L 5 KR 175/03

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 8 RJ 393/01
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 5 KR 175/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 20.05.2003 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob die Beigeladenen zu 1) bis 4) während ihrer Tätigkeit bei der Klägerin versicherungspflichtig beschäftigt gewesen sind.

Die Beklagte führte bei der Klägerin am 09. und 14.12.1999 eine Betriebsprüfung betreffend die Zeit vom 01.12.1994 bis 30.11. 1999 durch. Als Transportunternehmen, das bayernweit im Güternahverkehr tätig war, transportierte die Klägerin hauptsächlich Frischwaren und verfügte im streitigen Zeitraum über drei bis vier eigene Kühllaster.

Laut Angaben des Beigeladenen zu 1), der am 04.05.1998 ein Gewerbe als "Subunternehmer für Lkw-Fahrten und Lagerung von Baumaterial und ähnliches" angemeldet hat, ist dieser vom 01.05. 1998 bis zum 31.12.1998 bei der Klägerin beschäftigt gewesen. Er sei ausschließlich für die Klägerin tätig gewesen, habe keine Arbeitnehmer beschäftigt und ca. 60 Stunden in der Woche gearbeitet. Ein eigener Kapitaleinsatz sei nicht erforderlich gewesen, er habe einen Lkw der Klägerin benutzt.

Eine regelmäßige Arbeitszeit habe er nicht einhalten müssen, Kontrollen hätten nicht stattgefunden und er habe Hilfskräfte einsetzen und Eigenwerbung betreiben können. Urlaubs- oder Weihnachtsgeld habe er nicht erhalten und der Preis für die erbrachte Arbeitszeit sei von ihm selbst festgelegt worden. Er habe täglich bei der Klägerin wegen Aufträgen angerufen und ein Ablehnungsrecht bezüglich der Übernahme bestimmter Aufträge gehabt. Er habe das Risiko des Forderungsausfalls, von Lieferschäden, Kfz-Schäden und Leistungsbeendigung getragen.

Der Beigeladene zu 2), der seit 1986 ein Gewerbe für Kleintransporte angemeldet hat, ist im Zeitraum vom 01.12.1995 bis zum 31.10.1998 für die Klägerin tätig gewesen. Nach seinen Angaben ist er ausschließlich für die Klägerin ca. 70 Stunden in der Woche tätig gewesen und hat selber keine Arbeitnehmer beschäftigt. Er habe keinen eigenen Lkw besessen und sei im Auftrag der Klägerin aufgetreten, die auch für Fehler, Schäden bzw. Mängel gehaftet habe. Er selbst habe kein Kapital eingesetzt, keine Eigenwerbung betrieben und sei vorher sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Die Ablehnung von Aufträgen sei ihm nicht möglich gewesen, die Klägerin habe im Fall seiner Verhinderung einen Ersatzfahrer gestellt.

Seine Arbeiten seien von der Klägerin nicht kontrolliert worden, er habe weder Weihnachts- noch Urlaubsgeld bezogen und auch keine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall erhalten.

Der Beigeladene zu 3), der seit 1992 ein Gewerbe "Durchführung von Kleintransporten mit Pkw" angemeldet hat, war vom 01.12. 1995 bis zum 31.03.1999 bei der Klägerin ebenfalls als Fahrer tätig. Er hat angegeben, ausschließlich für die Klägerin ca. 65 Stunden pro Woche tätig gewesen zu sein, keine weiteren Arbeitnehmer beschäftigt und ein Fahrzeug der Klägerin gelenkt zu haben. Er sei verpflichtet gewesen, Urlaubs- bzw. Krankheitstage dem Auftraggeber mitzuteilen und die Arbeiten selbst auszuführen. Gegenüber Kunden sei er im Namen der Klägerin aufgetreten, die auch für Fehler, Schäden oder Mängel gehaftet habe. Er selbst habe kein unternehmerisches Risiko getragen.

