L 14 RJ 602/01

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 5 RJ 608/98
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 14 RJ 602/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 3. Juli 2001 und der Bescheid der Beklagten vom 22. Mai 1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. August 1998 werden aufgehoben.
II. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig zwischen den Beteiligten ist die Frage, ob die Beklagte die Bewilligung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit wegen wesentlicher Änderung der Verhältnisse mit Wirkung ab 01.06. 1998 aufheben durfte.

Der im Jahre 1955 geborene Kläger, ein gelernter Maurer, war in seinem Beruf bis Dezember 1988 versicherungspflichtig beschäftigt, wobei ab dem Jahre 1983 gehäuft längere Zeiten der Arbeitslosigkeit und Arbeitsunfähigkeit auftraten.

Im Jahre 1980 wurde er an einem Parotistumor links operiert (Entfernung der Ohrspeicheldrüse mit einem Gefäßgeschwulst), wobei der aus der Nervenwurzel C2 und C3 versorgte Nervus auricularis peripher beschädigt wurde. Seitdem klagte der Kläger ständig über Schmerzen in der linken Gesichtshälfte und Kopfschmerzen und wurde deswegen auch häufig stationär und ambulant behandelt. Im Februar 1987 erfolgte die Entfernung eines Neuroms, das sich an dem durchtrennten Nervenast gebildet hatte; laut Kläger soll dadurch die Berührungsempfindlichkeit der Operationsnarbe und der dadurch ausgelöste elektrisierende "reißende" Schmerz verschwunden sein, die übrigen Schmerzen hingegen nicht.

Nach dem im Oktober 1987 gestellten Rentenantrag ließ die Beklagte ihn von der Internistin Dr.L. untersuchen. Diese stellte in ihrem Gutachten vom 16.02.1988 u.a. auf Grund beigezogener ärztlichen Unterlagen ein operativ behandeltes Gefäßgeschwulst der Ohrspeicheldrüse (herabgesetzte Berührungsempfindlichkeit der linken Gesichtshälfte, eindeutige Ausfälle im Fa- cialisbereich nicht feststellbar) und eine unübersehbare neurotische Entwicklung (psychische Alteration und daraus resultierende Fehlverarbeitung der sicher noch vorhandenen Restbeschwerden) fest. Auf Grund der neurotischen Entwicklung könne dem Kläger der erlernte Beruf als Maurer nicht zugemutet werden; er sei fähig, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig leichte Arbeiten ohne besonderen Zeitdruck (Schicht- und Akkordarbeit), ohne Schicht- bzw. Nachtdienst und ohne häufige Wendebewegungen des Kopfes zu verrichten und sei demnach auch in Verweisungsberufen (Tätigkeiten im Baustoffhandel oder in einem Magazin) einsetzbar. Auf dieser Grundlage lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 15.03.1988 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.05.1988 die Rentengewährung ab, weil der Kläger nicht mehr als Maurer, aber als Werkzeugausgeber, Magazinverwalter und Verkaufsberater in einem Baumarkt noch tätig sein könne.

Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht München S 6 Ar 419/88 diagnostizierte der Neurologe und Psychiater Dr.M. in seinem Sitzungsgutachten vom 20.04.1989 eine neurotische Entwicklung nach operativ behandelter Geschwulst der linken Ohrspeicheldrüse (ausgeprägtes Schmerzsyndrom, wobei jetzt eine erhebliche neurotische Entwicklung und eine Ausweitung des Komplexes unübersehbar sei), und hielt den Kläger für fähig, leichte, mittelschwere und auch schwere Arbeiten vollschichtig zu verrichten; vermieden werden sollten wegen der verminderten psychischen Belastbarkeit Arbeiten unter Akkord-, Schicht- und Stressbedingungen sowie Arbeiten auf Leitern und Gerüsten. In der Verhandlung am 20.04.1989 vertrat Dr.M. die Auffassung, der Kläger sei noch in der Lage, neurosebedingte Arbeitshemmnisse aus eigenem Willen zu überwinden. Das Sozialgericht wies daraufhin die Klage mit Urteil vom 20.04.1989 ab.

Im Berufungsverfahren L 5 Ar 583/89 erstellte der Neurologe und Psychiater Dr.G. - nach Beiziehung ärztlicher Unterlagen seitens des Senats - das Gutachten vom 06.01.1990. Dem Sachverständigen gegenüber gab der Kläger ständige Schmerzen ausgehend vom Unterkieferwinkel links über die linke Kopfseite an, weiterhin Kopfschmerzen von der Gesichtshälfte links bis über die Stirn, den gesamten Kopf und den Hinterkopf einschließlich Schmerzen durch Reden, Essen und Arbeiten, weiterhin eine Schwindelgefahr vor allem, wenn der Schmerz stark würde. Vorgetragen wurden weiterhin ausstrahlende Schmerzen in die Schultern beidseits, vor allem links, sowie eine niedergedrückte Stimmung. Die angegebenen und bei der Untersuchung auch demonstrierten Beschwerden hielt der Sachverständige auf Grund einer organischen Ursache nicht für glaubhaft. Es lägen nicht übersehbar eine Einengung und Fixierung auf die Beschwerden sowie auch eine Neigung zur Ausgestaltung des Beschwerdebilds vor, wobei eine depressive Symptomatik zu verneinen sei. Vielmehr handele es sich um eine neurotische Entwicklung, möglicherweise verursacht durch Potenz- und Eheprobleme, auf Grund derer der Kläger seine Leistungsinsuffizienz demonstriere, um sich allen sozialen und familiären Anforderungen zu entziehen. Auf Grund seiner Gesundheitsstörung könne der Kläger keine körperlich schweren Arbeiten sowie Arbeiten unter Zeitdruck, in Schicht und im Akkord leisten. Wegen der Unzumutbarkeit schwerer Arbeiten könne der Kläger die Berufstätigkeit eines Maurers nicht ausüben; er sei jedoch als Lagerverwalter oder Hausmeister einsetzbar.

Hierzu ließ der Kläger von Prof. Dr.S. (Neurologische Klinik des Krankenhauszweckverbands A.) am 18.04.1990 dahingehend Stellung nehmen, dass Gesundheitsstörungen auf neurologischem Fachgebiet zu Unrecht von Dr.G. verneint worden seien. Schließlich liege eine Schädigung des Nervus auricularis magnus und des Nervus auriculo temporalis vor, wobei diese sensiblen Nerven die Hautpartie im Bereich des Ohres sowie der Kiefergelenkkapsel versorgten. Hierauf sei ein persistierendes Schmerzsyndrom zurückzuführen, wobei die Ausweitung des Schmerzsyndroms und eine neurotische Fehlentwicklung nicht ungewöhnlich und verständlich seien.

Während des Rechtsstreits wurde eine Beschäftigung des Klägers als Hausmeister im Hotel B. in R. seit 07.05.1990 bekannt. Hierzu erklärte der Kläger in der mündlichen Verhandlung am 17.07.1990, er verrichte verschiedene Arbeiten, vom Koffertragen bis zu kleinen Reparaturarbeiten, er sei aber nach jeder Arbeit wegen Überanstrengung und der ständigen Schmerzen erledigt und hierdurch überfordert.

Mit Urteil vom 17.07.1990 verpflichtete der 5. Senat des BayLSG die Beklagte, dem Kläger ab 01.10.1987 Rente wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren, wobei aus den Urteilsgründen hervorgeht, dass Berufsunfähigkeit bereits seit April 1980 (Operation) vorliegen solle. Wegen seiner neurotischen Fehlhaltung könne der Kläger nicht mehr schwere Arbeiten verrichten und als Maurer tätig sein; Verweisungstätigkeiten wie z.B. Baustellenmagaziner, Fachverkäufer in Baustoffhandlungen, Disponent in großen Baustofffirmen, Hilfsbauführer, Abrechnungstechniker, Baumaschinist, Material- und Lagerverwalter, Verkäufer in Fachgeschäften, Fachberater in einem Baumarkt oder Hauptpförtner seien dem Kläger wegen seines eingeschränkten Erwerbsvermögens oder der in diesen Tätigkeiten geforderten Kenntnisse und Fähigkeiten nicht mehr zugänglich. Bei der Beschäftigung als Hausmeister handele es sich um eine Tätigkeit, die ein Ungelernter binnen einer Anlernzeit von drei Monaten ausüben könne. Auf höherer Ebene seien die Qualifikation und die Fähigkeit für Reparaturarbeiten erforderlich, diese Arbeiten seien dem Kläger aber nicht mehr zumutbar.

Mit Bescheid vom 18.03.1991 führte die Beklagte das Urteil aus und gewährte Rente wegen Berufsunfähigkeit ab 01.10.1987 (monatlich 870,39 DM) auf Grund eines Versicherungsfalls vom 20.04.1980.

Zwei Heilverfahren in der Reha-Klinik B. im Oktober/November 1990 und Juni/Juli 1992 brachten hinsichtlich der Gesundheitsstörungen des Klägers keine Abhilfe. Wurden während der ersten stationären Behandlung noch verschiedene Beschwerden als organisch-bedingt angesehen, so wurde beim zweiten Aufenthalt ein "atypischer Gesichtsschmerz links" diagnostiziert mit den Hinweisen, dass der Kläger fixiert auf seine Beschwerden sei und vermutlich ein sekundärer Krankheitsgewinn und eine Abwehrhaltung bei psychologischer Betreuung vorlägen.

Vom 07.05.1990 bis 06.01.1992, 08.09.1992 bis 23.03.1993 und 14.04.1993 bis 05.04.1994 war der Kläger als Hausmeister im Hotel B. tätig, wobei sehr häufige und zum Teil sehr erhebliche Zeiten der Arbeitsunfähigkeit vorlagen. In Zeiten, in denen der Kläger nicht beschäftigt war oder Arbeiten tatsächlich nicht verrichtete, bezog er Krankengeld und Arbeitslosengeld. Anlässlich von Rentenkontrollen gaben der Arbeitgeber und der Kläger an, es handle sich um leichte Hausarbeiten von einmal sechs und einmal acht Stunden täglich bzw. um eine Hausmeistertätigkeit ohne schwere Arbeiten. Die Beschäftigungsverhältnisse waren der Beklagten u.a. auch durch Meldungen des Arbeitsamts S. bekannt. Bekannt wurde auch infolge einer Mitteilung der Bau-Innung C. vom 15.06.1994, dass der Kläger in eigener Regie ein 9-Familienwohnhaus errichte, angeblich das Maurerhandwerk in größerem Umfange ausübe und über einen größeren Maschinen- und Gerätepark verfügen solle, jedenfalls aus diesem Anlass wegen unberechtigter Gewerbeausübung bzw. Schwarzarbeit eine Überprüfung stattfinde. Die Beklagte sah im Hinblick auf die Beschäftigungen und Tätigkeiten des Klägers aus medizinischen Gründen keine Veranlassung, insoweit tätig zu werden.

Im Januar 1996 teilte die Ehefrau des Klägers der Beklagten auf Anfrage mit, jener arbeite bei ihr ab 02.11.1995 als Hausmeister sechs Stunden täglich. Durch Schreiben der Bau-Innung C. vom 26.06.1996 erhielt die Beklagte Kenntnis, dass der Kläger ein 15-Familienwohnhaus mit mehreren Arbeitnehmern errichte und derzeit wegen unberechtigter Gewerbeausübung bzw. Schwarzarbeit ermittelt werde. Nach späteren lediglich telefonischen Ermittlungen der Beklagten ab Oktober 1996 soll der Kläger eine Gerüstverleihfirma angemeldet haben, aber in Wirklichkeit Bauarbeiten bzw. Maurerarbeiten als Selbständiger mit Arbeitnehmern durchführen. Weil er kein Meister sei, werde wegen Schwarzarbeit bzw. unberechtigter Gewerbeausübung ermittelt.

Bereits im Juni 1996 sah die Leistungsabteilung der Beklagten eine Nachuntersuchung des Klägers als geboten an. Nach Beiziehung ärztlicher Unterlagen erstellte der Neurologe und Psychiater Dr.M. das Gutachten vom 20.09.1996. Bei der Anamnese gab der Kläger an, das 9-Familienhaus (1994) und das 15-Familienwohnhaus (1996) seien nicht von ihm, sondern von Fremdfirmen gebaut worden, er selbst habe keine Bauarbeiten durchgeführt. Dr.M. diagnostizierte eine neurotische Fehlentwicklung, ein operativ behandeltes Gefäßgeschwulst der Ohrspeicheldrüse und einen Zustand nach Konsolidierung einer Querfortsatzfraktur links Lendenwirbelkörper 2 und 3. Die Wirbelkörperfrakturen, beruhend auf einer Verletzung beim Eigenheimbau, seien folgenlos ausgeheilt, und die neurologische Untersuchung habe wie bereits im Jahre 1990 Sensibilitätsstörungen an der linken Gesichts- und Kopfhälfte sowie im Bereich der linken Schulter und des linken Oberarmes ergeben. Im Vergleich zum Gutachten des Dr.G. vom 06.01.1990 sei keine Befundänderung eingetreten. Allerdings werde die Meinung vertreten, dass der Versicherte in der Lage sei, schwere Arbeiten ohne Akkordarbeit vollschichtig zu verrichten und auch im erlernten Beruf des Maurers tätig zu sein. Das Ergebnis des Gutachtens wurde durch die Unterschrift des Nervenarztes Dr.L. vom 26.09.1996 als Leiter des Ärztlichen Dienstes der Beklagten bestätigt. Zweimalige Rückfragen der Leistungsabteilung der Beklagten bei Dr.L. im November 1996 führten zu der Aussage, dass an der Beurteilung des Dr.M. weiterhin festgehalten werde und ein Besserungsnachweis nicht zu führen sei. In Kenntnis dessen veranlasste der zuständige Referent nach Rücksprache mit dem Abschnittsleiter gleichwohl, ein Verfahren wegen Rentenentziehung einzuleiten. Mit Schreiben vom 26.11.1996 wurde dem Kläger die Absicht mitgeteilt, die Berufsunfähigkeitsrente nach § 48 des Sozialgesetzbuches Teil X (SGB X) rückwirkend ab 01.06.1996 zu entziehen, weil nach den vorliegenden Erkenntnissen der Kläger seit Mai 1996 im Rahmen einer Baufirma den erlernten Beruf als Maurer wieder ausübe bzw. zumindest am Bau aufsichtsführend tätig sei und somit über einen zustandsangemessenen Arbeitsplatz verfüge. Der Kläger nahm hierzu dahingehend Stellung, dass er weder eine Baufirma betreibe noch am Bau aufsichtsführend tätig sei. Seine Ehefrau habe Mehrfamilienhäuser erstellt, und er sei lediglich zeitweilig als Hausmeister bei ihr angestellt gewesen, um Hausmeistertätigkeiten für die Mehrfamilienhäuser zu tätigen. Auf Grund anhaltender gesundheitlicher Probleme sei auch diese Tätigkeit beendet worden.

Nach Ermittlungen der Beklagten hatte der Kläger vom 01.09.1995 bis 13.04.1997 eine Firma zum Verleih von Gerüsten und Schalungsmaterial sowie den Vertrieb von Reinigungsmittel angemeldet; die Firma wurde anschließend auf die Ehefrau umgemeldet. (Laut der im späteren Klageverfahren vorliegenden Gewerbeummeldung wurde die Tätigkeit "Verkaufsvermittlung von Reinigungsmittel" von Anfang an von der Ehefrau ausgeführt und kam bereits am 01.04.1996 der Gerüst- und Baumaschinenverleih hinzu.) Ferner bestand ab 19.11.1996 der Eintrag der S.-Bau-GmbH im Handelsregister, wobei die Ehefrau des Klägers sowohl Geschäftsführerin als alleinige Gesellschafterin gewesen ist. Als Betriebsleiter wurde ein Herr M. aus C. geführt. Zu den Akten der Beklagten gelangte auch ein Anhörungsschreiben des Landratsamts C. vom 20.08.1997 wegen Ordnungswidrigkeit. Hierin wurde dem Kläger vorgeworfen, (vor dem 19.11.1996) mit drei Leuten ein 15-Familienhaus errichtet zu haben, obwohl er damals nicht in die Handwerksrolle eingetragen war, auch über keine Meisterprüfung verfügte und keinen Meister beschäftigt hatte, so dass er zur selbständigen Ausführung der Maurerarbeiten nicht berechtigt gewesen war.

Die Beklagte veranlasste eine weitere Nachuntersuchung des Klägers. Der Nervenarzt Dr.S. kam in seinem Gutachten vom 28.10.1997 zu dem Ergebnis, dass beim Kläger Sensibilitätsstörungen vorlägen, die sicherlich überwiegend psychisch bedingt seien. Vorrangig sei eine neurotische Entwicklung mit somatoformer Schmerzstörung, wobei die psychischen Störungen nicht so stark seien, als dass sie nicht mit zumutbarer Willenanstrengung überwunden werden könnten. Die Beschwerdeschilderung des Klägers sei deutlich akzentuiert. Ihm seien schwere Arbeiten vollschichtig ohne Akkord, auch als Maurer, zumutbar. Im Vergleich zum Vorgutachten des Dr.G. sei keine wesentliche Änderung eingetreten, aber es habe sich auch trotz jahrelanger Schmerzsymptomatik kein algogenes Psychosyndrom (depressive Symptomatik, vermehrte Reizbarkeit) ausgebildet. Es sei also anzunehmen, dass sich der Versicherte gut an die Schmerzen angepasst habe. Der Kläger wurde ferner vom Chirurgen Dr.B. untersucht, wobei er u.a. Kreuzschmerzen beim Bücken und Tragen angab. Zusammenfassend kam Dr.B. in seinem Gutachten vom 30.10.1997 zu den Diagnosen: abnorme seelische Entwicklung mit Schmerzstörung ohne krankheitswertiges Ausmaß, wirbelsäulenabhängige Beschwerden bei altersüblichen Aufbrauchserscheinungen ohne wesentliche Funktionseinschränkung, verheilte und konsolidierte Querfortsatzfraktur 2 und 3 ohne Komplikationen oder Spätfolgen, Zustand nach Entfernung einer gutartigen Parotisgefäßgeschwulst links bei leichten Narbenbeschwerden ohne Komplikationen oder Krankheitswert und toxische Leberparenchymschädigung. Der Kläger sei in seiner Leistungsfähigkeit sicherlich etwas herabgesetzt, könne aber noch schwere Arbeiten - auch als Maurer - vollschichtig ohne Akkordbedingungen ausüben. Dr.L. vom Ärztlichen Dienst der Beklagten bestätigte in seiner Stellungnahme vom 04.11.1997 dieses Leistungsbild. Mit Schreiben vom 02.02.1998 hörte die Beklagte den Kläger erneut zu einer beabsichtigten Rentenentziehung an, weil eine wesentliche Besserung des Gesundheitszustandes festgestellt worden sei. Vormals habe der Kläger nur leichte und mittelschwere Arbeiten verrichten können, jetzt aber auch schwere Arbeiten. Bei der Untersuchung am 24.10.1997 sei eine wesentliche Besserung festgestellt worden. Im Gegensatz zur Voruntersuchung im Jahre 1990 hätte der Kläger jetzt die Schmerzsymptomatik gut verarbeitet und sich an die Schmerzen gut angepasst. Bestätigt werde diese medizinische Feststellung dadurch, dass der Kläger über längere Zeit und in erheblichem Umfang selbständig als stehendes Gewerbe das Maurerhandwerk betrieben habe. So sei er am 29.06. und 13.07.1996 von der Polizei bei selbständig erbrachten Maurerarbeiten an einem 15-Familienwohnhaus in C. angetroffen worden (Bußgeldbescheid des Landratsamts C. vom 21.10.1997).

Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 22.05.1998 entzog die Beklagte die Berufsunfähigkeitsrente mit Ablauf des Monats Mai. Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch machte der Kläger geltend, eine Besserung seiner gesundheitlichen Verhältnisse sei nicht eingetreten. Er sei nur durch ständige Einnahme extremer Schmerzmittel in der Lage, überhaupt geringe Tätigkeiten auszuüben. Insbesondere führten die Schmerzmittel auch dazu, dass er nach deren Einnahme über längere Zeit überhaupt keine Tätigkeit mehr ausüben könne. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sei er daher nicht einsetzbar. Außerdem sei unrichtig, dass er selbständig Maurerarbeiten ausgeführt habe. Der diesbezügliche an ihn gerichtete Bußgeldbescheid sei nicht rechtskräftig und basiere auf einem Missverständnis. Soweit hierin die Rede von einem Arbeitgeber S. die Rede sei, handle es sich um seine Ehefrau.

Der Rechtsbehelf wurde mit Widerspruchsbescheid vom 13.08.1998 zurückgewiesen.

Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Regensburg zog dieses u.a. die Bußgeldakte des Landratsamts C. und die der Staatsanwaltschaft R. (Ordnungswidrigkeitsverfahren) bei. Aus den für die Akten gefertigten Kopien ergab sich, dass die Bau-Berufsgenossenschaft Bayern und Sachsen die Baustelle "revidiert" hatte; am 27.06.1996 seien auf der Baustelle vier Arbeiter (nicht der Bauherr) angetroffen worden, am 28.06.1996 sei die Baustelle unbesetzt gewesen und am 03.07. 1996 sei die Bauherrin angetroffen worden. Von der Polizei selbst ist der Kläger am 29.06. und 13.07.1996 mit Bauarbeitern an der Baustelle angetroffen worden. Vor allem deswegen erging gegen ihn der Bußgeldbescheid vom 21.10.1997. Gegen die Ehefrau des Klägers wurde noch ermittelt, weil sich ergab, dass die auf der Baustelle beschäftigten Arbeiter von der von der Ehefrau ab 01.04.1996 betriebenen Firma Gerüstbau, Gerüstverleih und Baumaschinenverleih angestellt worden sind. Allerdings hatten die Bauherren nur teilweise bzw. zeitweise in Eigenregie Arbeiten ausgeführt, ab 19.11.1996 über eine der Ehefrau gehörende Bau-GmbH mit einem angestellten Meister als Betriebsleiter. Laut einem Sachverhaltsbericht des bearbeitenden Polizeibeamten soll der Kläger laut telefonischer Mitteilung der Baufirma Mühlbauer an der Baustelle Maurerarbeiten ausgeführt haben, was vertraglich nicht vereinbart worden sei, und auch Fremdarbeitern der Firma Mühlbauer unzulässige Weisungen erteilt haben.

Ein vom Kläger gemäß § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) beantragtes Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr.M. (behandelnder Arzt) vom 06.03.2001 führte zu den Diagnosen: Bekanntes HWS-/LWS-Syndrom mit Bandscheibenprotrusion L4 bis S1 sowie Querfortsatzfraktur L1/2 nach Arbeitsunfall 1996, chronisches Schmerzsyndrom mit Spannungskopfschmerzen, Zustand nach Operation eines Neuroms 1994 mit atypischem Gesichtsschmerz links und lang andauernde (leichte) Depression wegen chronischer Schmerzen sowie Schlafstörungen. Der Sachverständige war der Auffassung, der Kläger könne im erlernten Beruf und auch in anderen Tätigkeitsbereichen nur zwei Stunden bis unter halbschichtig eingesetzt werden. Die Beklagte ließ durch die Nervenärztin Dr.K. am 10.04.2001 hierzu Stellung nehmen; demnach soll eine zeitliche Leistungsminderung nicht begründbar sein.

Mit Urteil vom 03.07.2001 wies das Sozialgericht die Klage ab, weil in den gesundheitlichen Verhältnissen eine wesentliche Besserung eingetreten sei. Das Berufungsurteil vom 17.07.1990 habe unter Bezugnahme auf das Gutachten des Dr.G. die Berentung offenbar nicht auf eine organ-neurologisch zu erklärende Ursache, sondern auf psychopathologische Auffälligkeiten gestützt. Zumindest insofern habe sich eine Besserung ergeben. Wie sich aus dem Gutachten des Dr.S. ergebe, lägen keine psychopathologischen Funktionsstörungen mehr vor. Die Stimmungslage des Klägers habe sich bei Dr.S. im Wesentlichen als ausgeglichen dargestellt, eine Affektlabilität sei nicht zu beobachten gewesen, die Psychomotorik sei intakt gewesen und der Antrieb normal. Zwar liege beim Kläger eine neurotische Entwicklung vor, die er aber mit zumutbarer Willensanstrengung überwinden könne. Werde das Ergebnis des Dr.S. mit dem im Jahre 1990 erstellten Gutachten verglichen, müsse eine wesentliche Besserung und Stabilisierung festgestellt werden.

Mit dem Rechtsmittel der Berufung bringt der Kläger vor, in seinen gesundheitlichen Verhältnissen sei seit 1990 keine Besserung eingetreten, vielmehr zwischenzeitlich wegen seiner Wirbelsäulenbeschwerden eine Verschlechterung. Das Sozialgericht sei unrichtigerweise davon ausgegangen, dass er dem Maurerhandwerk nachgehen würde. Richtigerweise habe er zusammen mit seiner Ehefrau ein Mehrfamilienhaus im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus errichtet und sei als Bauherr auf der Baustelle nicht nur anwesend gewesen, sondern habe auf Grund seiner Fachkenntnisse auch Anweisungen erteilt und nach Anforderung auch selbst Hand angelegt. Es sei jedoch ein wesentlicher Unterschied, ob der Bauherr bei eigener Zeiteinteilung und eigener Auswahl der zu verrichtenden Tätigkeiten tätig sei oder als Beschäftigter einer anderen Firma. Keineswegs habe er auf der eigenen Baustelle tage- oder wochenlang eine Tätigkeit als Maurer ausgeübt. Eine handwerklich geschickte Person werde auf der eigenen Baustelle nicht vollkommen untätig sein. Insoweit habe er jedoch seine Arbeitstätigkeit und seine Arbeitszeit vollkommen frei gestalten können. Als abhängig Beschäftigter mit festen Arbeitszeiten, vorgegebenen Arbeiten und gegebenenfalls Überstunden sei er nicht leistungsfähig. Hierzu reicht er Arzt- briefe über ein therapieresistentes Lumbalsyndrom und seinen Schmerzmittelbedarf ein sowie eine Auskunft der AOK Bayern vom 19.12.2001, aus der Beschäftigungszeiten des Klägers bei der Firma S. Verleih von Baumaschinen vom 02.11. bis 21.12.1995, 01.05. bis 12.07.1996 und 09.02. bis 18.04.1999 hervorgehen.

Seinen Arbeitsunfall im Jahre 1996 auf der Baustelle erklärt er damit, dass er in seiner Eigenschaft als Hausmeister die Baustelle bzw. vergessenes Werkzeug von Fremdfirmen aufräumen habe wollen. Er übe auch jetzt noch, 10 bis 15 Stunden täglich, eine Hausmeistertätigkeit aus und kümmere sich um drei Wohneinheiten (Ferienappartements) in dem erstellten Gebäude. Er sei nur einer von vier Hausmeistern.

Der Senat hat zwei Band Akten des Sozialgerichts Regensburg, die Versichertenakte der Beklagten, die Leistungsakten des Arbeitsamts C. und des Arbeitsamts S. , die Schwerbehindertenakten des AVF Regensburg, die Akte der Staatsanwaltschaft R. sowie eine Krankengeschichte des Kreiskrankenhauses C. und Röntgenfilme beigezogen. Aus der Akte der Staatsanwaltschaft ergab sich, dass der Kläger nach Verhängung einer Geldbuße von 5.000,00 DM wegen Ordnungswidrigkeit durch das Urteil des Amtsgerichts C. vom 02.12.1998 und Aufhebung dieses Urteils durch Beschluss des Bayer. Obersten Landesgerichts vom 15.04.1999 mit einem seit 26.11.1999 rechtskräftigen Urteil des Amtsgerichts C. freigesprochen worden ist.

Der Senat hat ferner Befundberichte von den Orthopäden Dr.V. /Dr.L. , vom Neurologen Dr.V. , vom Neurologen und Psychiater Dr.M. und vom Allgemeinarzt Dr.S. von der Gemeinschaftspraxis Dr.D./Dr.S. eingeholt, wobei letzterer Arztbriefe und Krankenberichte seit 1989 übermittelte.

Auf Veranlassung des Gerichts erstellte der Orthopäde Dr.F. das Gutachten vom 10.11.2002. Der Sachverständige diagnostizierte eine initiale Uncovertebralarthrose, Keilwirbel- und Schmorl- knötchen nach Scheuermann-Erkrankung, Spondylose der mittleren Brustwirbelsäule, Chondrosis intervertebralis L3 bis L4 bei angedeutetem Drehgleiten, Spondylose an L4, geringe Ileosacralgelenkarthrose, beginnende Coxarthrose bds., Bursitis präpatellaris rechts (Schleimbeutelerkrankung des rechten Knies) sowie als Nebendiagnosen erhebliche Übergewichtigkeit und Senk-Spreiz- füße mit rigiden Großzehengrundgelenken. Im Vordergrund stehe die Beeinträchtigung der Lendenwirbelsäule durch leichtes Drehgleiten mit Bandscheibeneinengung im dritten Segment mit reaktiver Randspornbildung. Seit dem Jahre 1990 sei keine Besserung objektivierbar, vielmehr seien ehemals keine Gesundheitsstörungen auf orthopädischem Gebiet festgestellt worden. Ab der Untersuchung vom 06.11.2002, empirisch bereits sechs Monate früher, sei eine Verschlechterung eingetreten. Der Kläger könne keine schweren Lasten heben und tragen und nicht in gebückter Stellung arbeiten; ein Wechsel der Körperposition sei wünschenswert. Als Maurer sei er jetzt nicht mehr einsetzbar, weil sich bei dieser Tätigkeit schwere Arbeiten, Bücken sowie Heben und Tragen von Lasten nicht vermeiden ließen.

Auf Veranlassung des Senats erstellte der Neurologe und Psychiater Dr.H. das Gutachten vom 15.01.2003. Der Sachverständige führte aus, dass bei dem Kläger bereits seit 1985 funktionelle Beschwerden bestünden, für die auch Dr.G. im Jahre 1990 keine organische Ursache gefunden habe. Als einziger Nerv sei bei dem Kläger der Nervus auricularis magnus peripher geschädigt, und eine Trigeminus-Neuralgie, wie sie vom Versorgungsamt als Behinderung anerkannt sei, liege nicht vor. Die geklagten sensiblen Defizite und Schmerzstörungen seien auch heute nicht nachvollziehbar. Rückblickend sei eigentlich nicht nachvollziehbar, warum Dr.G. im Januar 1990 zur Ansicht gekommen sei, dass der Kläger Tätigkeiten aus dem Berufskreis eines Maurers nicht mehr verrichten sollte. Allenfalls seien bei einer neurotischen Fehlentwicklung Arbeiten unter Zeitdruck, im Akkord sowie in Schicht, auch Exploration gegenüber Nässe, Kälte und Zugluft nicht mehr zumutbar. Eine organische Ursache sei für die Beschwerden des Klägers im Gesichts- und Kopfbereich nicht verantwortlich; es lägen auch keine depressiven Störungen vor. Die bereits frühzeitig im dargebotenen Ausmaß als funktionell erkannte somatisierte Schmerzstörung nach Entfernung der linken Ohrspeicheldrüse sei spätestens seit der Untersuchung des Dr.S. im Oktober 1997 als bewusstseinsnah und ohne wesentlichen Krankheitswert anzusehen. Hierfür sprächen Indizien aus den Jahren 1988 bis 1997 in Form von Tätigkeiten aus dem Berufskreis des Maurers, fehlender Leidensdruck und teilweise unkorrekte Angaben. Diese als wesentlich anzusehende Besserung bestehe mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit seit Oktober 1997, habe sich aber mit hoher Wahrscheinlichkeit schon einige Jahre davor vollzogen, aber im wesentlichen Ausmaß wohl erst nach 1992. Zu diesem Zeitpunkt habe der Kläger noch eine starke Abwehrhaltung "hinsichtlich psychischer Beteiligung der Beschwerden" gezeigt. Es sei aber zu bezweifeln, dass diese Abwehrhaltung damals noch einen relevanten Einfluss auf seine körperliche Belastbarkeit gehabt habe. Sie wirke sich aber sicher auf seine psychische Belastbarkeit aus, d.h. notwendig wären damals schon Vermeidung von Stress, Zeitdruck und Schichtdienst gewesen. Die gleiche Leistungsbeurteilung gelte für das Jahr 1987, soweit diese nach den Unterlagen vergleichbar sei. Eine zeitliche Einschränkung der Belastbarkeit habe aber weder im Oktober 1987 noch ab Juni 1998 bestanden, leichte bis mittelschwere, gelegentlich schwere Arbeiten seien möglich gewesen, Wechselrhythmus, Tätigkeiten unter Zeittaktvorgabe, Stress und anhaltendem Lärm sollten vermieden werden.

Die Beklagte, vom Senat auf den fehlenden Nachweis einer Besserung hingewiesen, vertrat die Ansicht, ihrer Auffassung nach habe sich der Gesundheitszustand des Klägers psychisch und physisch seit 1990 eindeutig verbessert. Das ergebe sich schon daraus, dass der Kläger in der Lage gewesen sei, selbständig und eigenverantwortlich mehrere Mehrfamilienhäuser zu planen und zu bauen, was zweifelsohne mit erheblichen psychischen Belastungen verbunden gewesen sei. Insoweit beschreibe auch Dr.H. eine wesentliche Änderung, nämlich dass eine funktionell erkannte somatische Schmerzstörung spätestens seit Oktober 1997 als bewusstseinsnah und ohne wesentlichen Krankheitswert anzusehen sei. Dies bedeute, dass sich der Kläger bewusst geworden sei, dass er gar nicht so krank sei, wie er sich eingebildet habe. Er habe sich daher auch wieder zugetraut, als Maurer zu arbeiten. Ihrer Auffassung nach sei es nur sehr begrenzt möglich, einen psychischen Zustand in seiner Gesamtheit und den Einfluss auf die Leistungsfähigkeit rückwirkend nach einem Zeitraum von mehr als 13 Jahren zu beschreiben und zu beurteilen. Betrachte man jedoch den tatsächlichen Lebenslauf, so sei mit Einschränkung eine Besserung unverkennbar.

Der Kläger erwidert, entscheidend sei nicht, ob er in der Lage sei, im Rahmen der Bautätigkeit des Ehepaars S. Tätigkeiten zu erbringen, sondern ob er in der Lage sei, einem Beschäftigungsverhältnis als Maurer nachzugehen. Genau dies sei ihm jedoch nicht möglich. Zur Schmerzbewältigung gehöre und trage bei, dass er sich nicht völlig zurückziehe, sondern eine Tätigkeit suche. Dies müsse aber eine Tätigkeit sein, die ihm auf Grund der jeweiligen Schmerzsituation möglich sei. In einem fremden Arbeitsverhältnis sei dies nicht der Fall.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts vom 03.07.2001 sowie den Bescheid vom 22.05.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.08.1998 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Dem Senat lagen zur Entscheidung die Prozessakten beider Rechtszüge sowie die oben genannten beigezogenen Unterlagen vor. Zur Ergänzung des Tatbestands, insbesondere hinsichtlich des Inhalts der ärztlichen Unterlagen und Gutachten, wird hierauf Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143 f., 151 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG) ist zulässig und begründet.

Der Senat ist zu der Überzeugung gekommen, dass der Bescheid der Beklagten vom 22.05.1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.08.1998 rechtswidrig ist. Er hätte nur ergehen dürfen, wenn in den Verhältnissen, die der Rentengewährung im Jahre 1990 zugrunde gelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Gemäß § 48 Abs.1 Satz 1 SGB X darf eine Aufhebung mit Wirkung für die Zukunft nur erfolgen, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlass eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Eine solche Änderung muss nachweislich vorliegen, die Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit reicht nicht aus; im Zweifelsfall ist an dem begünstigenden Dauerverwaltungsakt festzuhalten. Die Formulierung "die bei Erlass vorgelegen haben" ist vom Gesetzgeber bewusst gewählt worden. Es soll, wie schon bisher in der Rechtsprechung, auf die objektiv bei Erlass des Verwaltungsakts gegebenen Verhältnisse als Vergleichsgrundlage ankommen, nicht darauf, was subjektiv für die Behörde bei Erlass des Verwaltungsakts maßgebend gewesen ist und ob diese Verhältnisse fehlbeurteilt worden sind. Allein eine nachträgliche andere Beurteilung des Sachverhalts ist nicht ausreichend. Unter diesen Umständen darf nicht nach § 48 SGB X vorgegangen werden, sondern käme allenfalls die Aufhebung eines Dauerverwaltungsakts wegen anfänglicher Unrichtigkeit gemäß § 45 SGB X in Frage.

Vorliegend kann eine wesentliche Besserung der Verhältnisse nicht nachgewiesen werden.

Zu Grunde lagen der Rentenbewilligung (Bescheid vom 18.03.1991, basierend auf dem Urteil des Bayer. Landessozialgerichts vom 17.07.1990) vor allem die Befunde des Dr.G. (Gutachten vom 06.01.1990) und die des Dr.M. (vorausgehendes Gutachten des Dr.M. vom 20.04.1989 mit ergänzender Stellungnahme vom 20.04.1989) in Verbindung mit den Befunden in Arzt- und Krankenhausberichten. Danach lag zunächst die Schädigung eines peripheren Gesichtsnerven (Nervus auricularis magnus und Nervus auriculo temporalis) vor, der die Hautpartie im Bereich des linken Ohres und der Kiefergelenkkapsel versorgt. Damit waren - organisch verursacht - Gefühlsstörungen und ein bestimmtes Ausmaß an lokalen Schmerzen glaubhaft, wobei aber durch die Entfernung eines Neuroms im Jahre 1987 eine Hauptursache entfiel. Nur organisch bedingte Restbeschwerden lagen der ehemaligen Rentenbewilligung zugrunde, d.h. das Neurom war nicht mehr ausschlaggebend, und haben sich nach dem Inhalt aller in der Folgezeit erstellten Gutachten nicht geändert.

Vorhanden war ehemals weiterhin eine neurotische Fehlentwicklung, wie sie von Dr.G. dargestellt wurde. Das Beschwerdebild wurde vom Kläger als reißende, pochende und drückende Schmerzen geschildert, verbunden mit Konzentrationsstörungen, ausgelöst nicht nur durch Mundbewegungen wie z.B. beim Kauen und Sprechen, sondern auch durch andere Körperbewegungen und jede körperliche Arbeit (Besserung nur durch völlige Ruhe, d.h. sogar ohne Lesen), insbesondere auch Bewegungen des linken Armes. Der Kläger brachte hierbei Missempfindungen und Schmerzen nicht nur in der linken Gesichtshälfte vor, sondern davon ausgehend über den gesamten Kopf, Hals, beide Schultern, links mehr als rechts, linksziehend in den Oberarm bis zum Ellenbogen, weiterhin gelegentliche Schwindelgefühle und eine aus allen Krankheitserscheinungen hervorgehende Leistungsinsuffizienz. Die Missempfindungen und das angegebene Schmerzsyndrom waren nicht auf eine organische Ursache zurückzuführen, weil sie nicht auf das lokal eng begrenzte Gebiet des geschädigten Nervus auricularis zurückgehen konnten, im Übrigen auch nicht auf eine Schädigung oder Irritation einer cervicalen Nervenwurzel oder eine Schädigung oder Missfunktion des Gehirns, was durch eine eingehende cerebrale Diagnostik ausgeschlossen wurde. Die neurologischen und psychiatrischen Befunde wiesen eindeutig auf eine neurotische Fehlhaltung hin. Bereits damals war die neurotische Fehlhaltung (bzw. das Schmerzsyndrom und die subjektiv empfundene bzw. behauptete Leistungsminderung als Symptome) ganz oder zum wesentlichen Teil nicht als "Krankheit oder anderes Gebrechen oder Schwäche der körperlichen oder geistigen Kräfte" im Sinne von § 1246 Abs.2 der Reichsversicherungsordnung (RVO), d.h. letzten Endes als Gesundheitsstörung von Krankheitswert bzw. pathologischem Ausmaß, gesehen. Die Differenzierung hängt hier von der Beurteilung ab, ob Vorgänge bewusst oder bewusstseinsnah ablaufen und bei zumutbarer Willensanstrengung noch steuerbar sind, oder ob sie auch (bei ambulanter ärztlicher Behandlung) so stark ausgeprägt sind, dass sie - krankheitsbedingt - eine willentliche Beeinflussung und Überwindung ausschließen oder dem entgegenstehen.

Bereits der Neurologe und Psychiater Dr.M. hatte in seinem Gutachten vom 20.04.1989 und der ergänzenden Stellungnahme vom 20.04.1989 nach Auswertung der vorhandenen ärztlichen Unterlagen und seiner Untersuchungsbefunde eine neurotische Entwicklung mit Ausweitung des Schmerzsyndroms gesehen, dieser aber im Wesentlichen nicht die Qualität einer Gesundheitsstörung zugemessen. Nach der Ansicht des Sachverständigen war der Kläger in der Lage, vollschichtig leichte, mittelschwere und schwere Arbeiten zu verrichten und seine neurosebedingten Arbeitshemmnisse willentlich zu überwinden. Nur einen Restbestand an Gesundheitsstörungen hat Dr.M. als tatsächlich vorhanden und erwerbsmindernd bewertet, nämlich als er (in Übereinstimmung mit Dr.H.) in den psychischen Alterationen des Klägers Umstände sah, die Arbeiten unter Akkord-, Schicht- und Stressbedingungen nicht mehr als zumutbar erscheinen ließen (das Vermeiden von Arbeiten auf Leitern und Gerüsten als weitere Einschränkung beruht auf dem vom Kläger damals angegebenen Schmerzmittelmissbrauch).

Dr.G. hat in seinem Gutachten vom 06.01.1990 nicht ausdrücklich dargelegt, was er als bewusst oder bewusstseinsnah und willentlich steuerbar angesehen hat und was nicht. Seine Ausführungen lassen jedoch erkennen, dass er einen wesentlichen Teil der Symptomatik nicht als Gesundheitsstörungen wertete, aber auch einen gewissen Anteil als krankheitswertig ansah. Bereits in der Befunderhebung wies er daraufhin, dass der Kläger (willentlich) aggravierte (bei Prüfung der Kopfbeweglichkeit Gegenspannen in alle Richtungen). Bei den weiteren Ausführungen wird erwähnt, dass der Kläger nicht nur (bewusst oder nicht?) auf die geklagten Beschwerden fixiert gewesen ist, sondern dass auch eine Neigung zur verbalen Ausgestaltung des Beschwerdebilds nicht zu übersehen ist; gleichzeitig wurde auch festgestellt, dass übertrieben dargestellte Umstände wie niedergedrückte Stimmung, depressive Antriebsstörungen und Beeinträchtigung des Affekts nicht vorlagen, hingegen eine Demonstration der Leistungsinsuffizienz, um Vorteile für sich hieraus zu gewinnen. Abschließend hielt Dr.G. eine neurotische Entwicklung nur insoweit berücksichtigungsfähig, als dem Kläger schwere körperliche Arbeiten sowie Arbeiten unter Zeitdruck, Schicht und Akkord nicht mehr zumutbar seien. Damit hat Dr.G. eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass er in weiten Bereichen keine Gesundheitsstörung sah, aber immerhin in kleinerem Rahmen eine (nichtsteuerbare) Krankheit im Sinne von § 1246 Abs.2 RVO.

Unabhängig von den Beurteilungen der Zumutbarkeit bzw. Unzumutbarkeit schwerer körperlichen Arbeiten durch die Dres. G. und M. muss festgestellt werden, dass nach den objektiven Umständen eine Nervenschädigung mit geringen unmittelbaren Auswirkungen und eine neurotische Störung vorlagen und in den Folgejahren eine wesentliche Besserung nicht nachweisbar gewesen ist.

Im Gutachten des Dr.M. vom 20.09.1996, das die Beklagte zum Anlass einer ersten Anhörung für eine Rentenentziehung genommen hat, wurde wiederum eine neurotische Fehlhaltung und ein operativ behandeltes Gefäßgeschwulst der Ohrspeicheldrüse bei Sensibilitätsstörungen im Bereich linke Gesichts- und Kopfhälfte sowie linke Schulter und linker Oberarm festgestellt und ausdrücklich betont, dass eine Besserung nicht eingetreten sei; klar und deutlich wurde zum Ausdruck gebracht, dass lediglich im Jahre 1990 und auch jetzt nur eine andere Beurteilung der Fähigkeit für schwere Arbeiten angebracht sei; diese Meinung wurde von Dr.L. ausdrücklich bestätigt und klargestellt, dass bei gleichbleibenden Gesundheitsstörungen seit 1990 ehemals eine Fehlbeurteilung erfolgt und ein Besserungsnachweis nicht zu führen sei.

Dasselbe ergibt sich aus dem Gutachten des Nervenarztes Dr. S. , das die Beklagte dann zum Anlass für die Rentenentziehung genommen hat. Auch hier sind eine inhaltliche Einengung des Denkens des Klägers auf körperliche Beschwerden und sicherlich überwiegend psychisch bedingte Sensibilitätsstörungen angeführt, und ergaben sich Hinweise auf eine übertriebene Beschwerdeschilderung ("deutliche Akzentuierung"). Die neurotische Entwicklung mit somatoformer Schmerzstörung hielt Dr. S. nicht für so stark, als dass sie nicht mit zumutbarer Willensanstrengung überwunden werden könnte. Mithin sah auch er nur einen Teilbereich des Zustands der Klägers als Gesundheitsstörung an. Erneut wurde letztlich nur eine abweichende Wertung im Vergleich zum Gutachten des Dr.G. getroffen, nämlich dass der Kläger - nach Dr.S. - auch schwere Arbeiten verrichten konnte, aber gesundheitsbedingt nicht unter besonderen Stresseinwirkungen (Akkordarbeit). Das Gutachten des Dr.S. ist insoweit klar und unmissverständlich, und es hätte nicht des hierin enthaltenen besonderen Hinweises bedurft, dass im Vergleich zum Vorgutachten des Dr.G. keine wesentliche Änderung eingetreten ist.

Nicht mehr nachvollziehbar für den Senat ist es, wenn sowohl die Beklagte als auch das Sozialgericht aus diesem Gutachten ableiten, dass dennoch eine wesentliche Besserung auf medizinischem Gebiet feststellbar sei.

