L 12 KA 139/03

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 21 KA 535/02
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 12 KA 139/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 3. Juni 2003 wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin hat der Beklagten die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Erweiterung ihres Praxis- und Zusatzbudgets im Zusammenhang mit der Behandlung chronisch schmerzkranker Patienten. Die Klägerin ist als Anästhesistin in P. (vormals P.) niedergelassen und zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Die Beklagte hat ein Schreiben der Klägerin vom 26. November 1998 als Antrag auf Erweiterung des Praxis- bzw. Zusatzbudgets gewertet. Darin bittet die Klägerin um Aufhebung der Budge- tierung wegen des besonderen Versorgungsbedarfs bei Nichtvergleichbarkeit des außergewöhnlichen Patientengutes. Alle Patienten, welche sie behandele, seien chronische Schmerzpatienten, für die eine kontinuierliche Betreuung gewährleistet sein müsse. Ein normaler Anästhesist habe meist nur einen Patientenkontakt (OP-Termin) im Quartal. Aufgrund der Besonderheit ihrer Praxis und der unbedingten Notwendigkeit der kontinuierlichen Betreuung der Schmerzpatienten habe sie mindestens einmal wöchentlich, meistens sogar zwei- bis dreimal wöchentlich, in einigen besonders schweren Fällen sogar täglich Kontakt zu ihren Patienten, für die sie rund um die Uhr erreichbar sei. Aufgrund ihrer Schwerbehinderung mit 70 % und dem Merkzeichen "G" käme eine belegärztliche Tätigkeit als Anästhesistin bei verschiedenen OP s nicht in Frage. Würde sie weiterhin mit der Fachgruppe "Anästhesie" verglichen, seien nicht einmal die laufenden Praxiskosten abgedeckt und sie habe mit ihrem Sohn keinen Lebensunterhalt. Ein Schließen der Praxis wäre dann nicht mehr zu verhindern. Die Beklagte hat mit Bescheid vom 30. Mai 2001 den Antrag der Klägerin auf Erweiterung des Praxis- und/oder Zusatzbudgets zur Sicherstellung eines besonderen Versorgungsbedarfs gemäß Buchst.A I B 4.3 der Allgemeinen Bestimmungen des EBM wegen Schmerztherapie abgelehnt. Dem Antrag habe nicht stattgegeben werden können, da für die beantragten Leistungen ein Zusatzbudget nach Buchst.A I B 4.2 nur für Ärzte vorgesehen sei, die Teilnehmer an der Schmerztherapie-Vereinbarung seien. Eine Ausnahme nach Buchst.A I B 4.3 könne nur dann erfolgen, wenn die erforderliche Genehmigung, die für Buchst.A I Buchst.B 4.2 bereits Voraussetzung sei, vorliege. Sei dies wie bei der Klägerin nicht der Fall, dann seien die Leistungen Bestandteil des Praxisbudgets. Werde ein Arzt verstärkt in einem Leistungsbereich tätig, könne er andere ärztliche Leistungen nur in entsprechend geringerem Umfang erbringen. Das insgesamt zur Verfügung stehende Praxisbudget müsse deswegen grundsätzlich nicht geändert werden. Hiergegen richtet sich der Widerspruch der Klägerin vom 26. Juni 2001. Grundsätzlich liege ein besonderer Versorgungsbedarf im Sinne von Buchst.A I Buchst.B 4.3 des EBM immer dann vor, wenn ein Vertragsarzt auch ohne Zusatzqualifikation bereits bisher Leistungen in einem Umfang erbracht habe, die in ihrem Volumen dem eines Arztes mit entsprechender Zusatzqualifikation entsprechen. Seit Einführung der Praxisbudgets zum 1. Juli 1997 gelte u.a., dass die Schmerztherapie als Schwerpunkt der Pra- xistätgkeit angesehen und als Grundlage für entsprechende Ausnahmeentscheidungen anerkannt werde. Ergänzend zu dem Vorstehenden bestehe auch ein Anspruch auf Gleichbehandlung (Art.3 GG), wonach gleichgelagerte Sachverhalte auch gleich zu regeln seien. Sie sei nicht nur nachweislich dazu ausgebildet und fähig - wenn auch nicht von der KVB entsprechend berücksichtigt -, sondern führe auch die entsprechenden Behandlungen analog der Schmerztherapie-Vereinbarung durch. Da die Honorare aus besagter Schmerztherapie-Vereinbarung Gegenstand der pauschalierten Gesamtvergütung seien, würden für das Erbringen dieser Leistungen bereits Zahlungen durch die Krankenkassen geleistet. Die KVB lasse nun diese Leistungen in ihrem Fall zwar erbringen, vergüte sie aber nicht gesondert. Und dies, obwohl in § 7 Abs.2 der Schmerztherapie-Vereinbarung ausdrücklich ein besonderer, zusätzlcher Aufwand aufgrund einer schmerztherapeutischen Behandlung anerkannt sei. Hinsichtlich der Schmerztherapie-Vereinbarung bestünden entsprechende Übergangsregelungen. In § 10 Abs.3 ff. der Schmerztherapie-Vereinbarung von 1997 sei explizit ausgeführt, welche Möglichkeiten es für bereits in der Schmerztherapie tätige Vertragsärzte gebe, die die eventuell geforderten Bedingungen nach § 3 derselben Vereinbarung noch nicht erfüllen würden. Eine Entscheidung der KVB diesbezüglich stehe immer noch aus, was als objektiv unangemessen zu werten sei. Es sei somit festzustellen, dass derartige Verzögerungen hinsichtlich einer geforderten Zulassung zur Schmerztherapie-Vereinbarung auch die Entscheidung zu diesem Vorgang tangierte, weshalb die entsprechenden, noch ausstehenden Zulassungsbeurteilungen - insbesondere die Berücksichtigung der Übergangsvorschriften - in die Entscheidung durch die Beklagte hinsichtlich dieses Widerspruches einfließen sollten.