Der Beigeladene zu 4), der ein Gewerbe zur "Durchführung von Kleintransporten mit dem Pkw" angemeldet hat, war ab 01.05.1997 ausschließlich für die Klägerin tätig. Er habe ein Fahrzeug der Klägerin gefahren, selbst keine weiteren Arbeitnehmer beschäftigt und ca. 50 Stunden pro Woche für die Klägerin gearbeitet. Er sei auf Abruf zur Verfügung gestanden, sei nicht weisungsgebunden gewesen und habe keiner Kontrolle unterlegen. Eine regelmäßige Arbeitszeit sei nicht vereinbart, Urlaub und Krankheitstage seien nicht zu melden gewesen. Für Fehler, Schäden und Mängel habe er selbst gehaftet. Das Risiko von Forderungs- und Auftragsverlusten bzw. Kfz- und Lieferschäden habe er selbst getragen.

Sämtliche Beigeladenen haben angegeben, keine Erlaubnis nach § 3 Güterkraftverkehrsgesetz besessen zu haben.

Mit Schreiben vom 26.06.2000 teilte die Beklagte im Anhörungsverfahren mit, dass sie beabsichtige, die Beigeladenen zu 1) bis 4) nicht als freie Mitarbeiter zu betrachten.

Dagegen wurde von Seiten des Bevollmächtigten der Klägerin eingewandt, die Beigeladenen zu 1) bis 4) seien auch für andere Auftraggeber tätig und frei in der Auftragsannahme gewesen. Im Hinblick auf Art und Weise der Durchführung der Transportaufträge, hinsichtlich der zeitlichen Disposition und der Routenplanung hätten sie keinerlei Weisungen erhalten. Sie hätten ein Gewerbe angemeldet und seien steuerrechtlich als Unternehmer eingestuft worden. Die Fahrzeuge der Klägerin hätten sie auf eigene Kosten angemietet.

Mit Bescheid vom 11.12.2000 stellte die Beklagte gemäß § 28 p Abs.1 in Verbindung mit § 7b SGB IV fest, dass der Beigeladene zu 1) vom 01.05. bis 31.12.1998, der Beigeladene zu 2) vom 01.12.1995 bis 31.10.1998, der Beigeladene zu 3) vom 01.12.1995 bis 31.03.1999 und der Beigeladene zu 4) in der Zeit ab 01.05.1997 wegen der abhängigen Beschäftigung als Lkw-Fahrer der Versicherungspflicht in der Kranken-, Renten-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung unterlegen hätten.

Der von der Klägerin am 28.12.2000 eingelegte Widerspruch wurde von der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 13.02.2001 zurückgewiesen. Unter anderem wurde darin ausgeführt, die leihweise Überlassung von Lkws stelle eine Umgehung sozialrechtlicher Vorschriften dar, von einer freien Routenplanung könne angesichts des Umgangs mit Tiefkühlkost nicht ausgegangen werden und die Beigeladenen hätten nur untergeordnete Hilfsfunktionen in dem von der Klägerin beherrschten organisatorischen Ganzen erfüllt.

Dagegen hat die Klägerin am 02.03.2001 Klage erhoben und zur Begründung ausgeführt, angesichts des Wortlauts des § 7 SGB IV müsse solange von einer selbständigen Beschäftigung ausgegangen werden, bis nicht zweifelsfrei eine nichtselbständige Tätigkeit nachgewiesen werde. Die Beigeladenen zu 1) bis 4) seien aber nicht in den Betrieb der Klägerin eingegliedert gewesen, sie hätten keinerlei Weisungen hinsichtlich der Arbeitszeit, des Arbeitsortes, der Art der Ausführung und der Reihenfolge der Arbeit unterlegen. Sie seien in ihrer Routenwahl frei gewesen, hätten selbst die Anzahl der zu arbeitenden Stunden bestimmen können und seien als selbständige Transportunternehmer einzustufen.

Das Sozialgericht hat die Beigeladenen zu 1) bis 4) im Erörterrungstermin am 29.04.2002 zum vorgetragenen Sachverhalt gehört. Danach haben sie im Auftrag der Klägerin für die Firma F. GmbH & Co.KG Lebensmittel ausgefahren.

