L 14 RJ 652/01

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
-
Aktenzeichen
S 7 RJ 964/99 A
Datum
-
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 14 RJ 652/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 13 RJ 248/04 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 26.Oktober 2001 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch auf Zahlung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit im Zeitraum von 1994 bis 2002 unter Rücknahme eines rechtsverbindlichen ablehnenden Rentenbescheids.

Der 1935 geborene und am 20.05.2002 verstorbene Kläger, ein Staatsbürger Bosnien-Herzegowinas, war zwischen Juli 1974 und Oktober 1982 in der Bundesrepublik Deutschland als Bauarbeiter mit einer von ihm angegebenen vorausgehenden Ausbildungszeit von sechs Monaten versicherungspflichtig beschäftigt und anschließend bis 27.07.1984 arbeitslos.

Das Versicherungskonto wurde im Jahre 1980 hinsichtlich der Versicherungszeiten bis Dezember 1979 geklärt, wobei der hieran mitwirkende Kläger mit Schreiben vom 25.07.1980 lediglich zu Lücken im Versicherungsverlauf im Zeitraum vom 14. Lebensjahr bis zum 21.07.1974 zu verschiedenen Beschäftigungsverhältnissen im ehemaligen Jugoslawien Angaben machte und die Beklagte im Oktober 1980 das Verfahren unter Übersendung eines Versicherungsverlaufs abschloss.

Nachdem der Kläger persönlich mit Schreiben vom 12.11.1984 - ohne Angabe von Gründen - die Beklagte um Übersendung eines Versicherungsverlaufs vom 22.07.1974 bis 1984 bat, übermittelte ihm diese am 07.12.1984 den vollständigen Versicherungsverlauf vom 22.11.1984, der Beitrags- und Ausfallzeiten bis zum 27.07. 1984 enthielt, und wies darauf hin, dass sie das maschinell geführte Konto ergänzt habe. In diesem Zusammenhang sind Nachforschungen, z.B. beim Arbeitgeber, bei der Krankenkasse oder durch Rückfragen beim Kläger, ggf. durch Übersendung eines Fragebogens zu Lücken, nicht erfolgt. Nach Sachlage hatte die Beklagte die bei ihr bereits vorhandenen Daten lediglich in einem neuen Versicherungsverlauf zusammengestellt.

Am 05.11.1990 stellte der Kläger über die bosnische Verbindungsstelle bei der Beklagten Antrag auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bzw. Berufsunfähigkeit, wobei es sich zum erstenmal ergab, dass er über rund 18 Jahre an anrechenbaren Versicherungszeiten in Jugoslawien von 1953 bis 1974 verfügte und nach Juli 1984 nicht versicherungspflichtig tätig gewesen war, lediglich eine kleine Landwirtschaft in seinem Heimatland betrieben hatte. Im Rentenantragsformular gab der Kläger an, er habe sich nach der Beschäftigung in der Bundesrepublik Deutschland seit 1983 dauernd in Jugoslawien aufgehalten und seit Beendigung der letzten "Beschäftigung" von der jugoslawischen Rente gelebt (Rentenbescheid vom 12.04.1991 über die Gewährung einer Invalidenrente ab 05.11.1990).

Die Beklagte lehnte den Rentenantrag mit bindend gewordenem Bescheid vom 19.07.1991 ab, weil Erwerbsunfähigkeit wegen selbständiger Tätigkeit nicht vorliege und zwar Berufsunfähigkeit ab 05.11.1990 bestehe, aber für eine Rentengewährung nicht die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt seien. Dem zugrunde lagen Gutachten der Invalidenkommission in Z. vom 01.02.1991 (Untersuchung des Klägers am 16.01.1991) mit beigefügten ärztlichen Befunden, wonach der Kläger vor allem wegen psychischer Beschwerden (chronischer Alkoholismus in Abstinenz seit ca. 1989 mit psychoorganischem Syndrom, mäßiger Gehirnatrophie, charakterlichen Veränderungen und chronischer Polyneuropathie ohne Zeichen eines motorischen Defizits), aber auch wegen Zustands nach ICV (Anmerkung: cerebrovasculärer Insult/Gehirnschlag ca. im Jahre 1987 laut "Vermutung" des Klägers), praktisch aufgehobenem Sehvermögens rechts (Papillitis Mai 1990), wechselnden Bluthochdrucks (170/110 mmHg) und Veränderungen der Lendenwirbelsäule (Finger-Boden-Abstand 18 cm) nurmehr für weniger als zwei Stunden im Erwerbsleben für einsetzbar gehalten wurde.

Den gegen den Bescheid vom 19.07.1991 eingelegten Widerspruch verband der Kläger mit der Anfrage, ob er die "Wartezeit" in den letzten 60 Monaten vor Eintritt der Invalidität mit dem Einkauf von Versicherungsmonaten erwerben könne. Nachdem dies die Beklagte mit Schreiben vom 18.09.1991 verneinte, nahm der Kläger im Oktober 1991 seinen Widerspruch zurück.