Die Beklagte hat mit Widerspruchsbescheid vom 7. Feburar 2002 den Widerspruch der Klägerin zurückgewiesen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen "zur Sicherstellung eines besonderen Versorgunsbedarfs" seien als Ausnahmevorschrift eng auszulegen. Im Besonderen gelte das, soweit die Vertragspartner bereits beispielhaft bestimmte spezifische Schwerpunktsetzungen benannt hätten, für die im Einzelfall ein besonderer Versorgunsbedarf angenommen werden könne. Eine dieser geregelten Schwerpunktsetzungen betreffe die Schmerztherapie. Hier bedinge die tatsächliche Feststellung, dass im konkreten Fall die Schmerztherapie den Schwerpunkt der Praxistätigkeit darstelle, zunächst in qualitativer Hinsicht, dass der betreffende Vertragsarzt berechtigt sei, Versicherte im Rahmen der mit den Ersatzkassen geschlossenen, seit 1. Juli 1997 geltenden Vereinbarung über die ambulante Behandlung chronisch schmerzkranker Patienten im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung zu behandeln und darüber hinaus in quantitativer Hinsicht, dass die auf der Schmerztherapie beruhenden Honorarforderungen einen wesentlichen Teil der Gesamthonoraranforderung des Arztes ausmachen (vgl. Bayer. LSG, Urteil vom 16. Mai 2001 - Az.: L 12 KA 147/99). Vorliegend sei bereits die qualitative Voraussetzung nicht erfüllt, denn die Klägerin habe nicht die Berechtigung zur Teilnahme an der Schmerztherapie-Vereinbarung. Soweit die Klägerin geltend machen wolle, die Beklagte habe über einen von ihr gestellten Antrag auf Genehmigung zur Teilnahme an der Schmerztherapie-Vereinbarung nicht entschieden bzw. die gewünschte Genehmigung rechtswidrig verweigert, sei hierzu festzustellen, dass dies unzutreffend sei. Die Klägerin habe vielmehr einen (vollständigen) Antrag auf Genehmigung zur Teilnahme an der Schmerztherapie-Vereinbarung niemals eingereicht. Auf den bestandskräftigen Bescheid (Widerspruchsbescheid vom 20. Juni 2001) werde ausdrücklich Bezug genommen. Bei diesem Sachstand sei für die von der Klägerin beanspruchte Erweiterung bzw. Aussetzung der Praxis- und/oder Zusatzbudgets kein Raum. Der "besondere Versorgungsbedarf Schmerztherapie" sei eingehend - sowohl als Tatbestand für die Zuerkennung des Zusatzbudgets Schmerztherapie gemäß der Bestimmung in Buchst.A I B 4.2 EBM als auch für die Gewährung einer Erweiterung oder Aussetzung der Praxis- und/oder Zusatzbudgets gemäß der Bestimmung in Buchst.A I B 4.3 EBM in Verbindung mit der hierzu getroffenen Vereinbarung der Vertragspartner - geregelt. Beide Ausnahmeregelungen setzten jeweils voraus, dass der Vertragsarzt Teilnehmer an der Schmerztherapie-Vereinbarung sei. Werde diese Voraussetzung nicht erfüllt, könne ein besonderer Versorgungsbedarf im Sinne von Buchst.A I B 4.3 EBM nicht gegeben sein. Lediglich ergänzend werde darauf hingewiesen, dass die lokale Versorgung der Versicherten auf dem Gebiet der Schmerztherapie gesichert sei, denn im Planungsbereich München Land würden 51 weitere Vertragsärzte, von denen drei Teilnehmer an der Schmerztherapie-Vereinbarung seien, Leistungen aus dem hier maßgeblichen Zusatzbudget Schmerztherapie erbringen. Hiergegen richtet sich die Klage der Klägerin vom 15. März 2002, die mit Schriftsatz vom 1. Juni 2003 näher begründet wurde. 1998 habe das Klinikum G. zum ersten Mal das Currikulum "Spezielle Schmerztherapie" durchgeführt. Seitdem hätte sie jährlich an adäquaten Veranstaltungen teilgenommen. Seit 2000 sei sie jährlich auch zusätzlich bei dem Expertenforum der Tut- zinger Schmerztherapiewoche eingeladen worden. Außerdem habe sie regelmäßig seit 1996 an den verschiedensten interdisziplinären Schmerzkonferenzen teilgenommen und habe seit 2000 aktiv die Tutzinger Schmerzkonferenz mitgestaltet. Seit September 2002 baue sie aktiv die Schmerztherapie im Landkreis Kronach und Umgebung auf. In der Anlage findet sich auch ein Schreiben der Klägerin vom 1. April 2003, in dem sie eine Stellungnahme zu den sozialgerichtlichen Klageverfahren S 21 KA 143/02 und 535/02 abgibt, in dem sie im Wesentlichen darlegt, dass sie die Voraussetzungen zur Teilnahme an der Schmerztherapie-Vereinbarung entgegen der Ansicht der KVB erfülle.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 03. Juni 2003 hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin erklärt, dass die Klägerin die Erweiterung des Zusatzbudgets "Psychosomatik" nicht beantragt habe und dies auch nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits sei.

