L 4 KR 83/03

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 3 KR 9/01
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KR 83/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 26. Februar 2003 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen. -

Tatbestand:

Streitig ist die Höhe der Beiträge in der freiwilligen Krankenversicherung vom 15.03.2000 bis 31.07.2002.

Der 1972 geborene Kläger war bei der Beklagten seit 1997 freiwillig versichert. Er teilte ihr am 13.03.2000 mit, dass er sich am 15.03.2000 als Rechtsanwalt selbständig mache, in den ersten zwei Jahren wegen der Anlaufphase voraussichtlich keine Gewinne erziele und deshalb um Festsetzung des Mindestbetrags bitte. Mit Bescheid vom 14.03.2000 setzte die Beklagte den Beitrag in der freiwilligen Krankenversicherung vom 13.03. 2000 an (ohne Anspruch auf Krankengeld) mit 420,00 DM fest.

Der Kläger beantragte am 29.09.2000, die Beiträge zur Krankenversicherung auf einen Betrag von 200,00 DM pro Monat festzusetzen und außerdem die Befreiung von allen Zuzahlungen unter Beifügung einer Gewinn- und Verlustrechnung für das laufende Kalenderjahr (Investitionen 7.775,00 DM, laufende Kosten 18.908,58 DM und Einnahmen 13.908,56 DM); der Verlust wurde mit 12.748,88 DM angegeben. Er legte am 03.10.2000 gegen den Beitragsbescheid vom 14.03.2000 Widerspruch ein, wobei er wieder auf den Verlust aus seiner selbständigen Tätigkeit als Rechtsanwalt in Höhe von 12.748,88 DM hinwies; die Beiträge zur Krankenversicherung seien auf 187,50 DM festzusetzen. Die Beklagte setzte mit dem Beitragsbescheid vom 15.11.2000 die Beiträge ab 15.03.2000 wieder mit insgesamt 420,00 DM fest.

Sie wies mit dem Widerspruchsbescheid vom 13.12.2000 den Widerspruch zurück. Auch wenn der Kläger bislang keinen Gewinn, sondern Verluste erzielt hätte, bestimme die gesetzliche Regelung als unterste Grenze der Beitragsbemessung den 40. Teil der monatlichen Bezugsgröße. Daraus ergebe sich eine monatliche Mindestmessungsgrundlage von 3.360,00 DM mit der Folge, dass die Beitragsfestsetzung nicht zu beanstanden sei. Mit der Gewinn- und Verlustrechnung für das Jahr 2000 hat der Kläger einen Verlust aus seiner anwaltlichen Tätigkeit von 2.876,76 DM angegeben.

Er hat am 03.01.2001 beim Sozialgericht München (SG) Klage erhoben und geltend gemacht, der Beitrag in der Krankenversicherung sei mit 187,50 DM festzusetzen. Seine durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit betrage etwa zehn Stunden, so dass er nicht mehr als hauptberuflich selbständig Erwerbstätiger behandelt werden dürfe. Überdies sei die gesetzliche Regelung verfassungswidrig; sie berücksichtige nicht Härtefälle, die Schlechterstellung gegenüber den Pflichtversicherten mit geringem Einkommen sowie gegenüber Künstlern und Publizisten. Ferner stelle sie einen mittelbaren Eingriff in die Freiheit der Berufswahl dar. Zusammen mit der Zahlung für die Altersversorgung in der Rechtsanwaltsversorgungskammer würden nicht zu erwirtschaftende Beiträge von ihm als Berufsanfänger gefordert. Ferner verletze die gesetzliche Regelung die allgemeine wirtschaftliche Betätigungsfreiheit sowie das Sozialstaatsprinzip.

Die Beklagte hat mit dem Beitragsbescheid vom 08.01.2001 die Beiträge in der freiwilligen Krankenversicherung ab 01.01.2001 mit 433,44 DM festgesetzt.

Der Kläger hat ab März 2001 nach den Angaben seiner Großmutter (E. B.) einen monatlichen Unterhalt von 750,00 DM von ihr erhalten; er hat nach dem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2000 negative Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit (- 2.877,00 DM) versteuert. Mit dem Befreiungsbescheid vom 27.09.2001 ist er von Zuzahlungen und Eigenanteilen vollständig befreit worden. Er hat im Jahr 2001 nach der vorgelegten Gewinn- und Verlustrechnung einen Gewinn von 1.646,34 EUR erzielt. Die Beklagte hat mit dem Beitragsbescheid vom "Januar 2002" ab 01.01.2002 die Beiträge mit 237,46 EUR festgesetzt.

