L 16 RJ 503/03

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 7 RJ 511/02 A
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 16 RJ 503/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 30. Juli 2003 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit/Erwerbsminderung.

Der 1945 geborene Kläger ist jugoslawischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz in der Staatengemeinschaft Serbien und Montenegro. (JU 202 vom 17. Mai 2001).

Er hat im (ehemaligen) Jugoslawien in dreijähriger schulischer Ausbildung den Beruf des Maschinentechnikers erlernt (Zeugnis vom 24. Juni 1967) und dort vom 1. August 1962 bis 30. April 1970 sowie vom 15. Januar 1981 bis 3. März 2000 Versicherungszeiten zurückgelegt (JU 205 vom 17. Mai 2001).

In Deutschland war der Kläger vom 19. Mai 1970 bis 31. Juli 1980 (Versicherungsverlauf vom 15. Mai 2002) sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Er gab zuletzt an, von 1970 bis 1974 als Spengler tätig gewesen zu sein. Dem Kläger selbst und seinen damaligen Arbeitgebern, der Fa. K. Metallveredelung GmbH als Rechtsnachfolger der Fa. M. K. KG und der Fa. Z. GmbH - Sanitär, Heizung, Blechnerei, liegen keine Unterlagen über die Tätigkeit des Klägers vor. Laut einer Unfallanzeige vom Juni 1977 war der Kläger bei der Fa. M. K. KG als Galvanik-Helfer beschäftigt. Die Fa. K. Metallveredelung GmbH hat hierzu mitgeteilt, für eine solche Tätigkeit sei eine Anlernzeit von drei bis unter 12 Monaten erforderlich gewesen.

Auf Grund des Arbeitsunfalls vom 11. Juni 1977 (Sturz mit einem Säureeimer; Verätzungen der rechten Gesichtshälfte, des rechten Armes und linken Unterarmes mit Hauttransplantation an beiden Armen) bezog der Kläger vom 8. August 1977 bis 30. Juni 1978 von der Süddeutschen Edel- und Unedelmetall-Berufsgenossenschaft (BG) wegen Narbenbildung im Bereich von Gesicht, Hals, Thorax, rechtem Oberarm und beider Oberschenkel, Sensibilitätsstörungen im Narbenbereich an Kopf, Unterarm und Oberschenkel beiderseits, endgradiger Bewegungseinschränkungen im rechten Ellenbogen- und Schultergelenk sowie subjektiver Beschwerden eine Gesamtvergütung nach einer MdE von 30 % bzw. ab 29. Mai 1977 20 % (Bescheid vom 24. November 1977).

Am 2. März 2000 (Eingang bei der Beklagten) beantragte der Kläger unter Hinweis auf diesen Arbeitsunfall und Angabe einer erheblichen Verschlechterung seines Gesundheitszustandes sinngemäß eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

Der jugoslawische Rentenversicherungsträger übersandte ein nach ambulanter Untersuchung des Klägers am 23. Februar 2001 erstelltes Gutachten des Internisten und Kardiologen Dr. V ... Danach konnte der Kläger in der mit `Flugzeugklempner`angegebenen bisherigen Tätigkeit und auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch vollschichtig tätig sein.

Nach Auswertung dieses Gutachtens und vom Kläger vorgelegter Arztberichte aus dem Jahr 1999 (betreffend Prostatauntersuchungen, eine neurologisch-psychiatrische Untersuchung und eine internistische Untersuchung wegen Hypertonie) diagnostizierte der Sozialärztliche Dienst der Beklagten eine Herzleistungsminderung bei labilem Bluthochdruck, eine leichte Nervenschädigung am rechten Arm nach Unfall 1977 und eine neurotische Störung. Als Spengler könne der Kläger nur noch unter zwei Stunden, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt dagegen vollschichtig erwerbstätig sein.

Daraufhin lehnte die Beklagte den Antrag vom 2. März 2000 ab (Bescheid vom 10. August 2001). Der Kläger sei weder vermindert erwerbsfähig noch erwerbsgemindert.

