L 12 KA 24/99

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 33 KA 1721/96
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 12 KA 24/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts München vom 17. Dezember 1998 abgeändert. Der Bescheid der Beklagten vom 18. Januar 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Oktober 1996 und des Bescheides vom 25. März 1998 werden aufgehoben, soweit darin die Honorarabrechnung des Klägers für das 1. und 2. Quartal 1992 sachlich-rechnerisch richtig gestellt und ein Betrag von DM 112.833,33 zurückgefordert wurde. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat dem Kläger 1/10 seiner außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge, der Kläger der Beklagten 9/10 ihrer Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte berechtigt war, die Honorarabrechnungen des Klägers für die Quartale 3/91 bis 2/94 nachträglich, d.h. nach Erlass der Honorarbescheide, wegen des zweifachen Ansatzes von Leistungen nach Nr.115 BMÄ/ E-GO sachlich-rechnerisch richtig zu stellen und das an den Kläger überzahlte Honorar in Höhe von DM 1.134.943,44 zurückzufordern.

Der Kläger leitete im streitigen Zeitraum die Abteilung für pädiatrische Genetik der Kinderpoliklinik der Ludwigs-Maximilians-Universität München. Er nahm im streitigen Zeitraum als zur Durchführung humangenetischer Begutachtung und zytogenetische Untersuchungen ermächtigter Arzt an der kassen-/vertragsärztlichen Versorgung teil und rechnete in diesem Zeitraum bei der mehrfachen Chromosomenanalyse aus Amnionzellen, die bei einer Fruchtwasserentnahme gewonnen wurden, die Leistungen nach Nr.115 BMÄ/E-GO doppelt ab. Die doppelte Abrechnung wurde von der Beklagten vergütet, teilweise erst auf Widerspruch hin nach vorheriger Richtigstellung. Mit Urteil vom 1. Februar 1995 (Az.: 6 RKa 10/94) entschied das Bundessozialgericht, dass die Leistung nach Nr.115 BMÄ/E-GO bei der mehrfachen Chromosomenanalyse der bei einer Fruchtwasserentnahme gewonnenen Amnionzellen nur einmal abgerechnet werden könne.

Gestützt auf dieses Urteil stellte die Beklagte mit Bescheid vom 18. Januar 1996 die Abrechnungen für die Quartale 1/91 bis 2/94 richtig und setzte für diesen Zeitraum unter Berücksichtigung der Verwaltungskosten einen Betrag von insgesamt DM 1.277.210,21 ab. Sie kündigte an, dass sie die Rückforderung mit den künftigen Restzahlungen eines jeden Quartals aufrechnen und dabei jeweils eine Verrechnung in Höhe von DM 50.000 vornehmen werde. Sie fügte dem Bescheid eine Anlage bei, aus der das jeweilige Quartal, die Kassenart, die Anzahl der richtiggestellten Fälle sowie der Absetzungsbetrag in DM zu entnehmen ist.

Zur Begründung seines dagegen eingelegten Widerspruchs wies der Kläger darauf hin, dass am 16. November 1993 zwischen dem damaligen Vorsitzenden der Bezirksstelle München Stadt und Land, Herrn Dr ... , dem Vorsitzenden des Berufsverbandes der niedergelassenen Humangenetiker, Herr Dr ... und ihm ein Gespräch stattgefunden habe, in der die pränatale Diagnostik aus zwei Kulturen und zwei Chromosomenanalysen diskutiert worden sei. Dabei sei von Dr ... mitgeteilt worden, dass der medizinisch zwingend vorgeschriebene doppelte Ansatz ohne Vorbehalt auch doppelt abgerechnet werden könne, bis eine anders lautende gerichtliche Entscheidung vorläge. Es habe Einigkeit darüber bestanden, dass die im EBM vorgesehene Punktezahl für die einfache Abrechnung keinesfalls auch nur die Sachkosten für den medizinisch notwendigen Doppelansatz decke. Er habe sich auf diese Aussage verlassen. Als eine gerichtliche Entscheidung im Sommer 1994 in dem Sinne erfolgt sei, dass der medizinisch notwendige Doppelansatz nicht abgerechnet werden könne, seien diese Abrechnungen unterblieben. Der ab 1. Januar 1996 geltende neue EBM habe dem Doppelansatz insofern Rechnung getragen, als die Punktezahl von 5.500 Punkten auf 8.000 Punkte angehoben worden sei. Es sei auch der Wortlaut dahingehend geändert worden, dass zwingend zwei Kulturen angelegt werden müssten.

Mit Widerspruchsbescheid vom 17. Oktober 1996 half die Beklagte dem Widerspruch für die Quartale 1/91 und 2/91 ab. Im Übrigen wies sie ihn zurück. Das Bundessozialgericht habe in seinem Urteil vom 1. Februar 1995 entschieden, dass die Nr.115 BMÄ/E-GO bei der mehrfachen Chromosomenanalyse aus Amnionzellen, die bei der Fruchtwasserentnahme gewonnen würden, nicht mehr als einmal abrechnungsfähig sei. Daher seien die Abrechnungen insoweit nachträglich richtig gestellt worden. Das Bundessozialgericht habe außerdem entschieden, dass die nachträgliche rechnerische und/oder gebührenordnungsmäßige Berichtigung der Honorarbescheide grundsätzlich nicht den Einschränkungen des § 45 SGB X unterliege. Da eine ausdrückliche gesetzliche, vertragliche und satzungsmäßige Regelung fehle, innerhalb welcher Zeit die Honorarberichtigung vorzunehmen sei, sei sie entsprechend der Vorgehensweise bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung von einer vierjährigen Handlungsfrist ausgegangen. Diese Frist beginne nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts mit der Zustellung des vorläufigen Honorarbescheides. Da die Honorarbescheide, den hier noch streitigen Zeitraum 3/91 bis 2/94 betreffend, frühestens am 22. Januar 1992 (Quartal 3/91) versandt worden seien, sei die sachlich-rechnerische Richtigstellung fristgerecht erfolgt. Die Überzahlung für den Zeitraum 3/91 bis 2/94 betrage insgesamt DM 1.261.048,25.