Die Beklagte hat zur Begründung - dies ergibt sich aus ihrem zweiten Anhörungsschreiben vom 02.02.1998 - einen Satz aus dem Gutachten des Dr.S. verwendet, dass der Kläger im Gegensatz zur Voruntersuchung im Jahre 1990 jetzt die Schmerzsymptomatik gut verarbeitet und sich an die Schmerzen gut angepasst habe, mithin wieder schwere Arbeiten vollschichtig verrichten könne. Diese Behauptung ist unrichtig, denn im Jahre 1990 war die "Verarbeitung" der Schmerzen nicht anders als im Jahre 1997. Die verwendete Passage wurde aus dem Gesamtzusammenhang der Ausführungen des Dr.S. gerissen und verdreht wiedergegeben. Zunächst ist zu beachten, dass der Kläger wiederholt angegeben hat, seit 1980 Schmerzen wie auch bei der Untersuchung am 24.10.1997 zu haben und einige Jahre gebraucht zu haben, bis er seine Schmerzen akzeptiert habe (Die Bemerkung, jetzt "mit den Schmerzen leben zu können", stammt im Übrigen aus dem Bericht der Universitäts-Klinik E. zum stationären Aufenthalt des Klägers im März/April 1985.). Von einem entscheidenden Wendepunkt nach dem Jahre 1990 war im Gutachten aber nicht die Rede, ebenso wenig davon, dass der Kläger mit den Schmerzen nach diesem Zeitpunkt entscheidend besser umgehen hätte können; vielmehr war er nach wie vor auf dieselben Beschwerden fixiert und meinte nur, in Ruhe und mit Medikation mit den Schmerzen leben zu müssen. Entscheidend ist weiterhin, dass Dr.S. mit "guter Schmerzanpassung" lediglich begründet, dass der Zustand des Klägers seit dem Jahre 1990 gleichgeblieben ist und sich in der Folgezeit kein algogenes Psychosyndrom (schmerzbedingtes Psychosyndrom) herausgebildet habe, also keine Verschlimmerung seit 1990 eingetreten ist. Dr.S. führt zur Begründung des Fehlens eines schmerzbedingten Psychosyndroms an, dass u.a. keine depressive Symptomatik, keine vermehrte Reizbarkeit, kein herabgesetzter Antrieb und keine herabgesetzte Psychomotorik usw. - entgegen den Behauptungen des Klägers - bei der Untersuchung feststellbar gewesen sind. Genau derselbe Sachverhalt lag auch bei der Untersuchung des Klägers durch Dr.G. vor. Auch diesem gegenüber hatte der Kläger über eine depressive Störung und Funktionsstörungen ähnlich wie bei einer hirnorganischen Beeinträchtigung geklagt, und Dr.G. hatte dies im Einzelnen mit Begründung widerlegt, dass dem nicht so wäre. Mit dem Umstand, dass eine wesentliche Verschlimmerung der Gesundheitsstörungen bzw. eine neue erhebliche Störung des Klägers nicht eingetreten ist, (kein algogenes Schmerzsyndrom feststellbar, "es ist also anzunehmen, dass sich der Versicherte gut an die Schmerzen angepasst hat" laut Dr. S.) kann nicht eine wesentliche Besserung begründet werden.

Die Behauptung der Beklagten, es sei bei der Untersuchung am 24.10.1997 medizinisch eine wesentliche Besserung des Gesundheitszustands festgestellt worden und der Kläger habe im Jahre 1990 schwere Arbeiten nicht mehr verrichten können und sei jetzt hierzu in der Lage, findet nirgends eine Stütze. Die Gesundheitsstörungen des Klägers und die objektiv hierdurch bedingten Leistungseinschränkungen waren stets dieselben, lediglich die Beurteilung und Wertungen wurden geändert.

Auch die Ausführungen des Sozialgerichts liegen neben der Sache. Die von diesem ebenfalls herangezogene "Schmerzakzeptanz" durfte nicht als Argument verwendet werden. Im Übrigen hat das Sozialgericht einen korrekten Vergleich des Gesundheitszustands zur Zeit der Untersuchung durch Dr.S. (1997) und Dr.G. (1990) nicht angestellt. Zutreffend ist lediglich, dass die vom Kläger gegenüber Dr.S. behaupteten, zum Teil massiven Schmerzzustände nicht in diesem Umfange glaubhaft erschienen. Für das vom Kläger bei Dr.G. vorgetragene Beschwerdebild und die diesbezügliche Beurteilung gilt jedoch das gleiche.

Zutreffend ist ferner die Feststellung des Sozialgerichts, dass im Jahre 1997 "psychopathologische Auffälligkeiten" (so auch wörtlich Dr.S.) nicht festzustellen waren; im Einzelnen gehen Dr.S. und das Sozialgericht auf verschiedene Umstände hierzu (ausgeglichene Stimmungslage, keine Affektlabilität, intakte Psychomotorik, normaler Antrieb, keine vermehrte Reizbarkeit, keine Hinweise auf eine Psychose oder hirnorganische Beeinträchtigungen) ein. Wie sich nun bei dem vom Sozialgericht behaupteten, aber nicht mehr im Einzelnen durchgeführten begründeten Vergleich "mit den Befunden, wie sie im Urteil des Bayer. Landessozialgerichts der Berentung auf Dauer zugrunde gelegt wurden", eine "wesentliche Besserung und Stabilisierung eingetreten" werden soll, ist nicht ersichtlich. Zum Vergleich heranzuziehen war im Übrigen nicht die damalige Beurteilung des Landessozialgerichts, sondern die objektiven medizinischen Befunde. Wie sich nun aus dem Gutachten des Dr.G. (und des Dr.M.) ergibt, hatte der Kläger auch damals über "psychopathologische Auffälligkeiten" geklagt, sind diese aber vom Sachverständigen ebenfalls verneint worden. So hat z.B. Dr. G. die niedergedrückte bzw. depressive Stimmung nicht objektivieren können, sondern eine ausgeglichene Stimmungs- und Affektlage. Nicht vorhanden waren eine Antriebsstörung, Gedächtnis- und Merkfähigkeitsstörungen, formale und inhaltliche Denkstörungen, Halluzinationen oder Wahninhalte und Schwindelgefühle. Die von Dr.G. erwähnte "psychopathologische Auffälligkeit" beschränkte sich auf einen lebhaften, wortreichen und oft wiederholenden Vortrag der gleichen umfangreichen Beschwerden bei Einengung und Fixierung auf die Beschwerden und auch Neigung zur Ausgestaltung, wobei irgendwelche bedeutsamen Unterschiede in dem Vorbringen des Klägers über seine Gesundheitsstörungen und - hierauf kam es maßgeblich an - in objektiven medizinischen Befunden in den Jahren 1989/1990 und 1997 nicht festzustellen sind.

Eine wesentliche Besserung der gesundheitlichen Verhältnisse konnte letzten Endes auch nicht Dr.H. nachweisen. Was dieser als Besserung bezeichnete, stellte sich nach seinen Ausführungen als die im Laufe von mehr als zehn Jahren immer deutlicher und auch bei Ärzten vermehrt auftretende Erkenntnis dar, dass die schon frühzeitig als funktionell erkannte somatische Schmerzstörung des Klägers zwar auch als Gesundheitsstörung anzusehen sei (unzumutbar sollten nach Dr.H. immerhin noch Tätigkeiten mit psychischer Belastung wie Stress, Zeitdruck, Schichtdienst und anhaltender Lärm sein), aber im Wesentlichen als bewusstseinsnah und ohne großen Krankheitswert; Anzeichen hierfür hätten sich bereits seit 1987/1988 ergeben. Keineswegs kann mit diesen Ausführungen als bewiesen gelten, dass eben im Jahre 1990 eine neurotische, unbewusst und nicht steuerbare Störung (Schmerzsyndrom) von erheblichem bzw. pathologischem Krankheitswert bestanden hat und sich diese Gesundheitsstörung dann wesentlich besserte bzw. bis auf eine bewusstseinsnahe steuerbare Störung verflüchtigte. Hierauf weist auch die Beurteilung des Dr.H. hin, dass der Kläger bereits bis zum Jahre 1990 schwere körperliche Arbeiten verrichten hätte können. Damit wird einer erheblichen Änderung der medizinischen Verhältnisse, die zu einer erheblichen Änderung der rechtlichen Verhältnisse (ehemals Berufsunfähigkeit und nach 1990 mit der Fähigkeit für schwere körperliche Arbeiten Einsetzbarkeit als Maurer) geführt habe, sinngemäß widersprochen.