Ab März 2002 hat der Kläger zusätzlich nach der Bescheinigung seines Vaters einen monatlichen Unterhalt von 1.025,00 EUR erhalten. Er hat nach dem Einkommensteuerbescheid für 2001 in diesem Jahr Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von 4.315,00 DM versteuert.

In der mündlichen Verhandlung am 19.06.2002 hat die Beklagte einen Abdruck der Internetseite der "Rechtsanwaltskanzlei K." übergeben, wonach der Kläger in einer Bürogemeinschaft mit drei anderen Anwälten arbeitet. Seine Bürozeiten sind mit Montag bis Freitag 9.00 bis 18.00 Uhr angegeben. Das SG hat ihm aufgegeben, Tätigkeitsnachweise vorzulegen. Nach Angaben der in der Bürogemeinschaft tätigen Sekretärin (A. B.) hat der Kläger im Durchschnitt nicht mehr als halbtags gearbeitet, etwa 15 Stunden wöchentlich. Die Rechtsanwaltskammer für den Oberlandesgerichtsbezirk München hat mit Bescheid vom 18.07.2002 aufgrund eines Verzichts des Klägers die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft mit Ablauf des 31.07.2002 widerrufen. Die Beklagte hat mit dem Beitragsbescheid vom 30.07.2002 die Beiträge ab 01.08.2002 auf 105,54 EUR ermäßigt. In der Gewinn- und Verlustrechnung vom 26.06.2002 hat er für das erste Halbjahr 2002 einen Gewinn von 1.150,15 EUR angegeben.

Das SG hat mit Urteil vom 26.02.2003 die Klage abgewiesen. Der Beitragsbemessung in der Krankenversicherung und Pflegeversicherung sei mindestens der 40. Teil der monatlichen Bezugsgröße zugrunde zu legen. Der Kläger habe keinen Einblick in Art und Umfang der anwaltschaftlichen Tätigkeit ermöglicht. Auch wenn er seinen Lebensunterhalt in erster Linie durch Unterhaltsleistungen von Eltern und Großmutter und nur zum geringsten Teil durch selbständige anwaltschaftliche Tätigkeit bestreite, bestimme sich seine Beitragsbemessung als hauptberuflich selbständig Erwerbstätiger nach dieser Regelung. Die Regelung sei, wie das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 22.05.2001 entschieden habe, mit dem Grundgesetz vereinbar. Der Gesetzgeber dürfe dafür Sorge tragen, dass die Solidargemeinschaft für den Versicherungsschutz der freiwillig Versicherten bei geringem wirtschaftlichen Erfolg nicht über Gebühr belastet werde. Im Übrigen vermeide die Bemessung nach fiktiven Mindesteinnahmen, dass sich praktische Schwierigkeiten bei der Ermittlung des Arbeitseinkommens ergäben. Der Gesetzgeber könne aus Gründen der Beitragsgerechtigkeit und der Verwaltungspraktikabilität eine Mindesteinnahmegrenze festsetzen, um diese Unsicherheiten zu vermeiden.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers vom 26.03.2003, mit der er wieder geltend macht, die gesetzliche Grundlage für die Beitragsbemessung sei verfassungswidrig. Er habe keine hauptberuflich selbständige Tätigkeit als Rechtsanwalt ausgeübt, seine durchschnittliche Arbeitszeit habe wöchentlich etwa 15 Stunden betragen. Er habe auch die vom SG angeforderten Unterlagen in Form von Gewinn- und Verlustrechnungen vorgelegt. Seit Oktober 2003 ist er wieder als Rechtsanwalt in E. zugelassen.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts München vom 26.02.2003 aufzuheben und die Bescheide der Beklagten vom 1.03. und 15.11. 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.12. 2000, die Bescheide vom 08.01.2001 und Januar 2002 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, für die Zeit vom 15.03.2000 bis 31.07.2000 bei der Beitragsbemessung die tatsächlichen Einnahmen zugrunde zu legen, sowie die Beklagte zu verurteilen, die Kosten für die Zuziehung eines Rechtsanwalts im Widerspruchsverfahren zu übernehmen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden die Akten der Beklagten und des SG. Auf den Inhalt dieser Akten und die Sitzungsniederschrift wird im Übrigen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die frist- und formgerecht eingelegte Berufung (§ 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist zulässig. Da sie wiederkehrende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft, bedarf sie nicht der Zulassung (§ 144 Abs.1 Satz 2 SGG).