In der mündlichen Verhandlung am 20.05.2003 ist W. T. , Dispositionsleiter der Firma F. GmbH und & Co KG, als Zeuge zur Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) bis 4) vernommen worden. Dieser hat angegeben, dass der Arbeitsbeginn der Fahrer durch die Wünsche der Kunden festgelegt war. Die Ware sollte regelmäßig bis 11.oo Uhr beim Kunden angeliefert worden sein, so dass der Arbeitsbeginn, je nach unterschiedlich langer Tour, zwischen Null und 2.oo Uhr in der Frühe lag. Die Touren der Klägerin lagen in einem festgelegten Bezirk und konnten bis zu 500 km lang sein. Die Reihenfolge der Anfahrt der Supermärkte sei den Fahrern überlassen gewesen. Bei einem kurzfristigen Ausfall eines Fahrers habe sich die Klägerin in Absprache mit der Firma F. darum gekümmert, die Waren rechtzeitig auszuliefern. Neue Fahrer der Klägerin seien von ihm persönlich eingewiesen worden.

Der Inhaber der Klägerin hat angegeben, dass seine Firma die Kfz-Steuer ebenso bezahlt habe wie Benzin und eventuelle Reparaturkosten. Dies sei alles im Mietpreis der LKWs enthalten gewesen. Bei Schäden oder Reklamation, Bruch oder Unfall habe die von der Klägerin finanzierte Transportversicherung der LKws dies bezahlt. Es habe keinen Fall gegeben, dass ein solcher Schaden an einen Fahrer weitergeleitet worden sei.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 20.05.2003 abgewiesen - beim Datum "19. Mai" auf dem Rubrum handelt es sich offensichtlich um einen Schreibfehler -. Bei den Beigeladenen zu 1) bis 4) lägen hauptsächlich Merkmale der nichtselbständigen Arbeit vor, nämlich die festgelegte Arbeitszeit, die fehlende freie Gestaltungsmöglichkeit, die persönliche und wirtschaftliche Abhängigkeit, geprägt durch eine Wochenarbeitszeit von 50 bis 80 Stunden, der Mangel eines eigenen Fahrzeugs, das fehlende Auftreten im eigenen Namen, der fehlende Einsatz eigenen Kapitals, die fixe Entlohnung, das Fehlen eines eigenen äußerlich erkennbaren Betriebs, die Integration in die Betriebsstruktur der Klägerin, die Organisation von Ersatzfahrern durch die Klägerin, das Fehlen der Erlaubnis nach § 3 Güterkraftverkehrsgesetz und der Umstand, dass keine weiteren Arbeitnehmer beschäftigt worden seien.

Für eine Selbständigkeit spreche, dass die Beigeladenen von der Klägerin bei der Arbeit nicht direkt kontrolliert wurden, sie keine sonstigen Bezüge erhielten, ein Entgeltfortzahlungsanspruch nicht bestanden habe, Aufträge abgelehnt werden konnten und die Rechnungsstellung mit ausgewiesener Mehrwertsteuer erfolgt sei. Die Merkmale der abhängigen Beschäftigung überwögen aber sowohl quantitativ als auch qualitativ. Die Beigeladenen seien weisungsabhängig gewesen, konnten ihre Arbeitszeit nicht frei einteilen, trugen kein wirtschaftliches Risiko, arbeiteten nur für die Klägerin und waren somit von ihr wirtschaftlich und persönlich abhängig. Dieses Ergebnis werde auch durch den früheren Berufsweg der Beigeladenen bestätigt und durch den Umstand, dass versicherungspflichtige Fahrer der Firma F. GmbH dieselbe Tätigkeit ausübten. Ein weiteres Indiz für das Vorliegen von Beschäftigung sei die Regelung des § 7 Abs.4 SGB IV, dessen Merkmale erfüllt seien.

Gegen das am 25.07.2003 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 11.08.2003 Berufung eingelegt. Aus der Kundenorientierung der Beigeladenen sei nicht auf Weisungsgebundenheit zu schließen. Für eine Selbständigkeit spreche, dass die Beladung, die Lieferpapiererstellung, der Transport und die Ablieferung selbständig durch die Beigeladenen geregelt worden seien. Diese hätten für Schäden am Liefergut gehaftet, soweit nicht die Versicherung eingegriffen habe. Sie hätten das Kfz gemietet, Aufträge ablehnen und selbst Ersatzfahrer beschaffen können.

Die Beigeladenen zu 5) und 6) haben sich der Beurteilung der Beklagten angeschlossen.