Mit seinem dagegen erhobenen Widerspruch machte der Kläger geltend, es sei nicht empfehlenswert, sich auf die Befunde des jugoslawischen Versicherungsträgers zu verlassen und übersandte drei fachärztliche Berichte über psychiatrische und psychologische Untersuchungen vom November 2001. Die Beklagte wies den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 13. Februar 2002). Der Kläger könne noch mindestens sechs Stunden täglich leichte Arbeiten zur ebener Erde ohne besondere Anforderungen an die Fingerfertigkeit der rechten Hand oder besonderen Zeitdruck verrichten und sei deshalb nicht erwerbsgemindert. Da keine Nachweise über die Qualität der in Deutschland ausgeübten Beschäftigung vorlägen, genieße der Kläger nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast keinen Berufsschutz als Facharbeiter oder Angelernter und sei auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar. Zu den Anspruchsvoraussetzungen einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit enthält der Widerspruchsbescheid keine Ausführungen.

Mit der am 9. April 2002 (Eingang bei Gericht) zum Sozialgericht Landshut (SG) erhobenen Klage hat der Kläger weiterhin geltend gemacht, die Folgen des Arbeitsunfalles vom 11. Juni 1977 hätten sich verschlechtert. Er habe von 1959 bis 1962 in Jugoslawien den Beruf des Spenglers erlernt und diesen von 1970 bis 1974 bei der Fa. Z. GmbH in Deutschland ausgeübt. Anschließend sei er bei der Fa. M. K. KG als Arbeiter beschäftigt gewesen. Er hab seine Beschäftigung nicht aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben.

Das SG hat Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. Dr. W. vom 28. Juli 2003 sowie der Ärztin und Sozialmedizinerin Dr. T. vom 29. Juli 2003 eingeholt.

Dr. Dr. W. hat beim Kläger nach ambulanter Untersuchung folgende Diagnosen gestellt:

- Mittelschwere depressive Entwicklung bei erhaltener Resonanzfähigkeit, allenfalls moderat verkürzter affektiver Ausdrucksfülle und vollkommen ungestörter Kognition.

- Folgen einer Verätzungsverletzung der rechten Hand mit er- schwerter Einbeugung insbesondere des rechten Zeigefingers, auch des Daumens und Mittelfingers, aufgehobener Sensibilität der rechten Hohlhand und eingeschränkter Beweglichkeit der rechten Hand medianusseitig.

- Wirbelaufbrauchsyndrom der Brustwirbelsäule ohne Nervenwurzelreizerscheinungen.

Diese Gesundheitsstörungen bestünden in fluktuierendem Ausmaß seit Rentenantragstellung. Im Verhältnis zur Begutachtung in Jugoslawien am 23. Februar 2001 habe sich keine wesentliche Änderung ergeben. Leichte bis mittelschwere Arbeiten in geschlossenen Räumen, ohne besondere Belastungen der rechten Hand, besondere Anforderungen an die Feinmotorik der rechten Hand, schweres Heben und Tragen von Lasten oder Akkord-, Schicht- und Nachtarbeit könne der Kläger noch vollschichtig, d.h. acht Stunden täglich, verrichten. Die depressive Reaktion habe die Kognition unbeeinträchtigt gelassen. Vital-, Denk- oder Hemmungszeichen lägen nicht vor. Eine Umstellung und Anpassung an andere Berufsbereiche sei dem Kläger möglich. Eine Verkürzung des Anmarschweges liege nicht vor.

Dr. T. hat beim Kläger nach eigener Untersuchung diagnostiziert:

- eine Funktionseinschränkung der Finger 1 bis 3 rechts, des rechten Ellenbogen- und Schultergelenks sowie reizlose Narben an Armen, Beinen und im Gesicht nach Säureverätzung,

- wirbelsäulenabhängige Beschwerden bei Fehlhaltung und de- generativen Veränderungen,

- Raucherbronchitis,

- labilen Bluthochdruck,

- leichte bis allenfalls mittelschwere depressive Entwicklung sowie

- nebenbefundlich: Zustand nach Hepatitis, Fußfehlform und Miktionsstörung bei Verdacht auf Prostatavergrößerung.

