L 14 RA 121/02

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 31 RA 396/01
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 14 RA 121/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 3. Mai 2002 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch auf höhere Rente wegen Berufsunfähigkeit bei Entfall der ab 01.01.2001 vorgenommenen Anrechnung von Einkommen auf die Rente streitig.

Der im Jahre 1961 geborene Kläger, ein Bauzeichner (Ausbildung 1977 bis 1980) und staatlich geprüfter Bautechniker ab 01.07.1989, leidet infolge einer Kompressionsfraktur des fünften und sechsten Brustwirbelkörpers wegen eines "privaten" Motorradunfalles im Mai 1991 an einer inkompletten Querschnittslähmung ab dem Brustwirbelkörper 6 mit partieller Blasen- und Mastdarmlähmung sowie Einschränkung der Gehfähigkeit wegen spastischer Paresen der Hüft- und Beinmuskulatur und des Rumpfes. Nach stufenweiser Eingliederung am früheren Arbeitsplatz unter Aussparung des Außendienstes arbeitet er als Bautechniker 5 und später 5,5 Stunden, nach ärztlicher Auffassung nahezu an der Grenze seiner Leistungsfähigkeit.

Mit Bescheid vom 13.06.1995 gewährte ihm die Beklagte Rente wegen Berufsunfähigkeit in Höhe von 1.466,13 DM bei einem Versicherungsfall vom 19.05.1991, und zwar wegen vorausgehenden Bezugs anderer Sozialleistungen erst ab 30.11.1994. Die Rente wurde mit Bescheid vom 07.05.1996 neu berechnet, wobei sich eine Überzahlung ergab (Rentenhöhe ab 01.07.1996 nunmehr 1.368,34 DM).

Anfang des Jahres 1997 fragte der Kläger bei der Beklagten wegen Anrechnung eines Hinzuverdienstes auf die Berufsunfähigkeitsrente an, weil ihm ein diesbezügliches Gesetz bekannt geworden sei, und erhielt zur Auskunft, dass die Gesetzesänderung wegen der Hinzuverdienstgrenzen bei Berufsunfähigkeit- und Erwerbsunfähigkeitsrenten erst Leistungsfälle ab dem 01.01.1996 beträfe. Mit Schreiben vom 03.07.2000 fragte der Kläger erneut wegen Verabschiedung eines neuen Gesetzes an und erhielt mit Schreiben vom 31.07.2000 eine Darstellung der für ihn ab 01.01.2001 geltenden Hinzuverdienstgrenzen bei Renten wegen Berufsunfähigkeit.

Auf Anfrage der Beklagten wegen Überprüfung der neuen Rechtslage gab der Kläger im Oktober 2000 sein voraussichtliches monatliches Einkommen ab 01.01.2001 mit 4.234,00 DM brutto an.

Mit streitgegenständlichem Änderungsbescheid vom 10.11.2000 gewährte die Beklagte dem Kläger ab 01.01.2001 nurmehr zwei Drittel der Berufsunfähigkeitsrente (1.027,10 DM brutto bzw. 950,58 DM netto) und legte die Rentenberechnung dar (2/3 der bisherigen Entgeltpunkte von 47,5683 = 31,7122 Entgeltpunkte). Weiterhin wurde die Berechnung der Hinzuverdienstgrenzen erklärt mit dem Betrag, der sich durch Vervielfältigung der Entgeltpunkte des letzten Kalenderjahres vor Eintritt der Berufsunfähigkeit (1,3512 Entgeltpunkte im Falle des Klägers) mit einem Vielfachen des aktuellen Rentenwerts ergibt (Multiplikator 52,5 bzw. 70 bzw. 87,5). Die Beklagte führte aus, dass demnach die volle Berufsunfähigkeitsrente bei einem Hinzuverdienst bis 3.446,17 DM (1.762,00 Euro) geleistet werde, zwei Drittel der Berufsunfähigkeitsrente bei einem Verdienst bis 4.594,89 DM (2.349,33 Euro) und ein Drittel der Rente bei einem Verdienst bis 5.743,61 DM (2.936,66 Euro). Hingewiesen wurde ferner darauf, dass sich die Hinzuverdienstgrenzen jeweils zum 1. Juli eines jeden Jahres um den Prozentsatz veränderten, um den sich der jeweilige aktuelle Rentenwert infolge der Rentenanpassung ändere.

Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch legte der Kläger seine Beschwerden und Schmerzen infolge der Schwerbehinderung sowie die anstrengende tägliche Teilzeitarbeit trotz Rücksichtnahme am Arbeitsplatz dar und sah es als große Ungerechtigkeit an, wenn sein hohes berufliches Engagement mit einer Kürzung der Berufsunfähigkeitsrente bestraft würde. Der Rechtsbehelf wurde mit Widerspruchsbescheid vom 14.03.2001 zurückgewiesen, weil die gesetzlich vorgesehene Anrechnung von Einkommen auf die Berufsunfähigkeitsrente nur für die Zeit bis 31.12.2000 nicht gegolten habe für Renten, die vor dem 01.01.1996 begonnen hätten. Ab 01.01.2001 sei ein Einkommen auch bei solchen Altfällen zu berücksichtigen gewesen. Die Anrechnung entspreche den gesetzlichen Vorschriften, und die Beklagte könne verfassungsrechtlichen Bedenken gegen formell gültig zustande gekommene Gesetze von sich aus nicht Rechnung tragen.

Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht München rügte der Kläger eine Verletzung der Art.1, 2, 3 und 14 des Grundgesetzes - GG -. Es liege ein Eingriff in ein Eigentumsrecht des Klägers vor. Art.14 Abs.1 Satz 2 GG umfasse zwar auch die Befugnisse, Rentenansprüche und Rentenanwartschaften zu beschränken, sofern dies einem Zweck des Gemeinwohls diene und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspreche. Es sei aber nicht darstellbar, dass es einem Zweck des Gemeinwohls diene, wenn man Rentnern wegen verminderter Leistungsfähigkeit das grundrechtlich geschützte Recht am Leben der Gemeinschaft durch Teilnahme am Berufsleben nehme, indem man ihnen die Rente kürze. Dass dies dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen solle, sei eo ipso damit ausgeschlossen. Ein angemessenes Verhältnis des Rechtseingriffs zu dem mit dem Gesetz verfolgten Zweck sowie ein rechtfertigender Sachgrund seien nicht ersichtlich. Es sei nicht erkennbar, warum von zu Lasten ihrer Gesundheit arbeitenden BU-Rentnern das Einkommen angerechnet werden müsse, um das System der sozialen Sicherung und hier insbesondere die vom Versicherungssystem (das auf Leistung und Gegenleistung beruhe) beherrschte Rentenversicherung zu retten. Die neue Regelung verfolge nicht den vom Bundessozialgericht für letztgenannte Fallkonstellation behaupteten, in Wirklichkeit aber nicht vorhandenen, verfassungsmäßigen Zweck, Nachteilsüberkompenstationen (sogenannte Überversorgung) aus der Summierung teilweise zweckähnlicher Versicherungsleistungen aus zwei Zweigen der Sozialversicherung wegen der Belastung der aktuellen Pflichtbeitragszahler zu begrenzen. Die Kürzung der monatlichen Zahlungsansprüche aus dem Recht auf Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung stelle sich im wirtschaftlichen Ergebnis als Bruch der in der Rentenversicherung erteilten Zusage dar, weil kein sozialrechtlicher relevanter Doppelbezug vorliege. Der Kläger werde schließlich auch gegenüber Rentnern, die nicht zu Lasten der Gesundheit arbeiteten, verfassungswidrig ungleich behandelt. Denn wegen des Versicherungsprinzips (Leistungsanspruch ohne Bedarfsprüfung) stehe allen Rentnern, die berufs- oder erwerbsunfähig seien, ein gleicher Betrag zu. Ob und warum jemand noch arbeiten wolle, sei kein sachgerechtes Merkmal, das zu Rentenkürzungen führen könne und dürfe, zumal dies dem Grunde und der Höhe nach schon hinreichend bei der Unterscheidung zwischen EU-Rente und BU-Rente berücksichtigt worden sei. Eine weitere Belastung von Persönlichkeiten, die der Gemeinschaft nicht zur Last fallen wollten, sei willkürlich und nicht sachgerecht. Damit ergebe sich zugleich, dass auch Art.1 und 2 GG verletzt seien.