Kennzeichnend ist es ferner, dass Dr.H. an anderer Stelle seines Gutachtens ausdrücklich die Ansicht des Dr.G. als unzutreffend bezeichnete, dass dem Kläger bei seiner neurotischen Fehlentwicklung damals nicht mehr die schweren Arbeiten eines Maurers zumutbar gewesen sein sollen; in Frage seien auch im Jahre 1990 nur qualitative Einschränkungen des Erwerbsvermögens wegen einer psychischen Belastung gekommen.

Deutlich wird aus allen Ausführungen des Dr.H. - dies konnte der Senat bereits aus dem Inhalt aller Gutachten und mehrerer Arztberichte entnehmen -, dass die gleichen gesundheitlichen Verhältnisse vor und nach dem Jahre 1990 nach Krankheitswert einerseits und Bewusstseinsnähe/Steuerbarkeit sowie Aggravation andererseits nur unterschiedlich gewichtet und beurteilt wurden. Unterschiedliche Meinungen und Wertungen allein, wie sie im Übrigen bereits bei Rentenbewilligung vorlagen (vgl. z.B. die Ansichten des Dr.G. und des Dr.M.), führen nicht zu einem "Besserungsnachweis". Die Beklagte hätte auf die eindeutigen Aussagen des von ihr beauftragten Dr.S. und der von ihr beschäftigten Dres. M. und L. hören und den Versuch unterlassen sollen, der materiellen Rechtslage entgegen § 48 SGB X zum Erfolg zu verhelfen.

Aus mehreren Gründen unglücklich erschien auch der Umstand, dass sich die Beklagte wie auch das Sozialgericht auf diverse Arbeitstätigkeiten des Klägers oder gar die Innehabung eines geeigneten Arbeitsplatzes stützten. Wenn das Sozialgericht der Meinung war, der Kläger hätte durch sein Gesamtverhalten ab Beginn der 90iger-Jahre unter Beweis gestellt, dass er fähig ist, die Tätigkeit eines Bauleiters auf größeren Baustellen auszuüben, so ist dies sicherlich unzutreffend. Ein Bauleiter benötigt die Qualifikationen eines Poliers, Ingenieurs oder Architekten, oder zumindest diejenigen eines Maurermeisters. Hierüber verfügt der Kläger jedoch nicht. Außerdem ist er laut Akte der Staatsanwaltschaft nur zeitweise auf eigenen Baustellen mit kleineren Projekten tätig gewesen, und (die angebliche Erstellung des Rohbaus und) die Durchführung von Putzarbeiten mit Arbeitnehmern belegt nicht im Geringsten die Fähigkeit und Kenntnisse, um auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt als Bauleiter hinsichtlich aller am Bau durchzuführenden Arbeiten wettbewerbsfähig tätig zu sein.

Von einem geeigneten Arbeitsplatz kann auch nicht die Rede sein. Der Kläger war bei seiner Ehefrau als Hausmeister angestellt, im Übrigen in der Eigenschaft als Bauherr zusammen mit seiner Ehefrau am Eigenbau tätig. Eine unselbständige Tätigkeit (Beschäftigung als Bauleiter) ist nicht ersichtlich, ebenso wenig eine selbständige Tätigkeit, die nach zeitlichem Umfang sowie nach Art aller Tätigkeiten dem eines beschäftigten Bauleiters mit umfassenden Kenntnissen und Fähigkeiten entsprechen könnte. Kaum mehr erwähnenswert ist, dass das angebliche "Innehaben eines Arbeitsplatzes" ohnehin nur zeitweise war und der Vergangenheit angehört.

Die Ausführung von Maurerarbeiten allein erbringt ebenfalls nicht den Nachweis gebesserter Verhältnisse. Wird davon abgesehen, dass der Inhalt der Schreiben der Bau-Innung C. und der von der Beklagten notierten telefonischen Auskünfte nicht in vollem Umfang mit dem im Ordnungswidrigkeitenverfahren gerichtlich festgestellten Sachverhalt übereinstimmen, so muss jedenfalls berücksichtigt werden, dass die "Ausübung des Maurerhandwerks" nach der Gewerbeordnung und der Handwerksordnung anders zu verstehen ist als die vollschichtige Verrichtung von manuellen Arbeiten, wie sie ein beschäftigter Maurer erbringt. Für Ersteres genügt das verantwortliche Ausführenlassen einer handwerklichen Tätigkeit durch Dritte. Tatsächlich ist in der Ordnungswidrigkeiten-Akte des Landratsamts C. und in der Strafakte der Staatsanwaltschaft R. an keiner Stelle vermerkt oder festgestellt, dass der Kläger persönlich Maurerarbeiten durchgeführt hat, ausgenommen die vage telefonische Angabe des Inhabers eines zeitweise leitenden Bauunternehmens, der Kläger habe offenbar neben den von der Firma durchzuführenden Auftragsarbeiten ohne vertragliche Grundlage Eigenleistungen (eigenhändig?) erbracht. Manuelle Tätigkeiten, eingeschränkt entsprechend seinem Gesundheitszustand ohne Einhaltung einer regelmäßigen Arbeitszeit, hat der Kläger im jetzigen Rechtsstreit selbst eingeräumt. Durch den bekannten Sachverhalt ist nicht nachgewiesen, dass er tatsächlich nachhaltig, vollschichtig und regelmäßig die von ihm erlernte Berufstätigkeit ausgeübt und so ein Indiz geschaffen hat, dass seine Erwerbsfähigkeit nicht wesentlich eingeschränkt gewesen ist. Im Übrigen käme es auf ein solches Indiz nicht an. Wenn der Kläger bis zum Jahre 1990 und danach schwere körperliche Arbeiten verrichten konnte, so steht dies bereits auf Grund der medizinischen Befunde fest, die daher nicht durch ein Verhalten des Klägers im Erwerbsleben widerlegt werden müssen.

Weiterhin steht fest, dass der Kläger bis zur Rentenbewilligung als Maurer in versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen stand (z.B. Mai 1985 bis Januar 1986, Mai bis November 1986, Juli bis Dezember 1988), dann als Hausmeister im Hotel B. (Mai 1990 bis Januar 1992 - hier bestand bereits der Verdacht, dass er bei Renovierungsarbeiten als "Kapo" fungierte) und danach in Teilzeit wie auch kurze Zeiten vollschichtig als Hausmeister im B. und bei der Firma seiner Ehefrau (September bis Dezember 1992, März bis Dezember 1993, Februar bis April 1994, November 1995 bis Juni 1996, Februar/März 1998 und ab 14.06.2000 in einer geringfügigen versicherungsfreien Beschäftigung), wobei anlässlich eines Hausbaus von 1994 bis 1996 in gewissem Umfang Maurerarbeiten als Bauherr ausgeführt worden sind. Bei dem Gesamtbild ist weder eine wesentliche Änderung der Verhältnisse festzustellen noch aus dem Verhalten des Klägers im Erwerbsleben zu schließen, dass nach der Rentenbewilligung eine objektiv gesteigerte Leistungsfähigkeit zu verzeichnen ist.

Daher musste die Berufung des Klägers Erfolg haben und zur Aufhebung des sozialgerichtlichen Urteils und den zugrundeliegenden Bescheide führen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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