L 5 R 11/05

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 26 RJ 476/03
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 5 R 11/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 15. Dezember 2004 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitgegenstand ist die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit über den 31.10.2002 hinaus.

Der 1949 geborene Kläger ist deutscher Staatsangehöriger und am 23.03.1981 aus Tschechien zugezogen. Er ist gelernter Elektromonteur und war in diesem Beruf bis zur Aussiedlung tätig. Danach war er bis Juli 1993 als angelernter Kunststoffspritzer - die Anlernzeit hierfür betrug drei bis fünf Monate - am Band bei A. tätig.

Wegen Funktionsbehinderung der Wirbelsäule mit Nerven- und Muskelreizerscheinungen bei Wirbelsäulenverformung, Bluthochdrucks, Magenschleimhautentzündung, Hämorroidalleidens und psychovegetativen Syndroms beträgt der GdB nach dem Schwerbehindertengesetz seit 2000 30.

Nach zwei erfolglosen Rentenanträgen 1995 und 1998 - Klage erfolglos - wurde dem Kläger am 15.01.2001 Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 01.03.2001 bis 31.12.2001 bewilligt, die mit Bescheid vom 18.10.2001 bis 31.10.2002 verlängert wurde.

Grundlage hierfür waren das neuropsychiatrische Gutachten des Dr.B. vom 26.10.2000, das wegen einer Somatisierungsstörung, eines Cervicobrachialsyndroms und einer Lumboischialgiesymptomatik ein lediglich halbschichtiges Leistungsvermögen feststellte und eine intensive Therapie für notwendig erachtete. Ein Jahr später, am 15.10.2001 diagnostizierte Dr.R. in seinem neuropsychiatrischen Gutachten eine beidseitige lumbale Wurzelreizsymptomatik mit positivem Lasègue schen Phänomen und linksseitiger sensibler Störung L5/S1 sowie eine Fixierung auf die Berentung. Wegen des neurologischen Befundes und der Schmerzsymptomatik hielt er lediglich ein Leistungsvermögen von unter sechs Stunden für gegeben.

Der streitgegenständliche Weitergewährungsantrag datiert vom 16.07.2002. Der behandelnde Arzt Dr.W. berichtete am 24.07.2002 über hinzugekommene weitere Schmerzausstrahlung und Sensibilitätsstörungen. Im Auftrag der Beklagten untersuchte der Nervenarzt und Psychotherapeut Dr.K. den Kläger am 12.08.2002. Dieser stellte neben einer somatoformen Schmerzstörung eine ausgeprägte Aggravationstendenz bei der neurologischen Untersuchung fest und hielt mehr als sechs Stunden tägliche, leichte bis mittelschwere Arbeit ohne hohe Stressbelastung, hohe Anforderungen an das Konzentrations- und Reaktionsvermögen, zu ebener Erde, ohne Zwangshaltung und hohe Anforderung an das Hörvermögen für durchaus zumutbar. Die orthopädische Untersuchung durch Dr.R. am 02.10.2002 ergab eine Thorakolumbalskoliose, ein algetisches L5-Syndrom linksbetont ohne motorische Ausfälle und eine Gonalgie links ohne wesentliche arthrotische Veränderungen. Zusätzlich veranlasste die Beklagte eine Untersuchung durch die Internistin Dr.U ... Diese diagnostizierte am 06.11.2002 einen artiellen Hypertonus, eine Struma diffusa Grad I und eine Leberschädigung, weswegen Nacht- oder Wechselschicht und Zeitdruck nicht zumutbar seien. Gestützt auf diese Gutachten lehnte die Beklagte den Rentenantrag am 28.11.2002 ab.