Das Sozialgericht wies die Klage mit Urteil vom 03.05.2002 ab. Es legte dar, dass die "Rentenkürzung" den Gesetzesvorschriften des Sozialgesetzbuches Teil VI (SGB VI) entspräche und diese Regelungen nicht verfassungwidrig erschienen. Sie verfolgten den sozialpolitischen Zweck, die Lohnersatzfunktion der Berufsunfähigkeitsrente stärker zu betonen, und berührten allenfalls den Schutzbereich der Eigentumsgarantie des Art.14 GG, weil zum eigentumsgeschützten Kern nicht eine bestimmte Rentenhöhe, sondern lediglich die wertbestimmenden Faktoren, z.B. die Entgeltpunkte und der Rentenartfaktor, gehörten. Letztere würden aber nicht angetastet, denn sie blieben in voller Höhe erhalten und flössen auch in voller Höhe in die Berechnung des vollen Rentenanspruchs ein. Die eigentliche Rentenanwartschaft des Klägers werde nicht angetastet, vielmehr werde lediglich ein Teil der Rente, auf den der Kläger an sich Anspruch hätte, wegen Überschreitens der Einkommensgrenze nicht ausbezahlt. Aber selbst dann, wenn man davon ausgehe, dass der eigentumsgeschützte Kern der klägerischen Anwartschaften berührt werde, so läge jedenfalls eine zulässige Schrankenbestimmung im Sinne von Art.14 Abs.1 Satz 2 GG vor (BSG vom 01.03.1998 - B 4 RA 49/96 R). Der Gesetzgeber habe mit den in Frage stehenden Regelungen den nur durch das Übermaßverbot begrenzten Spielraum ausgeschöpft, den ihm das Grundgesetz zugestehe. Es bestünden verfassungslegitime Eingriffsgründe für die stärkere Betonung der Lohnersatzfunktion der Berufsunfähigkeitsrente, weil die Kürzungsregelungen dazu dienten, die Funktions- und Leistungsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung im Interesse aller Versicherten und Rentner zu erhalten, zu verbessern oder geänderten wirtschaftlichen Bedingungen anzupassen. Die Gesetzesbestimmungen dienten dem Zwecke des Gemeinwohls und entsprächen auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Der durch die Berufsunfähigkeitsrente verfolgte Sicherungszweck werde bei berufsunfähigen Versicherten, die trotz ihrer Berufsunfähigkeit und ihres überobligatorischen Einsatzes Einkommen durch Erwerbstätigkeit erzielten, auch dann erreicht, wenn die Rente bei Überschreiten gewisser Hinzuverdienstgrenzen gekürzt werde. Der Einschnitt, den die gesetzlichen Änderungen zu den Hinzuverdienstgrenzen mit sich brächten, sei in Anbetracht der finanziellen Situation der gesetzlichen Rentenversicherung verhältnismäßig. Ein Verstoß gegen das Übermaßverbot sei nicht zu erkennen, dies umso mehr, als das Bundesverfassungsgericht schon weitergehende Einschnitte in den Bereich der Berufs- und Erwerbsunfähigkeiten (Einführung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen im Jahre 1984, durch die eine Vielzahl von Versicherten jeglichen Anspruch auf Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitsrente verloren hätten) als nicht gegen das Übermaßverbot verstoßen angesehen habe.

Art.3 GG erscheine ebenfalls nicht verletzt. Zum einen verlange der Gleichbehandlungsgrundsatz (gemeint hier: Ungleiches muss gegebenenfalls auch ungleich behandelt werden) nicht, dass das Einkommen des Klägers, der einer von ihm an sich nicht zu verlangenden Erwerbstätigkeit nachgehe, anders behandelt werde als das Einkommen eines berufsunfähigen Versicherten, der eine seiner gesundheitlichen Leistungsfähigkeit entsprechende Erwerbstätigkeit ausübe. Denn Anknüpfungspunkt für die Kürzung der Berufsunfähigkeitsrente sei nicht die Frage, ob die berufliche Tätigkeit zumutbar oder unzumutbar sei; diesem Aspekt werde bereits dadurch Rechnung getragen, dass der Kläger seinen Anspruch auf Berufsunfähigkeitsrente nicht verliere, obwohl er in dem Beruf, dessen Ausübung ihm in Anbetracht seines Gesundheitszustandes eigentlich nicht abverlangt werden könne, arbeite. Anknüpfungspunkt für die Kürzung der Berufsunfähigkeitsrente sei vielmehr die Tatsache und die Höhe des Hinzuverdienstes.