Gegen den am 13. November 1996 zugestellten Bescheid erhob der Kläger am 6. Dezember 1996 Klage zum Sozialgericht München (Az.: S 33 Ka 1721/96). Zur Begründung führte er aus, dass, obwohl das Sozialgericht bereits im Juli 1992 und das Landessozialgericht im Oktober 1993 eine einfache Berechnung judiziert habe, die Abrechnungen nicht unter Vorbehalt gestellt worden seien. Darüber hinaus habe Dr ... die Zusage gemacht, dass das bisherige Abrechnungsverfahren beibehalten würde und eine Änderung erst in Betracht käme, soweit dies aufgrund eines Urteils des Bundessozialgerichts erforderlich wäre. Der Bescheid der Beklagten vom 18. Januar 1996 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Oktober 1996 sei schon mangels Rechtsgrundlage rechtswidrig. Das Verfahren der sachlich-rechnerischen Richtigstellung vermöge die Anwendbarkeit des § 45 SGB X nicht zu verdrängen. Das Bundessozialgericht habe einen Vorbehalt nur insoweit angenommen, als eine Prüfung aus Zeitgründen nicht hätte durchgeführt werden können. Ein Vorbehalt bestehe demnach nicht in dem Fall, in dem ohne Weiteres eine sachlich-rechnerische Richtigstellung hätte vorgenommen werden können wie bei Rechtsfragen der vorliegenden Art; außerdem in Fällen, in denen eine Prüfung stattgefunden habe und diese zu keiner Beanstandung geführt hätten. Hier fehle es zum einen an dem Erfordernis eines durch das Prüfverfahren verursachten zeitlichen Zwangs, der die Bestandskraft der Honorarbescheide aufschiebe und zum anderen sei der Prüfvorbehalt selbst zeitlich begrenzt. Eine nachträgliche Prüfung komme hier nicht mehr in Betracht, da der Beklagte die Abrechnung überprüft habe. Ausweislich der Besprechung vom 16. November 1993 sei der Beklagten die Rechtsfrage der Berechnung der Nr.115 BMÄ/E-GO bekannt gewesen. Sie hätte die Bescheide ohne Weiteres unter einem ausdrücklichen Vorbehalt stellen können. Stattdessen habe sie erklärt, sie werde an der Abrechnungspraxis solange festhalten, bis eine Änderung des Bewertungsmaßstabes ergehe, sei es durch die Bewertungsausschüsse, sei es durch die höchstrichterliche Rechtsprechung. Er habe davon ausgehen können, dass seine Honoraranforderungen überprüft und nicht beanstandet worden seien. § 45 SGB X sei deshalb nicht durch eine spezielle Vorschrift verdrängt worden. Er habe auf den Bestand der Honorarzahlung vertrauen können, denn die Honorarbescheide seien bestandskräftig geworden. Ein Prüfvorbehalt sei dadurch erloschen, dass eine Überprüfung tatsächlich stattgefunden habe. Im Vertrauen auf den Bestand der Honorarbescheide habe er die zu einer wenigstens kostendeckenden Durchführung der Chromosomenanalyse unabdingbaren notwendigen kostensenkenden Maßnahme unterlassen. Sein Vertrauensschutz sei nicht nach § 45 Abs.2 Satz 3 SGB X ausgeschlossen. Nach § 45 Abs.3 Satz 1 SGB X hätten die Honorarbescheide nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach ihrer Bekanntgabe zurückgenommen werden können.

In der mündlichen Verhandlung vom 2. April 1998 legte die Beklagte ein Schreiben vom 6. April 1994 vor, das sie an den Kläger gerichtet hat und in dem sie diesem mitteilte, dass, nachdem das Landessozialgericht das Urteil des Sozialgerichts bestätigt habe, die mehrfache Vergütung der Leistungen nach Nr.115 BMÄ/E-GO ab dem Quartal 4/93 nur noch unter Vorbehalt erfolge. Sollte das Bundessozialgericht die Entscheidungen nicht aufheben, müssten die Abrechnungen nachträglich berichtigt und der überzahlte Betrag zurückgefordert werden.

Während des Klageverfahrens berichtigte die Beklagte mit Bescheid vom 25. März 1998 den Widerspruchsbescheid vom 17. Oktober 1996 und kürzte den richtig gestellten Betrag um einen Investitionsabschlag in Höhe von 10 %. Im Bescheid nannte sie nunmehr als Gesamtabsetzungsbetrag (Gesamtrückforderung) einen Betrag von DM 1.134.943,44.

In der mündlichen Verhandlung beantragte der Kläger, den Bescheid des Beklagten vom 18. Januar 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Oktober 1996 und des Bescheides vom 25. März 1998 aufzuheben.

Die Beklagte beantragte, die Klage abzuweisen.

Sie vertrat in ihrer Klageerwiderung vom 16. März 1998 nach wie vor die Auffassung, dass sie aufgrund der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts berechtigt gewesen sei, die Honorarabrechnungen des Klägers für die Quartale 3/91 bis 2/94 nachträglich sachlich-rechnerisch richtig zu stellen. § 45 SGB X sei danach auf die rechnerische und gebührenordnungsmäßige Berichtigung der Honoraranforderungen eines Vertragsarztes nicht anzuwenden. Diese stelle eine eigene abschließende Regelung dar, die den allgemeinen verwaltungsverfahrensrechtlichen Bestimmungen über die Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte vorgehe. Honorarbescheide ergingen stets unter Vorbehalt und könnten ohne die Einschränkungen des § 45 SGB X zurückgenommen und durch eine abgewandelte Honorarfestsetzung ersetzt werden. Das Bundessozialgericht habe auch festgestellt, dass die Gebührenvorschrift der Nr.115 BMÄ/E-GO dahingehend auszulegen sei, dass die Leistung bei der mehrfachen Chromosomenanalyse aus Amnionzellen, die bei einer Fruchtwasserentnahme gewonnen würden, nicht mehr als einmal abgerechnet werden könne. Das Bundessozialgericht habe dabei auch festgestellt, dass das Anlegen zweier Zellkulturen aus einem Punktat aus medizinischen und forensischen Gründen geboten sei. Die Änderung der punktmäßigen Bewertung der Nr.115 BMÄ/E-GO sei auf eine sich über mehrere Jahre erstreckende Überprüfung der Leistungslegende sowie der punktemäßigen Bewertung der humangenetischen Leistungen zurückzuführen. Sie habe zeitgleich mit der Änderung der Leistungslegenden sowie der Neubewertung weiterer humangenetischer Leistungen im Rahmen der vollständig Um- bzw. Neustrukturierung des EBM zum 1. Januar 1996 stattgefunden.