Sodann hat er den Antrag gestellt, die Beklagte zu verurteilen, die Erweiterung der Praxis- und Zusatzbudgets entsprechend dem Urteil des BSG vom 6. September 2000 (Az.: B 6 KA 37/99 R) vorzunehmen.

Das Sozialgericht München hat mit Urteil vom 3. Juni 2003 die Klage abgewiesen. Einen Anspruch auf Erweiterung oder Aussetzung des Praxis- und/oder Zusatzbudgets zur Sicherstellung eines besonderen Versorgungsbedarfs gemäß den ab 1. Juli 1997 geltenden Allgemeinen Bestimmungen A I B 4.3 EBM habe die Klägerin nicht. Hierzu werde auf die zutreffende Entscheidung der Beklagten und die ausführliche Begründung in dem Widerspruchsbescheid vom 7. Februar 2002 verwiesen, denen sich die Kammer anschließe. Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin vom 18. September 2003, die mit Schriftsatz vom 13. November 2003 näher begründet wurde. Die Klägerin sei ausgebildete Fachärztin der Anästhesie. Sie sei in der Zeit von 1988 bis 1989 im Bezirkskrankenhaus in G. tätig gewesen und im Zeitraum vom 1. Februar 1990 bis 30. Juni 1992 in der Anästhesieabteilung der W.-Klinik in Bad W ... In der Zeit vom 1. Juni 1992 bis 30. Juni 1995 sei sie als Anästhesistin im R.-Krankenhaus in K. tätig gewesen. Seit dem 22. Dezember 1997 sei sie niedergelassene Ärztin und beschäftige sich nahezu ausschließlich mit der Behandlung chronisch schmerzkranker Patienten. Die Klägerin habe schon während ihrer Zeit in Bad W. 1990 angefangen, sich intensiv mit Schmerzpatienten zu befassen. Anfang der 90-er Jahre habe es noch keine Vereinbarung gegeben, die eine Genehmigung erforderlich gemacht hätte. Die Klägerin habe den Chefarzt der Klinik in Bad W. gebeten, nochmals ein ausführliches Zeugnis zu erteilen. Dies werde in Kürze dem Bayer. Landessozialgericht vorgelegt werden. Im Auftrage der Klägerin werde dem Bayer. Landessozialgericht mitgeteilt, dass die Klägerin bereit sei, sich einer mündlichen Prüfung zu unterziehen und auch eine schriftliche Prüfung abzulegen. Hinzuweisen sei, dass es in einem Parallelverfahren (L 12 KA 138/03) um die vorweg zu entscheidende Frage gehe, ob die Klägerin einen Anspruch gegenüber der Beklagten habe, dass diese der Klägerin die Genehmigung zur Durchführung der ambulanten Behandlung chronisch schmerzkranker Patienten erteile. Wenn dieser "Vorprozess" zugunsten der Klägerin entschieden sei, habe die Klägerin auch einen Anspruch darauf, dass ihr Praxisbudget entsprechend dem Antrag erweitert werde.