Der Kläger sei unter Berücksichtigung des neurologisch-psychiatrischen Gutachtens vom 28. Juli 2003 noch in der Lage, leichte bis gelegentlich mittelschwere körperliche Arbeiten ohne Haltungskonstanz, ohne besondere Anforderungen an die manuelle Geschicklichkeit rechts und ohne Stressbelastung acht Stunden täglich zu verrichten. Die Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit des Klägers sei alters- und ausbildungsentsprechend. Zusätzliche Arbeitspausen seien nicht erforderlich und die Wegefähigkeit nicht eingeschränkt.

Das SG hat sich dieser Leistungsbeurteilung angeschlossen und die Klage abgewiesen (Urteil vom 30. Juli 2003). Der Kläger habe keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung bzw. wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Da keine Nachweise über die Qualität der in Deutschland ausgeübten Beschäftigung vorlägen, sei der Kläger nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast als ungelernter Arbeiter einzustufen und auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar. Dort könne er noch mindestens sechs Stunden täglich mit einigen qualitativen Leistungseinschränkungen erwerbstätig sein. Der Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit bedürfe es nicht. Auch das Urteil des SG enthält zu den Anspruchsvoraussetzungen einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit keine Ausführungen.

Gegen das ihm am 1. September 2003 zugestellte Urteil hat der Kläger am 17. September 2003 (Eingang bei Gericht) zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt. Er hat ein Zeugnis vom 16. Juni 1962 über eine Ausbildung zum "Klempner im Metallfach" von August 1959 bis August 1962 vorgelegt und erneut auf den Arbeitsunfall 1977 hingewiesen. Es müsse der Prozentsatz der Invalidität festgestellt werden, denn ihm stehe bei einem Invaliditätssatz von 20 % eine Teilrente wegen des erlittenen Arbeitsunfalles zu. Einwände gegen die vom SG eingeholten Gutachten hat der Kläger nicht erhoben.

Der Senat hat den Kläger darauf hingewiesen, dass ein Anspruch auf Verletztenrente auf Grund des Arbeitsunfalls vom 11. Juni 1977 nicht Gegenstand des Verfahrens ist und derartige Leistungen nicht in die Zuständigkeit der Beklagten, sondern der BG fallen, für einen Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit/Erwerbsminderung nur die in Deutschland versicherungspflichtig ausgeübten Beschäftigungen maßgebend sind und eine erneute medizinische Begutachtung des Klägers nicht beabsichtigt ist. Der Kläger hat mitgeteilt, er werde sich diesbezüglich an die zuständige Berufsgenossenschaft wenden.

Nach Auswertung der vorübergehend zum Verfahren beigezogenen und auszugsweise zur Berufungsakte genommenen Akten der BG hat der Senat eine Auskunft der Fa. K. Metallveredelung GmbH über die Anlernzeit eines Galvanik-Helfers eingeholt.

Der Kläger beantragt sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 30. Juli 2003 und den Bescheid des Beklagten vom 10. August 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. Februar 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm auf Grund des Antrags vom 2. März 2000 Rente wegen verminderter Erwerbs- fähigkeit oder Erwerbsminderung zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat die Akten der Beklagten und des SG beigezogen. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten und die Berufungsakte Bezug genommen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs.2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144, 151 SGG), aber nicht begründet.

Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 10. August 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Februar 2002, mit dem es die Beklagte abgelehnt hat, dem Kläger auf seinen Antrag vom 2. März 2000 Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder Erwerbsminderung zu gewähren. Das SG hat die dagegen erhobenen Klage mit Urteil vom 30. Juli 2003 zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder Erwerbsminderung.

Der Anspruch des Klägers richtet sich nach den Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung (a.F.), da der Kläger seinen Rentenantrag vor dem 3. April 2001 gestellt hat und Rente (auch) für Zeiten vor dem 31. Dezember 2000 begehrt (§ 300 Abs.2 SGB VI in Verbindung mit § 26 Abs.3 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch - SGB X). Soweit (erstmals) ein Anspruch für die Zeit nach dem 31. Dezember 2000 in Betracht kommt, richtet sich der Anspruch des Klägers nach den Vorschriften des SGB VI in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung (n.F.).