Mit Urteil vom 17. Dezember 1998 wies das Sozialgericht die Klage ab. Diese Entscheidung stützte es im Wesentlichen auf folgende Erwägungen: Nach § 40 Abs.1 a.F. bzw. § 45 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) sowie § 21 Abs.1 a.F. bzw. § 34 Abs.4 des Ersatzkassenvertrages-Ärzte (EKV-Ä) und § 10 des Bayerischen Gesamtvertrages (GV) hätte es der Beklagten oblegen, die Abrechnungen der an der kassenärztlichen Versorgung teilnehmenden Vertragsärzte auf ihre sachliche und rechnerische Richtigkeit zu prüfen und ggf. zu berichtigen. Die Beklagte habe mit dem streitgegenständlichen Bescheid festgestellt, dass der Kläger die Nr.115 BMÄ/E-GO im noch streitigen Zeitraum 3/91 bis 2/94 zu Unrecht zweimal pro Behandlungsfall abgerechnet habe. Das Bundessozialgericht habe im Urteil vom 1. Februar 1995 (Az.: 6 RKa 10/94) entschieden, dass die Nr.115 BMÄ/E-GO bei der mehrfachen Chromosomenanalyse aus Amnionzellen, die bei einer Fruchtwasserentnahme gewonnen würden, nicht mehr als einmal abgerechnet werden könne. Dabei habe für das Bundessozialgericht festgestanden, dass es aus medizinischen Gründen zwingend notwendig sei, eine pränatale Diagnostik aus wenigstens zwei Kulturen und zwei Chromosomenanalysen durchzuführen. Da es sich vorliegend um Quartale vor In-Kraft-Treten des neuen EBM gehandelt habe, könne die Nr.115 BMÄ/E-GO nur einmal mit 5.500 Punkten abgerechnet werden. Die zweimalige Vergütung dieser Nummer durch die Beklagte bis zum Quartal 2/94 sei falsch gewesen. Die somit gebotene rechnerische und gebührenordnungsmäßige Berichtigung scheitere nicht an der bei Erteilung des streitgegenständlichen Berichtigungsbescheides vom 18. Januar 1996 bereits abgelaufenen Zeit. Die vertraglichen Bestimmungen sähen keine zeitlichen Begrenzungen vor. Die in § 10 Abs.2 ff. GV genannten Fristen beträfen lediglich Antragsmöglichkeiten der Krankenkassen und seien mithin hier nicht einschlägig. § 45 SGB X finde auf die rechnerische und gebührenordnungsmäßige Berichtigung nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts keine Anwendung. Die Bestimmungen über die rechnerische und gebührenordnungsmäßige Berichtigungen seien Sonderregelungen im Sinne des § 37 Satz 1 SGB I. Die vom Bundessozialgericht für die kassenzahnärztliche Wirtschaftlichkeitsprüfung angenommene vierjährige Ausschlussfrist sei von der Beklagten beachtet worden. Der Kläger könne sich nicht auf Vertrauensschutz berufen. Zwar sehe es die Kammer als durchaus glaubhaft an, dass die Beklagte am 16. November 1993 erklärt habe, sie wolle an der bisherigen Abrechnungspraxis (zweimaliger Ansatz der Nr.115 BMÄ/E-GO) bis zur endgültigen rechtlichen Klärung festhalten. Hieraus könne sich schon von der Sache her nur für die Zeit ab dem 4.Quartal 1993 ein Vertrauensschutz ergeben. Zudem sei dem Kläger durchaus bekannt gewesen, dass das Sozialgericht München bereits im Juli 1992 entschieden habe, dass die Nr.115 BMÄ/E-GO nur einmal pro Fall abrechenbar sei, so dass es dem Kläger hätte klar sein müssen, dass die Vorgehensweise rechtlich zumindest zweifelhaft gewesen sei. Letztlich könne dies jedoch dahingestellt bleiben, weil die in § 45 Abs.2 SGB X vorgesehene Abwägung zwischen dem Vertrauen des Empfängers auf den Bestand des Verwaltungsaktes einerseits und dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme nicht stattzufinden habe, weil diese Bestimmung überhaupt nicht anwendbar sei. Daraus ergebe sich auch, dass eine Ermessensausübung im Sinne des § 45 SGB X nicht zu erfolgen brauchte. Auch dadurch, dass die Beklagte die bisherige Abrechnungspraxis akzeptiert habe und die Honorare ohne einen Vorbehalt ausgezahlt habe, seien die Aufhebungen der streitgegenständlichen Bescheide nicht gerechtfertigt. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts stünden Honorarbescheide "ipso jure" unter dem Vorbehalt der nachträglichen Prüfung und Berichtigung. Der Vertragsarzt müsse mit einer nachträglichen Prüfung und Berichtigung rechnen und könne sich insofern nicht auf einen Vertrauensschutz berufen. Dies gelte nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nicht nur für die Berichtigung sondern auch für die Rückforderung der überzahlten Differenz.

