Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 5 AL 883/04
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 10 AL 229/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 12.05.2005 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) wegen Eintritts einer sechswöchigen Sperrzeit (25.11.2003 - 05.01.2004) sowie die Rückforderung überzahlter Leistungen in Höhe von 1.319,53 EUR.
Der 1968 geborene Kläger bezog nach Erschöpfung des Anspruches auf Arbeitslosengeld Alhi (Leistungssatz zuletzt: 31,34 EUR täglich, letzter Bewilligungsbescheid vom 04.11.2003 für die Zeit ab 29.10.2003). Vom 31.07.2003 bis 20.08.2003 trat eine dreiwöchige Sperrzeit wegen Nichtmeldung beim potenziellen Arbeitgeber ein. Die Ablehnung eines weiteren Vermittlungsvorschlages blieb folgenlos bzw. weitere angebotene Arbeitsverhältnisse kamen nicht zustande. Nach einer Zwischenbeschäftigung vom 15.10.2003 und der Weiterbewilligung von Alhi ab 29.10.2003 erklärte die Fa.F. GmbH & Co. KG Personalleasing (im Folgenden: Fa.F.) am 27.11.2003, der Kläger habe sich auf einen Vermittlungsvorschlag vom 20.11.2003 hin am 24.11.2003 gemeldet, er habe jedoch statt der gebotenen 1.350,00 EUR ein monatliches Nettogehalt von 1.600,00 EUR gefordert. Eine Übereinstimmung habe nicht erzielt werden können. Der Kläger führte hierzu aus, er habe nach schlechten Erfahrungen mit Arbeitgebern bereits bei der schriftlichen Bewerbung vom 24.11.2003 Rahmenbedingungen beschrieben und die erwartete Vergütung und weitere Ansprüche (Urlaub, überregionale Einsätze, Fahrtkostenerstattung) angesprochen, die gewährleistet sein müssten.
Mit Bescheid vom 16.03.2004 stellte die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit von sechs Wochen (25.11.2003 - 05.01.2004) fest. Der Kläger habe das Zustandekommen eines angebotenen und zumutbaren Beschäftigungsverhältnisses trotz erfolgter Rechtsfolgenbelehrung durch Forderungen im Bewerbungsschreiben vereitelt, ohne hierfür einen wichtigen Grund zu haben. Dies stehe einer Arbeitsablehnung gleich. Die Dauer der Sperrzeit betrage sechs Wochen, nachdem bereits eine Sperrzeit von drei Wochen eingetreten sei. Die Bewilligung von Alhi werde aufgehoben. Der Kläger habe aufgrund des ausgehändigten Merkblattes zumindest grob fahrlässig nicht gewusst, dass der Anspruch auf Alhi zum Ruhen gekommen sei und er habe überzahlte Leistungen in Höhe von 1.319,53 EUR zu erstatten. Es werde aufgerechnet mit laufenden Leistungen. Den Widerspruch hiergegen, mit dem der Kläger geltend machte, er dürfe nach dem Verdienst fragen, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13.10.2004 zurück.
Dagegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben. Das SG hat die Klage mit Urteil vom 12.05.2005 abgewiesen. Der Kläger habe das Zustandekommen eines Beschäftigungsverhältnisses aufgrund eines ausreichend bestimmten, zumutbaren und mit Rechtsfolgenbelehrung versehenen Arbeitsangebotes durch sein Verhalten verhindert. Bei Langzeitarbeitslosen - wie vorliegend - müsse das erzielbare Gehalt zumindest der Alhi entsprechen. Insbesondere Leiharbeit sei für Langzeitarbeitslose derzeit eine gute Möglichkeit zur Wiedereingliederung, wobei sich dies beim Kläger nach mehrfachen vergeblichen Vermittlungsbemühungen der Beklagten als schwierig herausgestellt habe. Der Kläger habe mit seinem Bewerbungsschreiben - u.a. wegen zu hoher Gehaltsforderungen - einen potenziellen Arbeitgeber abgeschreckt. Er hätte zunächst ein Bewerbungsgespräch mit genaueren Angaben zur Tätigkeit abwarten müssen. Die Dauer der Sperrzeit sei gerechtfertigt, nachdem bereits eine Sperrzeit von drei Wochen eingetreten sei. Der Kläger musste aufgrund der Rechtsfolgenbelehrung und des ausgehändigten Merkblattes wissen, dass sein Anspruch auf Alhi zum Ruhen gekommen sei. Die Aufhebung der Bewilligung und Rückforderung überzahlter Leistungen sei daher zu Recht erfolgt.
Zur Begründung der dagegen zum Bayer. Landessozialgericht eingelegten Berufung hat der Kläger vorgetragen, nach § 13 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) habe der Leiharbeitnehmer einen Auskunftsanspruch danach, wie vergleichbare Arbeitnehmer beim Entleiher vergütet würden, und im Regelfall auch Anspruch darauf, ebenso vergütet zu werden (§ 3 Abs 1 Nr 3 AÜG). Er habe nur sein Recht aus dem für allgemeinverbindlich erklärten Bayer. Tarifvertrag des Transportgewerbes geltend gemacht. Ein befristetes Arbeitsverhältnis von höchstens sechs Wochen sei nicht beabsichtigt gewesen.
Der Kläger beantragt, das Urteil des SG Nürnberg vom 12.05.2005 sowie den Bescheid vom 16.03.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.10.2004 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Aufgrund eines vorangegangenen Bewerbungstrainings hätte der Kläger wissen müssen, dass er im Bewerbungsschreiben nicht nur Forderungen aufstellen könne, sondern Interesse an einer ihm nach langer Arbeitslosigkeit zumutbaren Beschäftigung bekunden müsse. Aus § 13 AÜG ergebe sich lediglich ein Auskunftsanspruch gegenüber einem Entleiher, nicht aber gegenüber seinem potenziellen Arbeitgeber, dem Verleiher. Im Übrigen sei seine Formulierung im Bewerbungsschreiben keine Frage, sondern eine Forderung. Schlechte Erfahrungen mit früheren Arbeitgebern rechtfertigten dieses Verhalten nicht. Die Verletzung von Regelungen des AÜG (z.B. Gleichstellungsgebot) führe zudem lediglich zu Maßnahmen im Rahmen der Erlaubniserteilung an einen potenziellen Arbeitgeber, rechtfertige aber keine Forderungen des Arbeitnehmers.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogene Verwaltungsakte sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) ist zulässig, aber nicht begründet. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das SG die Klage abgewiesen. Der Bescheid vom 16.03.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.10.2004 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Eine Sperrzeit von sechs Wochen ist eingetreten. Die Bewilligung von Alhi für die Zeit vom 25.11.2003 bis 05.01.2004 war aufzuheben und überzahlte Leistungen zu erstatten.
Rechtsgrundlage für die Aufhebung der Bewilligung (Bescheid vom 04.11.2003) stellt § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 4 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) dar. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass des Verwaltungsaktes vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben, soweit der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Eine wesentliche Änderung liegt ab dem 25.11.2003 vor, denn der Anspruch auf Alhi ruht gemäß § 198 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) i.V.m. § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 2, Abs 2 Satz 2 SGB III in der vom 01.01.2003 bis 05.08.2004 geltenden Fassung. Eine Sperrzeit von sechs Wochen ist gemäß § 144 Abs 4 Nr 2c SGB III eingetreten.
Nach § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGB III tritt eine Sperrzeit ein, wenn der Arbeitslose trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine von der Agentur für Arbeit unter Benennung des Arbeitgebers und der Art der Tätigkeit angebotene Beschäftigung nicht angenommen oder nicht angetreten oder die Anbahnung eines solchen Beschäftigungsverhältnisses, insbesondere das Zustandekommen eines Vorstellungsgespräches, durch sein Verhalten verhindert (Sperrzeit wegen Arbeitsablehnung) hat, ohne für sein Verhalten einen wichtigen Grund zu haben. Der Arbeitslose hat die für die Beurteilung eines wichtigen Grundes maßgebenden Tatsachen darzulegen und nachzuweisen, wenn diese in seiner Sphäre oder in seinem Verantwortungsbereich liegen (§ 144 Abs 1 Satz 2 SGB III).
