L 19 RJ 433/01

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
19
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 4 RJ 459/99
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 19 RJ 433/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 22.05.2001 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten sind Leistungen wegen verminderter Erwerbsfähigkeit streitig.

Die 1946 in Bosnien geborene Klägerin, die im Jahre 1972 nach Deutschland gekommen ist, hat keinen Beruf erlernt und war ab 1977 als Reinemachefrau und ab 1979 als Metallarbeiterin/Montiererin versicherungspflichtig beschäftigt; anschließend war/ist sie arbeitslos und arbeitsunfähig.

Am 13.02.1999 beantragte die Klägerin wegen der Gesundheitsstörungen Bandscheibenleiden, Schilddrüsenerkrankung, hoher Blutdruck, Augenleiden, Venenverstopfung in den Beinen und Atemnot Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Die Beklagte ließ die Klägerin durch den Internisten Dr.S. untersuchen, der im Gutachten vom 01.03.1999 (Diagnosen: chronisches degeneratives Lumbalsyndrom, rezidivierendes unteres Cervikalsyndrom, Varikosis der Unterschenkel, psychovegetatives Syndrom mit depressiven Zügen, Adipositas) leichte körperliche Arbeiten im Wechsel zwischen Sitzen, Gehen und Stehen bei Beachtung bestimmter Funktionseinschränkungen vollschichtig für zumutbar hielt. Im Hinblick auf das Ergebnis dieses Gutachtens lehnte die Beklagte Rentenleistungen mit Bescheid vom 08.03.1999 und Widerspruchsbescheid vom 22.06.1999 ab, weil die Klägerin in der Lage sei, die bisherige Tätigkeit weiterhin zu verrichten.

Mit der dagegen erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, es seien weitere Einschränkungen eingetreten, die im Gutachten der Beklagten nicht erfasst seien, jeweils auf dem Gebiet der Orthopädie, der nervenärztlichen Heilkunde als auch des internistischen Bereichs.

Das Sozialgericht Würzburg (SG) hat zunächst die Unterlagen des Ärztlichen Dienstes des Arbeitsamtes A. und die Befundberichte und Unterlagen des Arztes Dr.S. und des Augenarztes Dr.Z. beigenommen. Die Ärztin für Öffentliches Gesundheitswesen, Umweltmedizin Dr.T. hat das Gutachten vom 25.01.2001 erstattet. Sie ist zu der Leistungsbeurteilung gelangt, dass die Klägerin leichte Arbeiten in geschlossenen Räumen im Wechselrhythmus vollschichtig verrichten könne. Vermieden werden müssten Tätigkeiten mit besonderer nervlicher Belastung, an unfallgefährdeten Arbeitsplätzen, mit besonderer Belastung des Bewegungs- und Stützsystems sowie Tätigkeiten unter ungünstigen äußeren Bedingungen. Insgesamt hat sie im Vergleich zur Vorbegutachtung durch die Beklagte keine nicht bekannten oder nicht beachtete Befunde von erwerbsmindernder Bedeutung erhoben.

Der Leistungsbeurteilung von Dr.T. hat sich das SG angeschlossen und die Klage mit Urteil vom 22.05.2001 abgewiesen. Die Klägerin sei aus medizinischer Sicht nicht erwerbsunfähig, da eine zeitliche Einschränkung des Einsatzvermögens nicht vorliege. Es liege auch keiner der von der Rechtsprechung entwi- ckelten Ausnahmefälle vor. Die Klägerin sei auch nicht berufsunfähig, da sie bestenfalls eine angelernte Tätigkeit - ohne dass diese zum oberen Bereich gehört hätte - ausgeübt habe und somit auf Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar sei.

Gegen diese Entscheidung hat die Klägerin Berufung eingelegt und geltend gemacht, sie leide neben Gesundheitsstörungen im Bereich des Bewegungsapparates an einer Schilddrüsenerkrankung, einem dauernden Bluthochdruck, migräneartigen Kopfschmerzen, gravierender Sehschwäche und an einem Depressivsyndrom. Sie sei keineswegs mehr vollschichtig einsatzfähig, schon allein auf Grund der Verschleißerscheinungen der Wirbelsäule verbunden mit der Wirbelsäulenfehlstatik und den anderen hinzukommenden Krankheitsformen, insbesondere auf Grund des nicht zu beherrschenden Bluthochdrucks. Bezüglich ihrer Qualifikation macht sie geltend, nach ursprünglicher Anlernphase als Metallarbeiterin sei sie als Montiererin tätig gewesen; dies entspreche einem Facharbeiterstatus des Metalltarifes.