Die Berufung ist unbegründet.

Die Beklagte hat sich bei der Beitragseinstufung des Klägers im streitigen Zeitraum zu Recht auf § 240 Abs.4 Satz 2 Sozialgesetzbuch V (SGB V) gestützt. Die Regelung des § 240 Abs.4 Satz 1 SGB V, wonach als beitragspflichtige Einnahmen für den Kalendertag mindestens der 90. Teil der monatlichen Bezugsgröße gilt, ist für den Kläger nicht anzuwenden. Diese allgemeine Mindesteinnahmen-Regelung gilt dann nicht, wenn die Sonderregelungen des § 240 Abs.4 Sätze 2 bis 4, Abs.4a SGB V anzuwenden sind, d.h. eine Mindestgrenze beitragspflichtiger Einnahmen vorsehen (Kasseler Kommentar-Peters, § 240 SGB V, Rdnr.32). § 240 Abs.4 Satz 2 SGB V, enthält eine Sonderregelung für freiwillige Mitglieder, die hauptberuflich selbständig erwerbstätig sind. Für diesen Personenkreis gilt als beitragspflichtige Einnahmen für den Kalendertag der 30. Teil der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze (§ 223 SGB V), bei Nachweis niedrigerer Einnahmen jedoch mindestens der 40. Teil der monatlichen Bezugsgröße. Damit fingiert der erste Teil dieser Vorschrift grundsätzlich kalendertägliche Einnahmen in Höhe von einem Dreißigstel der Beitragsbemessungsgrenze und damit monatliche Einnahmen in Höhe der Beitragsbemessungsgrenze. Das führt zu Höchstbeiträgen als Regel. Der Nachweis niedrigerer Einnahmen ist zulässig, jedoch pro Kalendertag nur bis zu einem Vierzigstel der monatlichen Bezugsgröße. Das führt zu einer Untergrenze monatlich beitragspflichtiger Einnahmen von 75 v.H. der monatlichen Bezugsgröße und entsprechend hohen Mindestbeiträgen § 240 Abs.2 SGB V schreibt für die Bemessungsgrundlage außerdem vor, dass die Satzung der Krankenkasse mindestens die Einnahmen des freiwilligen Mitglieds berücksichtigen muss, die bei einem vergleichbaren versicherungspflichtig Beschäftigten der Beitragsbemessung zugrunde zu legen sind. Satz 2 dieser Vorschrift verweist wieder auf § 223 SGB V. Die Beklagte hat eine entsprechende Satzungsregelung in § 21 (Sonderregelung über beitragspflichtige Einnahmen) in den hier einschlägigen Fassungen erlassen. Nach § 21 Abs.2b der Satzung hat sie für hauptberuflich Selbständige die gleiche Beitragsbemessungsgrundlage geregelt wie in § 240 Abs.4 Satz 2 SGB V.

Der Kläger ist im streitigen Zeitraum als Rechtsanwalt in einer Bürogemeinschaft hauptberuflich selbständig erwerbstätig gewesen. Es gelten hier die gleichen Kriterien wie in § 5 Abs.5 SGB V (Kasseler Kommentar, a.a.O., Rdnr.34). Danach besteht Versicherungspflicht in den genannten Berufstätigkeiten nicht, wenn eine hauptberuflich selbständige Erwerbstätigkeit vorliegt. Das Bundessozialgericht (BSG) hat hierzu im Urteil vom 26.09.1996 (SozR 3-2500 § 240 Nr.27 = BSGE 79, 133) im Falle eines selbständigen Rechtsanwalts im Aufbaustadium, also wie im vorliegenden Fall, entschieden, dass eine solche Erwerbstätigkeit nach den Motiven des Gesetzgebers (BT-Drucksache 11/2237 S.159) vorliegt, wenn sie von der wirtschaftlichen Bedeutung und dem zeitlichen Aufwand her die übrigen Erwerbstätigkeiten zusammen deutlich übersteigt und den Mittelpunkt der Erwerbstätigkeit bildet. Ferner hat das BSG hier entschieden, dass die Mindesteinnahmengrenze des § 240 Abs.4 Satz 2 SGB V mit dem Grundgesetz vereinbar ist und dass der Gesetzgeber verfassungsrechtlich nicht verpflichtet war, bei Berufsanfängern eine Beitragsermäßigung vorzusehen.