Am 06.07.1998 stellte er mittels einer bevollmächtigten Anwältin Antrag auf Überprüfung des Ablehnungsbescheides vom 19.07.1991 gemäß § 44 Sozialgesetzbuch Teil X (SGB X) und brachte vor, zur Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen seien ab Juli 1984 freiwillige Beiträge nachzuzahlen; zur Nachzahlung berechtige ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch, weil er nach Ablauf der Leistungen gemäß dem Arbeitsförderungsgesetz und bei Rückkehr in sein Heimatland vom Arbeitsamt im Juli 1984 nicht auf die Aufrechterhaltung seiner Rentenanwartschaft durch Entrichtung von freiwilligen Beiträgen hingewiesen worden sei. Ab 1984 habe er noch keine Rente aus der jugoslawischen Versicherung bezogen und sei zwingend auf seine geringen Einkünfte aus der Landwirtschaft - für seinen Unterhalt und Erhaltungsarbeiten am Hof - angewiesen gewesen. Wegen angegriffenen Gesundheitszustands und der Verhältnisse in Jugoslawien hätte er keine Arbeitsstelle finden können. Daneben hätten bestimmte Tätigkeiten zur Erhaltung des Anwesens ausgeführt werden müssen, um dieses vor Verfall und Wertverlust zu bewahren.

Eine Beitragsentrichtung sei auch nach § 197 Abs.3 Sozialgesetzbuch Teil VI (SGB VI) wegen besonderer Härte zuzulassen, weil es dem Kläger aufgrund seiner finanziellen Verhältnisse unmöglich gewesen sei, freiwillige Beiträge zur deutschen Rentenversicherung zu entrichten, und aufgrund seiner gesundheitlichen Verhältnisse unmöglich gewesen sei, Pflichtbeiträge zur jugoslawischen Rentenversicherung zu zahlen.

Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 15.02.1999 lehnte die Beklagte den Überprüfungsantrag ab, weil der Verzug des Klägers in sein Heimatland kein konkreter Anlass für die Arbeitsverwaltung gewesen sei, auf die Zahlung von freiwilligen Beiträgen zur Erhaltung der Rentenanwartschaft hinzuweisen.

Mit dem hiergegen eingelegten Widerspruch machte die Bevollmächtigte des Klägers erneut unterlassene Beratung durch die Arbeitsverwaltung geltend; jener habe bereits mehrere Jahre Leistungen der Arbeitsverwaltung bezogen, und bei Ablauf der Leistungen sei nicht ohne Weiteres der sofortige Erhalt einer Arbeitsstelle zu erwarten gewesen. Hingewiesen wurde auch auf die schlechte finanzielle Lage ab 1984, weil die Erzeugnisse aus der Landwirtschaft lediglich den Eigenverbrauch gedeckt hätten. Freiwillige Beiträge hätten das gesamte monatliche Einkommen des Klägers überstiegen, dies stelle eine besondere Härte im Sinne von § 197 Abs.3 SGB VI dar.

Mit Widerspruchsbescheid vom 28.07.1999 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Ein Fall des § 197 Abs.3 SGB VI läge bereits deswegen nicht vor, weil der Kläger sich in der Zeit von 1984 bis 1991 nicht an den Rentenversicherungsträger wegen eines Antrags auf Zahlung freiwilliger Beiträge, wegen Bereiterklärung zur Zahlung solcher Beiträge oder wegen Auskunft/Beratung gewandt habe. Ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch wegen unzureichender Belehrung durch das Arbeitsamt bestehe ebenfalls nicht, weil ursächlich für die Nichtzahlung freiwilliger Beiträge die schlechte Einkommenssituation gewesen sei, so dass es an der Kausalität zwischen bisher (nicht nachgewiesener) unzureichender Aufklärung und der unterlassenen Beitragsleistung fehle.

Im anschließenden Klageverfahren machte der Kläger unter anderem geltend, der Versicherungsfall sei aufgrund typischer Entwicklung der Krankheitsabläufe (chronisch-progredienter Verlauf) spätestens im August 1986 eingetreten, so dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt seien. Darüber hinaus habe die Arbeitsverwaltung es unterlassen, ihn über die Wahrung der Rentenanwartschaft zu informieren oder ihn an den Rentenversicherungsträger zu verweisen.

Auch die Beklagte habe ihn bei Übersendung des Versicherungsverlaufs vom 22.11.1984 nicht auf die mögliche Zahlung freiwilliger Beiträge oder die Bereiterklärung zur Zahlung hingewiesen, obwohl eine Versicherungslücke ab August 1984 erkennbar gewesen sei, die durch Leistung freiwilliger Beiträge geschlossen werden habe können. Dem Versicherungsverlauf sei auch ein Merkblatt nicht beigelegt worden. Bei Kenntnis des Sachverhalts hätte er Antrag auf Zahlung freiwilliger Beiträge und - wegen finanziellen Unvermögens - Stundungsantrag gestellt. Die Zahlung freiwilliger Beiträge sei nur deshalb unterblieben, weil die Beklagte mit Schreiben vom 18.09.1991 erklärt habe, dass er hierzu nicht berechtigt sei.

Das Sozialgericht hat ermittelt, dass beim Arbeitsamt N. keine Unterlagen oder sonstige Daten über den damaligen Leistungsbezug des Klägers mehr vorhanden waren. Der Kläger selbst hat auf Nachfrage des Gerichts erklärt, ärztliche Unterlagen für die Jahre 1985 bis 1987 nicht mehr beibringen zu können.

