L 14 RJ 132/02

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 5 RJ 1242/99 A
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 14 RJ 132/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 24. Januar 2002 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist zwischen den Beteiligten die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

Der 1949 geborene Kläger, kroatischer Staatsangehöriger mit dortigem Wohnsitz, erlernte nach seinen eigenen widersprüchlichen Angaben in seiner Heimat den Beruf des Wasser- und Sanitär-Installateurs. Versicherungszeiten legte er im Oktober 1974 und vom 01.04.1976 bis 18.07.1989 zurück. Seither bezieht er eine kroatische Invalidenrente.

In der Bundesrepublik war der Kläger lediglich 17 Kalendermonate im Zeitraum vom November 1971 bis Mai 1972 und im Jahre 1973 insgesamt zehn Kalendermonate nach seinen Angaben bei der Firma A. G. als Sanitär-Installateur versicherungspflichtig tätig. Eine Anfrage der Beklagten bei dieser Firma im Februar 2000 blieb erfolglos, da diese über Einzelheiten der dort vom Kläger verrichteten Arbeiten keine näheren Angaben mehr machen konnte.

Ein erster Rentenantrag vom Januar 1989 blieb nach dreitägiger stationärer Untersuchung in der Gutachterstelle der Beklagten in Regensburg (vom 04. bis 06.03.1991) erfolglos (Ablehnungsbescheid vom 26.03.1991).

Am 04.07.1997 stellte der Kläger über den kroatischen Versicherungsträger erneut Rentenantrag, den die Beklagte mit streitgegenständlichem Bescheid vom 06.04.1998 mit der Begründung ablehnte, vom Datum der Antragstellung ausgehend seien die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht mehr erfüllt und auch nicht mehr erfüllbar. Der Beklagten lag das Formblattgutachten der Invalidenkommission in Z. vom 04.02.1998 vor, wonach der Kläger für seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit weniger als zwei Stunden täglich in der Lage sei. Eine Aussage über die Einsatzfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt war nicht getroffen.

Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch und trug vor, er habe die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt, da der Zeitraum von August 1989 bis Juni 1997 mit Krankheitszeiten bzw. kroatischen Rentenbezugszeiten belegt sei. Die Beklagte erließ gleichwohl zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 27.05.1998.

Mit der Klage verfolgte der Kläger sein Begehren weiter und legte ein Jahreszeugnis des Schuljahres 1968/1969, einen Bericht des Gesundheitsheimes O. vom November 2000 sowie des Krankenhauses S. ebenfalls vom November 2000 vor.

Während des Klageverfahrens erließ die Beklagte weiteren Ablehnungsbescheid vom 14.03.2000 unter Auswertung des Formblattgutachtens vom 04.02.1998 nunmehr mit der Begründung, der Kläger sei weder berufs- noch erwerbsunfähig. Seine Erwerbsfähigkeit sei zwar durch Gesundheitsstörungen beeinträchtigt, mit dem vorhandenen Leistungsvermögen könne er aber auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch vollschichtig tätig sein und damit wenigstens die vergleichbare Hälfte eines gesunden Versicherten verdienen.

Das Sozialgericht ließ den Kläger durch den Allgemeinarzt Dr. Z. untersuchen und begutachten. In seinem Gutachten vom 02.07.2001 kam dieser unter Berücksichtigung von Zusatzbefunden (Farbdoppler - Echokardiographie, Farbdoppler - UKG, Belastungs-EKG bis 100 Watt, Röntgenaufnahme des Thorax, Laborwerte) zu dem Ergebnis, dass die Erwerbsfähigkeit des Klägers durch einen Bluthochdruck mit beginnenden Rückwirkungen auf das Herz- Kreislaufsystem, ein Wirbelsäulensyndrom bei Abnützungserscheinungen ohne neurologische Ausfallserscheinungen, operierte Analfistel, alkoholische Fettleber und ein psychovegetatives Syndrom beeinträchtigt sei. Dennoch sei der Kläger noch in der Lage, täglich vollschichtig leichte bis mittelschwere Arbeiten, ohne schweres Hegen und Tragen und ohne Bücken und Zwangshaltungen zu verrichten. Abschließend führte er aus, dass im Vergleich zur Vorbegutachtung im Jahre 1991 es zu keiner wesentlichen Befundveränderung gekommen sei.

Mit Gerichtsbeschid vom 24.01.2002 wies das Sozialgericht die Klage ab. Der mangels Nachweis einer Facharbeitertätigkeit auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbare Kläger könne nach dem Beweisergebnis zwar nicht mehr die zuletzt ausgeübte Tätigkeit eines Sanitär-Installateurs ausüben, sei aber gleichwohl nicht berufsunfähig, erst recht nicht erwerbsunfähig, da er über ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere Arbeiten ohne außergewöhnliche Einschränkungen verfüge.

Mit dem Rechtsmittel der Berufung verfolgt der Kläger sein Rentenbegehren weiter.

Auf die Mitteilung des Senats (vom 17.06.2002), nur fundierte Nachweise einer Verschlimmerung des Gesundheitszustandes könnten eine weitere Sachaufklärung von Amts wegen verantworten, legte der Kläger Behandlungsberichte der ersten Hälfte des Jahres 2002 vor. Dazu nahm der ärztliche Dienst der Beklagten dahin Stellung, dass lediglich die bereits bekannten Befunde angeführt seien und sich kein grundsätzlich neuer medizinischer Gesichtspunkt ersehen lasse.

Auf die weiteren Hinweise (vom 29.08.2002 und 27.02.2003), es fehle weiterhin an fundierten Unterlagen und das in erster Instanz vorgelegte Jahreszeugnis stelle keinen Ausbildungsnachweis dar, und noch einmal verdeutlicht durch Schreiben des Senats vom 30.07.2003, verwies der Kläger auf Befunde über Schmerzen in der linken Schulter vom August 2003, ferner auf eine nur aus Diagnosen bestehende Bescheinigung einer Ärztin (Dr.B.) der Poliklinik O. vom 10.11.2003. Auf die daraufhin in Übersetzung erfolgte Aufforderung, umgehend die in dieser Bescheinigung benannten fachärztlichen RTG-, EMG- und Laborbefunde zu übersenden, antwortete der Kläger, die Ärztin nehme auf frühere Befunde Bezug und legte nunmehr - neben bereits früher überreichten und vom ärztlichen Dienst der Beklagten bereits ausgewerteten Unterlagen - vor: eine Thoraxauswertung durch die Radiologin Dr.M. vom 01.09.2003, einen fachärztlichen Befund vom 05.09.2003 des Krankenhauses S. mit der Diagnose "Radiculopathia C 6/7/8 lat. sin. i.o." mit der Empfehlung eines CTs der Halswirbelsäule sowie einen fachärztlichen Befund des Internisten Prof.Dr.M. derselben Klinik vom 06.09.2003 mit dem Vermerk, dass die Durchleuchtung der Lunge "Befund in Ordnung" ergeben habe, sowie: "auf der Lunge links abgeschwächtes Atemgeräusch bei regelmäßiger Herzaktion".

Der Ärztliche Dienst der Beklagten nahm auf Rückfrage dahin Stellung, dass aus den nunmehr vorgelegten ärztlichen Unterlagen weiterhin keinerlei Verschlechterung des Gesundheitszustandes im Vergleich zur Untersuchung durch Dr.Z. ersichtlich sei.

Daraufhin teilte der Senat dem Kläger die Entscheidungsreife des Rechtsmittels mit.

Der Kläger beantragt (sinngemäß), den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 24.01. 2002 und den Bescheid der Beklagten vom 06.04.1998 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27.05.1998 sowie den Bescheid vom 14.03.2000 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab Antrag Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Dem Senat lagen zur Entscheidung die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die Rentenakte der Beklagten einschließlich des Gutachtensheftes vor. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird wegen der Einzelheiten, insbesondere des Vortrags des Klägers, hierauf Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 143 f. des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, sachlich aber nicht begründet.

Zu Recht hat das Sozialgericht Rentenansprüche des Klägers wegen Berufsunfähigkeit im Sinne von § 43 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der bis zum 31.12.2000 geltenden Fassung verneint, deren Voraussetzungen im Einzelnen umfassend dargestellt sind. Insbesondere ist die vom Sozialgericht vorgenommene Leistungsbeurteilung auch nach dem Vorbringen im Berufungsverfahren nicht zu beanstanden. Denn der Kläger hat nach Auffassung des Senats weder eine Verschlimmerung seines Gesundheitszustandes dargelegt, die eine Beweisaufnahme von Amts wegen gerechtfertigt hätte, noch hat er irgendetwas dazu vorgetragen, in der Bundesrepublik doch als Facharbeiter gearbeitet zu haben.

Im gesamten Verfahrensverlauf gibt es keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Kläger in der Zeit seiner Beschäftigung im Bundesgebiet als Facharbeiter tätig gewesen wäre, Berufsschutz genieße und deshalb Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit hätte. So ist schon zweifelhaft, ob er in seiner Heimat eine Berufsausbildung durchlaufen hatte, die er im ersten Rentenantrag zwar bejahte, im streitgegenständlichen Rentenantrag aber verneinte. Auch ist ihm ein diesbezüglicher Nachweis nicht gelungen. Denn im sozialgerichtlichen Verfahren legte er lediglich ein Jahreszeugnis vor mit zum Teil bemerkenswert schlechten Zensuren; einen Nachweis eines Berufsabschlusses stellt dies nicht dar. Selbst auf den Hinweis im Berufungsverfahren hat der Kläger hierauf nicht reagiert. Doch kann dies letztlich dahingestellt bleiben, da für die Qualität der Berufstätigkeit allein auf die im Erwerbsleben in der Bundesrepublik Deutschland abzustellen ist. Insoweit konnte der damalige Arbeitgeber auf gezielte Anfrage durch die Beklagte jedoch keinerlei Auskünfte erteilen. Der Arbeitgeber konnte lediglich sicher beantworten, dass ihm keine Nachweise einer Berufsausbildung vorgelegen haben. Über die sonstige Qualifikation der klägerischen Arbeit konnte er keine Angaben mehr machen. Auch aus den feststehenden Entlohnungen Anfang der 70er Jahre lassen sich keine in etwa gesicherten Rückschlüsse auf die Qualität der Arbeit ziehen. Damit gelten im sozialgerichtlichen Verfahren die Regeln der objektiven Beweislast. Dies bedeutet, dass der Kläger die Folgen der Nichterweislichkeit der Ausübung einer Facharbeitertätigkeit im Bundesgebiet zu tragen hat. Auch ist aus dem kurzfristigen Erwerbsleben hier der Schluss naheliegend, dass der Kläger allenfalls der Gruppe der Angelernten im unteren Bereich angehören könnte, so dass er nach dem Berufsgruppenschema der höchstrichterlichen Rechtsprechung ohnehin auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar wäre.

Für eine Einsatzfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ist das verbliebene Restleistungsvermögen des Klägers aber ausreichend. Dies ergibt sich nach Auffassung des Senats aus dem Beweisergebnis im erstinstanzlichen Verfahren. Danach hat der gerichtsbekannte Sachverständige Dr.Z. nach ausführlicher Untersuchung und unter Beachtung zahlreicher Zusatzbefunde das Leistungsvermögen des Klägers schlüssig dahin bewertet, dass ihm unter Beachtung der festgestellten Gesundheitsstörungen noch zumindest leichte und auch mittelschwere Arbeiten zeitlich uneingeschränkt zumutbar sind.

Das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren führt zu keiner anderen Beurteilung. Da der Kläger mit Inkrafttreten des Abkommens über Soziale Sicherheit zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Kroatien im Dezember 1998 die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt, weil gemäß Artikel 26 Abs.2 des Abkommens die dem Kläger in Kroatien gewährte Invalidenrente einem deutschen Rentenbezug gleichsteht, konnte nach dem vorausgegangenen Beweisergebnis nur eine deutliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes die Möglichkeit des Eintritts des Leistungsfalles für den Kläger herbeiführen. Dies um so mehr, als der Sachverständige Dr.Z. im Abschluss seiner Beurteilung ausdrücklich vermerkte, dass es anlässlich seiner Erhebung im Vergleich zum Untersuchungsergebnis vor zehn Jahren in der Bundesrepublik (März 1991) zu keiner wesentlichen Änderung gekommen sei.

Dem genügen nach der Überzeugungsbildung des Senats die nach mehr als geduldiger Aufklärungsarbeit vorgelegten medizinischen Unterlagen des Klägers keineswegs. Sie sind entweder nicht verwertbar, weil nur eine Aneinanderreihung von - zum Teil bekannten, weit zurückliegenden und bereits ärztlich beurteilten - Diagnosen vorgenommen wurde ohne jegliche diese nachvollziehbaren Befunde. Oder es ergibt sich in der zeitlichen Zusammenschau der- soweit - angegebenen Befunde, dass zwischenzeitlich eine Ausheilung (vgl. dargetane Hautreizung) erfolgt ist bzw. Kontrolluntersuchungen keinen Befund erbringen konnten (vgl. Lungendurchleuchtung: "Befund in Ordnung"; Röngenkontrolle der Halswirbelsäule: "unbedeutend verengter Raum C5 bis C6"). Jedenfalls geben die überlassenen medizinischen Unterlagen nach Auffassung des Senats keinerlei Hinweis, dass auch nur im Ansatz auf irgendeinem Fachgebiet eine Verschlimmerung des Gesundheitszustandes des Klägers erkennbar wäre, die eine Sachaufklärung von Amts wegen gerechtfertigt hätte. Damit stimmt die in mehrfachen Stellungnahmen durch den Ärztlichen Dienst der Beklagten gleichbleibende und für den Senat nachvollziehbare Beurteilung überein, dass kein neuer medizinischer Gesichtspunkt von qualitativer Leistungsrelevanz im Sinne einer bedeutsamen Befundverschlechterung ersichtlich sei. Auch kann nicht übersehen werden, dass die im Jahre 1989 getroffene Beurteilung der Invalidenkommission, der Kläger sei schon seit damals Invalide, noch 1991 nach gründlicher dreitägiger stationärer Begutachtung in Regensburg nicht bestätigt werden konnte, obgleich der Kläger durch die damalige Anal- fistelerkrankung, die inzwischen abgeklungen ist, erheblicher beeinträchtigt war. Selbst das im zweiten Rentenverfahren erstellte Formblattgutachten der Invalidenkommission in Z. trifft nur eine Aussage zur Einsatzfähigkeit des Klägers in der letzten Beschäftigung als nicht mehr zweistündig. Dies stimmt durchaus mit der Beurteilung der deutschen Ärzte überein, wonach auch nach deren Auffassung die Tätigkeit eines Sanitär-Installateurs dem Kläger nicht mehr zugemutet werden sollte. Im Gegensatz zum Rentenrecht in seiner Heimat führt dies jedoch nach den Grundsätzen des deutschen Rentenrechts noch nicht zur Berentung des Klägers, worauf das Sozialgericht bereits ausführlich eingegangen ist. Da es letztlich nach Auffassung des Senats bei der ablehnenden Begründung des Sozialgerichts auch bezüglich eines Anspruchs auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit im Sinne des § 44 SGB IV in der bis zum 31.12.2000 gültigen Fassung, wegen Berufsunfähigkeit gemäß § 240 SGB VI und wegen Erwerbsminderung nach § 43 SGB IV in der jeweiligen Fassung ab 01.01.2001 zu verbleiben hat, verfährt der Senat nach der Verfahrenserleichterung des Gesetzes und nimmt zur weiteren Begründung hierauf Bezug (§ 153 Abs.2 SGG).

Demnach war die Berufung mit der Kostenfolge aus § 193 SGG zurückzuweisen.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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