In dem am 23.12.2002 eingeleiteten Widerspruchsverfahren machte der Kläger geltend, gegenüber der ersten Rentenbewilligung 2001 sei keine Besserung, sondern eine Verschlechterung eingetreten. Er leide an unerträglichen, teilweise nur mit Morphin behandlungsfähigen Schmerzen wegen der schweren Wirbelsäulenskoliose, was sich auch aus den vorgelegten Fremdbefunden der Dres.H. , M. , S. und O. ergebe. Die Beklagte wies den Widerspruch am 14.02.2003 mit der Begründung zurück, nach ihren ärztlichen Unterlagen liege keine rentenrelevante Erwerbsminderung vor.

Dagegen hat der Kläger am 20.03.2003 Klage erhoben. Im Auftrag des Gerichts hat der Orthopäde Dr.F. am 06.08.2003 nach ambulanter Untersuchung ein Gutachten erstellt. Er hat initiale degenerative Veränderungen der Halswirbelsäule, eine Condylopathie beider Ellenbogengelenke, ein Thorakal- und Lumbalsyndrom bei Thorakalskoliose von 25 Grad, eine Periarthropathia coxae beiderseits sowie initiale degenerative Veränderungen am linken Knie festgestellt und leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung, ohne Heben und Tragen von Lasten, gebückte Haltung, Überkopfarbeit und sonstige Zwangshaltung für sechs Stunden zumutbar erachtet. Ein weiteres Gutachten nach ambulanter Untersuchung ist von dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr.B. am 23.07.2004 erstellt worden. Dieser hat keine Nervenwurzelreizerscheinungen oder -schädigung festgestellt und ist von einem chronischen Schmerzsyndrom sowie einer Meralgia paraesthetica ohne funktionelle Bedeutung ausgegangen. Er hat leichte Arbeiten mit den vom Orthopäden genannten Einschränkungen für vollschichtig zumutbar gehalten. Als zusätzliche Leistungseinschränkung hat er Fließbandarbeit genannt.

Der Kläger hat Befunde des Nuklearmediziners Dr.S. vom 09.09.2004 über eine ausgeprägte, teils aktivierte Facettengelenksarthrose der unteren Brustwirbelsäule linksbetont bei hochgradiger Wirbelsäulenskoliose übersandt und einen Arztbrief des Orthopäden Dr.G. vom 26.09.2004 über ein degeneratives entzündliches Wirbelsäulensyndrom. Hierzu hat Dr.B. vonseiten der Beklagten am 19.10.2004 ausgeführt, szintigrafische Befunde seien nicht bedeutsam und die entzündlichen Veränderungen seien auch nach Ansicht Dr.G. behandelbar. Das Sozialgericht München hat die Klage im Hinblick auf die von den Sachverständigen erstellten Gutachten am 15.12.2004 abgewiesen. Der Kläger genieße keinen Berufsschutz als Facharbeiter, da er zuletzt als Angelernter tätig gewesen und daher auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar sei.

Gegen diesen am 31.12.2004 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 04.01.2005 Berufung eingelegt und erneut darauf hingewiesen, es sei keine Besserung seines Gesundheitszustandes gegenüber der ersten Rentenbewilligung eingetreten, sondern allenfalls eine Verschlechterung. Der Orthopäde Dr.G. hat den Kläger wegen eines degenerativen entzündlichen Wirbelsäulensyndroms in die Schmerzambulanz überwiesen, wo ein chronisches Schmerzsyndrom der Wirbelsäule diagnostiziert worden ist. Der Allgemeinmediziner Dr.H. hat am 08.04.2005 über eine Verschlechterung der Rückenschmerzen wegen entzündlicher Herde an der Wirbelsäule berichtet und unter anderem den Arztbrief der Neurologin und Psychiaterin Dr.R. vom 31.08.2004 übersandt, wonach der Kläger unter einer chronisch-therapieresistenten Lumboischialgie mit pseudoradiculärer Reizsymptomatik L3 links leidet.