Während des Klageverfahrens ist von der Beklagten der Altersrentenbescheid vom 19.01.2001 (monatlich 339,96 DM Rente ab 01.09.2000) erteilt worden.

Mit Urteil vom 26.10.2001 wies das Sozialgericht die Klage wegen Berufsunfähigkeitsrente ab. Eine "Vorverlegung des Versicherungsfalls" auf spätestens August 1986 scheide mangels medizinischer Unterlagen aus. Ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch scheitere jedenfalls an der fehlenden Kausalität; die im Jahre 1991 erfolgte Anfrage des Klägers sage nichts dazu aus, ob jener auch im Jahre 1984 bereit und in der Lage gewesen sei, freiwillige Beiträge fortlaufend zur deutschen Rentenversicherung zu entrichten. Hiergegen stehe die Äußerung, dass es ihm aufgrund seiner finanziellen Verhältnisse unmöglich gewesen sei, freiwillige Mindestbeiträge zu entrichten.

Mit dem Rechtsmittel der Berufung macht der Kläger geltend, sowohl das Arbeitsamt als auch die Beklagte hätten gegen ihre Aufklärungspflicht verstoßen. Im Hinblick auf die Kausalität sei auszuführen, dass er bei entsprechendem Hinweis der Beklagten eine Bereiterklärung zur Zahlung freiwilliger Beiträge abgegeben hätte und unter Hinweis auf seine finanzielle beengte Lage - er sei damals außerstande gewesen, die freiwilligen Beiträge aufzubringen - in verfassungskonformer Anwendung des § 1420 der Reichsversicherungsordnung (RVO) Zahlungserleichterungen durch die Beklagte einzuräumen gewesen wären.

Die Beklagte ist der Ansicht, es sei in keiner Weise bewiesen, dass der Kläger bei einer Aufklärung über die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen die Entrichtung von Beiträgen beantragt bzw. um Rat und Auskunft über die Möglichkeiten der Entrichtung nachgesucht hätte; ein solcher Nachweis lasse sich auch durch eine Erklärung des Klägers zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht mehr erbringen. Entgegen den jetzigen Ausführungen gehe aus dem Schreiben des Klägers vom 09.08.1991 auch nicht hervor, dass er die Beitragszahlung für die bis zum 31.12.1991 erforderlichen tatsächlichen Beiträge beantragt habe; vielmehr habe er sich lediglich erkundigt, ob die Nachzahlung möglich wäre, und nach entsprechender Aufklärung den Widerspruch zurückgenommen.

Mit Schriftsatz vom 05.06.2002 zeigte die Anwältin des Klägers unter Vorlage einer Sterbeurkunde an, dass jener am 20.05.2002 verstorben sei und dessen Ehefrau als Sonderrechtsnachfolgerin die dem Versicherten zustehenden Rechte geltend mache; nachgereicht wurden dann Heiratsurkunde und Familienstandsbescheinigung.

Einen für die Rechtsnachfolgerin des Klägers gestellten Prozeßkostenhilfeantrag lehnte der Senat ab. Anläßlich diesen Antrags gelangten Kopien eines Sparbuchs (Devisenkonto) der Bank Banja Luka, Filiale P. , zur Prozesskostenhilfeakte. Hieraus ist ersichtlich, dass der verstorbene Kläger ein Sparguthaben von 16.550,- DM im August 1988, 4.724,60 DM im Juli 1992 und 5.438,61 DM im Juni 1998 hatte.

Im Laufe des Berufungsverfahrens trägt die Bevollmächtigte der Rechtsnachfolgerin gleichermaßen vor, im Jahre 1984 habe kein Kontenklärungsverfahren im eigentlichen Sinne, aber ein Beitragsverfahren stattgefunden, wie auch, dass ein Kontenklärungsverfahren wegen Ergänzung der Versicherungszeiten durchgeführt worden sei, wenn auch die Beklagte keinen Bescheid erteilt habe. Es gäbe keinen Hinweis darauf, dass der verstorbene Kläger nicht den Willen gehabt hätte, eine Erklärung zur Zahlung freiwilliger Beiträge an die Beklagte abzugeben. Zumindest ab dem Jahre 1988 hätte er laut Kopien des im Prozesskostenhilfeverfahrens vorgelegten Sparbuchs auch Beiträge nachzahlen und laufende Beitragszahlungen leisten können.

Im Mai 2004 legt die Bevollmächtigte der Rechtsnachfolgerin eine Bescheinigung der APIF (Agentur für Vermittlungs-, Informations- und Finanzdienstleistungen - Stelle für die Verwaltung von Devisen) Banja Luka, Zweigstelle P. , vom 30.12.2002 vor, aus der sich die Kontenstände für die einzelnen Jahre von 1984 (20.402,40 DM) bis 1990 (10.500,- DM) ergeben.

Die Beklagte bezweifelt die Echtheit dieser Bescheinigung und weist darauf hin, dass der verstorbene Kläger dann jedenfalls im früheren Verfahren die Unwahrheit über seine Vermögensverhältnisse gesagt habe. 20.000,- DM an Devisen im Jahre 1984 bedeuteten ein kleines Vermögen, wenn man berücksichtige, dass das monatliche Einkommen im ehemaligen Jugoslawien zu der Zeit etwa 100,- DM betragen habe. Das bedeute aber nichts anderes, als dass der verstorbene Kläger sich bewusst als mittellos dargestellt habe und auf keinen Fall Beiträge entrichten wollte.