Der Gleichheitssatz sei auch nicht deswegen verletzt, weil eine Rentenkürzung nicht stattfinde, wenn ein Behinderter in einer anerkannten Behindertenwerkstätte gegen Entgelt beschäftigt sei (§ 96 a Abs.1 Nr.2 SGB VI), da der in dieser Vorschrift geregelte Sachverhalt dem vorliegenden Sachverhalt nicht vergleichbar sei, weil der Kläger auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sei. Auch eine Verletzung des Art.2 Abs.1 GG liege nicht vor, da dem Kläger das Recht zur Teilhabe am Berufsleben durchaus nicht genommen werde.

Mit dem Rechtsmittel der Berufung verfolgt der Kläger sein bisheriges Begehren weiter und begründet dieses wie bereits in erster Instanz. Die Beklagte wies darauf hin, dass Berufunfähigkeit bedeute, dass der Rentenempfänger durchaus noch arbeiten könne, wenn auch nicht mit der gleichen Arbeitszeit oder -qualifikation. Die Rente wegen Berufsunfähigkeit umfasse zwei Drittel der Erwerbsunfähigkeitsrente, die den vollen Lohn ersetzen solle. Es erscheine daher mehr als angemessen, dass bei einem Entgelt von 4.234,00 DM monatlich eine Verringerung der Rente erfolge, insbesondere wenn man bedenke, dass neben einer vollen monatlichen Berufsunfähigkeitsrente ein Entgelt von 3.446,17 DM ab 01.01.2001 bezogen werden könnte bzw. ab 01.01.2002 ein Engelt von 1.795,73 Euro monatlich. Die Beklagte teilte auf Anfrage des Senats mit, dass bislang keine weiteren "Kürzungsbescheide" erteilt worden seien, und legt die Fragebögen über die Einkommensprüfung (Mai 2001), die Auskunft des Arbeitgebers über den Lohn des Klägers von Mai 2000 bis Mai 2001 sowie eine Aufstellung über die Hinzuverdienstgrenzen und die aktuellen Rentenwerte jährlich seit dem Jahre 2001 vor. Der Kläger wiederum übersandte dem Senat die gewünschte Einkommensaufstellung, in der von Januar 2001 bis März 2004 die monatlich erzielten Entgelte aufgelistet sind.

Der Senat hat den Kläger wiederholt auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, zuletzt auf das Urteil vom 28.04.2004 - B 5 RJ 60/03 R - zur fehlenden Verfassungswidrigkeit der Anrechnungsvorschriften des SGB VI hingewiesen; jener hielt die Berufung aufrecht, weil er beabsichtige, mit guten Gründen Verfassungsbeschwerde einzulegen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts München vom 03.05.2002 sowie den Bescheid der Beklagten vom 10.11.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.03.2001 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm weiterhin volle Rente ohne Anrechnung des Einkommens zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt im Hinblick auf die Ausführungen des Sozialgerichts,

die Berufung zurückzuweisen.

Dem Senat lagen zur Entscheidung die Streitakten beider Rechtszüge sowie die zu Beweiszwecken beigezogene Versichertenakte der Beklagten vor. Zur Ergänzung des Tatbestandes, insbesondere hinsichtlich des ausführlichen Vortrags des Klägers in erster und zweiter Instanz und hinsichtlich der umfangreichen Begründungen im angefochtenen sozialgerichtlichen Urteil, wird hierauf Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143 f., 151 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -) ist zulässig, jedoch unbegründet.

Auch der Senat ist zu der Überzeugung gelangt, dass die Berechnung der dem Kläger zustehenden Rentenzahlungen für die Zeit ab 01.01.2001 gesetzesentsprechend erfolgt ist und der behauptete Verstoß der Berechnungsvorschriften des SGB VI gegen Artikel des Grundgesetzes nicht überzeugend erscheint.