Nach §§ 43, 44 SGB VI (a.F.) haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit, wenn sie

1. berufsunfähig bzw. erwerbsunfähig sind,

2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Berufsunfähig keit drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Be schäftigung oder Tätigkeit haben und

3. vor Eintritt der Berufsunfähigkeit die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.

Diese Voraussetzungen sind beim Kläger nicht erfüllt. Zwar hat er die allgemeine Wartezeit (§§ 50 Abs.1 Satz 1, 51 Abs.1 SGB VI) erfüllt. Beim Kläger liegt jedoch keine Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit vor.

Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur beruflichen Rehabilitation mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs.2 SGB VI a.F.).

Dagegen besteht Erwerbsunfähigkeit bei solchen Versicherten, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße (ab 1. April 1999 630,00 DM) übersteigt (§ 44 Abs.2 Satz 1 SGB VI a.F.). Da der Versicherungsfall der Erwerbsunfähigkeit an strengere Voraussetzungen geknüpft ist, als derjenige der Berufsunfähigkeit, folgt aus der Verneinung von Berufsunfähigkeit ohne weiteres das Fehlen von Erwerbsunfähigkeit (vgl. Bundessozialgericht - BSG - Urteil vom 5. April 2001 - B 13 RJ 61/00 R -).

Ausgangspunkt für die Prüfung von Berufsunfähigkeit ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG der "bisherige Beruf", den der Versicherte ausgeübt hat. In der Regel ist dies die letzte, nicht nur vorübergehende versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit, von der auch bei nur kurzfristiger Ausübung auszugehen ist, wenn sie zugleich die qualitativ höchste im Berufsleben des Versicherten gewesen ist (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 130, 164). Kann ein Versicherter seinen bisherigen Beruf nicht mehr ausüben, liegt Berufsunfähigkeit aber nur dann vor, wenn es nicht zumindest eine andere berufliche Tätigkeit gibt, die sozial zumutbar und für ihn sowohl gesundheitlich als auch fachlich geeignet ist. Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufes. Zur Erleichterung dieser Beurteilung hat die Rechtsprechung des BSG die Berufe der Versicherten ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufes haben, in Gruppen eingeteilt, die durch die Leitberufe des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert werden (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 132, 138, 140). Die Einordnung eines Berufs in dieses Mehrstufenschema erfolgt nicht ausschließlich nach der Dauer der absolvierten, förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend ist vielmehr allein die Qualität der verrichteten Arbeit, d.h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an, wie es durch die in § 43 Abs.2 Satz 2 SGB VI a.F. am Ende genannten Merkmale (Dauer und Umfang der Ausbildung sowie des bisherigen Berufs und besondere Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit) umschrieben wird (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1246 Nrn. 27, 33).

Maßgebend für die Bestimmung des bisherigen Berufs des Versicherten sind nur die in der deutschen Rentenversicherung versicherungspflichtig ausgeübten Beschäftigungen oder Tätigkeiten (BSGE 50, 165), sofern nicht ein zwischenstaatliches Abkommen oder überstaatliches Recht (insbesondere das europäische koordinierende Sozialrecht, vgl. BSGE 64, 85) im Einzelfall die Berücksichtigung einer im Abkommens- bzw. Mitgliedsstaat ausgeübten Beschäftigung oder Tätigkeit vorsieht. Das im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Jugoslawien - jetzt Staatliche Gemeinschaft Serbien und Montenegro - als Rechtsnachfolgerin der ehemaligen Föderativen Volksrepublik Jugoslawien (vgl. BSG SozR 3-2600 § 250 SGB VI Nr.3) weiterhin anwendbare Deutsch-Jugoslawischen Abkommens über Soziale Sicherheit vom 12. Oktober 1968 (BGBl.II 1969 S.1438) in der Fassung des Änderungsabkommens vom 30. September 1974 (BGBl.II 1975 S.390) enthält hierzu keine Regelungen.