Der Senat hat im vorbereitenden Verfahren eine Auskunft der letzten Arbeitgeberin der Klägerin und Befundberichte und Unterlagen des Allgemeinmediziners Dr.S. , des Orthopäden Dr.K. , des Augenarztes Dr.Z. und des Neurologen Dr.S. (einmalige Behandlung am 08.02.2001) zum Verfahren beigenommen. Der Internist Dr.S. hat das Gutachten vom 27.05.2003 erstattet, in dem er im Hinblick auf die psychische Verfassung der Klägerin eine Einsetzbarkeit von weniger als vier Stunden (mehr als drei) angenommen hat. Der Orthopäde Dr.B. nimmt dagegen im Gutachten vom 02.09.2003 vollschichtige Einsatzfähigkeit der Klägerin für leichte Arbeiten (mit Einschränkungen) im Wechselrhythmus an. Auch der weiter von Amts wegen gehörte Neurologe und Psychiater Dr.O. gelangt im Gutachten vom 13.11.2003 zu dem Ergebnis, die Klägerin sei von seinem Fachgebiet aus gesehen für leichte und mittelschwere Tätigkeiten vollschichtig einsatzfähig. Der Internist und Arbeitsmediziner Dr.M.S. nimmt im Gutachten vom 28.02.2004 ebenfalls ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte Arbeiten bei Beachtung bestimmter Funktionseinschränkungen an.

Der Bevollmächtigte der Klägerin beantragt im Schriftsatz vom 31.08.2001: Unter Abänderung des Urteils des SG Würzburg vom 22.05.2001 wird die Beklagte verpflichtet, der Klägerin Berufs-Erwerbsunfähigkeitsrente ab Antragstellung unter Abänderung des Bescheides der Beklagten vom 08.03.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.06.1999 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Berufung.

Zur Begründung ihres Antrags verweist die Beklagte darauf, dass auch nach den Ausführungen der Sachverständigen Dr.B. , Dr.O. und Dr.M.S. bei der Klägerin ein vollschichtiges Leistungsbild mit Funktionseinschränkungen gegeben sei.

Dem Senat haben die Streitakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsunterlagen der Beklagten vorgelegen. Wegen weiterer Einzelheiten wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist form- und fristgerecht eingelegt (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG) und auch im Übrigen zulässig.

In der Sache hat das Rechtsmittel keinen Erfolg. Das SG hat im angefochtenen Urteil vom 22.05.2001 vielmehr zu Recht entschieden, dass der Klägerin eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nicht zusteht. Denn die Klägerin ist weder berufs- noch erwerbsunfähig noch voll noch teilweise erwerbsgemindert.

Der Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (EU) bei einer Antragstellung vor dem 31.03.2001 (hier am 03.02.1999) ist nach den Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der bis zum 31.12.2000 geltenden Fassung (aF) zu beurteilen, soweit ein Anspruch aus der Zeit vor dem 01.01.2001 geltend gemacht wird (vgl. § 300 Abs 2 SGB VI). Für den Anspruch sind aber auch die Vorschriften des SGB VI in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung (nF) maßgeblich, soweit (hilfsweise) Rente wegen Erwerbsminderung für die Zeit nach dem 31.12.2000 begehrt wird. Grundlage für den von der Klägerin am 03.02.1999 geltend gemachten Anspruch sind die §§ 43, 44 SGB VI aF. Rente wegen EU erhalten nach § 44 SGB VI aF Versicherte, die erwerbsunfähig sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der EU drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und vor Eintritt der EU die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Erwerbsunfähig sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben und Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das 1/7 der monatlichen Bezugsgröße übersteigt. Diese Voraussetzungen liegen bei der Kläger nicht vor.

Nach dem aktenkundigen Versicherungsverlauf und den Feststellungen der Beklagten sind zwar die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Bewilligung der beantragten Rentenleistung gegeben. Bei der Klägerin liegt aber schon BU nach der bis zum 31.12.2000 geltenden und für Leistungsfälle vor dem 01.01.2001 weiter anzuwendenden Bestimmung des § 43 Abs 2 Satz 1 SGB VI nicht vor. Danach sind berufsunfähig Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Die Voraussetzungen einer Rente wegen BU erfüllt die Klägerin nicht, da die festgestellten Gesundheitsstörungen nicht in einem solchen Maße ausgeprägt sind, dass ihr zumindest leichte Tätigkeiten nicht noch vollschichtig möglich wären, zumal weder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen noch eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt und deshalb die Arbeitsmarktlage bei der Beurteilung der BU außer Betracht zu bleiben hat (vgl. BSG - großer Senat - SozR 3-2600 § 44 Nr 8).