Die Bevollmächtigte der Klägerin gibt Erklärungen zum Zustandekommen der Dokumentation ab und weist darauf hin, dass die Beklagte im Rahmen ihrer polemischen Argumentation verkenne, dass der verstorbene Kläger acht Jahre in der BRD beschäftigt gewesen sei und das von ihm angesparte Vermögen aus den Arbeitsentgelten, möglicherweise auch aus den danach gewährten Sozialleistungen ohne weiteres angespart haben könne. Fast ausnahmslos hätten Gastarbeiter größere Summen in der BRD angespart, um sie später zur Aufstockung ihres Lebensunterhalts nach Rückkehr in ihre Heimatländer, zum Hausbau usw. zu verwenden.

Der Senat hat die Versichertenakte und die Witwenrentenakte der Beklagten beigezogen. Eine Anfrage beim Einwohnermeldeamt der Stadt N. hat ergeben, dass der verstorbene Kläger dort vom 20.07.1970 bis 01.05.1982 gemeldet gewesen ist; der Wegzug sei nach S. in Jugoslawien erfolgt.

Die Rechtsnachfolgerin äußerte sich zu der Anfrage über den Aufenthalt ihres Ehegatten zwischen 1982 und 1984 dahingehend, dass jener sie vor der endgültigen Rückkehr in das Heimatland öfters besucht habe als früher; sie könne sich aber nicht daran erinnern, dass er ihr eine neue Anschrift in der BRD mitgeteilt habe. Der Bezug von Arbeitslosengeld spreche jedenfalls für einen Wohnsitz des Verstorbenen in der BRD bis ins Jahr 1984. Bei der APIF handele es sich um eine staatliche Anstalt, deren Aufgabe es sei, die vormaligen Devisenersparnisse zu verwalten.

Die Rechtsnachfolgerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 26.10.2001 sowie den Bescheid der Beklagten vom 15.02.1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.07.1999 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger Rente wegen Berufsunfähigkeit ab 01.01.1994 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Dem Senat lagen zur Entscheidung die Prozessakten beider Rechtszüge sowie die Versicherten- und Witwenakte der Beklagten vor. Zur Ergänzung des Tatbestands, insbesondere hinsichtlich des Vortrags der Beteiligten, wird hierauf Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143 ff., 151 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG - ist zulässig, erscheint aber in der Hauptsache unbegründet.

Bei seiner Entscheidung ging der Senat im Wege der Auslegung (§ 123 SGG) des nicht korrekt formulierten Antrags von dem Begehren aus, das Urteil vom 26.10.2001 aufzuheben, den Bescheid vom 15.02.1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.07.1999 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 19.07.1991 teilweise zurückzunehmen und Rente wegen Berufsunfähigkeit vom 01.01.1994 bis 31.08.2000 zu zahlen bzw. über die Erbringung von Leistungen für die Vergangenheit unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden.

Auch der Senat ist zu der Überzeugung gekommen, dass die Beklagte der Rechtsnachfolgerin des Klägers nicht eine Rente wegen Berufsunfähigkeit für die Zeit von 1994 bis 2002 zu zahlen hatte. Ein Rentenanspruch ist bereits mit bindend gewordenem Bescheid vom 19.07.1991 abgelehnt worden. Eine rückwirkende Bewilligung - nach § 44 Abs.4 SGB X möglich ab 01.01.1994 - ist ausgeschlossen, weil nicht feststeht, dass mit Bescheid vom 19.07.1991 das Recht falsch angewandt oder von einem erweislich unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden ist.

Bei dem verstorbenen Kläger lässt sich der Eintritt des Versicherungsfalls der Berufsunfähigkeit vor dem Jahre 1990 nicht feststellen. Bei dieser Lage waren für eine Berentung (z.B. bei einem im Herbst 1990 eingetretenen Versicherungsfall) weder die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen des § 1246 Abs.2a RVO (Belegung der dem Versicherungsfall vorausgehenden fünf Jahre = 60 Monate mit mindestens 36 Pflichtbeiträgen) erfüllt noch die des Art.2 § 6 Abs.2 Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetz (Belegung der Zeit vom 01.01.1984 bis zum Ende des Kalendermonats vor Eintritt des Versicherungsfalls mit Pflichtbeiträgen oder freiwilligen Beiträgen oder sonstigen anwartschaftserhaltenden Zeiten). Eine Entrichtung freiwilliger Beiträge für die Zeit ab 01.08.1984 ist nach § 1418 Abs.1 RVO nicht möglich; freiwillige Beiträge sind unwirksam, wenn sie nach Ablauf des Kalenderjahres, für das sie gelten sollen, entrichtet werden. Die Argumentation der Klagepartei, dass im November 1984 eine Beitragsstreitigkeit und daher eine Fristhemmung vorgelegen habe, ist insoweit unerheblich. Eine "Beitragsstreitigkeit im Vorverfahren gemäß § 80 Abs.2 SGG" (so § 1418 Abs.2 RVO) kann schon deshalb nicht vorgelegen haben, weil der inzwischen aufgehobene und durch andere Vorschriften ersetzte § 80 SGG ein Widerspruchsverfahren voraussetzte; im Übrigen wäre auch eine Fristhemmung von ca. zwei Wochen, die zwischen dem Schreiben des Klägers und der Übersendung eines Versicherungsverlaufs im Jahre 1984 lagen, vorliegend ohne Bedeutung gewesen.

