L 12 KA 169/03

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 45 KA 860/03
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 12 KA 169/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 23.09.2003 (Az.:S 45 KA 860/03) wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger hat der Beklagten auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten und die Gerichtskosten zu tragen.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Honorarverteilung im Quartal 4/96 auf der Grundlage des einschlägigen Honorarverteilungsmaßstabes der Beklagten streitig.

Der seit 15. Juni 1996 zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassene Kläger war im Quartal 4/96 als Anästhesist in M. niedergelassen.

Der für das Quartal 4/96 wie insgesamt für die Quartale 4/96 bis 2/97 auf der Grundlage des Beschlusses der Vertreterver- sammlung der Beklagten vom 14. September 1996 ab 1. Oktober 1996 geltende Honorarverteilungsmaßstab (HVM) - insbesondere dessen Anlage 1 (Honorarverteilung Regionalkassen) und Anlage 2 (Honorarverteilung im Bereich der Ersatzkassen), die im Wesentlichen die Anlage 1 für entsprechend anwendbar erklärt - sieht zunächst eine Unterteilung der auf Landesebene zu einer Summe zusammengefassten, von den Krankenkassen pauschal bezahlten Gesamtvergütungsanteile (vgl. Anlage 1 Buchstabe B Nr.1) in die Honorarfonds "Labor O I und O II", "Labor O III", "Fremdärzte" und "übrige Leistungen" vor (vgl. Anlage 1 Buchstabe B 1.1 bis 1.3). Der Honorarfonds "übrige Leistungen" wiederum ist in einen Honorarfonds R 1 ("Hausarzttopf") und einen Honorarfonds R 2 für die übrigen Ärzte ("Facharzttopf") unterteilt (vgl. Buchstabe B Nr.1.3.2). Für die Ausstattung der Honorarfonds R 1 und R 2 wird für jede Praxis der Anteil an der Gesamtvergütung im jeweiligen Quartal des Jahres 1995 unter Herausrechnung der hausärztlichen Grundvergütung, des Honorars für Notfall- und Notarztleistungen, des Honorars für genehmigungspflichtige Leistungen der Psycho- und Verhaltenstherapie und der Zahlungen nach Anlage 1 Abschnitt B Nr.2.3 und Nr.2.6.1 sowie Abschnitt C des ab 1. Januar 1995 gültigen HVM s ermittelt. Die so bereinigten Gesamtvergütungsanteile derjenigen Praxen, welche aus dem Honorarfonds R 1 honoriert werden, sind zu einer Summe zusammenzufassen. Entsprechendes gilt für die Gesamtvergütungsanteile der Ärzte und Gemeinschaftspraxen, die aus R 2 honoriert werden. In dem Verhältnis, in dem diese R 1 und R 2 zugeordneten Summen zueinander stehen, erfolgt zunächst unter entsprechender Zuordnung die Aufteilung nach Satz 1. Der rechnerische Punktwert im Rahmen des Honorarfonds "übrige Leistungen" wird gemäß den Nummern 2 ff. der Anlage 1 in Verbindung mit der Anlage 2 ermittelt. Aus der im Honorarfonds nach Nr.1.3.1 enthaltenen Gesamtvergütungssumme (Honorarfonds "übrige Leistungen") werden vorweg einige Teilbereiche vergütet (vgl. Nr.2.3.1 bis 2.3.6). Für die verbleibenden "restlichen Leistungen "(vgl. Nr.2.3.7) erfolgt die Berechnung des Punktwertes entsprechend den Nrn.2.3.7.1 ff. der Anlage 1 in Verbindung mit der Anlage 2 zum HVM im Rahmen eines sogenannten "individuellen Praxisbudgets". Auf der Grundlage der Abrechnungen des Jahres 1995 wird gesondert je Quartal und je Praxis gemäß Nrn.2.3.7.2 bis 2.3.7.9 ein individuelles Praxisbudget in Punkten ermittelt. Der für das jeweilige Quartal 1995 anerkannte Anteil an der Gesamtvergütung je Praxis wird durch die Gesamtzahl der Behandlungsausweise der Praxis im Quartal geteilt (Nr.2.3.7.2). Das Ergebnis wird durch 0,1 geteilt und ergibt den individuellen Fallwert 95 in Punkten der Praxis. Dieser Fallwert 95 wird mit der Gesamtzahl der entsprechenden Behandlungsausweise der Praxis im aktuellen Quartal, höchstens mit der Zahl der Behandlungsausweise des entsprechenden Quartals 1995, multipliziert. Die so ermittelte Punktzahl wird um die beabsichtigten Auswirkungen des EBM 96 fachgruppenbezogen entsprechend Anhang 2 prozentual bereinigt. Die verbleibende Punktzahl wird um einen Abschlag in Höhe von 9 % vermindert, um die Honorierung von Mehrleistungen nach der Nr.2.3.7.1 Satz 3 und den Finanzbedarf für Sonderfälle (z.B. Praxisneuanfänger) sicherzustellen. Das Ergebnis ist das endgültige anzusetzende individuelle Praxisbudget in Punkten. Bis zur Grenze des Praxisbudgets wird der angeforderte und anerkannte Leistungsbedarf der Praxis im aktuellen Quartal mit einem festen Punktwert von 10,0 DPf vergütet. Der das individuelle Praxisbudget übersteigende angeforderte und anerkannte Leistungsbedarf des aktuellene Quartals (Mehrleistungen) wird gemäß Nrn.2.3.7.10 und 2.3.7.11 vergütet. Gemäß der Nr.2.3.7.11 Satz 4, 5 ist der Vorstand der Beklagten ermächtigt, den prozentualen Abschlag von 9 % nach der Nr.2.3.7.2 Satz 5 unter bestimmten genau festgelegten Voraussetzungen zu erhöhen.

Führt die Anwendung vorstehender Regelungen im Einzelfall zu einer unbilligen Härte, erfolgt gemäß Nr.2.3.8 die Festlegung des individuellen Praxisbudgets bzw. der Großgerätehonorierung unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls nach pflichtgemäßem Ermessen.

Die Beklagte hat mit Honorarbescheid vom 24. April 1997 das Honorar des Klägers im Quartal 4/96 mit DM 19.665,00 festgesetzt. Dem Bescheid lag auch die Berechnung des individuellen Praxisbudgets im Quartal 4/96 entsprechend den Anlagen 1 und 2 des HVM Abschnitt B Nr.2.3.7 bei.

Hiergegen hat der Kläger mit Schreiben vom 26. Mai 1997 Widerspruch eingelegt, der mit Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 28. September 1999 zurückgewiesen wurde.

Dagegen richtet sich die Klage des Klägers vom 29. Oktober 1999 zum Sozialgericht München. Dieses Verfahren endete, nachdem die Beklagte sich bereit erklärt hatte, das Vorliegen eines Härtefalls beim Kläger erneut zu prüfen und rechtsbehelfsfähig zu verbescheiden.

Mit Schreiben vom 20. März 2001 haben die Prozessbevollmächtigten des Klägers eine Patientenliste für das Quartal 4/96, jeweils mit Diagnose und Art der erbrachten Narkose, übersandt. Hieraus sei ersichtlich, dass eine ungerechtfertigte Mengenausweitung in der Praxis des Klägers nicht stattgefunden habe.

Die Beklagte hat mit Bescheid vom 13. November 2002 die Anwendung der Härtefallregelung zu Gunsten des Klägers erneut abgelehnt. Der Vorstand der Beklagten habe in seinem Härtefallkatalog beschlossen, dass für Anästhesisten (d.h. Ärzte, die die Zuschlagsziffern 81 bis 90 des EBM abrechnen) eine automatische Härtefallumsetzung gewährt werde (Ziff.4.2.1 des Härtefallkataloges). Danach würden Anästhesisten für alle Mehrfälle gegenüber dem Vergleichsquartal den in der Budgetberechnung ausgewiesenen Fallwert mit einem Punktwert von 4.5 DPf und nicht mit dem sogenannten Mehrleistungspunktwert von mindestens 0,5 DPf erhalten. Diese Härtefallregelung greife jedoch beim Kläger im Quartal 4/96 nicht durch. Der Kläger zähle zwar zum begünstigten Personenkreis, jedoch seien keine Mehrfälle gegenüber dem Vergleichsquartal abgerechnet worden. Der am 15. Juni 1996 zugelassene Kläger habe im Quartal 4/96 im Regionalkassenbereich 55 Fälle und im Ersatzkassenbereich 23 Fälle, insgesamt 78 Fälle, abgerechnet. Da für das Vergleichsquartal 4/95 keine eigenen Werte des Klägers vorlägen, werde der Fachgruppendurchschnitt der Anästhesisten im Quartal 4/95 zugrundegelegt. Dieser habe im Quartal 4/95 für Regionalkassen 190 Fälle und im Ersatzkassenbereich 101 Fälle, also insgesamt 291 Fälle betragen. Auch die für Praxisneuanfänger festgelegte Härtefallregelung greife für den Kläger nicht durch, da diese voraussetze, dass die Fallzahlen um mehr als 15 % überschritten würden. Dies sei nicht der Fall. Alle vom Kläger angesetzten Fälle seien im Quartal 4/96 auch anerkannt worden. Die Überschreitung des individuellen Praxisbudgets durch den Kläger beruhe auf der Überschreitung des Fallwertes. Auch hier seien, mangels eigener Werte, die Fallwerte der Arztgruppe der Anästhesisten im Vergleichsquartal 4/95 zugrunde gelegt worden. Im Regionalkassenbereich hätten diese bei 2.161.5 Punkten und im Ersatzkassenbereich bei 2.512.7 Punkten vor Bereinigung gelegen. Der Fallwert des Klägers habe im Quartal 4/96 4.170 Punkte betragen. Eine Härtefallregelung hinsichtlich des Fallwertes komme grundsätzlich nur aus Sicherstellungsgründen in Betracht. Im Planungsbereich W. würden noch sechs weitere Ärzte Anästhesieleistungen erbringen. Auch im Hinblick auf das vom Kläger erbrachte Leistungsspektrum liege im Vergleich zur Arztgruppe keine Besonderheit vor.

Hiergegen richtet sich der Widerspruch des Klägers vom 15. November 2002. Das Vorbringen zu den Mehrfällen und der automatischen Härtefallregelung für Anästhesisten gehe völlig an der Tatsache vorbei, dass es dem Kläger um eine Erhöhung des Fallwertes gehe. Für die Kleinpraxis des Klägers in der Aufbauphase sei die Zugrundelegung des Fachgruppendurchschnittes beim Fallwert eine unbillige Härte.

Die Beklagte hat mit Widerspruchsbescheid vom 27. Mai 2003 den Widerspruch zurückgewiesen. Die Härtefallregelung nach der Nr.2.3.8 HVM könne keine Honorareinbußen durch eine Härteausfallausgleichzahlung abmildern, wenn diese Einkommensverluste dem betriebswirtschaftlichen Risiko unterliegen würden. Da der Kläger (Zulassung seit 15. Juni 1996) im Vergleichsquartal 4/95 noch nicht zugelassen gewesen sei, hätten keine Vergleichswerte vorgelegen. Zur Ermittlung des individuellen Praxisbugets sei beim Kläger gemäß Ziff. 2.3.7.4 des HVM Anlage 1 und 2 der durchschnittliche Fallwert der Arztgruppe des Quartals 4/95 zugrunde gelegt worden. Im Ergebnis seien zur Berechnung des individuellen Praxisbudgets des Klägers alle abgerechneten Fälle (Ersatzkassenbereich 23 und Primärkassenbereich 55) zugrundegelegt worden. Die Anerkennung einer unbilligen Härte im Einzelfall hinsichtlich einer Fallwertsteigerung komme nur dann in Betracht, wenn mit dem individuellen Praxisbudget Sicherstellungsbedürfnissen nicht ausreichend Rechnung getragen werden könne. Solche Sicherstellungsgründe seien nicht gegeben. Im Planungsbereich W. hätten im Quartal 4/96 noch sechs weitere Anästhesisten die Leistungen nach den Nrn.462, 463 und 490 des EBM erbracht. Die Leistungen nach den Nummern 462, 463 und 419 EBM würden zudem von ca. 90 % der Fachgruppe der Anästhesisten erbracht und stellten kein besonderes Leistungsspektrum des Klägers dar. Zu Unrecht trage die Klägerseite vor, dass der Fallwert der Arztgruppe (RK: 2161,5 und EK: 2512,7 vor Bereinigung) kein geeignetes Bemessungskriterium sei, weil der Kläger im Gegensatz zur Fachgruppe Leistungen erbringe, die in dieser selten abgerechnet würden. Deshalb sei der individuelle Fallwert mit 4.170,4 Punkten zugrundezulegen. Die Klägerbevollmächtigten würden insbesondere auf die Ziff.50 BMÄ/E-GO (Aufsuchen eines Kranken in der Praxis eines anderen Arztes) abstellen, für die der Kläger insgesamt 11.700 Punkte abrechne. Diese Leistung werde zwar nur von 44 % der Anästhesisten im Quartal 4/96 erbracht. Im Verhältnis zur Gesamtleistung in Punkten nach der Häufigkeitsstatistik (325.295 Punkte) betrage diese jedoch nur 3,6 % am Gesamtleistungsbedarf. Auch die Argumentation, der Kläger erbringe die niedriger bewertete Anästhesie nach der Ziff.463 BMÄ/E-GO unterdurchschnittlich im Vergleich zur Fachgruppe, während die Ziff.462 BMÄ/E-GO, welche mit 500 Punkten höher bewertet sei, überdurchschnittlich erbracht werde, könne eine Zugrundelegung des individuellen Fallwertes nicht rechtfertigen. Die Ziffer 463 BMÄ/E-GO könne abgerechnet werden, wenn für eine Leistung nach der Ziffer 462 BMÄ/E-GO der Zeitraum von 30 Minuten überschritten werde, für jede weitere vollendete Viertelstunde. Die Ziffer stelle somit keine eigenständige mit der Leistung nach der Ziffer 462 BMÄ/E-GO vergleichbare Anästhesieleistung dar. Weiter spreche die Erbringung der Ziffer 462 BMÄ/E-GO vielmehr dafür, dass gerade keine schwierigen, lang andauernden Narkosen durchgeführt würden, die ein zur Fachgruppe abweichendes Leistungssprektrum begründen könnten. Der hohe Fallwert des Klägers liege in der geringen Patientenzahl des Klägers begründet. Dies allerdings obliege dem betriebswirtschaftlichen Risiko. Das Bundessozialgericht stelle ausdrücklich nur darauf ab, dass durch die Steigerung der Fallzahlen der Vertragsarzt die Möglichkeit haben müsse, den durchschnittlichen Umsatz der Arztgruppe zu erreichen.

Hiergegen richtet sich die Klage der Klägerbevollmächtigten vom 11. Juni 2003, die mit Schriftsatz vom 18. Juli 2003 näher begründet wurde. Der Kläger habe Anspruch auf Anwendung der Härtefallregelung gemäß der Ziff.2.3.8 des HVM. Zum einen handele es sich um eine extrem kleine Praxis, die ausschließlich auf Überweisung tätig werde und zum anderen habe sich die Praxis im streitgegenständlichen Quartal noch in der Aufbauphase befunden. Die Begrenzung auf die Fallwerte der Fachgruppe aus dem Jahre 1995 stelle für den Kläger eine unbillige Härte dar. Zwar würden dem Kläger all seine abgerechneten Behandlungsscheine vergütet, jedoch liege er hinsichtlich seines Fallwertes über dem der Berechnung zugrunde gelegten durchschnittlichen Fallwert der Arztgruppe, so das sich letztendlich dennoch eine Überschreitung des individuellen Praxisbudgets ergebe. Trotzdem liege der Kläger insgesamt mit seinem Umsatz in Punkten pro Quartal unter dem Durchschnitt der Fachgruppe. Dies bedeute, dass ein erheblicher Anteil der angeforderten Punkte lediglich mit dem Mehrleistungspunktwert vergütet worden sei, obwohl es sich um eine in ihrem Umsatz unterdurchschnittliche Praxis handele. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 21. Oktober 1998, Az.: B 6 KA 67/97 R) müsse einer Vertragsarztpraxis die Möglichkeit gegeben sein, ihren Umsatz mindestens bis zum Durchschnitt der Fachgruppe zu steigern. Entgegen der Ansicht der Beklagten müsse dies nicht nur hinsichtlich einer unterdurchschnittlichen Fallzahl, sondern auch hinsichtlich eines unterdurchschnittlichen Fallwertes gelten. Der Härtefall des Klägers ergebe sich zunächst daraus, dass er wegen seiner extrem unterdurchschnittlichen Fallzahl keinen Ausgleich zwischen teuren und weniger teuren Fällen schaffen könne. Er erbringe zudem im Gegensatz zu seiner Fachgruppe auch Leistungen, welche in dieser selten abgerechnet würden. Es sei dabei insbesondere auf die Ziffern 50, 63, 463 und 490 BMÄ/E-GO hinzuweisen. Es handele sich bei den vorliegenden Leistungen um Anästhesien, bei welchen nicht eine ungerechtfertigte Mengenausweitung möglich sei.

Die Beklagte hat hierzu mit Schriftsatz vom 16. September 2003 Stellung genommen. Die Rechtmäßigkeit der HVM-Regelungen sei nicht zu beanstanden. Durch mehrere Urteile des Bayerischen Landessozialgerichts (Az.: L 12 KA 89/00, L 12 KA 86/00; L 12 KA 96/00 und L 12 KA 116/01) sowie durch ein Urteil des Bayerischen Verfassungsgerichtshofes (Az. Vf 2 VII-97) sei die Rechtmäßigkeit der Regelungen bestätigt worden. Ein Härtefall liege beim Kläger nicht vor. Mit der Heranziehung des Fachgruppendurchschnittes nach Anlage 1 und 2 Ziff.2.3.7.4 des HVM werde der Kläger nicht unangemessen benachteiligt. Die Leistungen, die der Kläger erbracht und abgerechnet habe, seien nämlich typische Anästhesieleistungen bei ambulant tätigen Anästhesisten. Nach Durchsicht der Patientenliste dürften die angesetzten Leistungen zum Teil mindestens unwirtschaftlich erbracht worden sein oder es liege eine unrichtige Abrechnung vor. Es seien zum Beispiel im streitgegenständlichen Quartal in allen Fällen und damit bei allen Katarakt-OPs die Ziffer 462 und 90 abgerechnet worden. Dann müsste die gesamte OP in einer Masken-Narkose durchgeführt worden sein. Eine solche wäre aber maximal in 10 % der Fälle gerechtfertigt. Normalerweise werde zur Katarakt-OP nach einer Mitteilung des Berufsverbandes der Anästhesisten eine Retrobulbär-Anästhesie oder Peribulbär-Anästhesie durchgeführt. Diese werde in der Regel vom Augenarzt durchgeführt und sei mit der Ziffer 452 BMÄ/E-GO abrechenbar. Da diese Anästhesien sehr schmerzhaft seien, werde oft kurz eine Maskennarkose durchgeführt, um den Patienten absolut ruhigzustellen. Diese Maskennarkose werde dabei nicht im Zusammenhang mit der Operation, sondern im Zusammenhang mit einer weiteren Narkose durchgeführt. Für diesen Fall wäre daher die Abrechnung der Ziffern 462, 90 BMÄ/E-GO nicht zulässig. Allenfalls käme eine Umsetzung in die Ziffer 496 BMÄ/E-GO in Betracht (Urteil des LSG Nordrhein/Westfalen vom 18. Dezember 2002, L 11 Ka 95/00). Damit sei der Fallwert des Klägers aber deutlich zu hoch. Auch wenn eine sachlich-rechnerische Richtigstellung oder Wirtschaftlichkeitsprüfung diesbezüglich nicht stattgefunden habe wegen Zeitablaufs, könne dem Kläger nicht im Wege eines Härtefalls ein nicht gerechtfertigter Fallwert zugestanden werden. Um feststellen zu können, bei welchen Patienten eine Retrobulbär- oder Peribulbäranästhesie durchgeführt worden sei, werde angeregt, dem Kläger aufzugeben, den oder die Augenärzte, welche die Kataraktoperationen durchgeführt hätten, zu benennen.

Hierzu haben sich die Klägervertreter nochmals mit Schriftsatz vom 19. September 2003 geäußert. Der Beklagten stehe nicht die Beurteilungskompetenz zu, ob die Leistungen wirtschaftlich erbracht worden seien. Wenn die Beklagte eine Unwirtschaftlichkeit vermutet hätte, hätte sie einen Prüfantrag stellen müssen. Dies sei nicht geschehen. Ebenso hätte sie bei vermuteter unrichtiger Ansetzung von Leistungen eine sachlich rechnerische Richtigstellung durchführen müssen. Auch dies sei nicht geschehen.

Das Sozialgericht München hat mit Urteil vom 23. September 2003 unter anderem die Klage mit dem Az.: S 45 Ka 860/03 abgewiesen. Die beim Kläger vorliegenden Umstände würden keine unbillige Härte im Sinne der Nr.2.3.8 der Anlagen 1 und 2 zum HVM begründen. Der Berechnung des individuellen Praxisbudgets des Klägers sei nach der Nr.2.3.7.4 der Anlagen 1 und 2 des HVM der durchschnittliche Fallwert der Arztgruppe des jeweiligen Quartals 1995 in Punkten zugrundegelegt worden und mit der Gesamtzahl der Behandlungsausweise des Klägers im aktuellen Quartal multipliziert worden, da beim Kläger aufgrund des Zeitpunkts seiner Zulassung kein entsprechendes Quartal 1995 zur Verfügung gestanden habe. Diese bestehende Ausnahmeregelung im HVM führe beim Kläger dazu, dass bei der Berechnung des individuellen Praxisbudgets der durchschnittliche Fallwert der Arztgruppe des jeweiligen Quartals 1995 zugrunde gelegt worden sei. Damit habe die Beklagte dem Umstand Rechnung getragen, dass nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts kleinen Praxen mit unterdurchschnittlicher Patientenzahl und Praxisneugründern durch Regelungen im HVM ermöglicht werden müsse, durch echte - nicht manipulierte - Fallzahlsteigerungen zumindest ein durchschnittliches Umsatzniveau zu erreichen. Ob darüber hinaus eine Fallwertsteigerung durch Heranziehung des eigenen individuellen Fallwerts in Betracht zu ziehen sei, hänge nach Auffassung der Kammer davon ab, dass besondere Umstände in der Praxisstruktur des Klägers vorliegen. Auffällig sei, dass der Kläger ein sehr kleines Leistungsspektrum erbringe und abrechne. Neben den Anästhesieleistungen nach den Nrn.462, 463, 490 BMÄ/E-GO würden insbesondere Betreuungsleistungen nach den Nrn.50 und 63 des BMÄ/E-GO abgerechnet. Darüber hinausgehende Sonderleistungen, insbesondere schmerztherapeutische Leistungen würden dagegen nicht erbracht. Bei den vom Kläger durchgeführten Anästhesieleistungen der Nrn. 462 und 490 BMÄ/E-GO handele es sich um typische Anästhesieleistungen, die auch von der Fachgruppe erbracht würden. Beispielhaft sei für das Quartal 4/96 festzustellen, dass die Nr.462 BMÄ/E-GO vom Kläger in allen abgerechneten Fällen erbracht werde, von der Fachgruppe in 60,63 von 100 Fällen. Die Überschreitung gegenüber der Fachgruppe liege bei 64,93 %. Entgegen dem Vorbringen der Klägerbevollmächtigten handele es sich bei der Nr.463 BMÄ/E-GO um keine eigenständige Anästhesieleistung. In der Praxisstruktur des Klägers seien keine ins Gewicht fallenden kostenintensiven Leistungen erkennbar, die zudem von der Fachgruppe nicht erbracht würden. Auch eine besondere Behandlungsrichtung sei nicht erkennbar. Das geringe Leistungssprektrum, schwerpunktmäßig abgestellt auf die Erbringung ambulanter Anästhesieleistungen, könne nicht als Härtefall anerkannt werden, da dies dem Unternehmerrisiko unterliege. Nicht entscheidungserheblich sei der Einwand der Beklagten, dass der Kläger unwirtschaftlich gehandelt bzw. die Leistungen unrichtig abgerechnet habe. Für die Überprüfung der Wirtschaftlichkeit sei das Verfahren nach § 106 Abs.2 SGB V durchzuführen. Daneben obliege der Kassenärztlichen Vereinigung die sachlich-rechnerische Richtigstellung der Abrechnung. Beide Überprüfungsmöglichkeiten seien beim Kläger nicht durchgeführt worden. Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers vom 11. November 2003, die mit Schriftsatz vom 9. Februar 2004 näher begründet wurde. Der Kläger habe einen Anspruch auf Anwendung der Härtefallregelung gemäß Ziffer 2.3.8 der Anlagen 1 und 2 zum HVM. Zum einen handele es sich um eine extrem kleine Praxis, die ausschließlich auf Überweisung tätig werde, zum anderen befinde sich die Praxis im streitgegenständlichen Quartal noch in der Aufbauphase. Die Begrenzung auf die Fallwerte der Fachgruppe aus dem Jahre 1995 stelle für den Kläger eine unbillige Härte dar. Zwar würden dem Kläger alle seine abgerechneten Behandlungsscheine vergütet, jedoch liege er hinsichtlich des Fallwertes über dem der Berechnung zugrunde gelegten durchschnittlichen Fallwert der Arztgruppe, so dass sich letztendlich dennoch eine Überschreitung des individuellen Praxisbudgets ergebe. Der Kläger liege insgesamt mit seinem Umsatz in Punkten pro Quartal unter dem Durchschnitt der Fachgruppe. Dies bedeute, dass ein erheblicher Anteil der angeforderten Punkte lediglich mit den Mehrleistungspunktwert vergütet worden sei, obwohl es sich um eine ihrem Umsatz nach unterduchschnittliche Praxis handele. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 21. Oktober 1998, Az.: B 6 Ka 67/97 R) müsse einer Vertragsarztpraxis die Möglichkeit gegeben sein, ihren Umsatz mindestens bis zum Durchschnitt der Fachgruppe zu steigern. Entgegen der vom Sozialgericht vertretenen Ansicht müsse dies nicht nur hinsichtlich einer unterdurchschnittlichen Fallzahl, sondern auch hinsichtlich eines unterdurchschnittlichen Fallwertes gelten. Entsprechend habe das BSG erst jüngst ausdrücklich noch einmal bekräftigt, das es auf den durchschnittlichen Umsatz, nicht auf die Fallzahlen ankomme, und dass Anfängerpraxen innerhalb von fünf Jahren den durchschnittlichen Umsatz der Fachgruppe erreichen können müssten (vgl. BSG, Urteile vom 10. Dezember 2003, Az.: B 6 Ka 40/02 R und B 6 Ka 55/02 R). Abschließend haben die Prozessbevollmächtigten nochmals die schon im Klageverfahren dargelegten Umstände vorgetragen, die beim Kläger zu einem Härtefall führen würden.

Der Kläger stellt den Antrag, das Urteil des Sozialgerichts München vom 23. September 2003 (Aktenzeichen S 45 KA 860/03) sowie den Bescheid der Beklagten vom 13. November 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Mai 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Kläger hinsichtlich seines Härtefallantrages zum Quartal 4/96 erneut und unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu verbescheiden, hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Die Beklagte stellt den Antrag, die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 22. Juni 2004 geltend gemacht, dass der Kläger mit der Heranziehung des fiktiven Fachgruppendurchschnittes nach den Anlagen 1 und 2 Ziff.2.3.7.4 des HVM in Verbindung mit Ziff.2.3.7.2 des HVM nicht unangemessen benachteiligt werde. Nach den Gesamtübersichten der Quartale 4/96 bis 2/97 würden die tatsächlichen Fallwerte nur etwa zwischen 17,6 und 28,2 % über den tatsächlichen Fallwerten der Fachgruppe liegen. Der Kläger sei nach Qualifikation und Leistungserbringung mit der Fachgruppe der Anästhesisten vergleichbar. Die Leistungen, die der Kläger erbringe und abrechne, seien typische Anästhesieleistungen dieser Fachgruppe. Die Leistungen nach den Ziffern 462, 463 und 90 BMÄ/E-GO würden von 90 % der Fachgruppe auch erbracht. Die Ziffer 50 BMÄ/E-GO, die nur von 44 % der Fachgruppe abgerechnet werde, sei auch beim Kläger in der Abrechnung von untergeordneter Bedeutung. Im Übrigen seien nach Durchsicht der eingereichten Patientenlisten Leistungen jedenfalls zum Teil mindestens unwirtschaftlich erbracht worden oder es liege eine unrichtige Abrechnung vor. Gegenüber der Fachgruppe sei es keine Besonderheit, dass der Kläger ausschließlich auf ungezielte Überweisungen hin tätig werde. Die durchschnittliche Überweisungsqute bei den Fachkollegen des Klägers im Quartal 4/96 betrage über 95 %. Die von Klägerseite genannten Urteile des Bundessozialgerichts vom 10. Dezember 2003 würden über die entscheidende Frage, ob bei gleichbleibend geringer Fallzahl statt des Fallwerts der Fachgruppe der höhere individuelle Fallwert der Berechnung des Honorars zugrunde zu legen sei, nichts aussagen. Für diese Härtefallentscheidung sei maßgeblich, ob die Heranziehung des Fachgruppenwertes aufgrund von Besonderheiten beim Kläger unbillig sei.

Dem Senat liegen die Verwaltungsakte der Beklagten, die Akte des Sozialgerichts München mit dem Az.: S 45 KA 860/03 die Akte des Bayerischen Landessozialgerichts mit dem Az. L 12 Ka 169/03 sowie die erledigte Akte des Sozialgerichts München mit dem Az.: S 45 KA 1440/02 zur Entscheidung vor, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden und auf deren weiteren Inhalt ergänzend Bezug genommen wird.

Entscheidungsgründe:

Die nach § 143 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte sowie gemäß § 151 Abs.1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist unbegründet.

Das Sozialgericht München hat mit dem angefochtenen Urteil vom 23. September 2003 unter anderem die Klage mit dem Aktenzeichen S 45 KA 860/03 zu Recht abgewiesen, weil der Kläger keinen Anspruch auf nochmalige Entscheidung der Beklagten über das Vorliegen eines Härtefalles unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts hat. Es liegt bei ihm schon kein Härtefall im Sinne der Nr.2.3.8 des HVM vor.

Der Senat hat bereits mehrfach entschieden, dass der in den Quartalen 4/96 bis 2/97 geltende Honorarverteilungsmaßstab der Beklagten im Grundsatz nicht zu beanstanden ist (vgl. Urteile des Senats vom 1. August 2001, Az.: L 12 KA 89/00; vom 26. September 2001, Az.: L 12 KA 86/00, vom 30. Januar 2002, Az.: L 12 KA 22/01 und vom 4. März 2002, L 12 KA 96/00, jeweils eine Fallwertproblematik betreffend). Hier wie dort geht es entscheidungserheblich um die Frage, ob der Kläger einen Anspruch darauf hat, dass für seine Fallgestaltung eine weitergehende Sonderregelung im HVM selbst hätte geschaffen werden müssen bzw. ein Anspruch auf Anwendung der im HVM enthaltenen allgemeinen Härtefallregelung unter der Nr.2.3.8 des HVM besteht.

Die Beklagte war zunächst nicht verpfichtet, über die im HVM bereits enthaltenen Härtefallregelungen hinaus weitere Härtefallregelungen zugunsten des Klägers im HVM selbst vorzusehen. Eine solche Verpflichtung besteht nur bei sogenannten typischen Fallkonstellationen (vgl. hierzu Clemens, Regelungen der Honorarverteilung, in Medizinrecht 2000, Seite 19/20). Bei der Bildung eines Praxisbudgets mit Anknüpfung an die Vergangenheit ist daher in einer Sonderregelung im HVM selbst sicherzustellen, dass Vertragsärzte mit unterdurchschnittlicher Fallzahl, typischerweise Neuanfänger, ihren Umsatz durch eine Erhöhung der Zahl der von ihnen behandelten Patienten zumindest bis zum durchschnittlichen Umsatz der Arztgruppe steigern können (vgl. BSG SozR 3-2500 § 85 Nr.27, Seite 195, BSG, Urteil vom 21. Oktober 1998, BSG SozR 3-2500 § 85 Nr.28 Seite 203, 207 ff., zuletzt auch BSG, Urteil vom 10. Dezember 2003, B 6 KA 54/02 R). Dieser Forderung nach einer Sonderregelung, insbesondere für Neuanfänger, ist die Beklagte in den Nummern 2.3.7.3., 2.3.7.4 (Neuanfänger) und 2.3.7.5 (kein individueller Fallwert 95 gegeben) ausreichend nachgekommen, wobei unter den Ziffern 2.3.7.6 bis 2.3.7.9 ergänzende Regelungen für Gemeinschaftspraxen vorgesehen sind. Da der seit 15. Juni 1996 zugelassene Kläger im Vergleichsquartal 4/95 keine eigenen Vergleichswerte aufweist, kommt ihm die Regelung der Ziff.2.3.7.4 zugute, wonach als Vergleichswert der durchschnittliche Fallwert der Arztgruppe im Quartal 4/95 zugrunde gelegt wird. Die für Neuanfänger vorgesehene Härtefallregelung in der Ziffer 2.3.7.3, die hinsichtlich der Fallzahl eine Berücksichtigung der individuellen Fallzahl im aktuellen Quartal (hier Quartal 4/96), maximal die durchschnittliche Gesamtfallzahl der Arztgruppe im Quartal 4/95 vorsieht, kommt dem Kläger dagegen nicht zugute, da der Arztgruppenwert bei 190 Fällen im Primärkassenbereich und 101 Fällen im Ersatzkassenbereich lag, während der Kläger lediglich 55 Fälle im Primärkassenbereich und 23 Fälle im Ersatzkassenbereich zur Abrechnung gebracht hat. Als Zwischenergebnis ist jedenfalls festzuhalten, dass alle vom Kläger zur Abrechnung gebrachten Behandlungsfälle für die Berechnung des Praxisbudgets auch berücksichtigt wurde. Eine weitergehende Besserstellung des Klägers hinsichtlich der Fallzahl - sei es im Honorarverteilungsmaßstab selbst oder in der Härtefallregelung - ist damit grundsätzlich ausgeschlossen, weil der Berechnung des Praxisbudgets nicht Fälle zugrundegelegt werden können, die der Kläger gar nicht behandelt hat. Dem Kläger geht es insoweit folgerichtig auch allein um eine Erhöhung des im Rahmen der Berechnung des Praxisbudgets zugrunde gelegten Fallwertes, wobei er maßgeblich auf die Aufbausituation der Praxis mit noch wenigen Patienten hinweist. Aus rechtlicher Sicht ist die Tatsache, ob jemand sehr viele oder sehr wenige oder genau im Durschnitt der Vergleichsgruppe Patienten behandelt, für die Höhe des Fallwertes nicht aussagekräftig, da nach dem Maßstab des § 12 SGB V idealtypisch davon auszugehen ist, dass jeder Arzt diejenigen Leistungen erbringt, die ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sind. In tatsächlicher Hinsicht entspricht es allerdings der Erfahrung des Senats, dass bei deutlich unterdurchschnittlichen Fallzahlen oftmals ein erhöhter Fallwert zu beobachten ist. Hierbei handelt es sich aber nicht um eine typische Fallkonstellation im obengenannten Sinne, die die Beklagte bereits im Rahmen der allgemeinen Regelungen des Honorarverteilungsmaßstabes berücksichtigen müsste, sondern um eine solche, die allenfalls im Rahmen einer allgemeinen Härtefallregelung berücksichtigt werden kann. Eine solche allgemeine Härtefallregelung sieht der streitgegenständliche HVM in der Nr.2.3.8 vor, wonach die Festlegung des individuellen Praxisbudgets unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls nach pflichtgemäßen Ermessen erfolgt, wenn die Anwendung vorstehender Regelungen im Einzelfall zu einer unbilligen Härte führt. Die dargestellte Härtefallregelung setzt auf der Tatbestandsseite eine unbillige Härte, im Einzelfall kausal verursacht durch die Anwendung des HVM voraus, erst danach stellt sich die Frage der veränderten Festlegung des individuellen Praxisbudgets unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls nach pflichtgemäßem Ermessen. Der auf der Tatbestandsseite verwendete Begriff der "unbilligen Härte" ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der nach gefestigter Rechtsprechung des Senats der vollen gerichtlichen Nachprüfung unterliegt (vgl. etwa Urteil des Senats vom 6. März 2002, L 12 KA 96/00). Eine "unbillige Härte" im Sinne der Nr.2.3.8 des HVM ist nach Auffassung des Senats dann gegeben, wenn die Anwendung des HVM beim Kläger zu einem besonders schweren Nachteil führt, der es objektiv unzumutbar erscheinen lässt, den Arzt bei der Festlegung des individuellen Praxisbudgets an der Fallzahl oder dem Fallwert aus den Vergleichsquartalen des Jahres 1995 bzw. vorliegend an dem durchschnittlichen Fallwert der Arztgruppe des Jahres 1995 (hier: Quartal 4/95) festzuhalten. Der Beklagte hat hierzu einen umfangreichen Fragenkatalog zur Umsetzung der Härtefallregelung aufgrund der Beschlüsse des Vorstandes vom 8. November 1996 und 31. Januar 1997 erstellt. Darin werden als mögliche Gründe für die Annahme eines Härtefalles folgende übergeordnete Gesichtspunkte benannt: Sicherstellungsgründe (Sonderbedarfzulassungen, Leistungen, die vom Arzt als einzigem im Planungsbereich erbracht werden, Übernahme einer bestehenden Praxis), sachlich/apparative Erweiterungen, Praxisneuanfänger und "sonstige Fälle". In der genannten Fragenliste wird dann eine Vielzahl von Einzelfällen genannt, die unter den vorgenannten Obergesichtspunkten zu einer Bejahung bzw. Verneinung eines Härtefalles führen. Als Rechtsfolge ist entweder keine Berücksichtigung eines Härtefalls, Zuwachsbegrenzung bis maximal zum Fachgruppendurchschnitt des Bezugsquartals und Zugrundelegung des individuellen Fallwerts des betroffenen Arztes vorgesehen. Diesbezüglich ist festzustellen, dass der Kläger keinen der von der Beklagten ausdrücklich anerkannten Fälle erfüllt, die zur Annahme eines Härtefalls mit der weitestgehenden Rechtsfolge der Zugrundelegung des eigenen Fallwertes des Klägers bei der Berechnung des Praxisbudgets führen würden. Auch nach den oben dargelegten Grundsätzen des Senats liegt beim Kläger kein Härtefall vor. Durch die bereits genannte Ziffer 2.3.7.4 des HVM ist im Falle des Klägers sichergestellt, dass für die Budgetberechnung der durchschnittliche Fallwert der Vergleichsgruppe im Bezugsquartal zugrunde gelegt wird. Das Festhalten des Klägers am Durchschnittsfallwert der Vergleichsgruppe ist nach Auffassung des Senates nicht unzumutbar und deshalb eine weitere Begünstigung des Klägers über die Vorschrift der Nr.2.3.8 des HVM insbesondere auch nicht unter Berücksichtigung der besonderen Umstände der Praxis des Klägers zu rechtfertigen. Der Kläger weist ein ganz enges Leistungsspektrum auf. Zur Abrechnung kamen im Quartal 4/96 lediglich 12 Leistungsziffern des EBM, verteilt auf vier Leistungsgruppen. Von den insgesamt abgerechneten 325.295,0 Punkten entfällt der Großteil (273.300 Punkte bzw. 84,01 %) auf Leistungsziffern, die geradezu fachgruppentypisch für einen Anästhesisten sind. Es sind dies die Leistungsziffern 462 EBM (Plexusanästhesie oder Spinal- oder Periduralanästhesie oder intravenöse regionale Anästhesie oder Kombinationsnarkose mit Maske oder endotrachealer Intubation bis zu 30 Minuten, von 91,67 % in der Vergleichsgruppe abgerechnet), Ziff.463 EBM (Fortsetzung einer Anästhesie/Narkose nach der Nr.462 EBM je vollendeter weiterer 15 Minuten, abgerechnet von 88,89 % in der Vergleichsgruppe), Ziff.490 EBM (dokumentierte Überwachung über mindestens 15 Minuten Dauer im Anschluss an die Leistungen nach den Nummern 462 und ggf. 463 bis zur Stabilisierung der Vitalfunktionen, abgerechnet von 86,11 % in der Vergleichsgruppe), 63 EBM (Beobachtung und Betreuung eines Kranken während der Aufwach- und /oder Erholungszeit mehr als zwei Stunden, abgerechnet von 70,83 % in der Vergleichsgruppe) und Ziff.90 EBM (Zuschlag für die ambulante Durchführung von Anästhesien/Narkosen nach der Nr.462 EBM, abgerechnet von 90,28 % in der Vergleichsgruppe). Die übrigen Ziffern (Ziff.1, 2, 19, 50, 64, 7236) spielen schon von ihrem Volumen her für die Abrechnung des Klägers keine bedeutende Rolle.

Der mit zwei Ärzten fachkundig besetzte Senat hat sich zudem die von Klägerseite vorgelegte Patientenliste mit Diagnose und durchgeführter Narkoseart eingehend durchgesehen und ist auch dabei zu der Überzeugung gekommen, dass der Kläger das typische Anästhesieleistungsspektrum eines ambulant tätigen Anästhesisten aufweist. Dies wird u.a. auch dadurch bestätigt, dass der Kläger bei der Nr.463 BMÄ/E-GO, die im Zusammenhang mit der Nr.462 BMÄ/E-GO (Anästhesien bzw. Narkosen bis zu 30 Minuten Dauer) zu sehen ist und die Fortsetzung einer Leistung nach der Nr.462 BMÄ/E-GO je vollendeter weiterer 15 Minuten vergütet, den Fachgruppendurchschnitt der Anästhesisten um 41,75 % unterschreitet. Daraus ist zumindest der Schluss gerechtfertigt, dass der Kläger gegenüber der Vergleichsgruppe eher weniger langandauernde, schwierige Narkosen/Anästhesien durchgeführt. Des weiteren ist für den Senat - unabhängig von der Frage, ob hier ein Fall der Unwirtschaftlichkeit oder ein Falschansatz vorliegt - insbesondere auf der Grundlage der Stellungnahme des Berufsverbandes Deutscher Anästhesisten vom 25. Juli 2001 nicht nachvollziehbar, warum der Kläger bei allen Kataraktoperationen die Ziffern 462 und 90 BMÄ/E-GO ansetzt, die die Durchführung der gesamten Operation in Maskennarkose voraussetzen, und damit hohe Kosten verursacht (zusammen 2400 Punkte), während die Vergleichsgruppe grundsätzlich mit einer Retrobulbäranästhesie oder Peribulbäranästhesie auskommt, die mit der Ziffer 452 BMÄ/E-GO (250 Punkte) abgerechnet wird. Klarzustellen ist in diesem Zusammenhang, dass für die Art und Durchführung der Anästhesie/Narkose grundsätzlich der Anästhesist verantwortlich ist. Der Kläger kann schließlich auch nicht aus der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts einen Anspruch darauf ableiten, dass bei ihm im ersten vollen Abrechnungsquartal nach Niederlassung zum 15. Juni 1996 der Berechnung des individuellen Praxisbudgets der individuelle Fallwert - nicht nur der Fallwert der Vergleichsgruppe - zugrundegelegt wird, damit er - möglichst bald - den durchschnittlichen Umsatz der Vergleichsgruppe erreichen kann. In der Rechtsprechung des- dass umsatzmäßig unterdurchschnittlich abrechnende Praxen - typischerweise neu gegründete Praxen - die Möglichkeit haben müssen, durch Erhöhung der Zahl der von ihnen behandelten Patienten den durchschnittlichen Umsatz der Arztgruppe zu erreichen (vgl. BSG 83, 52, 55, 58 f = SozR 3-2500 § 85 Nr.28 S. 203, 207 ff. sowie zuletzt BSG, Urteil vom 10. Dezember 2003, B 6 KA 54/02 R). Dem Vertragsarzt musse nämlich die Chance bleiben, durch Qualität und Attraktivität seiner Behandlung oder auch durch eine bessere Organisation seiner Praxis neue Patienten für sich zu gewinnen und so legitimerweise seine Position im Wettbewerb mit den Berufskollegen zu verbessern. Das bedeutet jedoch nicht, dass Praxen mit unterdurchschnittlichem Umsatz von jeder Begrenzung des Honorarwachstums verschont werden müssten. Vor diesem Hintergrund war die Beklagte zunächst nicht verpflichtet, im HVM selbst hinsichtlich des Fallwertes eine weitergehende Regelung vorzusehen, als dies in der Ziffer 2.3.7.4 des HVM mit der Zugrundelegung des durchschnittlichen Fallwertes der Vergleichsgruppe geschehen ist. Die hier streitgegenständliche Härtefallregelung der Zif.2.3.8 der Anlage 1.2 des HVM schließt demgegenüber eine weitergehende Besserstellung des Klägers mit der Zielrichtung der Zugrundelegung des eigenen Fallwertes nicht aus, wie nicht zuletzt die eigenen Richtlinien der Beklagten zur Anwendung der Härtefallregelung zeigen. Hierfür wäre aber nach den dargestellten Grundsätzen des Senates erforderlich, dass das Festhalten des Klägers am Durchschnittsfallwert der Vergleichsgruppe objektiv unzumutbar wäre. Dies ist für den Senat - wie ausführlich dargelegt - aber nicht der Fall. Der einzig realistische Weg für den Kläger, den Umsatz seiner Praxis zu erhöhen, ist der Weg über eine Erhöhung der Patientenzahl. Dieser Weg wird durch den streitgegenständlichen HVM nur unbedeutend begrenzt. Gemäß der Ziff.2.3.7.3 wird bei einem nach dem 31. Dezember 1992 niedergelassenen Arzt der Fallwert mit der Gesamtzahl der entsprechenden Behandlungsausweise des aktuellen Quartals, maximal jedoch mit der durchschnittlichen Gesamtzahl der entsprechenden Behandlungsausweise der Arztgruppe des jeweiligen Quartals 1995 multipliziert. Die durchschnittliche Gesamtzahl der Vergleichsgruppe lag im Quartal 4/95 bei insgesamt 291 Behandlungsfällen. Der Kläger hat demgegenüber im Quartal 4/96 insgesamt lediglich 78 Behandlungsfälle abgerechnet. Dies zeigt, dass dem Kläger ein großes Potential zur Steigerung des Umsatzes durch Erhöhung der Patientenzahl eingeräumt wird.

Nach alledem war die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 197 a Abs.1, SGG, 154 Abs.1 VwGO.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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