Grundsätzlich darf der Versicherte im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf auf die nächstniedrigere Gruppe verwiesen werden (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr.5).

Gemessen an den vom BSG aufgestellten Kriterien ist der Kläger auf Grund der zuletzt in Deutschland ausgeübten Tätigkeit als Galvanik-Helfer der Gruppe der angelernten Arbeiter im unteren Bereich zuzuordnen. Nach Angaben des Rechtsnachfolgers seines damaligen Arbeitgebers erforderte diese Tätigkeit eine Anlernzeit von mehr als drei, aber weniger als 12 Monaten. Diese sachkundige Einschätzung begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Es liegen keine Anhaltspunkte für eine höhere Qualifizierung der Tätigkeit vor. Der Kläger hat keine einschlägige Ausbildung im Bereich der Galvanik absolviert und für die Zeit seiner Beschäftigung bei der Fa. M. K. KG als Berufsbezeichnung "Arbeiter" angegeben.

Ob der Kläger zuvor bei der Fa. Z. GmbH in seinem erlernten Beruf als Klempner im Metallfach oder als Maschinentechniker beschäftigt war, ist nicht mehr zu ermitteln. Weder dem Kläger selbst noch der Fa. Z. GmbH liegen Unterlagen über die damalige Tätigkeit vor. Im Übrigen hat der Kläger selbst angegeben, die Beschäftigungen in Deutschland nicht aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben zu haben, so dass mit dem Wechsel in die Tätigkeit als Galvanik-Helfer jedenfalls eine Lösung vom bis dahin ausgeübten Beruf erfolgt ist (vgl. BSG Urteil vom 04. November 1998 - B 13 RJ 95/97 R - m.w.N.).

Als Angelernter im unteren Bereich ist der Kläger sozial auch auf ungelernte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar. Er ist auch gesundheitlich in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig erwerbstätig zu sein. Dies ergibt sich aus den ausführlichen Gutachten der Sachverständigen Dr. Dr. W. und Dr. T ...

Nach diesen Gutachten resultieren aus den 1977 erlittenen Verätzungen beim Kläger weiterhin Bewegungsstörungen, Schmerzen und Sensibilitätsstörungen im rechten Arm und der rechten Hand mit aufgehobener aktiver Einbeugung des rechten Zeigefingers bei erhaltener Streckfähigkeit, erschwerter Einbeugung des rechten Daumens und Mittelfingers, herabgesetzter Sensibilität im gesamten rechten Unterarm beugeseitig und im Hohlhandbereich rechts, Bradidiadochokinese rechts und aufgehobenem Spitzgriff. Die Gebrauchsfähigkeit der rechten Hand ist indessen nicht aufgehoben, sondern nur insoweit qualitativ herabgesetzt, als dem Kläger schweres Tragen mit dem rechten Arm und besondere Anforderungen an die Feinmotorik der rechten Hand nicht mehr abverlangt werden können. Zur Bewegungseinschränkung der rechten Hand weist Dr. T. ergänzend darauf hin, dass die vorgefundene Handflächenbeschwielung und die fehlende Umfangdifferenz der oberen Extremitäten für eine fortbestehende handwerkliche Tätigkeit des Klägers sprechen. Auf Grund der narbigen, auch die Streckung des rechten Ellenbogens behindernden Veränderungen des rechten Armes sind ihrer Meinung nach auch Überkopfarbeiten nicht mehr zumutbar. An der Brust- und Lendenwirbelsäule bestehen degenerative Veränderungen ohne Nervenwurzelreizerscheinungen, so dass lediglich schwere körperliche Arbeiten und anhaltende Zwangshaltung auszuschließen sind. Internistisch liegt keine wesentliche Einschränkung der Lungenfunktion und der Pumpfunktion des Herzens vor. Der Kläger war ergometrisch bis 100 Watt bei regelrechtem Blutdruckanstieg belastbar. Der labile Bluthochdruck des Klägers hat bislang nicht zu Veränderungen des Herzens geführt. Eine in den 70er Jahren durchgemachte Hepatitis ist bekannt, jedoch liegen weder pathologische Laborwerte noch sonographische Veränderungen der Leber vor. Bezüglich geklagter Miktionsbeschwerden besteht ein Verdacht auf Prostatavergrößerung, aus dem sich jedoch, ebenso wie aus einer beim Kläger nebenbefundlich festgestellten Fußfehlform, keine weitergehenden Einschränkungen für das Leistungsvermögen ergeben. Eine leichte bis allenfalls mittelschwere depressive Entwicklung hatte bislang keine Auswirkungen auf die kognitiven Fähigkeiten des Klägers und bedingt insbesondere keine Einschränkung seiner Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit für andere als die bisher ausgeübten Tätigkeiten.