Auch wenn hier eine Abgrenzung zu anderen Erwerbstätigkeiten nicht nötig ist, da der Kläger derartige Tätigkeiten im streitigen Zeitraum nicht ausgeübt hat - dies ist allerdings schon ein Indiz für die Hauptberuflichkeit der Rechtsanwaltstätigkeit -, kommt es darauf an, ob die selbständige Tätigkeit als Rechtsanwalt von der wirtschaftlichen Bedeutung und vom zeitlichen Aufwand her der Mittelpunkt der Erwerbstätigkeit des Klägers gewesen ist. Dies kann dann zu verneinen sein, wenn ein Selbständiger über einen längeren Zeitraum laufende Hilfe zum Lebensunterhalt bezieht (BSG a.a.O.); jedenfalls, wenn die Sozialhilfe das Arbeitseinkommen und die übrigen beitragspflichtigen Einnahmen übersteigt, kann die Annahme einer Erwerbstätigkeit mangels Gewinnerzielungsabsicht ausscheiden. Anhaltspunkte für den Bezug von Sozialhilfe sind hier nicht ersichtlich und der Kläger hat einen entsprechenden Leistungsbezug auch nicht geltend gemacht.

Es kommt hier darauf an, dass die Erwerbstätigkeit des Klägers als Rechtsanwalt, d.h. die von ihm gegründete Kanzlei, auf eine hauptberuflich selbständige Erwerbstätigkeit hin ausgerichtet war und nicht, ob der Arbeitsumfang im Aufbaustadium der Kanzlei aufgrund der geringen Zahl der Mandate nur einen durchschnittlichen 15-stündigen Arbeitseinsatz pro Woche erfordert hat, wie die Sekretärin des Klägers am 21.06.2002 bescheinigt hat. Zwar kann der Beruf eines Rechtsanwalts auch nebenberuflich oder zugleich mit einem anderen Beruf ausgeübt werden (§§ 2 Nr.8, 14 Abs.1 Nr.9, 46 Bundesrechtsanwaltsordnung). Aber die eingeschränkte Arbeitszeit des Klägers beruhte wohl auf einer für eine Vollzeittätigkeit nicht ausreichenden Zahl von gewinnbringenden Mandaten; denn der Kläger hatte mit den üblichen Bürozeiten geworben.

Für die Hauptberuflichkeit der Anwaltstätigkeit des Klägers im streitigen Zeitraum spricht außerdem, dass er die Zulassung als Rechtsanwalt erhalten hat und damit der Rechtsanwaltsversorgung beigetreten ist. Er hat sich selbständig gemacht, in einer Bürogemeinschaft eigene Räume angemietet und sich in dieser Gemeinschaft mit den anderen Anwälten die Arbeitskraft einer Sekretärin geteilt. Aus den vorgelegten Gewinn- und Verlustrechnungen ergibt sich ferner, dass er die typischen betrieblichen Investitionen getätigt und die laufenden Aufwendungen hatte, wie sie bei einem selbständigen Rechtsanwalt normalerweise anfallen (Büroeinrichtungen, juristische Literatur, Büromaterial, Computer). Schließlich spricht für die hauptberuflich selbständige Erwerbstätigkeit des Klägers, dass er im Internet mit Bürozeiten von Montag bis Freitag 9.00 bis 18.00 Uhr geworben hat. Diese Öffnungszeiten entsprechen den üblichen Büro- bzw. Praxiszeiten freiberuflicher Tätigkeiten (Ärzte, Rechtsanwälte, Steuerberater).

Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger im ersten Jahr negative und in den folgenden beiden Jahren nur geringfügige Einkünfte aus seiner selbständigen Erwerbstätigkeit erzielt hat. Denn es kommt hier nur auf die Gewinnerzielungsabsicht an, die bei anfänglichen oder zwischenzeitlichen Verlusten nicht entfällt. Ebenso wenig schadet es, dass er ab dem Jahr 2001 von seiner Familie (Großmutter, Vater) finanziell unterstützt worden ist. Denn es handelt sich hierbei um finanzielle Leistungen im familiären Bereich, die an der Gewinnerzielungsabsicht in seinem Beruf als Rechtsanwalt nichts geändert haben.

Der Senat hat keine Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Grundlage der Beitragseinstufung (§ 240 Abs.4 Satz 2 SGB V), so dass auch die inhaltsgleiche Satzungsregelung der Beklagten (§ 21 Abs.2b) unter diesem Gesichtspunkt nicht zu beanstanden ist.

Während bei versicherungspflichtig Beschäftigten bei der Beitragsmessung das Arbeitsentgelt, der Zahlbetrag der Rente bzw. der Versorgungsbezüge und unter bestimmten Voraussetzungen das Arbeitseinkommen berücksichtigt werden (§ 226 Abs.1 SGB V), ist bei den freiwillig Versicherten die Beitragsbemessung anders geregelt. Diese unterschiedliche Regelung der Beitragsbemessung zwischen Pflichtversicherten und freiwillig Versicherten verstößt aber nicht gegen den Gleichheitssatz (Art.3 Abs.1 Grundgesetz), weil zwischen den beiden Gruppen der Versicherten erhebliche ins Gewicht fallende Differenzierungsgründe bestehen, die eine Orientierung der Beitragseinstufung des Klägers an den Regelungen für Pflichtversicherte ausschließen. Die Gruppe der freiwillig Versicherten ist in ihrer Zusammensetzung wenig homogen. Sie beziehen Einkommen aus verschiedenen Quellen, wie z.B. Arbeitsentgelt, Arbeitseinkommen, Rente, Versorgungsbezüge, Einkünfte aus Vermietung oder Verpachtung, Kapitalerträge, Unterhalt, Vermögensverzehr, Sozialhilfeleistungen und zum Teil auch aus mehreren dieser Quellen. Der Gesetzgeber hat bei der Gestaltung der Beitragsbemessung nicht nur diesen Umstand, sondern auch das Verhältnis der freiwillig Versicherten zu den Pflichtversicherten der Krankenkasse zu berücksichtigen. Die freiwillige Versicherung ist in ein System eingegliedert, dessen Kern die Pflichtversicherung aufgrund entgeltlicher Beschäftigung bildet. Er muss insbesondere beachten, dass der leichte Zugang zur freiwilligen Versicherung und die Erhebung von unangemessen niedrigen Beiträgen nicht zu einem Versicherungsschutz auf Kosten der Pflichtversicherten führt. Andererseits darf der Personenkreis der freiwillig Versicherten finanziell nicht überfordert werden (Kasseler Kommentar-Peters, § 240 SGB V, Rdnr.3-6).