Die nachträgliche Entrichtung freiwilliger Beiträge war nach Überzeugung des Senats auch nicht im Wege einer sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs möglich.

Im Einzelnen ergibt sich Folgendes: 1)Von einem Eintritt des Versicherungsfalls bis spätestens Mitte 1986, wie von der Bevollmächtigten der Klagepartei behauptet, ist nicht auszugehen. Erhebliche Gesundheitsstörungen des verstorbenen Klägers sind erst im Jahre 1990 an Hand der dem Gutachten der Invalidenkommission Z. vom 01.02.1991 beiliegenden ärztlichen Befunden aus den Jahren 1990/1991 (die Befunde selbst stammen aus Bosnien-Herzegowina) festzustellen. Andere oder weitergehende Unterlagen konnten bereits damals im Begutachtungsverfahren nicht beigebracht werden. Den Unterlagen ist zu entnehmen, das der Kläger sich nicht in regelmäßiger ärztlicher Behandlung befand, nicht einmal in stationärer Behandlung gewesen ist, als er möglicherweise einen Gehirnschlag erlitten hatte. Als einziger Anhaltspunkt, der auf eine Gesundheitsstörung des Klägers bereits vor Sommer 1986 hinweist, ist die nur anamnestisch im Gutachten der Invalidenkommission erwähnte Angabe des Klägers, er werde wegen Hypertonie bereits seit sieben Jahren behandelt. Aus den seit 1990/1991 öfters angeführten Blutdruckwerten von 145/80 mmHg bis 170/110 mmHg und eine angeblich laut Elektrokardiogramm festgestellte Ischämie der linken Kammer bei kompensierter chronischer Myokardiopathie lässt sich jedoch nichts über den Gesundheitszustand vor fünf und mehr Jahren ableiten. Dasselbe gilt von den übrigen von der Invalidenkommission festgestellten Gesundheitsstörungen, insbesondere einem psychoorganischen Syndrom, einer Gefühlsstörung der rechten Körperhälfte (möglicher Restzustand infolge einer früheren ischämischen Attacke) und einer Polyneuropathie.

Der Hinweis der Bevollmächtigten der Klagepartei, diese Gesundheitsstörungen müssten schon früher begonnen haben, kann zutreffend sein, hilft aber nicht weiter. Eine beginnende Krankheit vermag noch nicht ein rentenerheblich eingeschränktes Leistungvermögen zu begründen, und der Zeitpunkt, wann die Gesundheitsstörungen des verstorbenen Klägers einen leistungsrelevanten Schweregrad erreicht haben, ist nicht feststellbar. Die während des Rentenverfahrens vom Kläger erwähnte Behandlung in der BRD wegen Rheumas führt auch nicht weiter, weil laut den in den Akten vorliegenden ärztlichen Unterlagen eine derartige Krankheit oder Folgeerscheinung nicht diagnostiziert, ja nicht einmal anamnestisch mehr festgehalten sind, mithin eine über zehn Jahre andauernde Gesundheitsstörung nicht feststellbar ist.

Aufgrund der vor dem Jahre 1990 leeren Krankheitsgeschichte stimmt der Senat den Ärzten der Invalidenkommission sowie dem Prüfarzt der Beklagten, Dr.D. , zu, dass der Eintritt des Versicherungsfalls vor dem Jahre 1990 nicht objektiviert werden kann; erst recht sind nicht mit hinreichender Sicherheit Feststellungen für die rentenrelevante Zeit von 1984 bis einschließlich 1986 zu treffen.

2. Vorliegend hielt der Senat einen sozialrechtichen Herstellungsanspruch nicht für begründet. Es ist nicht wahrscheinlich, dass heißt, es sprechen nicht mehr Gesichtspunkte dafür als dagegen, dass die Beklagte oder das Arbeitsamt dem Kläger auf eine Anfrage hin eine unzutreffende Information gegeben oder es pflichtwidrig unterlassen hat, von selbst auf den Kläger zuzugehen und diesem rechtzeitig einen Hinweis zur Vermeidung eines Nachteils (drohender Verlust der Rentenanwartschaft) zu geben, weiterhin, dass ein derartiges Verhalten dafür ursächlich gewesen ist, dass der Kläger Maßnahmen zur Abwendung des Nachteils nicht ergriffen hat.

