L 12 KA 124/02

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 43 KA 273/02
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 12 KA 124/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts München vom 20. März 2002 insoweit aufgehoben, als die Beklagte verurteilt wurde, dem Kläger die abgesetzten Leistungen nach Gebührenordungsnummern 7116 und 8015 zu vergüten; die Klage wird auch insoweit abgewiesen.
II. Der Kläger hat der Beklagten die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

In diesem Rechtsstreit geht es um die sachlich-rechnerische Berichtigung der Gebührenordnungspositionen 7116 und 8015 im Quartal 1/98.

Der Kläger war als Frauenarzt in M. zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Aus seiner Quartalsabrechnung 1/98 (Ho- norarbescheid vom 21.07.1998) strich die Beklagte u.a. 49 Leis- tungen nach Gebührenordnungsnummer 7116 und 23 Leistungen nach Gebührenordnungsnummer 8015.

Der Kläger hat dagegen Widerspruch eingelegt und zur Nr.7116 ausgeführt, die komplette Absetzung dieser Ziffer widerspreche dem Gleichbehandlungsgebot. Es fehle eine differenzierte Be- gründung. Ein Ausschluss der Abrechnung für Gynäkologen sei in der Leistungslegende nicht vorgesehen; Nr.7116 sei eindeutig für den Transport infektiösen, also bakteriologischen Materials bei Einsendungen vorgesehen. Nur um solches habe es sich gehan- delt, also nicht um Blut, sondern um bakteriologisches Untersu- chungsmaterial. Zu Nr.8015 führte der Kläger aus, es solle geklärt werden, warum diese Leistung für ihn fachfremd sein solle. Er stelle Gestationsdiabetikerinnen mit Insulin ein; folglich erhielten sie auch Verbrauchsmaterial. Der Nachweis seiner diabetologischen Qualifikation liege der Beklagten vor.

Die Beklagte hat den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 24. Oktober 2001 zurückgewiesen. Die Abrechnung der Zuschlags- position 7116 setze voraus, dass bei Versendung bzw. Transport von infektiösem Material mit der Deutschen Bundespost tatsäch- lich höhere Kosten entstanden seien. Die Berechnung könne au- ßerdem nicht je Fall, sondern nur je Versand erfolgen. Für den Fall, dass Material für mehrere Patienten zusammen verschickt werde, könne die Zuschlagsposition nur auf einem Schein abge- rechnet werden. Die Regelungen über den Postversand von medizi- nischem Untersuchungsgut der Bundespost bestimmten maßgeblich, ob es sich um die Versendung eines gesondert zu kennzeichnenden und als Wertbrief/Wertpaket zu versendenden Materials handele. Nach dieser Regelung werde unterschieden in Untersuchungsgut ohne oder mit geringerem Infektionsrisiko und Untersuchungsgut mit Infektionsrisiko. Nur in letzteren, wesentlich selteneren Fällen sei eine Versendung per Wertbrief/Wertpaket und somit der Zuschlag nach Nr.7116 erforderlich. Nach den Bestimmungen der Bundespost fielen unter derartiges infektiöses Untersu- chungsgut nur biologische Stoffe, die für Mensch oder Tier in- fektiös seien oder bei denen ein entsprechend begründeter Ver- dacht gegeben sei, um u.a. die Bearbeitung mit automatischen Sortiermaschinen auszuschließen. Deshalb fielen Erregerkultu- ren oder Proben mit in § 37 Bundesseuchengesetz beschriebenen Krankheiten wie Cholera, Pest oder Pocken immer unter diese Be- stimmung. Dagegen fielen alle Sendungen mit flüssigem Untersu- chungsgut, z.B. Serum, Urin, Stuhl, in Flüssigkeit befindliche Proben, nicht flüssiges Untersuchungsgut wie Abstriche oder Ausstriche auf Objektträgern sowie Untersuchungsgut in Forma- lin, bei dem jegliches Infektionsrisiko ausgeschlossen sei, un- ter die Kategorie Untersuchungsgut ohne oder mit geringem In- fektionsrisiko. Die Absetzung der Nr.7116 sei somit zu Recht erfolgt. Bezüglich Gebührenordnungsposition 8015 verweist die Beklagte auf Art.34 Abs.1 des Bayerischen Heilberufe-Kammergesetzes (KG) und § 21 der Weiterbildungsordnung für Ärzte Bayerns (WBO), wonach ein Arzt seine Tätigkeit grundsätzlich auf das Gebiet zu beschränken habe, dessen Bezeichnung er führe. Nur insoweit sei er zur Teilnahme an der kassen-/vertragsärztlichen Versorgung berechtigt. Für Leistungen, mit denen er sein Gebiet über- schreite, habe er keinen Anspruch auf Vergütung. Derartige Leistungen seien an dafür zugelassene Kollegen zu verweisen. Inhalt der WBO für die Frauenheilkunde seien Erwerb und Nachweis eingehender Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten in der Indikationsstellung und Durchführung der konservativen und operativen Behandlung gynäkologischer Erkrankungen unter Einbeziehung medikamentöser Behandlungsformen. Die Pauschale nach Nr.8015 könne deshalb von einem Gynäkologen nicht gebietskon- form abgerechnet werden.

Der Kläger hat dagegen Klage zum Sozialgericht München (SG) erhoben, die sich zugleich auf die Quartale 1 bis 4/97 und 2/99 bezog. In der mündlichen Verhandlung am 20. März 2002 hat der Kläger erklärt, dass er die Klage nur bezüglich der Gebührenordnungsnummern 138, 192, 2, 7116, 8015 und 8017 aufrechterhalte und im Übrigen zurücknehme. Das SG hat mit Urteil vom selben Tag die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 22. Juli 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Oktober 2001 verpflichtet, die Leistungen nach Nrn.7116 und 8015 zu vergüten und im Übrigen die Klage abgewiesen. In der Begründung führt das Gericht zu Nr.7116 aus, die mit zwei Ärzten als ehrenamtlichen Richtern fachkundig besetzte Kammer sei zu dem Ergebnis gekommen, dass es sich bei dem vom Kläger übersandten bakteriologischen Untersuchungsgut um infektiöses Material im Sinne der Nr.7116 gehandelt habe. Was die Absetzung der Nr.8015 betreffe, habe die Kammer im Ergebnis eine Fachfremdheit nicht erkennen können.

Gegen das ihr am 26. August 2002 zugestellte Urteil hat die Be- klagte mit Schreiben vom 17. September 2001 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen den Widerspruchsbescheid wiederholt. Aus den Diagnosen auf den Behandlungsscheinen gehe nicht hervor, dass es sich bei den versendeten Materialien um Untersuchungsgut gehandelt habe, das einen gesonderten Versand im Sinne von Nr.7116 erfordert habe. Dies müsse aber aus den Diagnosen der Behandlungsscheine ersichtlich sein. Die Diagno- seangabe "bakteriologische Untersuchung" und/oder "Vaginalab- strich" und/oder "bakterielle Genitalinfektion" gebe keinen Hinweis auf infektiöses Untersuchungsgut im Sinne der in § 37 Bundesseuchengesetz beschriebenen Krankheiten wie Pocken, Pest oder Cholera. Außerdem finde sich kein Anhaltspunkt darauf, dass tatsächlich höhere Kosten für den Versand entstanden sei- en. Die dazu gehörigen Behandlungsscheine des überweisenden Arztes seien exemplarisch (zehn Scheine) ausgewertet und als Anlage beigefügt. Auch auf diesen Behandlungsscheinen finde sich keine Angabe auf infektiöses Material im Sinne des § 37 Bundesseuchengesetz. Die Nr.7103 habe die Beklagte als Versand- pauschale belassen, sofern sie neben der Nr.7116 angesetzt wor- den sei. Auch die sachlich-rechnerische Streichung der Nr.8015 sei zu Recht erfolgt. Zwar sei diese selber nicht genehmigungspflichtig, doch sei sie im Zusammenhang mit den genehmigungspflichtigen Nrn.7215, 8013 und 8014 zu erbringen und nur in diesem Zusammenhang abrechenbar. Leistungsinhalt der Ziffer 7215 sei eine programmierte ärztliche Schulung und Betreuung von nicht insulinpflichtigen Typ-II-Diabetikern in Gruppen in der Praxis des behandelnden Arztes bei einer Teilnehmerzahl von vier bis zehn Personen, je Teilnehmer und Sitzung. Leistungsinhalt der Nrn.8013 und 8014 sei eine programmierte ärztliche Schulung von Typ-II-Diabetikern ohne bzw. mit Insulinbehandlung je Teilnehmer und Sitzung. Bei der Nr.8015 (DM 12,50 BMÄ/DM 15,00 EGO) handele es sich um eine Pauschale für beim Patienten verbleibendes Verbrauchsgut (Typ II). Die Ziffer stelle keine Vergütung für die Ausgabe von Info-Broschüren oder Ähnlichem dar. Ein Genehmigungserfordernis sei für diese Pauschale entbehrlich, da sich aus dem Zusammenhang mit Nrn.7215, 8013 und 8014 ergebe, dass nur derjenige Vertragsarzt die Pauschale abrechnen könne, der die genehmigungspflichtigen Leistungen nach diesen Nummern erbracht habe. Tatsächlich habe der Kläger die Nr.8015 ohne Zusammenhang mit den genannten Nummern abgerechnet. Im Übrigen könne die Nr.8015 vom Kläger auch nicht gebietskonform erbracht werden. Nach der Ansicht der Bayerischen Landesärztekammer (BLÄK) sei die Erkennung und Behandlung des Diabetes mellitus von der Definition des Gebiets "Frauen und Geburtshilfe" nicht mitumfasst (Stellungnahme der BLÄK vom 29. Oktober 1999). Des Weiteren verweist die Beklagte auf ein Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 20. März 1996 (Az.: 6 RKa 34/95) zu der Frage, ob ein Arzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe die Schilddrüsenhormon-Bestimmungen nach Nrn.3730 ff. gebiets- konform erbringen könne. Nach dieser Entscheidung habe die Tatsache, dass der Gynäkologe die Schilddrüsenhormon-Bestimmungen im Rahmen gynäkologischer Fragestellungen benötige, nicht zur Folge, dass diese Leistungen Bestandteil des gynäkologischen Fachgebiets würden. Diabeteserkrankungen könnten sowohl bei wohl bei Frauen als auch bei Männern auftreten. Sie seien Bestandteil der Inneren Medizin oder Allgemeinmedizin und damit für den Kläger fachfremd.

Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts München vom 20. März 2002 aufzuheben, soweit der Bescheid vom 22. Juli 1998 in Ge- stalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Oktober 2001 auf- gehoben wurde und die Beklagte verpflichtet wurde, die ab- gesetzten Leistungen nach Nrn.7116 und 8015 zu vergüten, und die Klage insoweit abzuweisen.