Der Klägerbevollmächtigte hat mit Schriftsatz vom 27. Juli 2004 mitgeteilt, dass weder er noch die Klägerin zum Verhandlungstermin erscheinen.

Der Klägervertreter stellt sinngemäß den Antrag, das Urteil des Sozialgerichts München vom 3. Juni 2003 (S 21 KA 535/02) sowie den Bescheid der Beklagten vom 30. Mai 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Februar 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, über den Antrag der Klägerin vom 26. November 1998 auf Erweiterung des Zusatz- bzw. Praxisbudgets zur Sicherung eines besonderen Versorgungsbedarfs gemäß Buchst.A I B 4.3 des EBM wegen der Behandlung chronisch schmerzkranker Patienten erneut gemäß der Rechtsauffassung des Senats zu entscheiden.

Die Vertreterin der Beklagten stellt den Antrag, die Berufung zurückzuweisen.

Dem Senat liegen die Verwaltungsakte der Beklagten, die Klageakte mit dem Az.: S 21 KA 535/02 sowie die Berufungsakte mit dem Az.: L 12 KA 139/03 zur Entscheidung vor, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden und auf deren sonstigen Inhalt ergänzend Bezug genommen wird.

Entscheidungsgründe:

Die nach § 143 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte und gemäß § 151 Abs.1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das angegriffene Urteil des Sozialgerichts München vom 3. Juni 2003, mit dem die Klage der Klägerin vom 15. März 2002 gegen den Bescheid der Beklagten vom 30. Mai 2001 in der Gestalt des Widerspuchsbescheides vom 7. Februar 2002 abgewiesen wurde, ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erweiterung oder Aussetzung des Praxisbudgets bzw. des Zusatzbudgets im Zusammenhang mit der Behandlung von chronischen Schmerzpatienten. Gegen das mit Beschlüssen des Bewertungsausschusses vom 19. November 1996 und 11. März 1997 zum 1. Juli 1997 eingeführte undmit Ablauf des 30. Juni 2003 wieder außer Kraft getretenen System der Praxis- und Zusatzbudgets (Deutsches Ärzteblatt 1997, A-864 ff = C-654 ff.) bestehen keine rechtlichen Bedenken (vgl. hierzu Urteile des BSG vom 8. März 2000 =SozR 3-2500 § 87 Nr.23 S.118 f und vom 16. Mai 2001, BSG SozR 3-2500 § 87 Nr.31 S.174 ff. und Urteil vom 15. Mai 2002, B 6 KA 33/01 R). Nach Kapitel A I Allgemeine Bestimmungen Teil B Nr.4.3 (A I B 4.3) des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM) in der ab 1. Juli 1997 bis 30. Juni 2003 geltenden Fassung kann die Kassenärztlche Vereinigung auf Antrag eines Vertragsarztes im Einzelfall zur Sicherstellung eines besonderen Versorgunsbedarfs eine Erweiterung des Praxis- und/oder Zusatzbudgets gewähren. Der Senat hat bereits in ständiger Rechtsprechung (Urteile vom 26. Juli 2000, Az.: L 12 KA 136/97, vom 21. März 2001, Az.: L 12 KA 99/99, vom 10. Oktober 2001, Az.: L 12 KA 87/00, vom 13. März 2002, L 12 KA 124/00 und L 12 KA 14/02, vom 10. April 2002, L 12 KA 145/00 und zuletzt vom 23. Juli 2003 L 12 KA 111/02) entschieden, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen zur Sicherstellung eines besonderen Versorgungsbedarfes gemäß Buchst.A I B 4.3 als Ausnahmevorschrift eng auszulegen sind und zwar ihrem Sinn und Zweck entsprechend als Härtefallregelung (vgl. BSG, Urteil vom 16. Mai 2001, B 6 KA 53/00 R = SozR 3-2500 § 87 SGB V Nr.31). Die Partner der Bundesmantelverträge haben