Im Auftrag des Senats hat der Neurochirurg und Orthopäde Dr.G. , Oberarzt an der H.-Klinik, A. , am 11.07.2005 ein Gutachten nach ambulanter Untersuchung erstellt. Seines Erachtens liegen beim Kläger seit Antragstellung ein chronisches Wirbelsäulensyndrom bei ausgeprägter skoliotischer Fehlhaltung und initialen degenerativen Veränderungen sowie eine Condylopathie der Ellenbogen vor. Unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen sei es ihm durchaus möglich, leichte Tätigkeiten vollschichtig durchzuführen. Nicht mehr durchgeführt werden könnten schwere und mittelschwere Arbeiten, Zeitdruckarbeit, Einzel- und Gruppenakkord, Fließband- und taktgebundene Arbeiten, Wechselschicht und Nachtarbeit, häufiges Heben und Tragen von Lasten ohne mechanische Hilfsmittel, gehäuftes Bücken, Treppen- und Leiternsteigen, Einwirkung von Kälte, starken Temperaturschwankungen, Zugluft oder Nässe.

Nach dem Hinweis auf die geringe Erfolgsaussicht des Rechtsmittels hat der Kläger mitgeteilt, die frühere Rentenbewilligung sei bis 2002 begrenzt gewesen, um eine mögliche Besserung abzuwarten, die nicht eingetreten sei. Nicht berücksichtigt sei im vorliegenden Gutachten der entzündliche Befund an der Wirbelsäule entsprechend dem Bericht Dr.S ...

Die Beklagte hat hierzu ihren Gutachterdienst gehört, der auf die Abhängigkeit von Schmerzausprägung und Bewegungsausmaß von der Aktivität eines degenerativen oder entzündlichen Prozesses hingewiesen hat. Dies ist angesichts der chronisch und fortschreitenden Beschwerden für den Kläger nicht nachvollziehbar.

Der Kläger beantragt sinngemäß, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 15.12.2004 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 28.11.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14.02.2003 zu verurteilen, ihm über den 31.10.2002 hinaus Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 15.12.2004 zurückzuweisen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Beklagtenakten, der Akten des Sozialgerichts München, der Schwerbehindertenakten des Versorgungsamtes München sowie der Berufungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, erweist sich jedoch als unbegründet. Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 15.12.2004 ist ebenso wenig zu beanstanden wie der Bescheid der Beklagten vom 28.11.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14.02.2003. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung.

Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs.1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs.2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs.3 SGB VI). Das Leistungsvermögen des Klägers ist zwar durch die bei ihm vorliegenden Gesundheitsstörungen beeinträchtigt. Das Ausmaß ist jedoch nicht so erheblich, dass er nicht mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein könnte.

Mit dieser Beurteilung stützt sich der Senat auf die überzeugenden Darlegungen des Sachverständigen Dr.G. , der den Kläger persönlich untersucht, die vorhandenen Vorbefunde sorgfältig gewürdigt und seine Beurteilung schlüssig begründet hat. Mit seiner Untersuchung konnte er das von Dr.F. und Dr.B. im Klageverfahren gefundene Ergebnis bestätigen, dass lediglich qualitative Einschränkungen zu berücksichtigen sind. Sämtliche Sachverständige verfügen über die entsprechende Fachkompetenz, um die in Betracht kommenden Störungen zutreffend erfassen und ihre Auswirkungen auf das Erwerbsleben sachgerecht beurteilen zu können. Zu Unrecht moniert der Kläger, der Sachverständige habe den Befund Dr.S. über entzündliche Veränderungen der Wirbelsäule nicht berücksichtigt. Dr.G. hat die am 09.09.2004 durchgeführte Skelettszintigrafie in seinem Gutachten ausdrücklich erwähnt. Enzündliche Wirbelsäulenerkrankungen haben nicht zwangsläufig Leistungsunfähigkeit zur Folge (Sozialmedizinische Begutachtung in der gesetzlichen Rentenversicherung, VDR, Seite 145). Insbesondere bei der pseudoradiculären Symptomatik richtet sich die Leistungsbeurteilung nach dem Grundleiden.