Der Kläger beantragt sinngemäß, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Er führt aus, die Gebührenordnungspositionen 7116 und 8015 fän- den sich im Kapitel U "Pauschalerstattungen" der Gebührenord- nung. Der Leistungstext verlange keinen Einzelnachweis und auch keine gesonderte Begründung, da ja auch keine Erstattung nach tatsächlichem Aufwand erfolge. Zu Nr.7116 führt der Kläger aus, ihm sei in München und außerhalb von München kein Labor be- kannt, das den Versand von Material durch die Deutsche Bundes- post realisiere. Alle hätten einen eigenen Abholdienst. Die Ge- bührenordnungsposition 7116 erfordere nicht zwingend einen Versand mit der Post. Dies werde vielmehr nur als Beispiel erwähnt. Der Kläger habe den Transport durch einen Abholdienst selbst geregelt und obwohl in der Gebührenordnung kein Einzel- nachweis dafür erforderlich sei, lege er entsprechende Rechnun- gen des für ihn kommerziell tätigen Hol- und Bringdienstes vor. Die Beklagte behaupte, dass nur Erregerkulturen oder Proben nach § 37 Bundesseuchengesetz unter diese Bestimmung fielen, also Proben mit Cholera, Pest oder Pocken. Diese drei Erkran- kungen kämen in Deutschland im Wesentlichen nicht mehr vor. Die Gebührenordnung werde also kaum diese Erkrankungen gemeint ha- ben. Er könne sich vorstellen, dass er sich strafbar machen würde, wenn er HIV-positives Blut ohne entsprechende Kennzeich- nung für einen sorgfältigen Transport versenden würde. Die ärztlichen Beisitzer des SG hätten deshalb auch den Ansatz der Transportpauschale als korrekt erkannt. Aus den Überweisungsscheinen bzw. Abrechnungsunterlagen gehe eindeutig hervor, dass es sich um Vaginalabstriche handelte. Dass der Krankheitserre- ger auf dem Überweisungsschein nicht genannt sei, werde jedem einleuchten. Wenn der Erreger bereits bekannt sei, müsse er nicht untersucht werden. Im Übrigen seien fast alle eingesand- ten Abstriche positiv gewesen. Soweit die Verdachtsdiagnose Ge- nitalinfektion genannt sei, handele es sich um infektiöses Ma- terial. Für eine Beschränkung auf die Krankheiten nach dem Bun- desseuchgesetz finde sich in der Gebührenordnung kein Hinweis.

Zur Erbringung der Nr.8015 sei nach der Gebührenordnung keine Genehmigung erforderlich. Die Gebührenordnungspositionen seien nicht nach Gruppen geordnet. Einen Zusammenhang, wie ihn die Beklagte herzustellen versuche, könne man durch die Platzierung der Pauschalziffern nicht nachvollziehen. Es gebe keine aus- drücklichen Leistungsausschlüsse für die Nr.8015 neben bestimm- ten anderen Leistungen. Es treffe auch nicht zu, dass die Be- handlung von Diabetikern für Gynäkologen generell fachfremd sei. Es gehe hier nicht um irgendeinen Typ-II-Diabetes, sondern um den Gestationsdiabetes oder Schwangerschaftsdiabetes, der zum Typ II gerechnet werde. Dass schwangerschaftsspezifische Erkrankungen auch in das Fachgebiet eines Frauenarztes fielen, dürfte unbestritten sein. Bemerkenswert sei, dass die Glukose- toleranz, die der Kläger durchführe und auf den Behandlungs- scheinen dokumentiere und die der Diagnostik eines Schwanger- schaftsdiabetes dienten, sehr wohl bezahlt worden seien. Be- zahlt worden seien auch die vom Kläger ausgestellten Rezepte für Insulin bzw. Teststreifen für das Insulinmessgerät. Im Üb- rigen sei der Kläger Diabetologe DDG und durchaus entsprechend geschult, was bei der Leistungslegende nicht einmal gefordert werde. Des Weiteren bemängelt der Kläger, dass die Berufung auf einem Kopfbogen der Bezirksstelle München angefertigt und von deren stellvertretendem Vorsitzenden unterschrieben worden sei. Beklagte im Urteil München sei aber die KV Bayern und nicht die Bezirksstelle München gewesen. Entschieden habe der Wider- spruchsausschuss der KVB und nicht die Bezirksstelle. Ferner legt der Kläger Rechnungen eines Kurierdienstes für die Monate Mai 1997, November 1997 und Januar 1999 in Höhe von DM 570,40, DM 1.177,60 bzw. DM 1.025,44 vor.

Dem Senat liegen die Verwaltungsakten der Beklagten, die Akte des SG München mit dem Az.: S 43 KA 3273/01 und die Berufungs- akte mit dem Az.: L 12 KA 124/02 vor sowie die Behandlungsaus- weise, in denen die Nr.7116 zur Abrechnung kam. Diese Unterla- gen wurden zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.

Entscheidungsgründe:

Die nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung wurde form- und fristgerecht eingelegt (§ 151 Abs.1 SGG). Dass die Beklagte dafür einen Briefbogen ihrer Bezirksstelle München verwendet hat, begegnet keinen Bedenken. Der Unterzeichnete ist bevollmächtigtes Mitglied des Vorstands der Beklagten.

Die Berufung ist zulässig und begründet. Zu Unrecht hat das SG die Beklagte zur Vergütung der vom Kläger im Quartal 1/98 ab- gerechneten Leistungen nach Gebührenordnungsnummern 7116 und 8015 verurteilt.

Für Versandmaterial, Versandgefäße usw. sowie für die Versen- dung bzw. den Transport von Untersuchungsmaterial einschließlich der Kosten für die Übermittlung von Untersuchungsergebnissen der

- Laboratoriumsdiagnostik

- Histologie

- Zytologie

- Zytogenetik und Molekulargenetik

erhielt ein Vertragsarzt im streitgegenständlichen Quartal je überwiesenen Untersuchungsfall eine Pauschalerstattung von DM 5,00. Entstanden ggf. zusätzliche Kosten bei Versendung bzw. Transport infektiösen Materials (z.B. im Postdienst durch zu- sätzliche Frankierung als Wertbrief oder Wertpaket) gab es dafür nach Nr.7116 BMÄ/E-GO pauschal DM 9,00 zusätzlich. Den Inhalt der zuletzt genannten - zwischenzeitlich gestrichenen - Gebührenordnungsposition hat der Kläger nicht erfüllt. Für die Pauschalerstattung mit dem erhöhten Betrag gemäß Nr.7116 BMÄ/E-GO zusätzlich zu der Grundpauschale nach Nr.7103 BMÄ/E-GO reicht es entgegen der Auffassung des SG nicht aus, dass irgendein infektiöses Material versendet wird. Vielmehr muss hinzukommen, dass es gerade wegen der Versendung bzw. des Transportes des infektiösen Material notwendigerweise zu zusätzlichen Kosten kommt. Als Beispielsfall wird hier in der Leistungslegende ausdrücklich auf die im Postdienst notwendige zusätzliche Frankierung als Wertbrief oder Wertpaket hingewiesen. Von daher ist es grundsätzlich nicht zu beanstan- den, wenn die Beklagte zur Auslegung der Nr.7116 BMÄ/E-GO maß- geblich auf die Bestimmungen über den Postversand von medizini- schem Untersuchungsgut der Bundespost abstellt, in denen danach unterschieden wird, ob es sich um Untersuchungsgut ohne oder mit geringerem Infektionsrisiko oder Untersuchungsgut mit In- fektionsrisiko handelt. Nur in letzteren, wesentlich selteneren Fällen ist eine Versendung per Wertbrief/Wertpaket erforderlich und somit der Zuschlag nach Nr.7116 BMÄ/E-GO gerechtfertigt. Nach den in Bezug genommenen Bestimmungen der Bundespost fallen unter solches infektiöses Untersuchungsgut nur biologische Stoffe, die für Mensch und Tier infektiös sind oder bei denen ein entsprechend begründeter Verdacht gegeben ist, um u.a. die Bearbeitung mit automatischen Sortiermaschinen auszuschließen. Damit fallen Erregerkulturen mit in § 37 des am 01.01.2001 außer Kraft getreten Bundesseuchengesetzes beschriebenen Krank- heiten wie Cholera, Pest oder Pocken immer unter diese Bestim- mung. Dagegen fallen unter die Kategorie Untersuchungsgut ohne oder mit geringerem Infektionsrisiko alle Sendungen mit flüssigem Untersuchungsgut, z.B. Serum, Urin, Stuhl in flüssigen Proben, nicht flüssiges Untersuchungsgut wie Abstriche oder Aus- striche auf Objektträgern sowie Untersuchungsgut in Formalin, bei denen jegliches Infektionsrisiko ausgeschlossen ist. Der mit zwei Ärzten fachkundig besetzte Senat stimmt mit der Beklagten darüber ein, dass nach den auf den beigezogenen Be- handlungsscheinen angegebenen Diagnosen ("bakteriologische Un- tersuchung" und/oder "Vaginalabstrich" und/oder "bakterielle Genitalinfektion") bzw. dem vom Überweiser erteilten Auftrag "Bakteriologie des Vaginalabstrichs" kein Hinweis für ein infektiöses Untersuchungsgut im Sinne der damaligen Bestimmungen der Deutschen Bundespost gegeben ist, das gesondert zu kennzeichnen oder als Wertbrief bzw. Wertpaket zu versenden wäre. Die bakteriologische Untersuchung des Vaginalabstriches fällt danach unter die Kategorie "Untersuchungsgut ohne oder mit geringerem Infektionsrisiko", sodass die Pauschale nach BMÄ/E-GO-Nr.7116 nicht ausgelöst wird.

Natürlich ist dem Senat bekannt, dass Laborproben heute zumeist nicht mehr mit der Post versendet werden, sondern von dem die Laborleistung erbringenden Arzt (ggf. unter Einschaltung eines Transportunternehmens) abgeholt werden. So verfuhr auch der Kläger, der im streitgegenständlichen Quartal die Laborproben von einem Transportunternehmen (Rechnungen wurden dem Gericht vorgelegt) abholen ließ. Dieser Vorgang ist als solcher nicht geeignet, den Ansatz der BMÄ/E-GO-Nr.7116 zu begründen. Hinzu- kommen muss vielmehr auch bei Verwendung eines privaten Trans- portdienstes, dass durch das Infektionsrisiko des Untersuchungsmaterials zwangsläufig zusätzliche Kosten für Sicherheitsvorkehrungen entstehen. Das behauptet nicht einmal der Kläger, und es ist für den mit zwei Ärzten fachkundig besetzten Senat auch nicht ansatzweise erkennbar. Ein Vaginalabstrich bedarf in der Regel keiner besonderen Verpackung, und es muss auch nicht jeder Vaginalabstrich - um das Untersuchungsergebnis nicht zu gefährden - einzeln und sofort abgeholt werden. Der Versand des Untersuchungsguts Vaginalabstrich durch einen Transportdienst erfolgt daher objektiv aus anderen Gründen als der Infektiösität des Untersuchungsgutes. Der Versand durch einen Transportdienst ist im Übrigen die typische Transportform auch für die in der Nr.7103 BMÄ/E-GO genannten Untersuchungsgegenstände (Laboratoriumsdiagnostik, Histologie, Zytologie, Zytogenetik, Molekulargenetik) aus Gründen der Praktikabilität und Kostenersparnis. Die dargestellte Auslegung der Nr.7116 BMÄ/E-GO durch den Senat führt zu einem ganz engen Anwendungsbereich dieser Gebührenord- nungsposition angelehnt an den darin in Bezug genommenen Bei- spielsfall der Bestimmungen der Bundespost über den Postversand von medizinischem Untersuchungsgut. Diese Auffassung des Senats wird auch durch die weitere Entwicklung der Gebührenordnung be- stätigt. Die Nr.7116 BMÄ/E-GO wurde nämlich wenige Quartale nach dem hier streitigen Quartal 1/98 ersatzlos gestrichen und in die bisher schon bestehende Nr.7103 BMÄ/E-GO integriert, oh- ne dass die Pauschalerstattung der Nr.7103 BMÄ/E-GO nennenswert erhöht wurde (sie lag im Quartal 1/98 bei DM 5,00 und beträgt jetzt EUR 2,60). An dieser Stelle ist außerdem darauf hinzuweisen, das aus den vom Kläger vorgelegten Rechnungen des Transportdienstes nicht hervorgeht welche Transportkosten im Einzelnen angefallen sind. Die in den von der Beklagten beanstandeten Fällen erfolgten Sicherheitsmaßnamen und die dadurch entstandenen Kosten sind nicht ausgewiesen. Damit kommt der Senat zu dem Ergebnis, dass das SG die Beklagte zu Unrecht verurteilt hat, dem Kläger die abgesetzten Leistungen nach BMÄ/E-GO Nr.7116 nachzuvergüten.

Auch die Pauschale nach BMÄ/E-GO Nr.8015 steht dem Kläger nicht zu. Nach BMÄ-Nr.7215 erhält ein Arzt für die programmierte ärztliche Schulung und Betreuung von nicht insulinpflichtigen Typ-II-Diabetikern in Gruppen in seiner Praxis bei einer Teil- nehmerzahl von vier bis zehn Personen je Teilnehmer und Sitzung DM 15,00. Die Abrechnung dieser Gebührenordnungsnummer bedarf der Genehmigung durch die Kassenärztliche Vereinigung. Diese Regelung betrifft den Bereich der Regionalkassen. Für den Er- satzkassenbereich finden sich entsprechende Regelungen im E-GO Nrn.8013 und 8014. Danach wird für die programmierte ärztliche Schulung von Typ-II-Diabetikern ohne bzw. mit Insulinbehandlung je Teilnehmer und Sitzung eine Pauschale von DM 50,00 gezahlt. Auch für die Abrechnung dieser Leistungen bedarf es einer Genehmigung durch die Kassenärztliche Vereinigung. Für diese Schulungen erhält der Arzt gemäß Nr.8015 BMÄ/E-GO eine Pauschale für beim Patienten verbleibendes Verbrauchsmaterial (Typ-II), die bei den Regionalkassen DM 12,50 und bei den Ersatzkassen DM 15,00 beträgt (im streitgegenständlichen Quartal). Der Kläger besitzt unstreitig nicht die Genehmigung zur Durchführung der Schulungen nach BMÄ-Nr.7215 bzw. E-GO Nrn.8013, 8014. Er hat auch diese Leistungen nicht abgerechnet. Wenn aber der Kläger die Bezugsleistung programmierte Schulung nicht durchführen darf und auch nicht durchführt, liegt es auf der Hand, dass er auch die Pauschale für das dabei verwendete Verbrauchsmaterial nicht abrechnen kann. Dieser Zusammenhang ergibt sich ausdrücklich aus § 5 der damals noch geltenden Diabetes-Vereinbarung (Anl. 8 zum EKV-Ä), wonach die Teilnehmer an der Diabetesvereinbarung für das beim Patienten verbleibende Verbrauchsmaterial eine Pauschale von DM 15,00 "(Abrechnungsnummer 8015)" abrechnen konnten. Die Argumentation des Klägers, es bestehe kein Zusammenhang zwischen der programmierten Schulung einerseits und dem Verbrauchsmaterial andererseits erweist sich damit als nicht haltbar.