Die Möglichkeit, dass der verstorbene Kläger sich selbst rechtzeitig, d.h. im Jahre 1984, an einen für die Beratung zuständigen Leistungsträger gewandt hätte, ist nach Aktenlage nicht anzunehmen und wurde im Rechtsstreit auch nicht behauptet. Demnach kann nur die von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts aus §§ 14, 15 Sozialgesetzbuch Teil I (SGB I) abgeleitete Alternative in Frage kommen, dass bei Vorliegen eines konkreten Anlasses der Leistungsträger dem Versicherten eine Gestaltungsmöglichkeit aufzuzeigen hat, wenn diese klar zutage liegt und ihre Wahrnehmung offenbar zweckmäßig ist. Ein Herstellungsanspruch gegen die zur Leistung verpflichtete Behörde kann auch dann gegeben sein, wenn die unzureichende Beratung, die zu Nachteilen für den Betroffenen geführt hat, dem Leistungsträger zuzurechnen ist. Dies gilt auch für ein Fehlverhalten des zuständigen Arbeitsamts im Zusammenhang mit rentenversicherungsrechtlichen Zeiten; allerdings ist zu berücksichtigen, dass das Arbeitsamt nicht Träger von Rentenleistungen, der gemäß § 14 SGB I zur Beratung in Rentenversicherungsangelegenheiten zuständig ist, und auch nicht Träger der Krankenversicherung, der in allen sozialen Angelegenheiten gemäß § 15 Abs.1 SGB I Auskünfte zu erteilen hat, ist. Das Arbeitsamt hat damit nur bei gemeinsamen Berührungspunkten wie z.B. den ehemaligen Ausfallzeiten eine Hinweispflicht, die unter anderem beinhaltet, den Versicherten auf die Notwendigkeit weiterer Arbeitslosmeldung bei Auslauf der Leistungen seitens der Arbeitsverwaltung aufmerksam zu machen (vgl. BSG vom 06.08.1992 - 8 RKN 9/91). Allerdings ist es ohne nähere Anhaltspunkte nicht Aufgabe des Arbeitsamts, Versicherte, welche aus dem Leistungsbezug ausgeschieden sind, zu bewegen, alle nur möglichen Voraussetzungen für einen späteren Bezug von Sozialleistungen zu erfüllen (BSG, a.a.O.). Eine allgemeine Aufklärungspflicht über den Nutzen weiterer Arbeitlosmeldung oder gar der Leistung freiwilliger Beiträge zur Rentenversicherung bei Auslauf des Arbeitslosengeldes kann nicht angenommen werden.

Vorliegend ist nicht erkennbar, dass ein besonderer Anlass für eine Beratung des Arbeitsamts bestanden hat. Der Sachverhalt im Sommer 1984 ist heute unbekannt. Nicht mehr zu klären war, ob sich der Kläger beim Arbeitsamt abgemeldet hat oder nicht, und - bei Abmeldung - was er angegeben hat, so z.B. die Rückkehr in sein Heimatland oder eventuelle Pläne, so z.B. die geplante Aufnahme einer Erwerbstätigkeit. Es läßt sich nicht einmal feststellen, ob der Kläger zum Ende des Leistungsbezugs auf eine mögliche Aufforderung des Arbeitsamts wegen Arbeitsplatzvermittlung oder Information reagiert hat und ob er überhaupt für das Arbeitsamt noch erreichbar gewesen ist.

Merkwürdig ist immerhin, dass er sich beim Einwohnermeldeamt bereits im Jahre 1982 in seine Heimat abgemeldet und im Rentenverfahren angegeben hat, sich seit 1983 ständig in Jugoslawien aufgehalten zu haben. Unter Umständen war er nur - für das Arbeitsamt unbekannt - über Dritte erreichbar und hat sich bei Auslauf einer Aufenthaltserlaubnis nicht mehr gemeldet. Denkbar ist es auch, dass dem Arbeitsamt - wie auch damals der Beklagten - eine neue Adresse des Klägers in der BRD oder die genaue bzw. geänderte Heimatadresse nicht bekannt gewesen ist.

Trifft dies aber nicht zu, so ist gleichwohl nicht klar, welche Umstände im Einzelnen aus dem Arbeitsleben und den Zukunftsplänen des verstorbenen Arbeitnehmers dem Arbeitsamt bekannt gewesen sind und ob es nahe lag, einem Arbeitnehmer, der im Jahre 1984 jedenfalls die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rente damals und bis zum Juli 1986 erfüllte, gezielte Hinweise bzw. Informationen hinsichtlich der Rentenversicherung zukommen zu lassen.

Seitens der Beklagten ist zunächst der Verstoß gegen eine Beratungspflicht zweifelhaft. Der Kläger hat sich - erstaunlicherweise noch im Jahre 1984, möglicherweise doch aufgrund rentenversicherungsrechtlicher Hinweise des Arbeitsamts oder aufgrund sonstiger Kenntnisse - an die Beklagte wegen eines Versicherungsverlaufs bis 1984 gewandt.