Gegen das am 10. März 1999 zugestellte Urteil hat der Kläger am 30. März 1999 Berufung einlegen lassen. Diese wird mit Schriftsatz vom 31. Mai 1999 im Wesentlichen wie folgt begründet: Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts stünde mit höherrangigem Recht nicht in Übereinstimmung, insbesondere sei sie mit den verfassungsrechtlich garantierten Grundsätzen des Vertrauensschutzes nicht zu vereinbaren. Diese Grundsätze könnten durch die Grundsätze der sachlich-rechnerischen Richtigstellung nicht ausgeschlossen werden. Dies hätten Lepsius in seinem Beitrag in der Vierteljahresschrift für Sozialrecht 1998, S.95 ff. sowie Prof.Dr ... in seinem Gutachten eingehend ausgeführt. Im vorliegenden Fall handele es sich nicht nur um eine bloße Richtigstellung einer erkennbar falschen Abrechnung, sondern um eine Jahre später erfolgte Rücknahme bereits erlassener, begünstigender Abrechnungsbescheide verbunden mit der Rückforderung zuviel bezahlter Beträge entsprechend der in §§ 45 und 50 SGB X beschriebenen Tatbestände. Entgegen der Ansicht des Bundessozialgerichts seien insoweit gemäß § 37 SGB I keine Spezialvorschriften vorhanden. Die Grundsätze der sachlich-rechnerischen Richtigstellung könnten § 45 SGB X nicht verdrängen. Es fehle schon an einer gesetzlichen Ermächtigung zum Ausschluss durch Gesamtverträge, zudem enthielten die Verträge selbst keine eindeutige Ausschlussregelung. Nach dem Prinzip vom Vorbehalt des Gesetzes bedürften Entscheidungen und Regelungen autonomer Selbstverwaltungskörperschaften, welche in die Berufsausübungsfreiheit eingriffen, einer ausreichenden Ermächtigung durch das Gesetz. Die §§ 82 Abs.1, 83 Abs.1 SGB V seien keine ausreichende Ermächtigungsgrundlage für vom Gesetz losgelöste, eigenkreierte Regelungen von Rücknahmeverfahren. Die Regelung im BMV-Ä sei zudem zu unbestimmt. Der Vertrauensschutz gehöre nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den im Rechtsstaatsprinzip verankerten Geboten. Ein begünstigender Verwaltungsakt dürfe daher nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsakts vertraut habe und sein Vertrauen unter Abwägung des öffentlichen Interesses an der Rücknahme schutzwürdig sei. Die Gebote der Rechtssicherheit führten dazu, dass sowohl eine zeitliche Begrenzung als auch eine an den Umständen des Einzelfalls zu bewertende Beschränkung zwingend zu beachten sei. Für die Wirtschaftlichkeitsprüfung habe das Bundessozialgericht eine zeitliche Begrenzung von vier Jahren angenommen. Diese Frist müsse im Sinne einer Ausschlussfrist auch für Fälle gelten, in welche die Kassenärztliche Vereinigung nachträglich eine sachlich-rechnerische Richtigstellung vornehmen wolle. Darüber hinaus könne sich der Kläger hier auf einen Vertrauensschutz berufen. Am 16.November 1993 sei mit dem Kläger, Herrn Dr ... , Herrn ... sowie mit Herrn Dr ... ein Gespräch geführt worden, in dem seitens der Beklagten ausdrücklich die Doppelabrechnung gebilligt worden sei. Es sei dem Kläger in Kenntnis der Entscheidung des Sozialgerichts München und des Bayer. Landessozialgerichts nochmals versichert worden, dass es bei der Doppelabrechnung bleibe. Auch die in der vorliegenden Vorgehensweise liegende Änderung der Rechtsprechung mit faktischer Rückwirkung halte einer verfassungsrechtlichen Beurteilung nicht stand. Denn durch den rückwirkenden Eingriff in die Rechtsposition des Klägers seien Grundsätze des Vertrauensschutzes verletzt. Das Vertrauen sei auch schutzwürdig. Der Kläger habe nichts erschlichen und niemanden getäuscht. Es liege auch ein überwiegendes Interesse des Klägers am Bestand des Honorarbescheides vor, denn er habe die Leistungen verbraucht und Vermögensdispositionen getroffen, die nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig gemacht werden könnten. Er habe nicht nur kostendeckende Maßnahmen unterlassen, sondern im schutzwürdigem Vertrauen die geflossenen Gelder zur Basis von Investitionen gemacht. Das Vertrauen sei zumindest bis zum 6. April 1994 schutzwürdig gewesen. Ergänzend ist mit Schriftsatz vom 13. Juni 2000 im Wesentlichen folgendes vorgetragen worden: Die durch die Entscheidung des Sozialgerichts München erzeugte Rechtsunsicherheit sei Ausgangspunkt für das Gespräch am 16. November 1993 gewesen. Es sei gegenüber dem Kläger festgestellt worden, dass die bisherige Abrechnungspraxis beibehalten werde, bis eine abschließende anders lautende gerichtliche Entscheidung vorläge. Angesichts dieser Vorgehensweise erscheine der jetzige Rückzug auf formale Positionen (prinzipieller Vorbehalt der Berichtigung; keine schriftliche Zusage) treuwidrig. Wäre das Gespräch vom 16. November 1993 völlig ohne Bedeutung, wäre es nicht erforderlich gewesen, am 6. April 1994 ausdrücklich einen Vorbehalt für alle Abrechnungen ab dem 2. Quartal 1993 zu erklären. Im Übrigen sei der prinzipielle Ausschluss von Vertrauensschutz verfassungswidrig. In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger noch ergänzend einen Aktenvermerk der Beklagten vom 25. Mai 1992 vorgelegt, der ein Gespräch des Klägers mit Frau Dr ... über die Mehrfachberechnung der Leistungen nach den Nrn.115 bzw. 4875 BMÄ/ E-GO zum Inhalt hat.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts München vom 17. Dezember 1998 und den Bescheid der Beklagten vom 18. Januar 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 17. Oktober 1996 und den Bescheid der Beklagten vom 25. März 1998 aufzuheben. Hilfsweise beantragt er die Zulassung der Revision.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen und hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Sie vertritt in der Berufungserwiderung vom 16. August 1999 die Auffassung, dass sie gemäß § 75 Abs.1 Satz 1 SGB V und § 40 Abs.1 BMV-Ä in der ab 1. Oktober 1999 bzw. § 45 BMV-Ä in der ab 1. Januar 1995 geltenden Fassung sowie § 21 Abs.7a - Ersatzkassenvertrag - in der ab 1. Oktober 1990 bzw. § 34 Abs.4 in der ab 1. Juli 1994 geltenden Fassung zur der streitgegenständlichen sachlich-rechnerischen Richtigstellung bei Abrechnungen des Klägers berechtigt und verpflichtet gewesen sei. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung sei § 45 SGB X insoweit nicht anwendbar. Dies verkenne die Argumentation des Klägers ebenso wie das Gutachten von Prof.Dr ... Für den Kläger als ermächtigten Vertragsarzt seien die vertraglichen Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung sowie die hierzu ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung verbindlich (§ 95 Abs.4 SGB V), insbesondere auch die Entscheidung des Bundessozialgerichts zur Auslegung der Nr.115 BMÄ/E-GO. Der Kläger könne sich nicht auf Vertrauensschutz berufen. Zum einen sei § 45 SGB X nicht anwendbar, zum anderen habe die Beklagte die mehrfache Abrechnung der Nr.115 BMÄ/E-GO weder zugesagt noch mit ihm vereinbart. Eine Zusicherung im Rechtssinne bedürfe zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform (§ 34 Abs.1 Satz 1 SGB X). Eine derartige schriftliche Zusage sei zu keinem Zeitpunkt gegeben worden. Auch Abrechnungen, die fälschlicherweise nicht sachlich-rechnerisch richtig gestellt worden seien, begründeten nach höchstrichterlicher Rechtsprechung kein Vertrauen auf weitere rechtswidrige Vergütung (BSG, Urteil vom 20. März 1996, Az.: 6 RKa 34/95). Zudem habe der Kläger bereits im Zeitpunkt der Erbringung bzw. der Abrechnung der streitigen Leistung Kenntnis davon gehabt, dass die Frage der einfachen und doppelten Abrechnung der Nr.115 BMÄ/E-GO im Streit gewesen sei. Die im Gespräch am 16. Dezember 1993 gemachten Äußerungen hätten nur dahin verstanden werden können, dass der Doppelansatz bis zu eindeutigen und für alle Beteiligten verbindlichen Klärung der Rechtslage durch das Bundessozialgericht vergütet werden solle, mit der Maßgabe, dass unberechtigte Gebührenansätze zurückgefordert würden.

Auf Anfrage des Gerichts hat die Beklagte ergänzend mitgeteilt, dass in den Quartalen 1/92 und 2/92 der mehrfache Ansatz der Gebührenordnungsposition Nr.115 BMÄ/E-GO beim Kläger zunächst zum Teil gestrichen worden sei. Diese Berichtigungen seien jedoch mit Bescheiden vom 29. September 1992 (Quartal 1/92) und 1. Dezember 1992 (Quartal 2/92) auf Widerspruch hin nachvergütet worden. Aus den vorgelegten Bescheiden ergibt sich, dass im 1. Quartal 1992 42 Leistungen nach Nr.115 BMÄ/E-GO im Primärkassenbereich und im Ersatzkassenbereich abgesetzt und auf Widerspruch hin nachvergütet worden sind (DM 25.621,75); im 2. Quartal 1992 wurden zunächst 14 Leistungen nach Nr.115 BMÄ/E-GO richtig gestellt und auf Widerspruch hin vergütet (DM 8.450,75).

Dem Senat liegen die Verwaltungsakte der Beklagten, die Klageakte (Az.: S 33 Ka 1721/96) sowie die Berufungsakte (Az.: L 12 KA 24/99) vor, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden und auf deren sonstigen Inhalt ergänzend Bezug genommen wird.

Entscheidungsgründe:

Die nach § 143 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte sowie gemäß § 151 Abs.1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist teilweise begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 18. Januar 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Oktober 1996 und des Bescheides vom 25. März 1998 ist rechtswidrig, soweit darin die Honorarabrechnung des Klägers für das 1. und 2. Quartal 1992 sachlich-rechnerisch richtig gestellt und ein Betrag von DM 112.833,33 zurückgefordert wurde. Im Übrigen ist die Berufung unbegründet.

Wie der Senat schon mit rechtskräftigem Urteil vom 27. Oktober 1999, Az.: L 12 KA 78/98, entschieden hat, war die Beklagte nach der Entscheidung des Bundessozialgerichtes vom 1. Februar 1995, Az.: 6 RKa 10/94 (SozR 3-5533 Nr.115 Nr.1) berechtigt, die Honorarabrechnung von Ärzten nachträglich richtig zu stellen, die Leistungen nach Nr.115 BMÄ/E-GO bei mehrfachen Chromosomenanalysen der bei einer Fruchtwasserentnahme gewonnenen Amnionzellen mehrfach abgerechnet haben. An diese Rechtsprechung hält der Senat fest. Da die Klägerin des Verfahrens, Az.: L 12 KA 78/98, die eingelegte Revision wieder zurückgenommen hat, werden im folgenden die Grundsätze, die für den Senat insoweit leitend waren, nochmals wiederholt:

Die Befugnis der Beklagten zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung ergibt sich für den Primärkassenbereich aus § 45 des Bundesmantelvertrags-Ärzte (BMV-Ä) vom 19. Dezember 1994 in Verbindung mit § 10 des Gesamtvertrags-Primärkassen (GV-Primärkassen) vom 3. September 1979 sowie für den Ersatzkassenbereich aus § 34 Abs.4 und 5 des Ärzte-Ersatzkassenvertrags (EKV-Ä) vom 7. Juli 1994 in Verbindung mit dem Beschluss vom 7. Februar 1991 zu § 23 Abs.4 des EKV-Ä vom 13. September 1990.

Nach der zwischenzeitlich gefestigten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. SozR 3-1300 § 45 Nr.21 S.63 ff.; SozR 3-1300 § 45 Nr.22 S.70 f.; SozR 3-2500 § 76 Nr.2 S.3 f.; USK 95 112 S.643 f.; SozR 3-5525 § 32 Nr.1 S.2 f.; SozR 3-5500 § 35 Nr.1 S.3) unterliegt die Beklagte bei der nachträglichen sachlich-rechnerischen Richtigstellungen nicht den Einschränkungen des § 45 SGB X, denn diese Vorschrift ist im Allgemeinen auf die nachträgliche rechnerische und gebührenordnungsmäßige Berichtigung der Honoraranforderungen eines Arztes nicht anwendbar. Die vorgenannten Vorschriften des BMV-Ä und des EKV-Ä sind besondere Regelungen im Sinne des § 37 Satz 1 SGB I, die die Bestimmungen des SGB X verdrängen. Darin ist eine eigene, abschließende Regelung dieser Rechtsmaterie zu sehen, die der Kassenärztlichen Vereinigung das Recht einräumt, fehlerhafte Honorarabrechnungen auch nachträglich, d.h. nach erfolgter Auszahlung der Honorare, zu überprüfen und richtig zu stellen bzw. den Krankenkassen das Recht, die Honorarabrechnungen zu beanstanden und einer Überprüfung und Richtigstellung zuzuführen. Die Honorarbescheide erlangen nicht bereits mit ihrem Erlass endgültige Wirkung, vielmehr stehen sie unter dem Vorbehalt nachträglicher rechnerischer und gebührenordnungsmäßiger Prüfung. Sie werden erst dann in vollem Umfang - d.h. formell wie materiell - verbindlich, wenn die vom Arzt vorgelegte Abrechnung durch ein Prüfverfahren bestätigt wird oder ein Prüfverfahren unzulässig geworden ist. Die an die Ärzte aufgrund der Honorarbescheide geleisteten Zahlungen haben nur vorläufigen Charakter. Ein Hinweis auf diese Vorläufigkeit muss im Honorarbescheid nicht erfolgen. Unrichtige Honorarbescheide können innerhalb der für die Einleitung und Durchführung vom Prüfverfahren vorgesehenen Fristen korrigiert werden. Der Vertragsarzt muss bis zum Ablauf dieser Fristen mit der Möglichkeit einer nachträglichen Prüfung und Richtigstellung rechnen und kann auf den Bestand des vorab erteilten Honorarbescheides nicht vertrauen (vgl. BSG SozR 3-1300 § 45 Nr.21 S.66; BSG SozR 3-1300 § 45 Nr.22 S.70 f.; BSG SozR 3-2500 § 76 Nr.2 S.3 f.; BSG, Urteil vom 1. Februar 1995, Az.: 6 RKa 13/94 S.4 f.; BSG SozR 3-5525 § 32 Nr.1 S.3; BSG USK 95 122 S.643). Dies gilt einerlei, ob die nachträgliche rechnerische und/oder gebührenordnungsmäßige Berichtigung der Honorarabrechnung eines Vertragsarztes auf Antrag einer Krankenkasse oder von Amts wegen durch die Kassenärztliche Vereinigung, wie hier der Beklagten, vorgenommen wird (vgl. BSG SozR 3-1300 § 45 Nr.22 S.70).

Anders als bei der nachträglichen Beanstandung durch die Krankenkassen (vgl. § 45 Abs.2 Satz 2 BMV-Ä vom 19. Dezember 1994 in Verbindung mit § 10 GV-Primärkassen sowie § 34 Abs.5 EKV-Ä vom 7. Juni 1994 in Verbindung mit dem Beschluss vom 7. Februar 1991 zu § 23 Abs.5 EKV-Ä) sehen die vertraglichen Regelungen bei einer von Amts wegen durchgeführten nachträglichen sachlich-rechnerischen Richtigstellung durch die Beklagte keine Fristen vor. Dies könnte den Schluss nahe legen, dass eine nachträgliche sachlich-rechnerische Richtigstellung nach Erlass des Honorarbescheides bzw. nach Auszahlung des Honorars ausgeschlossen ist. Diese Auslegung würde aber den sich aus § 75 Abs.1 SGB V ergebenden Gebot der Sicherstellung einer der gesetzlichen und vertraglichen Erfordernis entsprechenden vertragsärztlichen Versorgung sowie dem sich aus § 85 Abs.4 SGB V herzuleitenden Gebot einer materiell zutreffenden Honorarverteilung widersprechen (vgl. BSG SozR 3-5500 § 35 Nr.1 S.3). Ein unrichtiger Honorarbescheid kann deshalb von der Beklagten von Amts wegen auch nachgehend, d.h. nach Erlass des Honorarbescheides, sachlich-rechnerisch berichtigt werden.

Allerdings ist eine nachträgliche Richtigstellung von Amts wegen durch die Kassenärztliche Vereinigung aus Gründen des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit nicht zeitlich unbegrenzt zulässig. Nach Auffassung des Senats ist die Beklagte zutreffend davon ausgegangen, dass die insoweit bestehende Regelungslücke durch die Heranziehung der vom Bundessozialgericht für Verfahren der Wirtschaftlichkeitsprüfung entwickelten Grundsätze zu schließen ist (vgl. BSG SozR 3-2500 § 106 Nr.19 S.110 ff.; BSG SozR 3-2500 § 106 Nr.30 S.69; BSG SozR 3-2500 § 106 Nr.39 S.215). Danach erfordert das rechtsstaatliche Gebot der Rechtssicherheit (Art.20 Abs.3 GG) eine zeitliche Begrenzung des Verfahrens. In Anlehnung an die sozialrechtlichen Verjährungsfristen ist diese als Ausschlussfrist mit vier Jahren zu bemessen. Vier Jahre nach der vorläufigen Honorarfestsetzung bzw. Honorarabrechnung muss der die Wirtschaftlichkeitsprüfung abschließende Bescheid des Prüfungsausschusses dem Arzt bekannt gegeben werden. Auch wenn das Bundessozialgericht in seiner bisherigen Rechtsprechung ausdrücklich offengelassen hat, ob die für den Bereich der Wirtschaftlichkeitsprüfung angenommene Ausschlussfrist auch auf die rechnerische und gebührenordnungsmäßige Richtigstellung anzuwenden ist (vgl. BSG SozR 3-1300 § 45 Nr.21 S.67; BSG USK 95 122 S.643 f.), so erscheint es dem Senat sachgerecht, den Widerstreit zwischen der Forderung materieller Gerechtigkeit und dem Gebot der Rechtssicherheit, die sich beide aus dem Rechtsstaatsprinzip ergeben (vgl. BVerfG 7, 89 (92 f.); 35, 41 (47); 49, 148 (164)), durch Anwendung einer vierjährigen Ausschlussfrist zu lösen, wie dies hier die Beklagte getan hat.