Des Weiteren scheitert der Ansatz dieser Ziffer nicht nur an der fehlenden Genehmigung zur Erbringung der Bezugsleistung, sondern auch daran, dass die Diabetikerschulung für den Kläger als Frauenarzt fachfremd ist, womit der Berichtigungsbescheid begründet war. Nach Art.34 Abs.1 KG in der ab 1. August 1993 geltenden Fassung (Bekanntmachung vom 20. Juli 1994, GVBl. S.853) und § 21 WBO (Bayerisches Ärzteblatt 9/93) darf ein Arzt, der eine Gebietsbezeichnung führt, grundsätzlich nur auf diesem Gebiet tätig sein. Die Bindung eines Arztes an die Grenzen seines Fachgebiets trifft ihn auch in seiner Eigenschaft als Vertragsarzt, denn auch insoweit gelten die allgemeinen Regeln des ärztlichen Berufsrechts (vgl. BSG SozR 3-2500 § 95 Nr.7 S.27 f., Nr.9 S.33 f., Nr.21 S.85 f., Nr.30 S.149). Für Leistungen, die außerhalb des Fachgebiets erbracht werden, besteht grundsätzlich kein Honoraranspruch. Werden von einem Vertragsarzt fachfremde Leistungen zur Abrechnung gebracht, sind sie von der Kassenärztlichen Vereinigung gemäß § 75 Abs.1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) i.V.m. § 45 Abs.1 Bundesmantelvertrag-Ärzte, § 10 Abs.1 Gesamtvertrag Regionalkassen bzw. § 34 Abs.4 Arzt-/Ersatzkassenvertrag, § 13 Gesamtvertrag Ersatzkassen im Wege der sachlich-rechnerischen Berichtigung von der Vergütung auszunehmen. Die Grenzen des Fachgebiets der "Frauenheilkunde und Geburts- hilfe, also des Gebiets des Klägers, ergeben sich aus der Defi- nition in der WBO Abschnitt I Nr.7. Danach umfasst die Frauen- heilkunde und Geburtshilfe die Erkennung, Verhütung, konservative und operative Behandlung einschließlich der psychosomatischen Aspekte der Erkrankungen sowie die Nachsorge der Krankheiten der weiblichen Geschlechtsorgane und der Brustdrüsen, die gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin, sowie die Überwachung normaler und pathologischer Schwangerschaften sowie die Vorbereitung, Durchführung und Nachbehandlung normaler und pathologischer Geburten, einschließlich der erforderlichen Operationen. Die Erkennung und Behandlung des Diabetes mellitus wird von dieser Definition eindeutig nicht miterfasst. Diese Auffassung wird bestätigt durch eine von der Beklagten vorgelegte Stellungnahme der BLÄK vom 29.10.1999, in der diese unter Hinweis auf ein Urteil des LSG Baden Württemberg vom 05.04.1995, Az.: L 5 KA 1127/94, eindeutig klarstellt, dass der Gynäkologe nicht berechtigt sei, übergreifend-wirksame Organe, die keine speziell gynäkologischen Organe seien zu behandeln. Die BLÄK ist als Beschlussorgan der WBO in besonderer Weise zu deren Auslegung berufen. Für die Behandlung des Diabetes ist der Internist bzw. Allgemeinarzt zuständig, nicht der Frauenarzt. Daran ändert sich auch nichts dadurch, dass Diabetes in etwa 1 bis 2 % aller Schwangerschaften auftritt (vgl. Pschyrembel Klinisches Wörterbuch, 258.Auflage, S.1438). Wenn der Kläger im Rahmen der ihm obliegenden Überwachung der Schwangerschaft einen behandlungsbedürftigen Diabetes feststellt, so ist für dessen Behandlung nicht er, sondern ein Arzt der oben genannten Fachgruppen zuständig. Dies ergibt sich auch aus dem Urteil des BSG vom 20. März 1996 (SozR 3-2500 § 95 Nr.9), worin die Fachfremdheit der Bestimmung der Schilddrüsenhormone für einen Frauenarzt bestätigt wurde, ungeachtet der Tatsache, dass der Gynäkologe die Schilddrüsenhormon-Bestimmungen im Rahmen gynäkologischer Fragestellungen benötigt hat. Auch aus diesem Grund kann der Kläger die Nr.8015, die sich, wie oben bereits eingehend dargelegt wurde, allein auf die Diabetikerschulung bezieht, nicht fachgebietskonform abrechnen. Die Leistungen nach BMÄ/E-GO Nr.8015 wurden deshalb von der Beklagten zu Recht von der Vergütung ausgenommen. Ob der Kläger, der von der Deutschen Diabetes-Gesellschaft als Diabetologe anerkannt ist, fachlich zur Diabetesbehandlung in der Lage wäre spielt für die Abrechenbarkeit der streitigen Leistung keine Rolle.

Das Urteil des SG München, mit dem die Beklagte zur Nachvergü- tung der Leistungen nach Nrn.7116 und 8015 verurteilt wurde, war deshalb aufzuheben und die gegen die Absetzungen gerichtete Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs.1 und 4 SGG in der bis zum 1. Januar 2002 geltenden und hier noch anzuwendenden Fassung, weil die Klage bereits im November 2001 rechtshängig geworden ist (vgl. BSG SozR 3-2500 § 116 Nr.24 S.115 ff.).

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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