Im Jahre 1984 jedenfalls ist, entgegen der Ansicht der Klagepartei, kein Kontenklärungsverfahren durchgeführt worden, auch wenn der Sachbearbeiter der Beklagten sich damals intern - zum Abruf und Ergänzung der Versicherungsdaten - sich des "Feststellungsbogens für Kontenklärung" bedient hat; es wurde weder an den Kläger wegen Angabe zu Zeiten ab 01.01.1980 herangetreten noch Auskünfte irgendwelcher Art von der Krankenkasse (als Einzugsstelle) oder dem bisherigen Arbeitgeber oder dem Arbeitsamt eingeholt. Es ist aus der Rentenakte der Beklagten ersichtlich, dass deren Sachbearbeiter die mit Schreiben des Klägers vom 12.11.1984 bekannt gewordene neue Adresse des Versicherten speicherte und - offenbar aufgrund des bereits vorhandenen Datenbestands - einen neuen Versicherungsverlauf vom 22.11.1984 erstellte, der am 07.12.1984 zur Post gegeben wurde. Bekannt war damals sicherlich nicht, wie die Klagepartei im Rechtsstreit nachträglich behauptete, dass das Versicherungsleben ab 01.08.1984 offensichtlich eine Lücke aufwies, denn der Kläger hatte sich nicht dazu geäußert, ob er in seinem Heimatland eine versicherungspflichtige Beschäftigung aufgenommen oder sonstige anzurechnende Versicherungszeiten zurückgelegt hatte. Für den Sachbearbeiter der Beklagten konnte lediglich vermutet werden, dass das Versicherungsleben des Klägers, soweit es die Bundesrepublik Deutschland betraf, vorerst beendet war, möglicherweise auf Dauer, möglicherweise auch nur vorübergehend.

Wenn nach dem gesamten Sachverhalt kein Kontenklärungsverfahren stattfand, so neigt der Senat dennoch zu der Auffassung, dass mit Erstellung des Versicherungsverlaufs ein konkreter Anlass bestand, den Kläger auf einen möglichen künftigen Verlust seiner Rentenanwartschaft in Bezug auf eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit oder Berufsunfähigkeit hinzuweisen, die wegen einer Änderung der RVO ab 01.01.1984 durch das Haushaltbegleitgesetz 1984 eintreten konnte. Es war ersichtlich, dass der Kläger bei einem künftigen Eintritt von Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit die drei Fünftel-Belegung mit Pflichtbeiträgen sowie die vollständige Belegung der Zeiten ab 01.01.1984 mit Anwartschaftserhaltungszeiten verlieren konnte, falls er ab August 1984 weder einer versicherungspflichtungen Beschäftigung oder Tätigkeit nachging noch freiwillige Beiträge zur Rentenversicherung leistete.

Es ist jedoch nicht wahrscheinlich, dass der verstorbene Kläger auch freiwillige Beiträge zur deutschen Rentenversicherung geleistet hätte, wenn ihm rechtzeitig ein Hinweis der Beklagten noch im Dezember 1984 (§ 1418 Abs.1 RVO) gegeben worden wäre. Der nachträglich bei Eintritt des Versicherungsfalls behauptete Wille allein ist nicht ausschlaggebend. Bei Versicherten, die nur zeitweise in der Bundesrepubik Deutschland als Gastarbeiter tätig gewesen sind, besteht auch kein allgemeiner Erfahrungssatz, dass bei Rückkehr ins Heimatland und dortigem Aufenthalt Bereitschaft besteht, im Hinblick auf einen zukünftigen ungewissen Leistungsfall freiwillige Beiträge zu entrichten, die angesichts einer wirtschaftlich schlechten Lage im Heimatland erhebliche Beträge in Bezug auf das dortige Durchschnittseinkommen ausmachen.

Dem Senat ist bisher kein einziger Fall bekannt geworden, dass ein jugoslawischer Staatsangehöriger nach Rückkehr in sein Heimatland periodisch freiwillige Beiträge im Hinblick auf die Absicherung gegen Invalidität gezahlt hätte. Dies erscheint auch durchaus verständlich, da es kaum zur ersthaften Überlegung ansteht, einen Großteil des in Jugoslawien monatlich erzielten Einkommens oder eventuell darüber hinaus die gesamten monatlichen Erwerbseinkünfte, die zur Bestreitung des notwendigen Lebensinhaltes dienen, für eine Vorsorge in Bezug auf die deutsche Rentenversicherung aufzuwenden. Wurde hingegen im Ausland kein hinreichendes Einkommen erzielt, hätte auf den angesparten "Notgroschen" zurückgegriffen werden müssen, d.h. in Unkenntnis der Gestaltung der späteren Lebensumstände (würde Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit überhaupt vor Erreichen der Altersgrenze eintreten?) eine bestehende Absicherung bei Notfällen des täglichen Lebens und eine darüber hinausgehende Existenzsicherung aufgegeben werden müssen, ohne abschätzen zu können, wie hoch die Nachteile im Verhältnis zu den Vorteilen ausfallen würden. Bei den kargen Verhältnissen in Jugoslawien ist dem Argument, eingezahlte freiwillige Beiträge könnten sich ja spätestens bei der Altersrente günstig auswirken, kein maßgebendes Gewicht beizumessen, wenn die Aufbringung der Beiträge die Existenzgrundlage bis zum Bezug einer solchen Rente wesentlich einschränkte oder sogar beseitigte. Die Möglichkeit der vom Versicherungsträger einzuräumenden Stundung hat ebenfalls keine ausschlaggebende Bedeutung, denn eine Stundung geschuldeter Beiträge kann und darf nur vorübergehend sein und sich nicht von vornherein auf ungewisse Zeit, z.B. bis zum möglichen Eintritt des Versicherungsfalls bzw. Leistungsfalls der Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit oder bis zum mehr als noch einem Jahrzehnt ausstehenden Beginn der Altersrente erstrecken. Eine Stundung ist zulässig bei einem vorübergehenden Engpass oder einer Notlage, wobei aber die Aussicht auf Besserung besteht, jedoch nicht mehr dann, wenn ein voraussichtlicher Dauerzustand vorliegt, der allenfalls mit Rentenbeginn ein Ende finden könnte.