1. Die von der Beklagten erteilten und streitgegenständlichen Bescheide sind nicht wegen Anhörungsmangels rechtswidrig. Es muss nicht mehr darauf abgestellt werden, dass der Kläger vor dem 01.01.2001 bzw. vor Erteilung der streitgegenständlichen Bescheide bereits Kenntnis von der durchzuführenden Anrechnung seines Einkommens hatte. Gemäß § 24 Abs.2 Nr.3 SGB X kann von der Anhörung abgesehen werden, wenn von den tatsächlichen Angaben eines Beteiligten, die dieser in einem Antrag oder in einer Erklärung gemacht hat, nicht zu seinen Ungunsten abgewichen werden soll (so Urteil des BSG vom 06.03.2003 - B 4 RA 35/02 R in SozR 4-2600 § 313 Nr.1 gerade in Bezug auf die Anrechnung von Einkommen auf die Berufsunfähigkeitsrente). Diese Ausnahmevorschrift greift hier ein.

2. Die Beklagte hatte die Anrechnung entsprechend den Vorschriften des SGB VI korrekt durchgeführt. In den Jahren von 1996 bis 2000 bestimmte § 43 Abs.5 SGB VI alte Fassung (a.F.), dass Renten wegen Berufsunfähigkeit abhängig vom erzielten Hinzuverdienst in voller Höhe, in Höhe von zwei Drittel oder in Höhe von einem Drittel geleistet werden. Das Nähere hierzu ergab sich aus § 96 a Abs.2 Nr.2 SGB VI a.F.; § 302 b SGB VI a.F. ordnete an, dass für Versicherte, deren Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vor dem 01.01.1996 begonnen hat, für diese Rente die Hinzuverdienstgrenze nach § 96 a SGB VI bis zum 31.12.2000 nicht gelte. § 313 Abs.1 SGB VI in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung ordnet die Anwendung der Kürzungsregelungen auch an für die ab 01.01.2001 anstelle der bisherigen Renten wegen Erwerbs- und Berufsunfähigkeit eingeführten Renten wegen Erwerbsminderung. Abs.2 und Abs.7 legen die Hinzuverdienstgrenze fest und bestimmen ausdrücklich, dass diese nur nicht für Rentenaltfälle bis zum Dezember 2000 anwendbar seien. Die alte wie auch die neue Regelung beziehen sich nicht auf das Renten-stammrecht und beinhalten keinen Aufrechnungseinwand, sondern sind als einzelanspruchsvernichtender Übersicherungseinwand ausgestaltet, der das Stammrecht unberührt läßt. Die Feststellung des Überschreitens einer bestimmten Hinzuverdienstgrenze bei einer Rente wegen Berufsunfähigkeit setzt eine monatliche Gegenüberstellung des für den jeweiligen Monat erzielten Hinzuverdienstes mit dem in § 313 Abs.3 Nr.2 SGB VI ausgestalteten drei Gruppen von individuellen Hinzuverdienstgrenzen für den Bezug der vollen Rente, der 2/3-Rente und der 1/3-Rente voraus, wobei das zweimalige Überschreiten der Verdienstgrenze im Laufe eines Kalenderjahres außer Betracht bleibt.

Der Kläger hat von Januar 2001 bis März 2004 und weiter ein monatliches Arbeitsentgelt zwischen 2.164,86 Euro und 2.339,20 Euro erzielt, wenn die Entgelte im Mai und November eines jeden Kalenderjahres (4.422,21 Euro bis 4.574,20 Euro) außer Betracht bleiben. Damit wird die Grenze von 1.762,00 Euro, 1.795,73 Euro, 1.795,93 Euro, 1.834,46 Euro, 1.834,46 Euro und 1.853,61 Euro der vom 01.01.2001 bis 30.06.2004 geltenden Hinzuverdienstgrenzen überschritten; dies trifft weiterhin ab Juli 2004 zu, da die maßgebende Verdienstgrenze von bisher 1.853,61 Euro sich allenfalls unwesentlich erhöht und der Kläger mit einem mutmaßlichen Entgelt von 2.339,20 Euro oder mehr sich weit darüber bewegt.