Der Klägerbevollmächtigte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts München vom 20.05.2003 und den Bescheid der Beklagten vom 11.12.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.02.2001 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 20.05.2003 zurückzuweisen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Beklagtenakten, der Akten des Sozialgerichts München sowie der Berufungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, erweist sich jedoch als unbegründet. Das Urteil des Sozialgerichts München vom 20.05.2003 ist ebensowenig zu beanstanden wie der Bescheid der Beklagten vom 11.12.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13.02.2001. Zutreffend hat die Beklagte festgestellt, dass die Beigeladenen zu 1) bis 4) im Zeitraum vom 01.12.1995 bis 30.11.1999 bei der Klägerin in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis gestanden haben.

Die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Arbeitslosen-, Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung knüpft an die "entgeltliche Beschäftigung" an (§§ 24 Abs.1, 25 Abs.1 SGB III, § 5 Abs.1 Nr.1 SGB V, § 1 Abs.1 Nr.1 SGB 6, § 20 Abs.1 Nr.1 SGB XI). Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs.1 Satz 1 SGB IV). Nichtselbständigkeit ist das rechtlich entscheidende Merkmal, das die Arbeit zur Beschäftigung im Sinne der Sozialversicherung macht. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte und eigener Betriebsmittel, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen freie Einteilung der Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung (BSG, Urteil vom 19.08.2003, Az.: B 2 U 38/02 R m.w.N.; BSG in NJW 1994, 2974). Das Gesamtbild der von den Beigeladenen zu 1) bis 4) ausgeübten Fahrertätigkeit spricht für das einer abhängigen Beschäftigung.

Das Sozialgericht hat das Für und Wider der abhängigen Beschäftigung im Einzelnen zutreffend dargestellt und das Überwiegen der Merkmale für ein Beschäftigungsverhältnis überzeugend bejaht. Insoweit wird von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe gemäß § 153 Abs.2 SGG Abstand genommen.

Zu den Einwänden der Klägerin ist ergänzend auszuführen, dass die Beigeladenen zu 1) bis 4) nicht nur sachbezogenen und kundenspezifischen Erfordernissen unterworfen waren. Richtig ist zwar, dass auch der selbständige Frachtführer weitreichenden Weisungsrechten sowohl des Spediteurs als auch des Absenders und des Empfängers des Frachtgutes ausgesetzt ist, so dass allein aus der Zeitvorgabe noch nicht die Abhängigkeit des Auftragnehmers folgen muss (BAGE 87, 129, 139 m.w.N.). Der Umstand, dass es sich bei einer Person um einen Frachtführer im Sinne des § 425 HGB a.F. bzw. § 407 ff. HGB n.F. handelt, besagt noch nicht, dass diese Person stets eine selbständige Tätigkeit ausübt und daher nicht als Beschäftigter anzusehen ist (BSG, Urteil vom 19.08.2003 a.a.O.). Entscheidend ist vielmehr, ob die Gesamtwürdigung aller tatsächlichen Umstände des Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit ergibt. Hier liegen allerdings zahlreiche weitere Gesichtspunkte vor, die gegen eine selbständige Frachtführertätigkeit sprechen.

An erster Stelle ist hier der Umstand zu nennen, dass die Beigeladenen zu 1) bis 4) in einer für einen Arbeitnehmer typischen Regelmäßigkeit für die Klägerin tätig waren. Sie sind zwischen 50 und 80 Stunden wöchentlich für die Klägerin als Fahrer beschäftigt gewesen. Damit waren sie wie Vollbeschäftigte für die Klägerin tätig. Ihre Arbeit war Teil eines übergeordneten Planungsauftrages, den allein die Klägerin nach außen zu vertreten hatte. Während des Einsatzes für die Klägerin war ein selbständiges Auftreten der Beigeladenen zu 1) bis 4) als Unternehmer aus zeitlichen Gründen gar nicht möglich. Wenn demgegenüber eingewandt wird, die Mitarbeiter seien frei gewesen, einzelne Aufträge abzulehnen, so hat es sich dabei wohl nur um eine theoretische Freiheit gehandelt. Tatsächlich konnte die Klägerin ihre vertraglichen Verpflichtungen gegenüber der Firma F. nur erfüllen, wenn Sie über eine ausreichende Zahl von Mitarbeitern verfügte, die die feststehende Zahl von Touren bewältigen konnte. Die Beigeladenen konnten also nicht jederzeit selbst darüber entscheiden, ob und welche Aufträge der Firma F. sie annehmen wollten. Waren sie, was äußerst selten vorkam, verhindert, so mussten sie der Klägerin Bescheid geben, damit diese sich um einen Ersatzfahrer kümmern konnte.