Die eine Gewährung von Rente ablehnenden Entscheidungen der Beklagten und das angefochtene Urteil des SG vom 22.05.2001 sind hinsichtlich der das Leistungsvermögen der Klägerin bestimmenden Gesundheitsstörungen durch die vom Senat eingeholten Sachverständigengutachten von Dr.B. , Dr.O. und Dr.M.S. bestätigt worden. Danach schränken die bei der Klägerin vorliegenden Erkrankungen ihre Einsatzfähigkeit weder für sich allein noch in der Gesamtwürdigung in einem rentenrechtlich erheblichen Umfange ein.

Die Klägerin macht seit Antragstellung Beschwerden im Bereich des Bewegungsapparates geltend. Insoweit hat der Sachverständige Dr.B. im Gutachten vom 02.09.2003 folgende Gesundheitsstörungen festgestellt:

1. Beschwerdesymptomatik im Bereich der LWS mit pseudoradikulärer Ausstrahlung und Bewegungseinschränkung bei ausgeprägten degenerativ umformenden Veränderungen in den zwei unteren Etagen der LWS (L 4/L 5 und L 5/S 1). Im Kernspintomogramm nachgewiesene breitbasige Protrusionen auf diesen Etagen und Einengung der Nervenaustrittslöcher.

2. Degenerativ umformende Veränderungen der BWS mit leichter konvexer seitlicher Aufbiegung und subjektiv angegebener Schmerzsymptomatik.

3. Beschwerdesymptomatik im Bereich der Nackenmuskulatur und Bewegungseinschränkung der HWS ohne wesentliches Korrelat zu den radiologischen Befunden.

4. Diffuse Beschwerdesymptomatik beider Schultergelenke ohne wesentliche funktionelle Einbußen und mit nur geringgradigen degenerativen Veränderungen in den Röntgenaufnahmen.

5. Subjektiv angegebene belastungsabhängige Schmerzsymptomatik beider Kniegelenke ohne wesentliche funktionelle Einbußen und ohne wesentliches radiologisches Korrelat.

6. Senk-Spreizfüße.

7. Übergewicht.

8. Geringgradige Umfangsdifferenzen der Beine mit leichter Schwellung des rechten Unterschenkels und Knöchels bei Verdacht auf chronisch-venöse Insuffizienz. Zustand nach Varizenoperation beidseits.

In der überzeugenden Leistungsbeurteilung von Dr.B. ist darauf hingewiesen, dass bei der Klägerin die wesentlichen Einschränkungen in der Leistungsfähigkeit mit nachvollziehbarer Schmerzsymptomatik im Bereich der Lendenwirbelsäule bestehen. Die übrige, subjektiv angegebene Beschwerdesymptomatik und die von der Klägerin präsentierten Funktionseinschränkungen sind dagegen nicht in vollem Ausmaß nachvollziehbar und nicht durch objektivierbare Befunde belegbar, zumal bei der Untersuchung durch den ärztlichen Sachverständigen deutliche Aggravationstendenzen bei der Funktionsprüfung zu bemerken waren. Die auf dem Gebiet des Bewegungsapparates festgestellten Gesundheitsstörungen, die einen Einfluss auf das Leistungsvermögen der Klägerin haben, beeinträchtigen die Leistungsfähigkeit vor allem im Bezug auf schwere körperliche Tätigkeiten, Arbeiten unter besonderen ungünstigen äußeren Einflüssen, unter besonderem Zeitdruck, in Zwangshaltungen und bei überwiegend stehenden oder gehenden Tätigkeiten. Der ärztliche Sachverständige Dr.B. lässt aber keinen Zweifel daran, dass die Klägerin - auch unter Berücksichtigung der außerhalb des orthopädischen Gebietes vorliegenden Gesundheitsstörungen - leichte körperliche Tätigkeiten noch vollschichtig, etwa acht Stunden täglich ausführen kann.

Da die Klägerin auch geltend gemacht hat, sie könne wegen ihrer depressiven Grundstimmung ihre bisherige Tätigkeit nicht mehr verrichten, hat der Senat den Neurologen und Psychiater Dr.O. gehört, der aber im Gutachten vom 13.11.2003 leichte und sogar mittelschwere Tätigkeiten in Vollschicht für zumutbar gehalten hat. Er hat auf dem neurologischen Gebiet keine eigenständigen Erkrankungen feststellen können. Es fand sich lediglich ein leichtes Wurzelreizsyndrom L 5/S 1 links, das aber nach den Ausführungen des ärztlichen Sachverständigen keine sozialmedizinische Relevanz hat. Neben der depressiven Grundstimmung (Anpassungsstörung vor dem Hintergrund der chronischen Schmerzen und auch des Todes des Ehemannes im Jahre 2002) besteht eine deutliche psychische Fixierung der Schmerzsymptomatik im Sinne einer somatoformen Störung. Infolgedessen sind ausgeschlossen Tätigkeiten mit besonderen Anforderungen an das Konzentrations- und Reaktionsvermögen sowie Arbeiten unter Zeitdruck und Schichtarbeiten. Zwar ist insgesamt gesehen bei der Klägerin das Reaktionsvermögen mit Umstellungsfähigkeit durch die genannte Beeinträchtigung herabgesetzt, ebenso die Anpassungsfähigkeit an den technischen Wandel. Dr.O. hält aber in der Gesamtschau Arbeiten bei Beachtung der genannten Funktionseinschränkungen vollschichtig für zumutbar.

Wegen der übrigen bei der Klägerin noch bestehenden Gesundheitsstörungen hat der Senat den Internisten und Arbeitsmediziner Dr.M.S. gehört (Gutachten vom 28.02.2004). Dieser gelangt zu folgenden Diagnosen:

1. Verdacht auf leichtergradige Hörminderung beidseits

2. Gesichtsfeldeinschränkung rechts bis auf 25°, links bis auf 10°

3. Autoimmunerkrankung der Schilddrüse bei Zustand nach Radiojodbehandlung, unter medikamentöser Behandlung eutyreote Stoffwechsellage

4. Bluthochdruck ohne Anhalt für wesentliche Herzminderleistung 5. Störung des Fettstoffwechsels.

Von diesen aufgeführten Gesundheitsstörungen schränken die Nummern 1 und 2 die Erwerbsfähigkeit der Klägerin nicht wesentlich ein, da entgegen dem Vorbringen der Klägerin nur eine leichtergradige Hörminderung vorliegt und bezüglich des Sehvermögens die Klägerin selbst angibt, dass sie seitliche Gegenstände etwas spät sehe. Beim direkten Fixieren von Gegenständen habe sie jedoch keine Probleme mit dem Sehen. Es liegt somit weder eine ausgepräge Beeinträchtigung des Hörvermögens noch eine Einschränkung der Sehschärfe vor, wobei die Reduzierung des Gesichtsfeldes nur als mäßiggradig bis mittelgradig anzusehen ist und deshalb bei beruflichen Tätigkeiten nur bei ganz bestimmten, eher seltenen Berufen entgegenstehen würde, bei denen ein ausgedehntes Gesichtsfeld - Sicherung gegen Gefahren - notwenig ist wie bei Wachtätigkeiten oder in militärischen Berufsbereichen.

Wegen der bei der Klägerin vorliegenden Schilddrüsenerkrankung wurde vom Januar 2001 an eine erfolgreiche Radiojodbehandlung der Schilddrüse durchgeführt, wobei auch unter medikamentöser Behandlung eine reduzierte Hormonkonzentration des Schilddrüsenhormons eintrat. Dies bedeutet, dass unter der Wirkung einer radioaktiven Behandlung der Schilddrüse jetzt ein Wechsel von Überfunktion zu Unterfunktion der Schilddrüse eingetreten war, der eine Behandlung mit Einnahme von Schilddrüsenhormonen notwendig machte. Soweit diese Behandlung aber erfolgt, ergibt sich keine wesentliche Konsequenz bezüglich des Leistungsvermögens.

Die übrigen das internistische Gebiet betreffende Gesundheitsstörungen wie Bluthochdruck, Störung des Fettstoffwechsels und mäßiggradige Adipostias schränken die Erwerbsfähigkeit der Klägerin nicht weiter ein. Bezüglich des Bluthochdrucks und des Fettstoffwechsels hat die Klägerin selbst anlässlich der Anamneseerhebungen bei den ärztlichen Sachverständigen keine diesbezüglichen Angaben gemacht, die ärztlichen Sachverständigen konnten insoweit auch keine besonderen Befunde erheben. Darauf hinzuweisen ist noch, dass der Bluthochdruck noch nicht zu einer wesentlichen Herzminderleistung geführt hat. Diese drei Gesundheitsstörungen führen nach den Beurteilungen der Internisten Dr.S. und Dr.M.S. nicht zu weiteren Leistungseinschränkungen.