Das Einkommen des Klägers liegt aber andererseits unter der von 2000 bis 2004 geltenden Verdienstgrenze zwischen 2.349,33 Euro und 2.471,48 Euro, bei deren Überschreiten die Berufsunfähigkeitsrente nur mehr zu einem Drittel zur Auszahlung käme. Bei der monatlichen Gegenüberstellung von Hinzuverdienstgrenze und Arbeitsentgelt ergibt sich, dass die Berufsunfähigkeitsrente zu zwei Drittel auszuzahlen gewesen ist, das heißt, um ein Drittel gekürzt werden musste. Die Berechnung der Beklagten ist, dies gilt auch für die Bestimmung der Hinzuverdienstgrenze durch Multiplikation der Entgeltpunkte von 1,3512 mit dem 52,5-fachen bzw. 70-fachen des maßgebenden aktuellen Rentenwerts, richtig.

3. Der Senat ist von der Verfassungswidrigkeit der Anrechnungsvorschriften des SGB VI nicht überzeugt.

Hinsichtlich des Grundrechts auf Eigentum liegt eine zulässige Bestimmung des Inhalts und der Schranken des Eigentums für Berechtigte vor, die einen Hinzuverdienst über den festgelegten Grenzen erzielen; deren Rechtsposition wurde umgestaltet.

Schrankenbestimmungen müssen stets verhältnismäßig sein, und der Eingriff in individuell entstandene Rechte und Anwartschaften muss im angemessenen Verhältnis zu dem mit dem vom Gesetz verfolgten verfassungsmäßigen Zweck stehen; darüber hinaus bedarf es auch eines Sachgrundes, der Art und Ausmaß der Abweichung von der Normalregelung rechtfertigt. Diesen Anforderungen wird die Gesetzesänderung im SGB VI hinsichtlich der Berufsunfähigkeitsrenten gerecht. Der sogenannte "Übersicherungseinwand" ist dazu bestimmt, die Funktion des Ersatzes von versichertem Erwerbseinkommen der Rente wegen Berufsunfähigkeit zu stärken; es soll verhindert werden, dass durch Rente und Hinzuverdienst aus einer Beschäftigung oder Erwerbstätigkeit ein (weitaus) höheres Gesamteinkommen erzielt werden kann als vor dem Eintritt des Versicherungsfalls bzw. des Leistungsfalles versichert war. Versicherungsgegenstand war der beitragspflichtige Arbeitsverdienst (mit einer Rentenabsicherung im Bezug auf Berufsunfähigkeit zu zwei Drittel der Vollrente), und lediglich bei Verlust oder Minderung ist ein Ausgleich zu erbringen. Soweit eine Übersicherung nach altem Recht bestand, war der Gesetzeszweck verfehlt, und lediglich bei Verlust oder Minderung war ein Ausgleich zu erbringen. Der Gesetzeszweck war verfehlt, und eine Korrektur erscheint sachlich gerechtfertigt.

Eine Übersicherung kann erst dann vorliegen, wenn der Versicherte wesentlich mehr als bei Vollversicherung (3/3-Rente wie bei Rente wegen Erwerbsunfähigkeit oder Altersrente) hinzuverdient, also um mehr als ein Drittel in den Rentenfällen bis zum Jahre 2000 (um mehr als die Hälfte bei Rentenneuzugängen ab dem Jahre 2000). Gemessen an diesem Sicherungsziel hat der Gesetzgeber mit den Hinzuverdienstgrenzen bei Renten wegen Berufsunfähigkeit eine die Rentenbezieher keinesfalls übermäßig belastende Regelung getroffen. Obwohl nach den gesetzlichen Vorgaben von Anfang an dem Anspruch auf Berufsunfähigkeitsrente stets die Hinnahme eines zumutbaren Mindereinkommens immanent war, tritt eine "Kürzung" der Rente und auch dann nicht sofort der Wegfall erst dann ein, wenn der Versicherte aus Hinzuverdienst und Berufsunfähigkeitsrente ein Einkommen hat, das wesentlich mehr als das 1,5-fache (bei Rentenneuzugängen ab dem Jahre 2001 das Doppelte) des vollen Werts des Rechts auf Berufsunfähigkeitsrente beträgt. Der Gesetzgeber hat insoweit zu moderaten Grenzen gegriffen, wie sich auch an den Auswirkungen beim Kläger zeigt; so wurde die Rentenzahlung erst dann um ein Drittel auf 1.027,10 DM (im Jahre 2001) gekürzt, als der Kläger einen Hinzuverdienst von über 3.446,17 DM erzielte. Denn die erste Kürzungsstufe wird in der Regel erst dann überschritten, wenn die durchschnittliche Berufsunfähigkeitsrente zusammen mit dem Hinzuverdienst über dem bisherigen (fiktiv fortgeführten) Nettoeinkommen vor Eintritt des Versicherungsfalls bzw. Leistungsfalls liegt.