diese Regelung des EBM in der Ziffer 4 der Vereinbarung zur Einführung des Praxisbudgets zum 1. Juli 1997 (vgl. Deutsches Ärzteblatt 1997, A 403 f) dahingehend ausgelegt, dass die Kassenärztliche Vereinigung auf Antrag des Vertragsarztes die Budgets insbesondere dann erweitern oder aussetzen kann, wenn nachfolgend genannte Krankheitsfälle oder spezifische Betreuungsleistungen den Schwerpunkt der Praxistätigkeit darstellen: Betreuung von HIV-Patienten; onkologische Erkrankungen; Diabetes; Mukoviszidose; Schmerztherapie (Teilnehmer an der Schmerztherapie-Vereinbarung); kontinuierliche Patientenbetreuung in beschützenden Einrichtungen; erheblich über dem Arztgruppendurchschnitt liegender Überweisungsanteil. Aus der Wortwahl "insbesondere" ergibt sich, dass die Aufzählung in der Ziffer 4 der Vereinbarung zur Einführung von Praxisbudges zum 1. Juli 1997 nicht abschließend ist. Entsprechend dem Charakter dieser Vereinbarung als Interpretation haben die Vertragspartner beispielhaft einige Fallgruppen für bestimmte spezifische Schwerpunktsetzungen genannt, bei denen im Einzelfall ein konkret nachgewiesener besonderer Versorgungsbedarf angenommen werden kann. Aus Gründen der Gleichbehandlung (Art.3 Abs.1 GG) muss es sich bei den weiteren Ausnahmetatbeständen, die eine Erweiterung oder Aussetzung des Praxis- und/oder Zusatzbudgets nach Buchst.A I Teil B 4.3 des EBM rechtfertigen, um Tatbestände handeln, die mit den in Ziffer 4 der o.g. Vereinbarung aufgeführten vergleichbar sind. Im Unterschied zu den zwischen dem 1. Juli 1996 und dem 30. Juni 1997 geltenden Teilbudget sind die Praxisbudgets zum 1. Juli 1997 ursprünglich als Dauerregelung ohne zeitliche Begrenzung eingeführt worden. Der mehrstufige Aufbau von allgemeinen Praxisbudgets, qualifikationsgebundenen Zusatzbudgets, bedarfsabhängigen Zusatzbudgets, budgetfreien Leistungen und Ansprüchen auf Erweiterung von Praxis- und/oder Zusatzbudgets schließt eine Auslegung dieser Vorschriften in dem Sinne aus, dass jedem Arzt die bestehende Ausrichtung seiner Behandlungstätigkeit schlechthin ohne Einbuße beim Honorar auf Dauer garantiert werden müsste. Eine derartige Festschreibung einer bestimmten Behandlungsausrichtung oder Praxisstruktur ist mit dem Grundanliegen der Einführung von Praxisbudgets nicht vereinbar. Angesichts der auf spezielle Leistungen eines bestimmten Behandlungsbereichs zugeschnittenen qualifikationsabhängigen Zusatzbudgets besteht nur unter ganz besonders gelagerten Voraussetzungen eine Notwendigkeit für deren Erweiterung zur Sicherstellung eines besonderen Versorgungsbedarfs. Dies ist der Fall, wenn die einzelne Praxis eine von der Typik der Arztgruppe nachhaltig abweichende Praxisausrichtung, einen besonderen Behandlungsschwerpunkt bzw. eine Konzentration auf die Erbringung von Leistungen aus einem Teilbereich des Fachgebietes aufweist, für das der Arzt zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen ist. Diese Voraussetzungen können dagegen nicht schon durch den Hinweis darauf belegt weden, ein einzelner Arzt habe die seit dem 1. Juli 1997 einem Budget zugeordneten Leistungen in der Vergangenheit häufiger als der Durchschnitt seiner Fachgruppe erbracht und das sei von den Gremien der Wirtschaftlichkeitsprüfung nicht beanstandet worden.