Insgesamt ist auch der Senat deshalb zu der Überzeugung gelangt, dass die von den ärztlichen Sachverständigen erhobenen Befunde einschließlich der anamnestischen Angaben und deren sozialmedizinischer Bewertung bei der Klägerin leichte Arbeiten bei Beachtung der von der ärztlichen Sachverständigen genannten Leistungseinschränkungen in Vollschicht zulassen. Nicht folgen konnte der Senat der Leistungsbeurteilung von Dr.S. im Gutachten vom 27.05.2003. Zu dieser Leistungsbeurteilung gelangt Dr.S. im Hinblick auf die depressive Symptomatik der Klägerin, welche sich nach seiner Auffassung nochmals verschlimmert habe. Weiter habe sich nach Beurteilung von Dr.S. eine unter vierstündige Einsatzfähigkeit der Klägerin aus den Gesundheitsstörtungen auf dem orthopädischen Gebiet ergeben. Damit hat sich der Sachverständige, der Internist ist und auf seinem Fachgebiet keine Gesundheitsstörungen mit leistungseinschränkenden Folgen feststellen konnte, letztlich bei seiner Leistungsbeurteilung auf fachfremde Gebiete begeben. Bezüglich der bei der Klägerin auf dem orthopädischen und psychiatrischen Gebiet vorliegenden Gesundheitsstörungen hat der Senat aber den Orthopäden Dr.B. und den Neurologen und Psychiater Dr.O. gehört, die in den Gutachten vom 02.09.2003 und 13.11.2003 keinen Zweifel daran ließen, dass die Klägerin - auch in der Zusammenschau aller bei ihr vorliegenden Gesundheitsstörungen - noch vollschichtig einsatzfähig ist.

Bei dieser Sachlage ist die Klägerin noch in der Lage, bei Beachtung der von den ärztlichen Sachverständigen aufgezeigten Einsatzbeschränkungen Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes regelmäßig und mit einer betriebsüblichen Arbeitszeit von sieben bis acht Stunden täglich auszuüben. Auf entsprechende Tätigkeiten muss sie sich zumutbar verweisen lassen. Denn sie genießt keinen Berufsschutz, weil sie nach ihrem beruflichen Werdegang als ungelernte, günstigenfalls als kurzfristig angelernte Arbeitnehmerin zu beurteilen und damit uneingeschränkt auf einfache Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar ist. Dies ergibt sich aus der Auskunft der letzten Arbeitgeberin der Klägerin, nach der keine Facharbeitertätigkeit vorlag und eine Anlernzeit von lediglich zwei Monaten erforderlich war. Da die Klägerin unter Einbeziehung aller bei ihr festgestellten Gesundheitsstörungen nicht an der Ausübung einer regelmäßigen Ganztagsbeschäftigung gehindert ist, braucht vorliegend eine zustandsangemessene Tätigkeit weder nachgewiesen noch benannt zu werden. Denn solange eine Versicherte in der Lage ist, unter betriebsüblichen Bedingungen vollschichtig und regelmäßig Erwerbsarbeit zu leisten, besteht keine Pflicht der Verwaltung und der Gerichte, konkrete Arbeitsplätze und Verweisungstätigkeiten mit im Einzelnen nachprüfbaren Belastungselementen zu benennen. Vielmehr ist in solchen Fällen von einer ausreichenden Zahl vorhandener Arbeitsplätze auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auszugehen (BSG SozR 2000 § 1246 Nr 90).

Bei der Klägerin liegen somit die Voraussetzungen des Anspruchs auf Rente wegen BU nicht vor. Daraus folgt zugleich, dass auch ein Anspruch auf Rente wegen EU, der an noch weitergehende Voraussetzungen geknüpft ist, nicht besteht.

Auf Grund ihres vollschichtigen Einsatzvermögens erfüllt die Klägerin auch nicht die Voraussetzungen des am 01.01.2001 inkraft getretenen § 43 SGB VI (BGBl I 1827). Nach dessen Absatz 2 hat bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen voller (der bisherigen EU entsprechender) Erwerbsminderung, wer (neben weiteren Leistungsvoraussetzungen) wegen Krankheit oder Behinderung außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein, aber auch derjenige, dem bei einem mehr als drei bis unter sechs Stunden reichenden Arbeitsvermögen der Teilzeitarbeitsmarkt verschlossen ist (vgl. § 43 Abs 2 2.Halbs SGB VI nF). Eine quantitative Einschränkung der betriebsüblichen Arbeitszeit von täglich etwa acht Stunden liegt jedoch - wie bereits ausgeführt - bei der Klägerin nicht vor.

Die Berufung der Klägerin musste daher zurückgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung (§ 193 SGG) beruht auf der Erwägung, dass die Klägerin auch in der Berufung unterlegen war.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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