Die Sachverständigen halten den Kläger noch für fähig, acht Stunden täglich leichte und gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten in geschlossenen Räumen ohne besondere Belastungen oder besondere Anforderungen an die Feinmotorik der rechten Hand, ohne schweres Heben und Tragen von Lasten, ohne Akkord-, Schicht- und Nachtarbeit sowie ohne Zwangshaltung zu verrichten. Eine Einschränkung der Anpassung- und Umstellungsfähigkeit oder der Wegefähigkeit des Klägers haben sie nicht festgestellt.

Der Senat schließt sich dieser Leistungseinschätzung an. Beide Sachverständige haben die von ihnen getroffene Beurteilung des Leistungsvermögens nach eigener ambulanter Untersuchung unter Berücksichtigung der vorhandenen Vorbefunde eingehend, schlüssig und überzeugend dargelegt. Sie steht in Übereinstimmung mit der bereits anlässlich der ambulanten Begutachtung in Jugoslawien im Februar 2001 getroffenen Leistungsbeurteilung. Der Kläger selbst hat hinsichtlich des Inhaltes der vom Sozialgericht eingeholten Gutachten keine Einwendungen erhoben und keine Veränderung seines Gesundheitszustandes geltend gemacht, so dass es keiner weiteren medizinischen Ermittlungen bedarf.

Ob die von den Sachverständigen festgestellten gesundheitlichen Beeinträchtigungen auf den Arbeitsunfall vom 11.Juni 1977 zurückzuführen sind und sich hieraus ein Anspruch des Klägers auf Verletztenrente ergibt, ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens.

Bei vollschichtiger Leistungsfähigkeit für leichte Arbeiten ist der Kläger ohne Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar. Eine schwere spezifische Leistungsbehinderung oder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen, die Ausnahmsweise die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit erforderlich machen würde (vgl. BGSE 80, 24), liegt nicht vor. Für ungelernte Tätigkeiten typische Verrichtungen wie das Zureichen, Abnehmen, Sortieren, Verpacken oder Montieren sind dem Kläger trotz der eingeschränkten Beweglichkeit der rechten Hand möglich. Ausgeschlossen sind lediglich Tätigkeiten mit besonderen Anforderungen an die Feingeschicklichkeit. Konzentrations-, Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit des Klägers sind nicht nennenswert beeinträchtigt. Gehstrecken zwischen Wohnung und Arbeitsstätte von viermal 500 m und die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel sind dem Kläger ohne weiteres möglich.

Ist der Kläger nicht berufs- oder erwerbsunfähig im Sinne der §§ 43 Abs.2, 44 Abs.2 SGB VI a.F., so liegt auch - für Versicherungsfälle nach dem 31. Dezember 2000 - keine Erwerbsminderung i.S.d. §§ 44, 240 SGB VI n.F. (die ein unter sechsstündiges Leistungsvermögen voraussetzt) vor.

Ob der Kläger die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bzw. Erwerbsminderung (§§ 43 Abs.1 Nr.2, 44 Abs.1 Nr.2 SGB VI a.F. i.V.m. §§ 240, 241 SGB VI a.F. bzw. §§ 240, 43 Abs.1 Satz 1 Nr.2 SGB VI n.F. i.V.m. § 241 Abs. 2 SGB VI n.F.) erfüllen würde, kann bei dieser Sachlage dahinstehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs 2 Nr. 1 und 2 SGG), liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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