Die Fiktion von beitragspflichtigen Einnahmen durchbricht den Grundsatz, dass Beiträge nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (§ 240 Abs.1 Satz 2 SGB V), also nach tatsächlich vorhandenen Einnahmen, bemessen werden, damit auch einkommenslose Versicherte in einem gewissen Umfang ihren Krankenversicherungsschutz mitfinanzieren; d.h. § 240 Abs.4 Satz 2 SGB V (§ 21 Abs.2 b der Satzung der Beklagten) fingiert bei freiwillig versicherten Selbständigen höhere Einnahmen. Der Gesetzgeber hat durch die Formulierung "beitragspflichtige Einnahmen" bei dieser Sonderregelung für Selbständige klargestellt, dass bei der Beitragsbemessung nicht lediglich der nach den Vorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinn aus einer selbständigen Tätigkeit (§ 15 SGB IV), sondern wie bei Arbeitnehmern die Bruttoeinnahmen zugrunde zu legen sind. § 240 Abs.4 Satz 2 fingiert grundsätzlich kalendertägliche Einnahmen in Höhe von einem Dreißigstel der Beitragsbemessungsgrenze und damit monatliche Einnahmen in Höhe der Beitragsbemessungsgrenze. Der Nachweis niedrigerer Einnahmen ist zulässig, jedoch pro Kalendertag nur bis zu einem Vierzigstel der monatlichen Bezugsgröße. Das führt zu einer Untergrenze monatlich beitragspflichtiger Einnahmen von 75 v.H. der monatlichen Bezugsgröße und entsprechend hohen Mindestbeiträgen. Der besondere Mindestbeitrag der Selbständigen darf wie der allgemeine Mindestbeitrag (§ 240 Abs.4 Satz 1 SGB V) für den Kalendertag (mindestens der 90. Teil der monatlichen Bezugsgröße) nicht unterschritten oder von der Krankenkasse angehoben werden. Eine gesetzliche Ausnahme gilt lediglich durch Gesetz vom 23.12.2002 (BGBl.I S.4621) ab 01.01.2003 für Existenzgründer, die Anspruch auf einen monatlichen Zuschuss nach § 421 Abs.1 Sozialgesetzbuch III (SGB III) haben; es ist nicht ersichtlich, dass der bereits am 15.05.2002 bei der Beklagten ausgeschiedene Kläger zu diesem Personenkreis gehört hat. Die Einnahmen aus der selbständigen Tätigkeit sind nur nach dem Arbeitseinkommen im Sinne des § 15 SGB IV zu bestimmen. Dann ist die Mindesteinnahmengrenze des § 240 Abs.4 Satz 2 SGB V mit dem Grundgesetz vereinbar (Kasseler Kommentar, a.a.O., Rdnr.34).

Das BSG hat mit Urteil vom 26.09.1996 (SozR 3-2500 § 240 Nr.27 = BSGE 79, 133) unter anderem entschieden, dass die Mindesteinnahmengrenze des § 240 Abs.4 Satz 2 SGB V nicht gegen das Grundgesetz verstößt, insbesondere die Schlechterstellung der freiwillig Versicherten wegen der im allgemeinen größeren Schutzbedürftigkeit der Pflichtversicherten mit dem allgemeinen Gleichheitssatz zu vereinbaren ist. In Bezug auf die Pflichtversicherten, für die keine oder eine erheblich niedrigere Mindesteinnahmengrenze vorgesehen ist, hat das BSG mit seiner Begründung bereits früher festgestellt, dass die Schlechterstellung der freiwillig Versicherten mit dem allgemeinen Gleichheitssatz in Einklang steht (BSG vom 07.11.1991, BSGE 70, 13). Die dafür genannten Gründe gelten auch hinsichtlich der Mindesteinnahmengrenze des § 240 Abs.4 Satz 2 SGB V. Der Gesetzgeber hat nach generellen Merkmalen bestimmte und im Katalog des § 5 Abs.1 SGB V aufgeführte Personengruppen als besonders schutzwürdig angesehen und sie daher der Versicherungspflicht unterworfen. Demgegenüber sind die hauptberuflich selbständig Tätigen anhand ihres Arbeitseinkommens bei der Beitragsbemessung einzustufen. Es handelt sich hierbei um eine günstigere Bemessungsgrundlage als bei anderen Einkünften, weil der Gewinn gegenüber den Bruttoeinnahmen anderer Versicherter ein Nettowert ist. Er enthält nicht den Betrag der Betriebsausgaben, die den Werbungskosten eines Arbeitnehmers entsprechen und in ihm sind Abschreibungen für Abnutzung absetzbar. Die Unterschiede zwischen den Bruttoeinnahmen und dem Gewinn sind für die Beitragsbemessung von solcher Art und solchem Gewicht, dass sie die besondere Mindesteinnahmengrenze für hauptberuflich selbständig Erwerbstätige rechtfertigen. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber bei der Ordnung von Massenerscheinungen (wie z.B. bei der Sozialversicherung) generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen verwenden darf, ohne allein schon wegen der damit verbundenen Härten im Einzelfall gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen. Daraus und im Hinblick auf die fortwährenden schnellen Veränderungen des Arbeits-, Wirtschafts- und Finanzlebens ergibt sich für den Gesetzgeber eine weite Gestaltungsfreiheit.

Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 22.05.2001 (SozR 3-2500 § 240 Nr.39 = NJW 2001, 2786) entschieden, dass die Bemessungsgrenze für Beiträge hauptberuflich selbständig Erwerbstätiger, die freiwillige Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung sind (§ 240 Abs.4 Satz 2 Halbsatz 2 SGB V), verfassungsgemäß ist. Auch wenn hauptberuflich Selbständige bei Einnahmen unterhalb der in dieser Vorschrift vorgesehenen Mindestbemessungsgrenze mit einem - zum Teil erheblich - höheren Mindestbeitrag herangezogen werden als die sonstigen freiwilligen Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung, ist diese unterschiedliche Behandlung sachlich gerechtfertigt. Es hat, wie zuvor das BSG (Urteil vom 26.09.1996, a.a.O), darauf abgestellt, dass die Beitragsbemessung Selbständiger auf einer anderen, für die Versicherten grundsätzlich günstigeren Bemessungsgrundlage, dem sogenannten Nettoprinzip beruht, während für die Beiträge der sonstigen freiwilligen Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung das sogenannte Bruttoprinzip gilt. An diesen Unterschied durfte der Gesetzgeber anknüpfen, aber aus Gründen der Beitragsgerechtigkeit typisierend durch die Festsetzung einer besonderen Mindestbemessungsgrenze einen Ausgleich herbeiführen. Diese Regelung soll verhindern, dass das mit der Ausübung einer selbständigen Tätigkeit verbundene Unternehmerrisiko über die Beitragsbemessung partiell auf die Solidargemeinschaft der Pflichtversicherten überwälzt werden kann. Hinzu kommt, dass die Mindesteinnahmengrenze aus dem Gesichtspunkt der Beitragsgerechtigkeit und der Verwaltungspraktikabilität gerechtfertigt ist. Das Bundesverfassungsgericht hat die unterschiedliche beitragsrechtliche Behandlung der Selbständigen und der Pflichtversicherten damit gerechtfertigt, dass bei geringen Einnahmen sich die Beiträge der Selbständigen an die durchschnittliche Beitragsbelastung der abhängig Beschäftigten annähern. Es hat die Anknüpfung an die Bezugsgröße ebenso wenig beanstandet, wie das Fehlen einer Härteklausel für die Beitragsbelastung der Selbständigen mit geringem Arbeitseinkommen.

Aufgrund dieser Vorgaben durch § 240 Abs.4 Satz 2 SGB V (§ 21 der Satzung der Beklagten) hat sie entsprechend den vom Kläger geführten Nachweisen seiner Einnahmen der Beitragsbemessung mindestens den 40. Teil der monatlichen Bezugsgröße zugrunde gelegt. Damit ist die Beitragsbemessung anhand der Mindestbemessungsgrenze, die über dem nachgewiesenen monatlichen Arbeitseinkommen des Klägers liegt, rechtlich nicht zu beanstanden.

Die Beklagte hat in Anwendung der Satzungsbestimmung (§ 21 Abs.2b) und des § 240 Abs.4 Satz 2 SGB V bei der Beitragsbemessung zu Recht den 40. Teil der monatlichen Bezugsgröße herangezogen. Der Kläger hat aufgrund der vorgelegten Gewinn- und Verlustrechnung und des Einkommensteuerbescheides für das Jahr 2001 aus seiner hauptberuflich selbständigen Tätigkeit als Rechtsanwalt im Jahr 2000 - 2.876,76 DM (monatlich - 239,73 DM), im Jahr 2001 4.315,00 DM (monatlich 359,58 DM) und im Jahr 2002 im ersten Halbjahr 1.150,15 EUR (monatlich 191,69 EUR) erzielt. Für den Kalendertag lagen diese Einkünfte jeweils unterhalb der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze für das Jahr 2000 (215,00 DM), 2001 (217,50 DM) und 2002 (112,50 EUR), so dass der Beitragsbemessung der 40. Teil der monatlichen Bezugsgröße zugrunde zu legen war. Die entsprechenden Werte betragen für die Jahre 2000 und 2001 4.480,00 DM und für das Jahr 2002 2.345,00 EUR.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Außergerichtliche Kosten, hierunter fallen auch die Kosten des Widerspruchsverfahrens, sind nach dem Verfahrensausgang nicht zu erstatten.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs.2 Nrn.1, 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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