152-7) und 01.06.1989 (Nr. 1-22.516.448-7) abgeschlossenen BU-Zusatzversicherungen. Mit der Abtretung hat der Kläger die Ansprüche auf die monatlichen BUZ-Barrenten auf die Raiffeisenbank übertragen, die die Rentenzahlungen auch tatsächlich erhalten hat. Obwohl die Ratenzahlungen trotz der Abtretung den Vermögensstand des Klägers vermehren, weil sich aufgrund der Verrechnung mit den Darlehensverbindlichkeiten die Schulden des Klägers vermindern, sind die aufgrund der Abtretung von der Raiffeinsenbank einbehaltenen Barrenten nicht als Einkünfte des Klägers iSd § 138 Abs 2 AFG anzusehen (entgegen BSG Urteil vom 18.02.1992, Az: 7 RAr 91/81, SozR 4100 § 138 Nr 7 S 24). Denn dem Kläger sind diese Leistungen nicht zugeflossen, so dass der Kläger bedürftig war und die Beklagte mit der Leistung von Alhi einzutreten hat. Selbst wenn der Kläger bei Antragstellung auf die Ansprüche aus den BUZ-Renten hingewiesen hätte - er kann insofern nicht schlechter stehen -, wäre die Beklagte zur Alhi-Leistung verpflichtet gewesen und zwar nicht nur im Rahmen einer Gleichwohlgewährung (§ 140 AFG), da die Ansprüche gegen die V. AG wegen der vorhergehenden Abtretung nicht auf den Bund übergehen konnten.

Jedenfalls liegen die Voraussetzungen zur Rücknahme der Alhi-Bewilligungen nicht vor. Nach § 45 Abs 4 Satz 1 SGB X ist die Rücknahme von begünstigenden Verwaltungsakten für die Vergangenheit nur unter den Voraussetzungen des § 45 Abs 2 Satz 3 SGB X möglich. Von den Tatbeständen des § 45 Abs 2 Satz 3 SGB X kommt hier allein die Nr 2 in Betracht. Danach durften die Bescheide für die Vergangenheit nur dann zurückgenommen werden, wenn die Bescheide auf Angaben beruhten, die der Kläger vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat. Dies war beim Kläger nicht der Fall. Er hat nicht in zumindest grob fahrlässiger Weise falsche (Antrag vom 28.09.1995) oder unvollständige (Antrag vom 27.02.1996) Angaben gemacht. Er hat vielmehr im Antrag vom 28.09.1995 zutreffend den Bezug von laufenden oder gelegentlich wiederkehrenden Einnahmen verneint. Er hat auch das Zustehen von Ansprüchen, die z.Zt. nicht erfüllt werden, richtigerweise verneint. Denn aufgrund der Abtretung der Ansprüche aus den BUZ konnte der Kläger davon ausgehen, dass er nicht mehr Inhaber der Forderungen sei. Ebenso hat er die entsprechenden Angaben im Fortzahlungsantrag vom 27.02.1996 nicht grob fahrlässig unvollständig gemacht. Hier hat er zwar die Angaben zu der Frage nach dem Zustehen von z.Zt. nicht erfüllten Ansprüchen nicht beantwortet. Jedoch war der Kläger zum Zeitpunkt der Antragstellung am 27.02.1996 aufgrund der erfolgten Abtretung nicht verpflichtet, entsprechende Angaben zu den Ansprüchen zu machen. Damit liegen hinsichtlich der BUZ-Renten die Voraussetzungen zur Rücknahme der Alhi-Bewilligungen nicht vor und die Beklagte war nicht berechtigt, die Erstattung zu verlangen.

(2) Hinsichtlich der Erstattung der Versicherungsbeiträge kann sich die Beklagte nicht auf eine Befugnis zur teilweisen Aufhebung der Alg-Bewilligungen stützen. Die §§ 45 Abs 1, 4 oder 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3, Satz 3 SGB X scheiden als Rechtsgrundlage schon deshalb aus, weil die Alhi-Bewilligungen nicht rechtswidrig waren bzw. kein Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zur Minderung des Alhi-Anspruches geführt haben würde. Die Beklagte hat bei der Bedürftigkeitsprüfung zu Unrecht die Erstattung der Versicherungsbeiträge berücksichtigt, die der Kläger aufgrund der Beitragsfreistellung nach Eintritt der BU von der V. AG für den Zeitraum des hier streitigen Alhi-Bezugs beanspruchen konnte.

Bei der Alhi zu berücksichtigendes Einkommen sind nach § 138 Abs 2 Satz 1 AFG alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert einschließlich der Leistungen, die von Dritten beansprucht werden können. Dies sind solche Einnahmen in Geld oder Geldeswert, die, wenn ggf. auch nur bis zum nachfolgenden Verbrauch, den Vermögensstand dessen vermehren, der solche Einnahmen hat (vgl. Urteil des BSG vom 13.06.1985, Az: 7 RAr 27/84, SozR 4100 § 138 Nr 11 S 38 f). Einnahmen sind zu unterscheiden von Vermögen, das als Bestand an Sachen oder Rechten in Geld oder Geldeswert in der Hand des Berechtigten zu verstehen ist (vgl. Urteil des BSG vom 02.11.2000, Az: B 11 AL 35/00 R, SozR 3-4220 § 6 Nr 8 S 29). Der Anspruch des Klägers gegen die V. AG auf Beitragserstattung ist unbeschadet seiner Durchsetzbarkeit bereits vor dem Alhi-Zahlungszeitraum entstanden. Als dem Kläger zustehende Forderung ist er zunächst Bestandteil seines Vermögens gewesen. Dieses Vermögen war unabhängig davon, ob die Abtretung auch den Erstattungsanspruch umfasst, nicht verwertbar, da es den Freibetrag nach § 6 Abs 1 Arbeitslosenhilfe-Verordnung vom 07.08.1994 idF vom 10.10.1990 nicht übersteigt. Nach dieser Regelung ist Vermögen des Arbeitslosen und seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten zu berücksichtigen, soweit es verwertbar ist, die Verwertung zumutbar ist und der Wert des Vermögens, dessen Verwertung zumutbar ist, jeweils 8.000,00 DM übersteigt. Der Erstattungsanspruch belief sich auf insgesamt 12.476,90 DM (BUZ Nr. 1-24.093.152-7 = 8.775,50 DM, BUZ Nr. 1-22 516 448-7 = 3.701,40 DM), so dass der dem Kläger und seiner Ehefrau zustehende Freibetrag von 16.000,00 DM nicht überschritten wird.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision wird aufgrund der Abweichung von der Entscheidung des BSG vom 18.02.1982, aaO, zugelassen (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved