L 8 AL 42/03

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 35 AL 1187/02
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 8 AL 42/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 7 AL 260/04 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 10.01.2003 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob das Klageverfahren vor dem Sozialgericht München - S 35 AL 1046/99 - in der mündlichen Verhandlung vom 08.03.2002 durch Klagerücknahme beendet worden ist.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 08.03.2002 vor dem Sozialgericht (SG) München - S 35 AL 1046/99 - nahm der Kläger nach Erörterung der Sach- und Rechtslage die Klage zurück. Mit dieser Klage hatte er sich gegen den Bescheid vom 20.04.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.06.1999 gewandt, mit dem die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für die Vergangenheit aufgehoben und die Erstattung von 81.703,90 DM sowie Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen in Höhe von 27.897,89 DM gefordert wurde. Mit Schreiben vom 15.09.2002 focht er die erklärte Rücknahme an und beantragte die Fortsetzung des Verfahrens. Mit Urteil vom 10.01.2003 stellte das SG fest, dass der Rechtsstreit mit dem Az.: S 35 AL 1046/99 in der öffentlichen Sitzung der 35. Kammer durch Klagerücknahme am 08.03.2002 erledigt worden sei. Diese Erklärung sei eindeutig gewesen, sie sei ohne Hinzufügung einer Bedingung erfolgt. Laut offensichtlich vollständiger Niederschrift sei sie dem Kläger auch vorgelesen und von diesem genehmigt worden. Die vom Kläger nunmehr geltend gemachte Anfechtung der Rücknahme sei nach herrschender Meinung nicht möglich. Bei Prozesshandlungen sei der Willensmangel einer Partei unerheblich. Die Grundzüge des sachlichen Rechts über die Nichtigkeit oder die Anfechtbarkeit von Willenserklärungen seien auch nicht sinngemäß anwendbar. Es könne auch nicht die Rede davon sein, dass der Kläger seine Klage unter Zwang zurückgenommen habe. Das Bundessozialgericht (BSG) habe bereits mit Urteil vom 29.03.1961 entschieden, dass die Rücknahme einer Berufung nicht wegen Irrtums angefochten werden könne. Auch für Prozesshandlungen im sozialgerichtlichen Verfahren müssten die von der Rechtsprechung und Rechtslehre entwickelten Grundsätze gelten, nach denen die Rechtswirksamkeit einer das Verfahren gestaltenden Prozesshandlung grundsätzlich nicht wegen etwaiger Willensmängel bei ihrer Vornahme in Frage gestellt werden können (BSGE 14, 138 ff.). Ein Widerruf der Klagerücknahme sei nur unter den Voraussetzungen der §§ 179, 180 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. §§ 578 ff. Zivilprozessordnung (ZPO) möglich. Diese Voraussetzungen lägen hier erkennbar nicht vor, denn es seien weder Nichtigkeits- noch Restitutionsgründe gegeben, noch würden diese vom Kläger geltend gemacht werden.

Mit seiner Berufung begehrt der Kläger eine Entscheidung in der Sache selbst. Seine Dienstaufsichtsbeschwerde vom 09.02.2003 gegen die Vorsitzende der 35. Kammer des SG München mache er zum Gegenstand seiner Berufungsbegründung. Die Vorsitzende habe ihn in der mündlichen Verhandlung am 08.03.2002 unter Androhung des sofortigen Vollzugs der vom Amtsgericht W. zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe gezwungen, seine Klage zurückzunehmen.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts München vom 10.01.2003 und den Bescheid der Beklagten vom 20.04.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.06.1999 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie vertritt weiterhin die Auffassung, dass die Anfechtung einer Klagerücknahme rechtlich nicht möglich sei.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Verwaltungsunterlagen der Beklagten und der Verfahrensakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 SGG), ein Ausschließungsgrund (§ 144 Abs.1 SGG) liegt nicht vor.

In der Sache erweist sich das Rechtsmittel als unbegründet.

Der Gerichtsbescheid des SG München vom 10.01.2003 entspricht der Sach- und Rechtslage.

Entgegen der Auffassung des Klägers erfolgte die Klagerücknahme auch nicht unter Druck. Denn der Hinweis auf eine Umwandlung der Bewährungsstrafe in eine vollzogene Freiheitsstrafe kann nicht als unangemessenenes Ausüben von Druck angesehen werden, da diese Umwandlung nicht von einer Entscheidung des Sozialgericht abhängt.

Der Senat folgt im Übrigen den Ausführungen des SG in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils und sieht gemäß § 153 Abs.2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.

Somit war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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