Im Vordergrund des Beschwerdebildes steht ein chronisches Wirbelsäulensyndrom bei ausgeprägter skoliotischer Fehlhaltung und beginnenden degenerativen Veränderungen. Die Fehlhaltung ist offensichtlich und ausgeprägt. Es besteht ein lokales Schmerzsyndrom mit zum Teil pseudoradiculärer Ausstrahlung. Wirbelsäulenbezogene neurologische Defizite fehlen hingegen. Insbesondere fehlen Hinweise für eine Lumbosakralwurzelläsion oder Nervenwurzelreizung, wie sie beispielsweise bei der Untersuchung durch Dr.R. am 15.10.2001 festgestellt worden sind. Auch die damals festgestellte linksseitige sensible Störung L5/S1 ist nicht mehr objektivierbar. Das wird auch durch den Befund der vom Kläger aufgesuchten Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr.R. im Bericht vom 31.08.2004 bestätigt. Die Funktionsprüfung der Wirbelsäule ergibt Einschränkungen der Rundungsfähigkeit mittelgradig nach vorn und deutlich nach rückwärts sowie auch eine Einschränkung der Seitwärts- und Rotationsbeweglichkeit. In sämtlichen Abschnitten der Brust- und Lendenwirbelsäule wurde über Funktionsschmerzen geklagt. Insgesamt ist davon auszugehen, dass die Wirbelsäulenbelastbarkeit deutlich eingeschränkt ist. Insbesondere können schwere und mittelschwere Arbeiten nicht mehr durchgeführt werden. Darüber hinaus besteht Unzumutbarkeit von Zeitdruckarbeit, von Wechselschicht und Nachtarbeit. Die noch möglichen Arbeiten sollten überwiegend im Wechsel zwischen Stehen, Sitzen und Gehen und ohne Zwangshaltung durchgeführt werden können. Ausgeschlossen sind Arbeiten mit häufigem Heben und Tragen von Lasten ohne mechanische Hilfsmittel, gehäuftem Bücken, Treppen- und Leiternsteigen. Die Einwirkung von Kälte, starken Temperaturschwankungen, Zugluft oder Nässe muss vermieden werden.

Die übrigen Gesundheitsstörungen auf orthopädischem Fachgebiet wie Condylopathien der Ellenbogen, Periarthropathia coxae beiderseits und initiale degenerative Veränderungen im Bereich des Kniegelenks sind von untergeordneter Bedeutung. Die Beschwerden sind wechselhaft und nicht mit wesentlichen Bewegungseinschränkungen verbunden.

Die geklagten Schmerzen haben keine zusätzlichen Leistungseinschränkungen zur Folge. Die psycho-pathologische Untersuchung erbrachte einen weitgehend unauffälligen Befund, insbesondere ergab sich kein Hinweis auf eine depressive Störung. Auffällig war lediglich die in hohem Maße asthenisch und histrionisch akzentuierte Primärpersönlichkeit. Auch wirft der bei der Laboruntersuchung durch Dr.B. gefundene Wirkspiegel unterhalb der Nachweisbarkeitsgrenze ein Licht auf den tatsächlich durch das Schmerzsyndrom verursachten Leidensdruck. Selbst wenn man der Diagnose der behandelnden Ärzte folgt und von einem chronischen Schmerzsyndrom ausgeht, ist daraus keine zusätzliche Leistungseinschränkung abzuleiten. Die Schmerzsymptomatik hat bislang keine Auswirkungen auf die Aktivitäten des Klägers im Alltag gehabt.

Zusammenfassend kann der Kläger noch leichte und ruhige Arbeiten zu ebener Erde, in ungezwungener Wechselhaltung, in temperierten und trockenen Räumen über sechs Stunden täglich erbringen. Somit ist keine zeitliche Leistungsminderung nachgewiesen. Bei vollschichtiger Einsatzfähigkeit kann der Arbeitsmarkt zwar ausnahmsweise als verschlossen gelten. Mangels eingeschränkter Beweglichkeit von Händen und Beinen, bei erhaltener Funktionsfähigkeit der Sinnesorgane und ausreichender Belastbarkeit von Wirbelsäule und Psyche erscheinen die für Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes typischen Verrichtungen wie Montieren, Sortieren, Verpacken, Transportieren, Aufsicht und Kontrolle möglich, so dass die konkrete Benennung einer Verweisungstätigkeit nicht erforderlich ist.