Vor diesem Hintergrund ist zunächst allgemein festzustellen, das die Klägerin als Anästhesistin zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen ist. Das den Anästhesisten zugeordnete qualifikationsgebundene Zusatzbudget "Psychosomatik, Nrn.850 bis 858 EBM" ist allerdings nach der ausdrücklichen Bekundung des Prozessbevollmächtigten im Termin erster Instanz nicht Gegenstand des Rechtsstreits, obwohl dieses der Klägerin zustehende Zusatzbudget in allen Quartalen - mit Ausnahme der Quartale 1/03 und 2/03 - nur sehr gering quotiert ist. Der Klägerin geht es vielmehr ausschließlich um die Erweiterung des Praxisbudgets bzw. Zusatzbudgets (mit Ausnahme des Zusatzbudgets Psychosomatik) im Zusammenhang mit der Behandlung schmerzkranker Patienten. Diesbezüglich ist festzustellen, dass nach den Allgemeinen Bestimmungen A I B 4.2 des EBM auf besonderen Antrag die Gewährung des bedarfsabhängigen Zusatzbudgets Schmerztherapie, das die Ziffern 418 bis 450 EBM-Ä umfasst, vorgesehen ist. Die Gewährung dieses Zusatzbudgets - ebenso wie dessen Erweiterung (vgl. A I B 4.3 des EBM i.V.m. der Vereinbarung zur Einführung von Praxisbudgets zum 1. Juli 1997 vom 14. Februar 1997, Deutsches Ärzteblatt 94, Heft 7, A-403) - ist aber nach der ausdrücklichen Regelung der Vertragspartner im EBM bzw. in der oben genannten Vereinbarung nur Teilnehmern an der Schmerztherapie-Vereinbarung vorbehalten (vgl. hierzu bereits Urteil des Senats vom 16. Mai 2001, L 12 KA 147/99, die Nichtzulassungsbeschwerde gegen dieses Urteil wurde mit Beschluss des BSG vom 23. Januar 2002, Az.: B 6 KA 91/01 B zurückgewiesen). Die Klägerin war demgegenüber während des gesamten Zeitraumes der Geltung der Praxis- und Zusatzbudgets vom 1. Juli 1997 bis 30. Juni 2003 unstreitig nicht zur Teilnahme an der Schmerztherapie-Vereinbarung berechtigt. Hinsichtlich der Teilnahme der Klägerin an der Schmerztherapie-Vereinbarung ist zwar ebenfalls ein Rechtsstreit der Klägerin beim Bayer. Landessozialgericht anhängig (Az.: L 12 KA 138/03). Diese Streitsache war ebenfalls für den 4. August 2004 terminiert, wurde aber in der Sitzung vertagt, nachdem in der Sitzung erstmalig bekannt geworden war, dass die Klägerin mit Formularantrag vom 20. Oktober 2003 - eingegangen bei der Beklagten am 18. Februar 2004 - neuerlich einen Antrag auf Teilnahme an der Schmerztherapie-Vereinbarung gestellt hat, der mit Bescheid der Beklagten vom 30. April 2004 bereits wieder abgelehnt wurde. Der Senat hat hierzu die Auffassung vertreten, dass dieser Bescheid gemäß § 96 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens mit dem Az.: L 12 KA 138/03 geworden ist und dem Klägerbevollmächtigten hierzu und zu dem Inhalt des Bescheides rechtliches Gehör zu gewähren ist. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist der Ausgang dieses Rechtsstreits aber nicht präjudiziell für die hier zu entschei- dende Frage der Gewährung/Erweiterung des Zusatzbudgets Schmerz- therapie bzw. der Erweiterung des Praxisbudgets, denn bei der Erteilung der Genehmigung zur Teilnahme an der Schmerztherapie-Vereinbarung handelt es sich um eine Statusentscheidung, die immer nur ex nunc, nicht aber für die Vergangenheit rückwirkend (ex tunc) erteilt werden kann. Da die Regelungen über die Praxis- und Zusatzbudgets bereits mit Ablauf des 30. Juni 2003 außer Kraft getreten sind, hätte ein Obsiegen der Klägerin in dem Rechtsstreit über die Genehmigung zur Teilnahme an der Schmerztherapie-Vereinbarung keine Auswirkung auf den hier zu entscheidenden Streitgegenstand der Erweiterung des Praxis- bzw. Zusatzbudgets. Nur nebenbei sei darauf hingewiesen, dass die seit Dezember 1997 niedergelassene Klägerin erstmals den Antrag auf Teilnahme an der Schmerztherapie-Vereinbarung mit Formularantrag vom 22. Dezember 1997 - eingegangen bei der Beklagten am 13. Januar 1998 - gestellt hat und sich das diesbezügliche Klagebegehren nach der am 1. Juli 1997 als Anlage 12 zum Arzt-/Ersatzkassenvertrag in Kraft getretenen Bestimmungen der Vereinbarung über die Behandlung chronisch schmerzkranker Patienten (Schmerztherapie-Vereinbarung 1997) beurteilt (vgl. hierzu Urteil des Senats vom 25. April 2001, Az.: L 12 KA 76/99; die Nichtzulassungsbeschwerde hiergegen wurde mit Beschluss des BSG vom 7. November 2001, Az.: B 6 KA 58/01 B zurückgewiesen). Die Klägerin kann die Berechtigung zur Teilnahme an der Schmerztherapie-Vereinbarung nach alledem nur dann erlangen, wenn sie die strengen Voraussetungen des § 3 Schmerzthapie-Vereinbarung n.F. (neben den Voraussetzungen aus den §§ 4, 5) erfüllt. Gemäß § 3 Schmerztherapie-Vereinbarung n.F. muss der schmerztherapeutisch tätige Arzt zur Teilnahme an dieser Vereinbarung gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung durch Zeugnisse oder Bescheinigung die Erfüllung folgender fachlicher Voraussetzungen nachweisen:

"1. Die Berechtigung zum Führen der Gebietsbezeichnung für ein klinisches Fach.

2. Eine zwölfmonatige Tätigkeit in den in § 2 genannten fachgebietszugehörigen speziellen Untersuchungs- und Therapieverfahren in einer entsprechend qualifizierten interdisziplinären Fortbildungsstätte; sechs dieser zwölf Monate müssen zusätzlich zu der Weiterbildung im Gebiet erbracht werden. Entsprechend qualifiziert ist eine Fortbildungsstätte, in der überwiegend Patienten gemäß § 1 Abs.3 und 4 unter den Voraussetzungen des § 2 behandelt werden.

3. Gemäß § 3 Abs.2 hat der Arzt Dokumentationen entsprechend den Anforderungen gemäߧ 2 Nr.8 über 50 Patienten vorzulegen, die das schmerztherapeutische Spektrum des Arztes erkennen lassen."

Von diesen Voraussetzungen ist unstreitig die Ziffer 1) erfüllt, da die Klägerin die Berechtigung zum Führen der Gebietsbezeichnung Anästhesist hat. Der Begriff der qualifizierten, interdisziplinären Fortbildungsstätte ist im Wege der Auslegung zu ermitteln. Da es sich bei der Vereinbarung über die ambulante Behandlung schmerzkranker Patienten um einen bundesweit geltenden, von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und den (Bundes-) Verbänden der Ersatzkassen abgeschlossenen Vertrag mit rechtlicher Wirkung gegenüber Dritten handelt, gelten hier die Grundsätze der sog. normativen Auslegung (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 30. März 1993, USK 93 118, S.599). Die Auslegung nach dem Wortlaut steht vorliegend dabei ganz im Vordergrund, weil die Vertragspartner den Begriff der qualifizierten Fortbildungsstätte selbst definiert haben. Gemäß § 3 Abs.1 Nr.2 Satz 2 der Schmerztherapie-Vereinbarung ist eine Fortbildungsstätte entsprechend qualifiziert, in der überwiegend Patienten gemäß § 1 Abs.3 und 4 unter den Voraussetzungen des § 2 behandelt werden. Rein quantitativ erfordert die Fortbildungsstätte einen Patientenanteil "reiner" Schmerzpatienten im Sinne von § 1 Abs.3 und 4 - also nicht allein Patienten mit Schmerzen - von mehr als 50 %. Aus dem Erfordernis eines hohen Anteils reiner Schmerzpatienten im Sinne von § 1 Abs.3 und 4 der Schmerztherapie-Vereinbarung n.F. ergibt sich weiter zwingend, dass die Fortbildungsstätte auf die Behandlung von Schmerzpatienten spezialisiert sein muss und deshalb von anderen Abteilungen innerhalb der Klinik und anderen Kliniken gezielt aufgesucht wird. Da nach der Definition in § 3 Abs.1 Nr.2 Satz 2 der Schmerztherapie-Vereinbarung die Behandlung der Schmerzpatienten zudem unter den Voraussetzungen des § 2 stattzufinden hat, folgt daraus weiter, dass in der Fortbildungsstätte die Diag- nostik und die Therapie der Schmerzpatienten durchgeführt wird und nicht lediglich ein unter selbständigen Kliniken üblicher Konsiliarverkehr besteht. Die qualifizierte interdisziplinäre Fortbildungsstätte im Sinne von § 3 Abs.1 Nr.2 der Schmerztherapie-Vereinbarung muss sich daher dadurch auszeichnen, dass sie eine eigene Abteilung bzw. organisatorische Einheit besitzt, die für mehrere Fachgebiete für die Schmerzbehandlung zur Verfügung steht. Nicht ausreichend ist es dagegen, wenn eine Klinik keine eigene Schmerzabteilung unterhält, jedoch mehrere Abteilungen besitzt, die interdisziplinär zusammenarbeiten. Nach den in dem hiesigen Verfahren eingereichten Unterlagen sind die Anforderungen der Schmerztherapie-Vereinbarung n.F. nicht ansatzweise erfüllt. Diese Frage ist aber letztendlich im Verfahren mit dem Az.: L 12 KA 138/03 auf der Grundlage der dort eingereichten Unterlagen zu entscheiden. Für den vorliegenden Rechtsstreit folgt aus der Tatsache, dass die Klägerin die Berechtigung zur Teilnahme an der Schmerztherapie-Vereinbarung nicht hat und für den Zeitraum vom 1. Juli 1997 bis 30. Juni 2003 auch nicht mehr erhalten kann, dass die Leistungen des Zusatzbudgets Schmerztherapie nach den Nrn. 418 bis 450 EBM-Ä ins allgemeine Praxisbudget fallen. Die Erweiterung des allgemeinen Praxisbudgets gemäß Buchst.A I B 4.3 steht aber ebenfalls gemäß der Vereinbarung zur Einführung von Praxisbudgets zum 1. Juli 1997 vom 24. Februar 1997 in Ziffer 4 hinsichtlich der Behandlung von schmerzkranken Menschen unter dem Vorbehalt der Berechtigung zur Teilnahme an der Schmerztherapie-Vereinbarung, die für den hier streitigen Zeitraum unstreitig nicht gegeben war. Es ist nach Auffassung des Senats auch nicht zu beanstanden, dass die Partner der Bundesmantelverträge in Ziffer 4 der genannten Vereinbarung zur Einführung von Praxisbudgets die Feststellung, dass im konkreten Fall die Behandlung von schmerz- kranken Patienten den Schwerpunkt der Praxistätigkeit darstellt, an die Berechtigung zur Teilnahme an der Schmerztherapie-Vereinbarung angebunden haben. Nur bei Teilnehmern an der Schmerztherapie-Vereinbarung kann sowohl in fachlicher Hinsicht (vgl. §§ 2 bis 4 der Schmerztherapie-Vereinbarung) wie in organisatorischer und apparativer Hinsicht (vgl. § 5 der Schmerztherapie-Vereinbarung) von einer schmerztherapeutischen Schwerpunktpunktpraxis mit umfassenden schmerztherapeutischen Tätigkeitsfeld ausgegangen werden. Die gestellten Qualifikationsanforderungen für die Gewährung bzw. Erweiterung der Praxis- und Zusatzbudgets in Hinblick auf die Behandlung von schmerzkranken Patienten sind auch entsprechend den Anforderungen an Berufsausübungsregelungen im Sinne von Art.12 Abs.1 GG nicht zu beanstanden. Sie dienen der Förderung und Sicherstellung der ärztlichen Versorgung chronisch schmerzkranker Patienten durch besonders dafür qualifizierte Vertragsärzte und somit der Gesundheit von Menschen, einem besonders wichtigen Gemeinschaftsgut (vgl. BSG, SozR 3-2500 § 72 Nr.11, S.31 f m.w.N.). Anhaltspunkte dafür, dass die gestellten Qualitätsanforderungen bezogen auf das maßgebliche Gemeinwohziel des Gesundheitsschutzes im allgemeinen und einer qualifizierten ambulanten Versorgung schmerzkranker Patienten im besonderen schlechthin ungeeignet oder eindeutig nicht erforderlich sein könnten, bestehen nicht. Sie stellen sich auch nicht als für die Klägerin unangemessen oder unzumutbar dar. Im Rahmen der Abwägung der Schwere des Eingriffs gegenüber den der Regelung zugrundeliegenden Gemeinwohlinteressen konnte der Normsetzer den letzteren Belangen den Vorrang einräumen, zumal ein etwaiger "Überschuss" an Qualifikationsanforderungen (vgl. hierzu BSG, SozR 3-2500 § 135 Nr.9, S.44 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts; BSG SozR 3-2500 § 72 Nr.11, S.31) ebenfalls hinzunehmen wäre.

Nach alledem ist die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 3. Juni 2003 zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs.1 und 4 SGG in der bis zum In-Kraft-Treten des 6.SGG-ÄndG geltenden und hier noch anzuwendenden Fassung.

Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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