L 4 KR 145/04

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 3 KR 296/03
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KR 145/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 28. April 2004 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig sind Beiträge in der freiwilligen Krankenversicherung für die Jahre 2001, 2002 und 2003.

Der 1940 geborene Kläger, der seit 1988 als Steuerberater berufstätig ist, ist bei der Beklagten gegen Krankheit ohne Anspruch auf Krankengeld freiwillig versichert.

Im Erhebungsbogen zur freiwilligen Versicherung gab er am 24.10.2000 jährliche Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit von 8.926,00 DM und sonstige Einkünfte (Vermietung/Verpachtung, Kapitalvermögen) von 12.773,00 DM an; der beigefügte Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1997 wies Einkünfte aus selbständiger Arbeit von 8.926,00 DM, aus Kapitalvermögen von 3.763,00 DM und aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 2.910,00 DM aus. Im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1999 wurden Einkünfte aus Kapitalvermögen von 2.005,00 DM, aus Vermietung und Verpachtung von 12.187,00 DM und aus selbständiger Tätigkeit von 5.605,00 DM angegeben. Der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2000 weist Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit von 6.998,00 DM, aus Kapitalvermögen von 4.278,00 DM und aus Vermietung und Verpachtung von 4.076,00 DM aus.

Die Beklagte setzte mit Bescheid vom 06.04.2001 die Beiträge des Klägers zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung für die Zeit ab 01.01.2001 mit 433,44 DM (freiwillige Krankenversicherung) fest. Die Beitragsberechnung beruhe auf der gesetzlich vorgeschriebenen Mindestbemessungsgrundlage für Selbständige im Jahr 2001 monatlich in Höhe von 3.360,00 DM. Der Kläger machte mit dem Widerspruch vom 09.01.2001 geltend, er habe diesen Betrag im Monat nicht verdient. Die Beiträge seien auf eine dem Einkommen gemäße Beitragsstufe zu reduzieren.

Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 02.05.2001 den Widerspruch zurück. Für freiwillige Mitglieder, die hauptberuflich selbständig erwerbstätig sind, gelte als beitragspflichtige Einnahme für den Kalendertag der 30. Teil der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze, bei Nachweis niedrigerer Einnahmen jedoch mindestens der 40. Teil der monatlichen Bezugsgröße. Aufgrund der Erklärung des Klägers, er erwirtschafte im Jahr 2001 voraussichtlich ein Einkommen von 21.699,00 DM, errechneten sich monatlich beitragspflichtige Einnahmen von 1.808,25 DM. Die gesetzliche Grundlage bestimme aber als unterste Grenze der Beitragsbemessung den 40. Teil der monatlichen Bezugsgröße, nämlich 3.360,00 DM.

Hiergegen erhob der Kläger am 15.05.2001 Klage beim Sozialgericht München (SG)(S 3 KR 367/01). Seine Tätigkeit als Steuerberater werde nur gering honoriert. Die Beiträge dürften nicht aufgrund eines nicht erzielten Einkommens berechnet werden, die entsprechenden gesetzlichen Regelungen seien verfassungswidrig. Auch im Steuerrecht werde dem Bürger ein Existenzminimum zugebilligt. Der Beitrag stehe in keinem Verhältnis zu dem Einkommen bzw. den Einnahmen aus seiner Nebentätigkeit. Eine hauptberufliche Tätigkeit könne erst angenommen werden, wenn die wöchentliche Arbeitszeit 20 Stunden oder mehr betrage, diese Zeit sei nicht erreicht worden. Die Beklagte entgegnete mit Schriftsatz vom 19.09.2002, der Kläger habe in seinem Erhebungsbogen zur freiwilligen Versicherung am 24.10.2000 angegeben, er sei selbständig tätig als Lohnsteuer- und Steuerberater. Dass er diese Tätigkeit nicht hauptberuflich ausübe, könne aus den Darlegungen nicht geschlossen werden.

Mit dem am 09.12.2001 bei der Beklagten eingegangen Schreiben beantragte er wieder eine Reduzierung seiner Beiträge. Am 11.01.2002 teilte er der Beklagten telefonisch mit, dass er eine selbständige Tätigkeit von weniger als 18 Wochenstunden ausübe und die daraus erzielten Einkünfte nicht die Haupteinnahmequelle zur Bestreitung seines Lebensunterhalts seien. Mit einem Schreiben vom gleichen Tage forderte die Beklagte den Kläger auf, hierfür eine eidesstattliche Erklärung abzugeben. Nach Eingang der Bestätigung würden die Beiträge für das Jahr 2002 aus den tatsächlichen Einnahmen (Steuerbescheid für das Jahr 2000) berechnet. Der Kläger lehnte mit Schreiben vom 25.01.2002 die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung ab.

Mit den Bescheiden vom 30.01.2002 forderte die Beklagte ab 01.01.2002 Beiträge zur Krankenversicherung in Höhe von 237,46 Euro. Beitragsbemessungsgrundlage sei für den hauptberuflich selbständig tätigen Kläger die Mindestbemessungsgrundlage für Selbständige in Höhe von 1.758,90 Euro für das Jahr 2002. Der Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 15.04.2002 zurückgewiesen. Ausweislich seiner Erklärung, er erwirtschafte im Jahr 2002 voraussichtlich ein Einkommen von 11.276,00 DM (5.765,33 Euro) errechneten sich monatliche beitragspflichtige Einnahmen von 1.279,33 DM (639,00 Euro). Die monatliche Mindestbemessungsgrundlage für die Beiträge sei 1.758,90 Euro.

Der Kläger erhob hiergegen am 06.05.2002 beim SG wieder Klage (S 3 KR 341/02). Die Beklagte wies mit Schriftsatz vom 05.12.2002 darauf hin, der Kläger sei nicht bereit gewesen, eine bindende Erklärung abzugeben, dass er nicht zum Personenkreis der hauptberuflich selbständig Tätigen gehöre.

Die Beklagte setzte mit dem Beitragsbescheid (Datum: Dezember 2002) den monatlichen Beitrag ab 01.01.2003 für die freiwillige Krankenversicherung auf 465,76 Euro fest und bat den Kläger um Mitteilung der tatsächlichen Einnahmen und des letzten Steuerbescheides.

Nach Eingang der Erklärung und des Steuerbescheides für das Jahr 2000 verringerte sie mit dem Bescheid vom 07.01.2003 den Beitrag in der Krankenversicherung für die Zeit ab 01.01.2003 auf 240,98 Euro. Auch hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Er habe Überschüsse von 3.375,00 Euro im Monat nicht verdient und ein vergleichbarer versicherungspflichtiger Beschäftigter würde wesentlich geringere Beiträge zahlen.

Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 04.04.2003 den Widerspruch zurück. Der Krankenversicherungsbeitrag sei das Ergebnis der gewählten Beitragsgruppe (Beitragssatz 13,5 v.H.) und der zugrundegelegten gesetzlich vorgesehenen monatlichen Mindestbemessungsgrundlage von 1.785,00 Euro.

Der Kläger hat auch hiergegen am 15.04.2003 Klage beim SG erhoben (S 3 KR 296/03). Das SG hat in der Verhandlung am 21.01.2004 die drei Streitsachen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Der Kläger hat wiederholt, er könne eine eidesstattliche Erklärung nicht abgegeben, dass er weniger als 18 Stunden in der Woche für die selbständige Tätigkeit aufwende. Das SG hat auf die gesetzliche Regelung und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 22.05.2001 hingewiesen, wonach eine Härtefallregelung für Selbständige mit geringem Arbeitseinkommen verfassungsrechtlich nicht geboten sei.

Es hat aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 28.04.2004 mit Urteil vom gleichen Tage die Klagen abgewiesen. In der Begründung hat es auf die Widerspruchsbescheide Bezug genommen und ergänzend darauf hingewiesen, dass eine Härtefallregelung für Selbständige mit geringem Arbeitseinkommen verfassungsrechtlich nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 22.05.2001 nicht geboten sei. Für Selbständige gelte das sogenannte Nettoprinzip, d.h., sie könnten beispielsweise einen Wertverlust einkommens- und damit beitragsmindernd geltend machen. Bei den sonstigen freiwillig Versicherten würden die Beiträge im Wesentlichen nach den Bruttoeinnahmen bemessen. An diesen Unterschied durfte der Gesetzgeber zur Herstellung der Beitragsgerechtigkeit mit der Festsetzung einer besonderen Mindestbemessungsgrenze anknüpfen. Er sei verfassungsrechtlich nicht verpflichtet gewesen, unterhalb dieser Beitragsgrenze zu differenzieren. Mit weiteren typisierenden Merkmalen wäre der einzelne Härtefall im Rahmen der Massenverwaltung im Beitragsrecht schwerlich zu erfassen gewesen, es würden neue Fragen der Gleichbehandlung aufgeworfen. Aus diesen Gründen verstoße die gesetzliche Regelung weder gegen das Rechtsstaatsprinzip noch gegen das Sozialstaatsprinzip, wie auch das Bundessozialgericht in ständiger Rechtsprechung entschieden habe.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers vom 02.07.2004, mit der er wieder geltend macht, eine Mindestbemessungsgrundlage für Beiträge sei ungerecht, wenn dieser ein Einkommen zugrunde läge, das ein Mehrfaches des tatsächlichen Einkommens ausmache. Das Einkommen Selbständiger sei in der Beitragsgestaltung den Arbeitnehmern anzugleichen. Er habe im Juli 2004 Einnahmen erzielt etwa in Höhe des zu zahlenden Krankenkassenbeitrags.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts München vom 28.04.2004 aufzuheben und den Bescheid vom 06.04.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.05.2001, den Bescheid vom 30.01.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.04.2002 und den Bescheid vom 07.01.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.04.2003 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, zur Beitragsbemessung nur die tatsächlich erzielten Einkünfte heranzuziehen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden die Akten der Beklagten und des SG. Auf den Inhalt dieser Akten und die Sitzungsniederschrift wird im Übrigen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die frist- und formgerecht eingelegte Berufung, die nicht beschränkt ist, ist zulässig (§§ 143, 144 Abs.1 Satz 2, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG).

Die Berufung ist unbegründet.

Der Senat entscheidet im Rahmen seiner Zuständigkeit nur über die Beiträge aus dem Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung. Hinsichtlich der Beiträge zur Pflegeversicherung gilt der in der mündlichen Verhandlung geschlossene Vergleich.

Die Beitragsfestsetzung der Beklagten ist nicht zu beanstanden. Sie hat sich bei der Beitragseinstufung im streitigen Zeitraum zu Recht auf § 240 SGB V i.V.m. § 21 ihrer Satzung in den einschlägigen Fassungen gestützt. Nach § 240 Abs.1 SGB V wird für freiwillige Mitglieder die Beitragsbemessung durch die Satzung geregelt. Dabei ist sicherzustellen, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds berücksichtigt. Demgemäß regelt § 21 Abs.1 der Satzung, dass zu den beitragspflichtigen Einnahmen freiwilliger Mitglieder Arbeitsentgelt sowie alle Einnahmen und Geldmittel gehören, die für den Lebensunterhalt verbraucht werden oder verbraucht werden können, ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung bis zum kalendertäglichen Betrag der Beitragsbemessungsgrenze der Krankenversicherung. § 240 Abs.2 SGB V schreibt vor, dass die Satzung der Krankenkasse mindestens die Einnahmen des freiwilligen Mitglieds berücksichtigen muss, die bei einem vergleichbaren versicherungspflichtig Beschäftigten der Beitragsbemessung zugrunde zu legen sind. Eine Sonderregelung gilt für freiwillige Mitglieder, die, wie der Kläger, hauptberuflich selbständig erwerbstätig sind, gem. § 240 Abs.4 Satz 2 SGB V und § 21 Abs.2 b der Satzung der Beklagten. Für diesen Personenkreis gilt als beitragspflichtige Einnahmen für den Kalendertag der 30. Teil der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze (§ 223), bei Nachweis niedrigerer Einnahmen jedoch mindestens der 40. Teil der monatlichen Bezugsgröße. Änderungen der Beitragsbemessung aufgrund des vom Versicherten geführten Nachweises niedrigerer Einnahmen können nur zum ersten des auf die Vorlage dieses Nachweises folgenden Monats wirksam werden. Um diesen Fall geht es hier nicht, sondern allein um die Frage, ob die Beklagte bei der erstmaligen Beitragsfestsetzung von dem damals mitgeteilten bzw. aufgrund der Steuerbescheide festgestellten Arbeitseinkommen hätte ausgehen müssen.

Wie das SG zutreffend und ausführlich dargestellt hat, ist die genannte gesetzliche Regelung des § 240 Abs.1 Nr.2, 4 SGB V verfassungsgemäß; somit ist auch die inhaltsgleiche Satzungsregelung der Beklagten rechtlich einwandfrei.

Während bei versicherungspflichtig Beschäftigten bei der Beitragsmessung das Arbeitsentgelt, der Zahlbetrag der Rente bzw. der Versorgungsbezüge und unter bestimmten Voraussetzungen das Arbeitseinkommen berücksichtigt werden (§ 226 Abs.1 SGB V), ist bei den freiwillig Versicherten die Beitragsbemessung anders geregelt. Diese unterschiedliche Regelung der Beitragsbemessung zwischen Pflichtversicherten und freiwillig Versicherten verstößt aber nicht gegen den Gleichheitssatz (Art.3 Abs.1 Grundgesetz), weil zwischen den beiden Gruppen der Versicherten erhebliche ins Gewicht fallende Differenzierungsgründe bestehen, die eine Orientierung der Beitragseinstufung des Klägers an den Regelungen für Pflichtversicherte ausschließen. Die Gruppe der freiwillig Versicherten ist in ihrer Zusammensetzung wenig homogen. Sie beziehen Einkommen aus verschiedenen Quellen, wie z.B. Arbeitsentgelt, Arbeitseinkommen, Rente, Versorgungsbezüge, Einkünfte aus Vermietung oder Verpachtung, Kapitalerträge, Unterhalt, Vermögensverzehr, Sozialhilfeleistungen und zum Teil auch aus mehreren dieser Quellen. Der Gesetzgeber hat bei der Gestaltung der Beitragsbemessung nicht nur diesen Umstand, sondern auch das Verhältnis der freiwillig Versicherten zu den Pflichtversicherten der Krankenkasse zu berücksichtigen. Die freiwillige Versicherung ist in ein System eingegliedert, dessen Kern die Pflichtversicherung aufgrund entgeltlicher Beschäftigung bildet. Er muss insbesondere beachten, dass der leichte Zugang zur freiwilligen Versicherung und die Erhebung von unangemessen niedrigen Beiträgen nicht zu einem Versicherungsschutz auf Kosten der Pflichtversicherten führt. Andererseits darf der Personenkreis der freiwillig Versicherten finanziell nicht überfordert werden (Kasseler Kommentar-Peters, § 240 SGB V, Rdnr.3-6).

Die Fiktion von beitragspflichtigen Einnahmen durchbricht den Grundsatz, dass Beiträge nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (§ 240 Abs.1 Satz 2 SGB V), also nach tatsächlich vorhandenen Einnahmen, bemessen werden, damit auch einkommenslose Versicherte in einem gewissen Umfang ihren Krankenversicherungsschutz mitfinanzieren; das heißt § 240 Abs.4 Satz 2 SGB V (§ 21 Abs.2 b der Satzung der Beklagten) fingiert bei freiwillig versicherten Selbständigen höhere Beträge. Der Gesetzgeber hat durch die Formulierung "beitragspflichtige Einnahmen" bei dieser Sonderregelung für Selbständige klargestellt, dass bei der Beitragsbemessung nicht lediglich der nach den Vorschriften des Einkommenssteuerrechts ermittelte Gewinn aus einer selbständigen Tätigkeit (§ 15 SGB IV), sondern wie bei Arbeitnehmern die Bruttoeinnahmen zugrunde zu legen sind. § 240 Abs.4 Satz 2 nimmt grundsätzlich kalendertägliche Einnahmen in Höhe von einem Dreißigstel der Beitragsbemessungsgrenze und damit monatliche Einnahmen in Höhe der Beitragsbemessungsgrenze an. Der Nachweis niedrigerer Einnahmen ist zulässig, jedoch je Kalendertag nur bis zu einem Vierzigstel der monatlichen Bezugsgröße. Das führt zu einer Untergrenze monatlich beitragspflichtiger Einnahmen von 75 v.H. der monatlichen Bezugsgröße und entsprechend hohen Mindestbeiträgen. Der besondere Mindestbeitrag der Selbständigen darf wie der allgemeine Mindestbeitrag (§ 240 Abs.4 Satz 1 SGB V), für den Kalendertag mindestens der 90. Teil der monatlichen Bezugsgröße, nicht unterschritten oder von der Krankenkasse angehoben werden. Eine gesetzliche Ausnahme gilt lediglich durch Gesetz vom 23.12.2002 (BGBl I S.4621) ab 01.01.2003 für Existenzgründer, die Anspruch auf einen monatlichen Zuschuss nach § 421 Abs.1 Sozialgesetzbuch III (SGB III) haben. Zu diesem Personenkreis gehört der Kläger nicht. Die Einnahmen aus der selbständigen Tätigkeit sind nur nach dem Arbeitseinkommen im Sinne des § 15 SGB IV zu bestimmen. Dann ist die Mindesteinnahmengrenze des § 240 Abs.4 Satz 2 SGB V mit dem Grundgesetz vereinbar (Kasseler Kommentar, a.a.O., Rdnr.34).

Das BSG hat mit Urteil vom 26.09.1996 (SozR 3-2500 § 240 Nr.27 = BSGE 79, 133) unter anderem entschieden, dass die Mindesteinnahmengrenze des § 240 Abs.4 Satz 2 SGB V nicht gegen das Grundgesetz verstößt, insbesondere die Schlechterstellung der freiwillig Versicherten wegen der im allgemeinen größeren Schutzbedürftigkeit der Pflichtversicherten mit dem allgemeinen Gleichheitssatz zu vereinbaren ist. In Bezug auf die Pflichtversicherten, für die keine oder eine erheblich niedrigere Mindesteinnahmengrenze vorgesehen ist, hat das BSG mit dieser Begründung bereits früher festgestellt, dass die Schlechterstellung der freiwillig Versicherten mit dem allgemeinen Gleichheitssatz in Einklang steht (BSG vom 07.11.1991, BSGE 70, 13). Die dafür genannten Gründe gelten auch hinsichtlich der Mindesteinnahmengrenze des § 240 Abs.4 Satz 2 SGB V. Der Gesetzgeber hat nach generellen Merkmalen bestimmte und heute im Katalog des § 5 Abs.1 SGB V aufgeführte Personengruppen als besonders schutzwürdig angesehen und sie daher der Versicherungspflicht unterworfen. Demgegenüber sind die hauptberuflich selbständig Tätigen anhand ihres Arbeitseinkommens bei der Beitragsbemessung einzustufen. Es handelt sich hierbei um eine günstigere Bemessungsgrundlage als bei anderen Einkünften, weil der Gewinn gegenüber den Bruttoeinnahmen anderer Versicherter ein Nettowert ist. Er enthält nicht den Betrag der Betriebsausgaben, die den Werbungskosten eines Arbeitnehmers entsprechen und in ihm sind Abschreibungen für Abnutzung absetzbar. Die Unterschiede zwischen den Bruttoeinnahmen und dem Gewinn sind für die Beitragsbemessung von solcher Art und solchem Gewicht, dass sie die besondere Mindesteinnahmengrenze für hauptberuflich selbständig Erwerbstätige rechtfertigen. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber bei der Ordnung von Massenerscheinungen (wie z.B. bei der Sozialversicherung) generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen verwenden darf, ohne allein schon wegen der damit verbundenen Härten im Einzelfall gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen. Daraus und im Hinblick auf die fortwährenden schnellen Veränderungen des Arbeits-, Wirtschafts- und Finanzlebens ergibt sich für den Gesetzgeber eine weite Gestaltungsfreiheit.

Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 22.05.2001 (SozR 3-2500 § 240 Nr.39 = NJW 2001, 2786) entschieden, dass die Bemessungsgrenze für Beiträge hauptberuflich selbständig Erwerbstätiger, die freiwillige Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung sind (§ 240 Abs.4 Satz 2 Halbsatz 2 SGB V), verfassungsgemäß ist. Auch wenn hauptberuflich Selbständige bei Einnahmen unterhalb der in dieser Vorschrift vorgesehenen Mindestbemessungsgrenze mit einem - zum Teil erheblich - höheren Mindestbeitrag herangezogen werden als die sonstigen freiwilligen Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung, ist diese unterschiedliche Behandlung sachlich gerechtfertigt. Es hat, wie zuvor das BSG (Urteil vom 26.09.1996, a.a.O), darauf abgestellt, dass die Beitragsbemessung Selbständiger auf einer anderen, für die Versicherten grundsätzlich günstigeren Bemessungsgrundlage, dem sogenannten Nettoprinzip beruht, während für die Beiträge der sonstigen freiwilligen Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung das sogenannte Bruttoprinzip gilt. An diesen Unterschied durfte der Gesetzgeber anknüpfen, aber aus Gründen der Beitragsgerechtigkeit typisierend durch die Festsetzung einer besonderen Mindestbemessungsgrenze einen Ausgleich herbeiführen. Diese Regelung soll verhindern, dass das mit der Ausübung einer selbständigen Tätigkeit verbundene Unternehmerrisiko über die Beitragsbemessung partiell auf die Solidargemeinschaft der Pflichtversicherten überwälzt werden kann. Hinzu kommt, dass die Mindesteinnahmengrenze aus dem Gesichtspunkt der Beitragsgerechtigkeit und der Verwaltungspraktibilität gerechtfertigt ist. Das Bundesverfassungsgericht hat die unterschiedliche beitragsrechtliche Behandlung der Selbständigen und der Pflichtversicherten damit gerechtfertigt, dass bei geringen Einnahmen sich die Beiträge der Selbständigen an die durchschnittliche Beitragsbelastung der abhängig Beschäftigten annähern. Es hat die Anknüpfung an die Bezugsgröße ebensowenig beanstandet wie das Fehlen einer Härteklausel für die Beitragsbelastung der Selbständigen mit geringem Arbeitseinkommen.

Aufgrund dieser Vorgaben durch § 240 Abs.4 Satz 2 SGB V (§ 21 der Satzung der Beklagten) hat sie entsprechend den vom Kläger angegebenen Einnahmen der Beitragsbemessung mindestens den 40. Teil der monatlichen Bezugsgröße zugrundegelegt. Damit ist die Beitragsbemessung anhand der Mindestbemessungsgrenze, die über dem angegebenen monatlichen Arbeitseinkommen des Klägers liegt, rechtlich nicht zu beanstanden.

Der Kläger ist gem. § 240 Abs.4 Satz 2 SGB V dem Personenkreis der hauptberuflich selbständig Erwerbstätigen zuzurechnen. Dies sind gem. § 5 Abs.5 SGB V versicherungsfrei selbständig Tätige, deren Erwerbstätigkeit auf Gewinnerzielung gerichtet ist. Dass das Einkommen gering ist oder zu Verlusten führt, schließt die Annahme der hauptberuflich selbständigen Erwerbstätigkeit nicht aus. Das Merkmal der Hauptberuflichkeit ist im vorliegenden Fall schon deswegen erfüllt, da weder vom Kläger angegeben worden, noch den vorliegenden Unterlagen zu entnehmen ist, dass er eine weitere Tätigkeit ausübt. Er ist nach seinen Angaben als freiberuflicher Steuerberater tätig, erzielt aber nur geringe Einkünfte aus der Berufstätigkeit. Die dem Lebensunterhalt dienenden weiteren Einkünfte des Klägers aus Kapitalvermögen und Vermietung und Verpachtung beruhen nicht auf einer Tätigkeit; jedenfalls ist nicht ersichtlich, dass der Kläger einer zusätzlichen Tätigkeit nachgeht. Gegebenenfalls würde auch hier die Mindestbeitragsbemessungsregelung des § 240 Abs.4 Satz 2 SGB V gelten.

Die Beklagte hat damit zu Recht die Beiträge nach dem 40. Teil der monatlichen Bezugsgröße berechnet. Der Kläger hat im streitigen Zeitraum Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit, Vermietung und Verpachtung und Kapitalvermögen erzielt; im Jahr 2001 hat er diese Einkünfte mit insgesamt 21.699,00 DM angegeben, d.h. mit monatlich 1.808,25 DM. Sie liegen unterhalb der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze von 6.525,00 DM, so dass auf den 40. Teil der monatlichen Bezugsgröße (4.480,00 DM) für die Beitragsbemessung abzustellen ist; das Zwischenergebnis 112,00 DM multipliziert mit 30 ergibt die monatliche Beitragsbemessungsgrundlage (3.360,00 DM) Im Jahr 2002 hat er angeblich nur Einkünfte in Höhe von 11.276,00 DM erzielt, also monatlich 939,66 DM. Dieser Betrag liegt unter der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze von 3.375,00 Euro. Der Beitragsbemessung ist somit gleichfalls der 40. Teil der monatlichen Bezugsgröße für einen Monat zugrundezulegen (1.758,75 Euro). Der Kläger hat für das Jahr 2003 auf den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2000 Bezug genommen, wonach der Gesamtbetrag der Einkünfte 15.352,00 DM ausmacht, monatlich also 1.279,33 DM. Dieser Betrag liegt ebenfalls unterhalb der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze von 3.825,00 Euro in der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 223 SGB V). Die Beklagte musste somit auch in diesem Jahr von der monatlichen Bezugsgröße (2.380,00 Euro: 40 = 59,50 Euro) ausgehen. Dieser Betrag multipliziert mit 30 (1.785,00 Euro) ergibt die Grundlage für die Bemessung der Krankenversicherungsbeiträge.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs.2 Nr.2, 3 SGG).
Rechtskraft
Aus
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