Der Senat vermag die Bedenken des Klägers, die er hinsichtlich der Rechtsgrundlagen der sachlich-rechnerischen Richtigstellung vorgetragen hat, nicht zu teilen. Die Befugnis der Beklagten zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung steht im Einklang mit höherrangigem Recht. Nach § 83 Abs.1 Satz 1 SGB V schließen die Kassenärztlichen Vereinigungen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen Gesamtverträge mit Wirkung für die beteiligten Krankenkassen über die vertragsärztliche Versorgung. Den allgemeinen Inhalt der Gesamtverträge vereinbaren die Kassenärztliche Bundesvereinigung mit den Spitzenverbänden der Krankenkassen in Bundesmantelverträgen. Der Inhalt der Bundesmantelverträge ist Bestandteil der Gesamtverträge (§ 82 Abs.1 Satz 1 und 2 SGB V). Die vertraglichen Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung sind auch für ermächtigte Ärzte - wie dem Kläger - verbindlich (§ 95 Abs.4 Satz 2 SGB V). Die vertragsärztliche Versorgung umfasst die ärztliche Behandlung (§ 73 Satz 2 Nr.1 SGB V) der bei den gesetzlichen Krankenkassen Versicherten (§ 27 Nr.1 SGB V). Die vertragsärztliche Versorgung ist im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften und der Richtlinien des Bundesausschusses durch schriftliche Verträge der Kassenärztlichen Vereinigungen mit den Verbänden der Krankenkassen so zu regeln, dass eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse gewährleistet ist und die ärztlichen Leistungen angemessen vergütet werden (§ 72 Abs.2 SGB V). Gemäß § 75 Abs.1 Satz 1 SGB V haben die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztliche Bundesvereinigung die vertragsärztliche Versorgung in dem in § 73 Abs.2 SGB V bezeichneten Umfang sicherzustellen und den Krankenkassen und ihren Verbänden gegenüber die Gewähr dafür zu übernehmen, dass die vertragsärztliche Versorgung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspricht. Dazu gehören auch die Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Abrechnung der an der Versorgung teilnehmenden Ärzte (vgl. KassKomm - Hess, § 75 SGB V Rdnr.9, 15 ff.: BSG SozR 3-2500 § 75 Nr.10 S.42 f.). Die Abrechnung unterliegt dabei einer mehrstufigen Prüfung, u.a. auf ihre sachlich und rechnerische Richtigkeit etwa auf eine fehlerhafte Auslegung und Anwendung der Gebührenordnungen (vgl. BSG SozR 3-2500 § 75 Nr.10 S.43; zur Plausibilitätsprüfung im Sinne des § 83 Abs.2 SGB V: BSG, Urteil vom 8. März 2000, Az.: B 6 KA 16/99 R). Diese Befugnis weisen die vorgenannten vertraglichen Bestimmungen den Kassenärztlichen Vereinigungen zu. Die sachlich-rechnerische Prüfung wird in der Regel vor der Honorarverteilung nach § 85 Abs.4 SGB V durchgeführt, also vor der Festsetzung des dem einzelnen Vertragsarzt zustehenden Honorars durch Honorarbescheid. Denn die Honorarverteilung richtet sich u.a. nach Art und Umfang der vom Arzt erbrachten abrechnungsfähigen Leistungen (§ 85 Abs.4 Satz 3 SGB V; § 3 Abs.1 des HVM der Beklagten). Die Abrechnungsfähigkeit ergibt sich aus dem für die vertragsärztliche Versorgung geltenden vertraglichen Bestimmungen, insbesondere dem BMV-Ä sowie dem Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen (BMÄ) bzw. den EKV sowie der Ersatzkassen-Gebührenordnung (E-GO). Auf der- Kassenärztliche Bundesvereinigung mit den Spitzenverbänden der Krankenkassen durch Bewertungsausschüsse als Bestandteil des Bundesmantelverträge einen Einheitlichen Bewertungsmaßstab für die ärztlichen Leistungen, deren Inhalt der abrechnungsfähigen Leistungen und ihr wertmäßiges in Punkten ausgedrücktes Verhältnis zueinander bestimmt (§ 87 Abs.2 Satz 1 SGB V). Diese bilden zusammen mit den von den Vertragspartnern zusätzlich vereinbarten Abrechnungsbestimmungen den BMÄ bzw. die E-GO.

Die aufgezeigte komplexe Regelung der Abrechnungsfähigkeit von vertragsärztlichen Leistungen verstößt nicht gegen Verfassungsrecht. Die einzelnen Bestimmungen sind zulässige Berufsausübungsregelungen im Sinne des Art.12 Abs.1 GG. Sie greifen nur dann in den Status des Vertragsarztes ein, wenn sie ihn von der Erbringung bzw. Abrechenbarkeit solcher Leistungen ausschließen, die für sein Fachgebiet wesentlich sind (vgl. BSG SozR 3-2500 § 72 Nr.8 S.20 f.; BSG, Urteil vom 8. März 2000, Az.: B 6 KA 12/99 R S.7). Dies ist bei der hier vorliegenden sachlich-rechnerischen Richtigstellung nicht der Fall, weil der Kläger jedenfalls für die erbrachten Leistungen nach Nr.115 BMÄ/E-GO mit 5.500 Punkten vergütet wurde. Bei den nicht statusrelevanten Regelungen reicht es im Sinne der Wesentlichkeitstheorie aus, wenn auf der Grundlage einer gesetzlichen Ermächtigung die maßgeblichen Entscheidungen die untergesetzlichen Normsetzer überlassen hätten. Die gesetzliche Ermächtigungsgrundlage der §§ 72 Abs.2, 75 Abs.1 Satz 1, 82 Abs.1, 83 Abs.1 Satz 1, 85 Abs.4, 87 Abs.1 und 2 SGB V enthält die Gewährleistungspflicht der Kassenärztlichen Vereinigungen für die ordnungsgemäße Leistungsabrechnung, wozu auch die Frage der Abrechnungsfähigkeit der einzelnen, vom Vertragsarzt erbrachten Leistungen, gehört. Dass die Befugnis der sachlich-rechnerischen Richtigstellung im Falle einer nicht abrechnungsfähigen Leistung gesetzlich nicht geregelt ist, ist deshalb von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden. Es reicht nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes aus, wenn das das Grundgesetz einschränkende Gesetz durch Auslegung konkretisierbare Rechtsbegriffe verwendet, während das Gesetz die äußeren Grenzen absteckt und damit die Möglichkeit richterlicher Überprüfung der Einhaltung dieser Grenzen gibt (vgl. dazu BVerfG 87, 234 (263 f.); BSG SozR 3-2500 § 72 Nr.8 S.21). Dies ist, wie aufgezeigt, vorliegend der Fall.

Die Auslegung der vertraglichen Bestimmungen über die sachlich-rechnerische Richtigstellung verstößt auch insoweit nicht gegen Verfassungsrecht, als der Senat, wie die Beklagte, eine nachträgliche - d.h. nach Erlass der Honorarbescheide - Richtigstellung für möglich und insoweit, dem Bundessozialgericht folgend, § 45 SGB X nicht für anwendbar hält. Es ist zwar zutreffend, dass § 45 SGB X Ausdruck des im Rechtsstaatprinzip verfassungskräftig verankerten Gebots ist, gegenüber einer Rücknahme eines begünstigenden Verwaltungsaktes Vertrauensschutz geltend zu machen (vgl. BVerfGE 59, 128 (152)). Die höchstrichterliche Rechsprechung lässt jedoch auch im Rahmen der sachlich-rechnerischen Richtigstellung Vertrauensschutzgesichtspunkte nicht gänzlich außer Betracht (vgl. zuletzt BSG SozR 3-2500 § 95 Nr.9 S.37 ff; BSG SozR 3-2500 § 135 Nr.6 S.35; BSG, Urteil vom 24. September 1999, Az.: B 6 KA 38/98 R, SozR 3-2500 § 95 Nr.21 S.91).

Die sachlich-rechnerische Richtigstellung ist im vorliegenden Fall auch inhaltlich nicht zu beanstanden. Das Bundessozialgericht hat in seinem Urteil vom 1. Februar 1995, Az.: 6 RKa 10/94 (SozR 3-5533 Nr.115 Nr.1) die Auffassung des Senats (vgl. Urteil vom 27. Oktober 1993, Az.: L 12 Ka 101/92) bestätigt, dass die Nr.115 BMÄ/E-GO bei mehrfachen Chromosomenanalysen der bei einer Fruchtwasserentnahme gewonnenen Amnionzellen nur einmal berechnungsfähig ist. Es ist dabei - ebenso wie der Senat - davon ausgegangen, dass das Anlegen zweier Zellkulturen aus einem Punktat aus medizinischen und forensischen Gründen geboten ist, dass aber die Leistungsposition nach der Nr.115 BMÄ/E-GO entsprechend ihrem Wortlaut nur einmal vergütet wird. Ein Anhaltspunkt, für eine missbräuchliche Ausübung der Bewertungskompentenz durch den Bewertungsausschuss, der für ein Eingreifen der Gerichte Voraussetzung wäre, vermochte das Bundessozialgericht - ebenso wie der Senat - nicht zu erkennen.

Wendet man die vorgenannten Grundsätze auf den vorliegenden Fall an, weist dieser gegenüber dem bereits entschiedenen Fall die Besonderheit auf, dass in den Quartalen 1/92 und 2/92 bereits mit den Honorarbescheiden sachlich-rechnerische Richtigstellungen vorgenommen wurden, die auf Widerspruch hin mit den erst im Berufungsverfahren vorgelegten Bescheiden vom 29. September 1992 und 1. Dezember 1992 nachvergütet wurden. Es kann deshalb für die Quartale 1/92 und 2/92 von vorläufigen Honorarbescheiden, bei denen binnen einer Frist von vier Jahren eine nachträgliche sachlich-rechnerische Richtigstellung noch möglich ist, nicht mehr ausgegangen werden. Mit den Bescheiden vom 29. September 1992 und 1. Dezember 1992 wird die vom Kläger für die Quartale 1/92 und 2/92 eingereichte Honorarabrechnung bezüglich der Leistungen nach Nr.115 BMÄ/E-GO bestätigt. Die Beklagte hat sich insoweit ausdrücklich der Rechtsauffassung des Klägers angeschlossen, dass Leistungen nach der Nr.115 BMÄ/E-GO bei mehrfachen Chromonsomenanalysen der bei einer Fruchtwasserentnahme gewonnenen Amnionzellen mehrfach angesetzt werden kann. Die vom Kläger vorgelegte Abrechnung wurde demnach in einem Prüfverfahren bestätigt, so dass eine nachträgliche rechnerische und gebührenordnungsmäßige Richtigstellung für diese Quartale nicht mehr möglich ist (vgl. BSG SozR 3-1300 § 45 Nr.21 S.66). Nach den bestandskräftigen Abhilfeentscheidungen konnte der Kläger darauf vertrauen, dass jedenfalls für das 1. und 2. Quartal 1992 im Primär- und Ersatzkassenbereich keine sachlich-rechnerischen Richtigstellungen von Leistungen nach Nr.115 BMÄ/E-GO wegen des beanstandeten mehrfachen Ansatzes mehr erfolgen würden. Eine nachträgliche Änderung der Honorarbescheide für das 1. und 2. Quartal 1992 konnte deshalb nur unter den Einschränkungen des § 45 SGB X erfolgen. Danach dürfen rechtswidrige, begünstigende Verwaltungsakte (ohne Dauerwirkung), wie Honorarbescheide, auch wenn sie unanfechtbar geworden sind, mit Wirkung für die Vergangenheit nur zurückgenommen werden, wenn sich der Begünstigte "wegen Unlauterkeit" nicht auf Vertrauen berufen kann (§ 45 Abs.4 Satz 1 i.V.m. Abs.2 Satz 3 SGB X) oder Wiederaufnahmegründe vorliegen (§ 45 Abs.4 Satz 1 i.V.m. Abs.3 Satz 2 SGB X) und die Behörde innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der die Rücknahme rechtfertigenden Tatsachen den Rücknahmebescheid erlässt (§ 45 Abs.4 Satz 2 SGB X). Da keine Wiederaufnahmegründe im Sinne des § 580 ZPO vorliegen, ist eine Rücknahme nur bei "Unlauterkeit" des Klägers möglich. Dies ist vorliegend nicht der Fall, denn der hier allenfalls in Betracht zu ziehende Unlauterkeitstatbestand des § 45 Abs.2 Satz 3 Nr.3 SGB X liegt nicht vor. Dem Kläger war im Zeitpunkt des Erlasses der Bescheide vom 30. September 1992 und 1. Dezember 1992 weder positiv bekannt, dass er die Nr.115 BMÄ/E-GO bei mehrfachen Chromosomenanalysen nur einmal abrechnen darf, noch war ihm dies infolge grober Fahrlässigkeit nicht bekannt. Die Tatsache, dass ihm zu diesem Zeitpunkt, wie sich aus seiner Stellungnahme vom 4. November 1992 zu dem Urteil des Sozialgerichts München vom 11. August 1992 ergibt, dieses Urteil bekannt war, begründet noch keine grob fahrlässige Unkenntnis. Dem Kläger war nämlich zugleich bekannt, dass dieses Urteil noch nicht rechtskräftig war. Anders wäre der Fall zu beurteilen, wenn ihn die Beklagte ausdrücklich darauf hingewiesen hätte, dass der mehrfache Ansatz ausgeschlossen ist. Dies hat sie jedoch nicht getan. Im Gegenteil, sie hat dem Widerspruch abgeholfen und den Mehrfachansatz vergütet. Auch wenn die nachvergüteten Leistungen nur einen Teil der im 1. und 2. Quartal 1992 abgerechneten Leistungen nach Nr.115 BMÄ/E-GO darstellten, ist es der Beklagten verwehrt, eine nachträglich sachlich-rechnerische Richtigstellung im Hinblick auf den Mehrfachansatz dieser Gebührenordnungsposition vorzunehmen.