Nicht bewiesen ist, dass die Beigeladenen zu 1) bis 4) für von ihnen verursachte Schäden am Liefergut einstehen mussten. Ausdrücklich hat der Inhaber der Klägerin selbst in der mündlichen Verhandlung am 20.05.2003 angegeben, dass bei Schäden durch Reklamation, Bruch oder Unfall die von ihm getragene Transportversicherung der Lkw für diese Schäden aufgekommen ist.

Dass die zur Auslieferung notwendigen Kühlfahrzeuge von den Beigeladenen zu 1) bis 4) von der Klägerin angemietet waren, spielt für die Beurteilung als abhängig Beschäftigte keine Rolle. Mangels damit verbundenen Einsatzrisikos stellt sich die Miete lediglich als Rechnungsposten dar, der nichts daran änderte, dass den Beigeladenen pro Tour eine fixe Pauschale zustand. Gegen eine echte Miete spricht zudem, dass die Fahrer die Benzinkosten nicht selbst tragen mussten.

Entgegen der Ansicht des Klägerbevollmächtigten ist der Umstand, dass die Beigeladenen zu 1) bis 4) über kein eigenes Fahrzeug verfügten, von wesentlicher Bedeutung. In allen vom Bundesarbeitsgericht in den letzten Jahren zur Abgrenzung Arbeitnehmer-Frachtführer positiv im Sinne der Selbständigkeit entschiedenen Fällen verfügten die Fahrer selbstverständlich über eigene Fahrzeuge (BAGE 87, 129; BAGE 90,36; BAGE 98, 146). Damit fehlte den Fahrern jegliches Unternehmerrisiko. Sie schuldeten lediglich ihre Arbeitskraft. Zudem war ihnen beim Einsatz ihrer Arbeitskraft der Erfolg in Form der vereinbarten Vergütung gewiss. Dabei handelt es sich um einen Umstand, der für die Arbeitnehmereigenschaft typisch ist (LSG Berlin, Entscheidung vom 17.08.1994 L 9 KR 68/94).

Vom Klägerbevollmächtigten wird eingewandt, den Fahrern sei es möglich gewesen, einen Auftrag sanktionslos abzulehnen und einen Ersatzfahrer zu beschaffen. Tatsächlich oblag es dem Inhaber der Klägerin, für eine Ersatzkraft zu sorgen und tatsächlich waren die Beschäftigungen auf Dauer angelegt. Angesichts der notwendigen Einweisung in die Lieferformalitäten durch die Firma F. hätte es diese wohl nicht hingenommen, wenn von Seiten der Klägerin täglich ein anderer Fahrer präsentiert worden wäre.

Zusammenfassend ist dem Klägerbevollmächtigten darin beizupflichten, dass sich aus der Beschränkung der Gestaltungsfreiheit der Fahrer in sachlicher und zeitlicher Hinsicht allein keine persönliche Abhängigkeit herleiten lässt. Es lagen jedoch zu wenig Anhaltspunkte dafür vor, dass die Beförderung zu festen Zeiten und nach festgelegten Plänen selbständig durchgeführt wurde. Die Beigeladenen zu 1) bis 4) trugen kein eigenes Unternehmerrisiko, traten nach außen nicht als Unternehmer in Erscheinung und waren von der Klägerin auch wirtschaftlich abhängig; diese setzte sie entsprechend ihres übergeordneten Planungsauftrags, der Erfüllung der Verpflichtungen gegenüber der Firma F. , regelmäßig und über die gesamte Wochenarbeitszeit ein. Die Rahmenbedingungen ihrer Tätigkeit waren daher nicht selbstbestimmt und Ausdruck eigener Initiative, sondern bis auf die fehlenden sozialen Schutzrechte in jeder Hinsicht mit den Bedingungen vergleichbar, denen Arbeitnehmer unterliegen.

Aus diesen Gründen war die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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