Auch sozialpolitische Ziele wie die Herstellung einer generationenübergreifenden Belastungsgerechtigkeit rechtfertigen nach einer Übergangsfrist die Modifizierung von Bestandsrenten.

Wenn der Gesetzgeber im Hinblick der desolaten Grundlagen für die Finanzierung von Renten den "Übersicherungseinwand" als sachgerechten Grund für eine Einschränkung der Ausgaben im Bereich der Berufsunfähigkeitsrenten nimmt, ist dies nicht zu beanstanden. Das Gegenargument des Klägers, durch die Kürzung seiner Berufsunfähigkeitsrente werde das Rentenversicherungssystem nicht gerettet, geht fehl. Berücksichtigt werden müssen mehrere "Pakete" von Sparmaßnahmen, mit denen der Gesetzgeber seit Jahren die Rentenversicherung konsolidieren will und bereits erhebliche, wenn auch noch nicht ausreichende Einsparungen erzielt hat, nebenbei im Übrigen auch durch neue Regelungen über die Anrechnung von Einkommen im Hinterbliebenenrecht. Wenn bei Sparmaßnahmen insbesondere auf neuralgische oder unstimmige Regelungen zurückgegriffen wird, bei denen das Rentenversicherungsrecht "überschießende Tendenzen" gezeigt hat (vgl. z.B. die ehemaligen überzogenen Leistungsgruppen nach dem Fremdrentengesetz alte Fassung) und/oder das Sozialleistungsprinzip gegenüber dem Beitragsprinzip überbetont wurde (vgl. z.B. die ehemaligen Ausfallzeiten), so ist es nicht zu beanstanden, dass eine Rückbesinnung auf das Beitragsprinzip und wichtige Grundfragen der Versicherung (Welches Risiko ist versichert?, Welche Versicherungsleistungen sind systemimmanent und als Ausgleich eines "Schadens" zu erbringen? Entsprechen die Beiträge den Leistungen?) erfolgt. Maßgebende Frage ist nicht diejenige, ob eine einzige, zufälligerweise den Kläger betreffende Maßnahme die dem bisherigen Versicherungssystem drohenden Gefahren abwenden oder mindern kann, sondern ob die Summe aller Maßnahmen hierfür geeignet sind, was nach der Berechnung des gesamten Spareffekts zu bejahen ist; dass bestimmte Einschränkungen der Renten wegen Berufsunfähigkeit ebenfalls eine geeignete Maßnahme im Rahmen der gesamten Regelung darstellen, steht außer Frage. Der mit der neuen Regelung für Bestandsrentner wie den Kläger verbundene Verlust bzw. sein eigenes persönliches Interesse überwiegt demnach nicht die Bedeutung des gesetzlichen Anliegens für das Wohl der Allgemeinheit.

Auch der vom Kläger behauptete, im wirtschaftlichen Ergebnis angeblich erfolgte Bruch einer in der Rentenversicherung erfolgten Zusage, weil kein sozialrechtlich relevanter Doppelbezug wie bei Zusammentreffen von Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung und Unfallversicherung mit teilweise zweckähnlichen Versicherungsleistungen (Nachteilsüberkompensationen - Überversorgung) vorliege, ist nicht ersichtlich. Der Einwand der "Überversorgung" (teilweise doppelte "Entschädigung" allein durch Sozialleistungen) und der "Übersicherungseinwand" (von dem Versicherungsgedanken nicht abgedecktes, aber bisher entschädigtes Risiko) sind tatsächlich Gedanken auf zwei verschiedenen Ebenen, und jeder für sich vermag auf seinem Gebiet eine Leistungseinschränkung zu begründen. Es gibt keinen allgemeingültigen Rechtssatz, eine Schrankenbestimmung dürfe nur bei Überversorgung erfolgen und sei ansonsten verboten.

Die "Zusage", dass durch Rentenbeitragszahlung eine "prozentuale Rangstelle" im Vergleich zu den anderen Beitragszahlern erworben wird, und diese Rangstelle, ausgedrückt in sogenannten Entgeltpunkten, in Relation zu dem künftigen Durchschnittsentgelt der Versicherten den solchermaßen bezifferbaren Wert des Rechts auf künftige Rente ergibt, ist vom Gesetzgeber auch eingehalten worden. Dieses Recht wird keinesfalls dem Grunde nach beeinträchtigt; lediglich die Höhe der tatsächlichen Rentenzahlung kann durchaus bei Hinzutreten besonderer Umstände gemindert werden, wobei der Wert des Anspruchs erhalten bleibt, wie sich daran zeigt, dass der Anspruch auf volle Zahlung bei Wegfall dieser besonderen Umstände ohne weiteres besteht.

Art.3 des Grundgesetzes erscheint ebenfalls nicht verletzt. Alle vorzeitigen Renten wegen geminderter Erwerbsfähigkeit sind von Hinzuverdienstgrenzen abhängig; ausgenommen sind Regelaltersrentner, mit denen sich der Kläger nicht vergleichen kann. Ebenso hinkt der Vergleich mit einem Bezieher von Rente wegen Berufsunfähigkeit, der nicht weiter arbeiten will oder kann, denn die Berufsunfähigkeitsrente ist nunmehr auf Hinzuverdienst angelegt und nur dieser führt - erst bei Überschreitung der Grenzen - zu einer Beschränkung (oder dem Wegfall) des monatlichen Zahlbetrags. Insbesondere eine Ungleichbehandlung gegenüber Berufsunfähigkeitsrentnern, die nicht zu Lasten der Gesundheit arbeiten, ist nicht ersichtlich. Gerade der Tatbestand, ob eine Arbeit zu Lasten der Gesundheit erfolgt (beim Kläger durchaus zweifelhaft) oder unter außerordentlichem Kraft- und Energieaufwand (dies dürfte beim Kläger eher zutreffen), oder diese Umstände nicht vorliegen, ist kein gesetzliches Kriterium für die Rentenkürzung. Es werden alle Bezieher von Berufsunfähigkeitsrenten gleich behandelt, wobei bei allen - im Übrigen ohne die vom Kläger erwähnte Bedarfsprüfung - gleiche Grenzen durch das Erwerbseinkommen entsprechend dem versicherten Risiko und dem Sinn und Zweck der Versicherungsleistungen gesetzt werden.

Eine willkürliche Behandlung der Rente des Klägers ist nicht ersichtlich. Insoweit decken sich die Sachgründe, die Art und Ausmaß der Abweichung von der Normalregelung und damit eine Schrankenbestimmung im Sinne des Art.14 GG rechtfertigen, auch mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen, welche durch den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz gestellt werden.

Nachdem die Gesetzesänderung im SGB VI auch nicht darauf abzielt, das Recht zu beeinträchtigen, am Leben der Gemeinschaft durch Teilnahme am Berufsleben teilzunehmen, erübrigt sich bereits deshalb ein näheres Eingehen auf Art.12, 1 und 2 GG. Im Übrigen ist dem Senat nicht ersichtlich, dass dem Kläger durch die Neuregelung der Berufsunfähigkeitsrenten der Zugang zum Erwerbsleben verschlossen oder die Berufsausübung erschwert wurde.

Zur weiteren Begründung wird auf die Gründe im angefochtenen Urteil des Sozialgerichts Bezug genommen (§ 153 Abs.2 SGG). Der Senat stützt sich ferner auf die Ausführungen des Bundessozialgerichts in vier Urteilen (BSG vom 17.12.2002 - B 4 RA 23/02 R in SozR 3-2600 § 96a Nr.1, vom 06.03.2003 - B 4 RA 8/02 R und B 4 RA 35/02 R sowie vom 28.04.2004 - B 5 RJ 60/03 R), die ausführlich auf Verfassungsfragen eingegangen sind.

Daher war die Berufung des Klägers mit der Kostenfolge aus § 193 SGG zurückzuweisen.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG sind nicht ersichtlich. Insbesondere erscheint eine grundsätzliche Rechtsfrage nicht gegeben, nachdem die Argumente des Klägers in mehreren höchstrichterlichen Entscheidungen unter Bezug auf die bisherige Rechtsprechung des BVerfG bereits abgehandelt worden sind.
Rechtskraft
Aus
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