Zutreffend hat das Sozialgericht auch eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 SGB VI abgelehnt. Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch Gesunden mit gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 240 Abs.2 Sätze 1 und 2 sowie 4 SGB VI). Zwar kann der Kläger weder seinen erlernten Beruf als Elektromonteur noch den als Kunststoffspritzer weiter ausüben. Vom Beruf des Elektromonteurs hat er sich 1981 aus anderen als gesundheitlichen Gründen gelöst, so dass dieser Beruf als Anknüpfungspunkt ausscheidet. Als bisheriger Beruf hat daher der des Bandarbeiters in der Kunststofffertigung zu gelten, den der Kläger von 1984 bis 30.06.1993 ausgeübt hat. Diese Akkordarbeit musste der Kläger aus gesundheitlichen Gründen aufgeben. Berufsunfähig wäre der Kläger jedoch nur dann, wenn er auch keine zumutbare Verweisungstätigkeit mehr ausüben könnte.

§ 240 SGB VI verlangt vor Inanspruchnahme einer Rente wegen Berufsunfähigkeit einen zumutbaren beruflichen Abstieg, das heißt ein Versicherter muss eine geringerwertige Erwerbstätigkeit aufnehmen, um den Eintritt der Berufsunfähigkeit zu vermeiden und hierbei auch eine Einschränkung seines Lebensstandards hinnehmen (BSGE 41, 129). Der Kreis der zumutbaren Verweisungstätigkeiten richtet sich nach dem qualitativen Wert sowohl des bisherigen Berufs als auch des Verweisungsberufs, wie es sich aus der Einstufung in das höchstrichterlich ermittelte Mehrstufenschema ergibt. Dabei erscheint es entgegen der Ansicht des Sozialgerichts ausgeschlossen, dass der Kläger als angelernter Arbeiter des oberen Bereichs einzustufen ist.

Dem oberen Bereich sind alle Tätigkeiten mit einer regelmäßigen (auch betrieblichen) Ausbildungs- oder Anlernzeit von über 12 bis zu 24 Monaten zuzuordnen (BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr.45 m.w.N.). Die Qualität der vom Kläger verrichteten Arbeit entsprach nicht diesen Anforderungen. Wie die A. AG am 09.04.1996 gegenüber dem Sozialgericht mitgeteilt hat, genügte für das Bedienen von Kunststoffspritzgießmaschinen und das Spritzgießen von Kunststoffteilen eine Anlernzeit von drei bis fünf Monaten. Er war in keiner Vorgesetztenfunktion tätig und hatte keinerlei Weisungsbefugnis gegenüber anderen Facharbeitern. Die Entlohnung entsprach der tatsächlichen Arbeitsleis-tung. Als einfacher Angelernter ist der Kläger aber auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar.

Aus diesen Gründen ist ein Rentenanspruch des Klägers nicht gegeben. Zwar mag es für ihn schwer nachvollziehbar sein, dass ihm 2001 bei unverändertem Zustand Rente bewilligt worden ist und nun angesichts unveränderter Beschwerden bzw. attestierter Verschlechterung kein Anspruch gegeben sein sollte. Aus der Bewilligung der Zeitrente kann der Kläger jedoch keinen Bestandsschutz ableiten und die von Dr.B. und Dr.R. 2000 bzw. 2001 erhobenen Befunde unterscheiden sich erheblich von den jetzt im Verwaltungs- und Klageverfahren erhobenen. Zudem weist ein GdB von 30 daraufhin, dass die Erwerbsfähigkeit im Wesentlichen noch erhalten ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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