Anders stellt sich die Rechtslage in den weiter streitigen Quartalen 3/91 bis 4/91 und 3/92 bis 2/94 dar. Insoweit konnten die nach wie vor vorläufigen Honorarbescheide nachträglich sachlich-rechnerisch richtig gestellt werden. Die Handlungsfrist von vier Jahren war noch nicht abgelaufen. Die Beklagte hat zutreffend festgestellt, dass die Honorarbescheide für die Quartale 3/91 bis 4/91 und 3/92 bis 2/94 frühestens am 22. Januar 1992 (Quartal 3/91) versandt wurden. Die Zustellung des angefochtenen Bescheides der Beklagten vom 8. Januar 1996 erfolgte deshalb innerhalb der Vierjahresfrist.

Ein besonderer Vertrauensschutz, der es ausnahmsweise rechtfertigen würde, dass der Kläger in den Quartalen 3/91 bis 4/91 und 3/92 bis 2/94 Leistungen nach Nr.115 BMÄ/E-GO zweifach abrechnen kann, bestand nicht. Vertrauensschutzgesichtspunkte werden, wie bereits ausgeführt, von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts im Rahmen der sachlich-rechnerischen Richtigstellung nicht gänzlich außer Betracht gelassen (vgl. zuletzt BSG SozR 3-2500 § 95 Nr.9 S.37 ff.; BSG SozR 3-2500 § 135 Nr.6 S.35; BSG SozR 3-2500 § 95 Nr.21 S.91). Aus der unbeanstandeten Abrechnung bestimmter Leistungen über einen längeren Zeitraum hinweg erwächst dem Vertragsarzt jedoch noch kein Recht, auch in Zukunft entsprechend abrechnen zu dürfen. Soweit dem Arzt nicht die Erbringung einer bestimmten Leistung durch bestandskräftigen Verwaltungsakt ausdrücklich gestattet worden ist, muss er stets mit Veränderungen hinsichtlich der Abrechenbarkeit seiner Leistungen rechnen (vgl. BSG SozR 3-2500 § 95 Nr.9 S.37 m.w.N.). Da die Bescheide vom 29. September 1992 und 1. Dezember 1992 keine ausdrückliche Gestattung des mehrfachen Ansatzes der Leistungen der Nr.115 BMÄ/E-GO enthielten, begründeten sie kein über das Vertrauen auf die Bestandskraft der Honorarbescheide für die Quartale 1/92 und 2/92 hinausgehendes Recht, künftig unbeanstandet Leistungen nach Nr.115 BMÄ/E-GO mehrfach abrechnen zu dürfen. Der Kläger durfte aus der über längere Zeit unbeanstandeten Abrechnung auch nicht den Schluss ziehen, die Beklagte stelle die Mehrfachabrechnung der Nr.115 BMÄ/E-GO nicht in Frage (vgl. BSG SozR 3-2500 § 135 Nr.6 S.135). Ihm war bekannt, dass die Beklagte im gleichen Zeitraum zur Klärung der umstrittenen Frage einen Rechtsstreit führte (Ausgangsbescheid vom 10. Oktober 1991; Widerspruchsbescheid vom 3. Februar 1992; Urteil des Sozialgerichts München vom 11. August 1992; Urteil des Bayer. Landessozialgerichts vom 27. Oktober 1993, Urteil des Bundessozialgerichts vom 1. Februar 1995) und sowohl die Beklagte als auch die Instanzgerichte die Leistungslegende der Nr.115 BMÄ/E-GO im gleichen Sinne wie später das Bundessozialgericht ausgelegt haben, nämlich abweichend von seiner Rechtsmeinung.

Auch aus dem Gespräch des Klägers, das dieser mit dem Vorsitzenden der für ihn zuständigen Bezirksstelle der Beklagten, Herrn Dr ... , am 16. November 1993 geführt hat, lässt sich kein Vertrauensschutz herleiten. Entsprechende vertrauensbegründende Tatbestände hätten frühestens mit der Honorarabrechnung für das 4. Quartal 1993 Wirkung entfalten können, denn die umstrittene Frage bezog sich nicht - wie bei Fachgebietsgrenzen - auf die Leistungserbringung als solches sondern auf die Frage der Abrechenbarkeit (einfach oder mehrfach). Für dieses Quartal und die Folgequartale hat die Beklagte jedoch unstreitig eventuell begründetes Vertrauen durch das Schreiben vom 6. April 1994 wieder zerstört, indem sie den Kläger darauf hinwies, dass der mehrfache Ansatz der Leistungen nach Nr.115 BMÄ/E-GO nur unter Vorbehalt in der Abrechnung verbleibt und dass, sofern das Bundessozialgericht die Entscheidung der Instanzgerichte aufhebt, die Quartalsabrechnungen nachträglich berichtigt und der überzahlte Betrag zurückgefordert werden.

Anhaltspunkte dafür, dass die Summe der richtig gestellten Leistungen und der sich daraus für die Quartale 3/91 bis 4/91 und 3/92 bis 2/94 überzahlte und zurückgeforderte Betrag von DM 1.022.110,11 fehlerhaft berechnet wurde, liegen nicht vor.

Aus diesen Gründen ist auf die Berufung des Klägers das Urteil Sozialgerichts München vom 17. Dezember 1998 abzuändern. Der Bescheid der Beklagten vom 18. Januar 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Oktober 1996 und des Bescheides vom 25. März 1998 sind aufzuheben, soweit darin Honorarabrechnungen des Klägers für das 1. und 2. Quartal 1992 sachlich-rechnerisch richtig gestellt und der Betrag von DM 112.833,33 zurückgefordert wurde. Im Übrigen ist die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 Abs.1 und Abs.4 Satz 2 SGG in der Fassung des Gesundheitsstrukturgesetzes und beruht auf der Erwägung, dass Kläger und Beklagte jeweils in Höhe der Kostenquote unterlegen sind.

Der Senat hat die Revision nach § 160 Abs.2 Nr.1 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen. Wie bereits ausgeführt, hat es das Bundessozialgericht bislang offen gelassen, ob die Ausschlussfrist von vier Jahren auch auf sachlich-rechnerische Richtigstellungen anzuwenden ist (vgl. BSG SozR 3-1300 § 45 Nr.21 S.67; BSG USK 95 122 S.643 f.). Auch die Frage eines besonderen, losgelöst von zeitlichen Grenzen bestehenden Vertrauensschutzes bei nachträglichen sachlich-rechnerischen Richtigstellungen scheint dem Senat höchstrichterlich noch nicht hinreichend geklärt.
Rechtskraft
Aus
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