Beim verstorbenen Kläger bestand Ende des Jahres 1984 die Lage, dass der künftige Eintritt von Erwerbsunfähigkeit oder Berufsunfähigkeit ungewiss war. Für die im Rechtsstreit aufgestellte Behauptung, er wäre bereits bei Verzug in sein Heimatland gesundheitlich angeschlagen gewesen, finden sich keine hinreichenden Anhaltspunkte, geschweige denn die notwendigen Nachweise. Hinsichtlich der vor 1984 eingetretenen Rheuma-Erkrankung sind daraus abzuleitende wesentliche Folgen für die Gesundheit und das Erwerbsvermögen nicht ersichtlich; der Kläger war zudem in den Jahren 1983/1984 zuletzt 19 Monate arbeitslos und nicht krank gemeldet. Damit ergab sich die Lage, dass er zur Zahlung freiwilliger Beiträge von rund 100,- DM monatlich ein Sparguthaben von 20.400,- DM (1984), im Jahre 1985 bereits gemindert auf 18.500,- DM angreifen hätte müssen, wobei der angesparte Devisenbetrag bis zum 65. Lebensjahr vollständig aufgezehrt worden wäre. Demgegenüber stand eine Sicherung der gegenwärtigen und künftigen Existenz durch Vermögen. Dem Senat nachvollziehbar hatte die Bevollmächtigte des Klägers im Schriftsatz vom 02.06.2003 ausgeführt, dass fast ausnahmslos Gastarbeiter größere Summen in der BRD angespart hätten, um sie später zur Aufstockung ihres Lebensunterhalts nach Rückkehr in das Heimatland, zum Hausbau usw. zu verwenden, wobei der Senat dies um den Erwerb oder den Erhalt und Ausbau einer Lebensgrundlage (kleiner Gewerbebetrieb, landwirtschaftliches Anwesen) erweitern möchte.

Tatsächlich hatte der Kläger aus dem Rentenverfahren mit- geringen Einkünfte aus der Landwirtschaft angewiesen war und daneben bestimmte Tätigkeiten zur Erhaltung des Anwesens ausgeführt werden mussten, um dieses vor dem Verfall und Wertverlust zu bewahren. Augenscheinlich diente so das Sparvermögens des Klägers einmal dem Erhalt des Anwesens (vgl. hierzu die Abhebung vom Sparkonto von fast 2000,- DM im Jahre 1985) und der Ergänzung des gegenwärtigen und künftigen Unterhalts. Diese Lebensumstände erscheinen gewichtiger und auch nahestehender als der Aufbau einer erst in mehr als zehn Jahren zu erwartenden Altersversorgung und einer Absicherung gegen den ungewissen Fall des vorzeitigen Ausscheidens aus dem Erwerbsleben. Beim Kläger kam hinzu, dass er auch ohne die ab 1984 zu zahlenden freiwilligen Beiträge Rentenleistungen aus der deutschen und der jugoslawischen Sozialversicherung wegen Alters zu erwarten hatte und im Übrigen - bei Verlust der Anwartschaft für eine Rente wegen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit aus der deutschen Rentenversicherung - noch immerhin bei Eintritt der Invalidität eine Rente in seinem Heimatland bei dortigen Versicherungszeiten von 18 Jahren und drei Monaten. Mithin stand er nicht ohne Absicherung dar, falls er sein Sparguthaben, das auch anderen lebensnotwendigen Zwecken dienen konnte und sollte, nicht für Zwecke der Versicherung in der deutschen Rentenversicherung verwendete. Zu bedenken ist weiterhin, dass ein Sparguthaben nicht nur zur Aufstockung des Lebensunterhalts bei Erwerbstätigkeit in Jugoslawien und ggf. als Sicherheit in Notfällen dienen konnte, sondern auch zur Aufstockung des Lebensunterhalts bei wesentlich gemindertem oder aufgehobenem Erwerbsvermögen. Ein Sparguthaben in "harten Devisen" vermag in Jugoslawien, zumal bei den dortigen geringen Lebenshaltungskosten, durchaus eine geeignete Form der Vorsorge bei Alter und Invalidität sein.

In Anbetracht aller Umstände sprachen nach Überzeugung des Senats nicht mehr Gesichtspunkte dafür als dagegen, dass der verstorbene Kläger zur Jahreswende 1984/1985 die Möglichkeit der Entrichtung freiwilliger Beiträge zur deutschen Rentenversicherung genutzt hätte. Der diesbezügliche Vortrag der Klagepartei erschien - zumal zunächst auch ein unrichtiger Sachverhalt vorgetragen und auf dieser Basis frech argumentiert worden ist - nicht so glaubhaft und überzeugend, dass das Gegenteil anzunehmen gewesen wäre.

Daher war die Berufung mit der Kostenfolge aus § 193 SGG zurückzuweisen.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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