Durch die Formulierung im Bewerbungsschreiben vom 24.11.2003 hat der Kläger das Zustandekommen eines Vorstellungsgespräches verhindert. Er hat in diesem Schreiben nicht auf seine Eigenschaften und Vorzüge hingewiesen, sondern allein Forderungen erhoben, die keinen Verhandlungsspielraum zuließen. Lediglich anderweitige Arbeitsbedingungen hätten bei einem Vorstellungsgespräch erörtert werden können. Nach Auffassung des Senats hat der Kläger diese Formulierungen bewusst gewählt. Dies ergibt sich bereits aus dem Verhalten des Klägers bei vorangegangenen Vermittlungsvorschlägen, die jeweils aus Gründen scheiterten, die im persönlichen bzw. familiären Bereich des Klägers lagen und auch bereits zu einem hier nicht angegriffenen, bestandskräftigen Eintritt einer Sperrzeit wegen Arbeitsablehnung von drei Wochen geführt haben. Bereits allein die Formulierung, es müsse u.a. eine Vergütung von 1.600,00 EUR gewährleistet sein, stellt eine eindeutige Forderung, nicht lediglich eine Frage oder einen Wunsch dar. Ein Arbeitgeber, der diesem Gehaltswunsch - aus welchen Gründen auch immer - nicht in vollem Umfang nachkommen will, wird den Kläger nicht zu einem Vorstellungsgespräch einladen. Aber auch die anderweitigen im Bewerbungsschreiben erhobenen Forderungen samt Hinweis auf die Familienverhältnisse entsprechen nicht dem Inhalt eines Bewerbungsschreibens eines an einer Stelle interessierten Arbeitslosen. Nachdem der Kläger ein Bewerbungstraining absolviert hatte, musste ihm die Wirkung seines Bewerbungsschreibens klar und deutlich sein.
Der Kläger hat auch keinen wichtigen Grund für sein Verhalten. Schlechte Erfahrungen allein rechtfertigen nicht diese Art der Formulierung. Die Regelung des § 13 AÜG in der vom 01.01.2003 bis 31.12.2003 geltenden Fassung greift nicht zu Gunsten des Klägers ein, denn dieser richtete seinen Auskunftsanspruch - soweit man die Forderung überhaupt als solchen ansehen will - an den potenziellen Verleiher, nicht aber an den Entleiher. Auch die Regelung des § 3 Abs 1 Nr 3 AÜG rechtfertigt das Verhalten des Klägers nicht, denn er wusste weder, ob der potenzielle Arbeitgeber als Verleiher einem Tarifvertrag unterworfen war, noch welcher Tarifvertrag für einen möglichen Entleiher anzuwenden war. Ob seine Forderung nach 1.600,00 EUR Nettogehalt daher gerechtfertigt war, konnte der Kläger im Zeitpunkt des "Auskunftsverlangens" nicht wissen. Im Übrigen darf langzeitarbeitslose Leiharbeitnehmern für bis zu sechs Wochen ein Nettoentgelt in Höhe der zuletzt gezahlten Alhi gewährt werden (§ 3 Abs 1 Nr 3 HS 2 AÜG). Ein von vorneherein zeitlich begrenztes Entleihverhältnis von höchstens sechs Wochen ist hierfür nicht Voraussetzung. Auch diese Umstände aber konnten dem potenziellen Arbeitgeber bei Abschluss eines Beschäftigungsverhältnisses mit dem Kläger nicht bekannt sein. Außerdem hatte der Kläger in dem Bewerbungsschreiben seine Gehaltsforderung nicht an einem Tarifvertrag ausgerichtet, sondern an der Größe seiner Familie orientiert und weitere Forderungen aufgestellt, die - entsprechend formuliert - Inhalt eines eventuellen Vorstellungsgespräches, aber nicht Inhalt eines Bewerbungsschreibens sein können.
Hinsichtlich der Zumutbarkeit des angebotenen Beschäftigungsverhältnisses (§ 121 Abs 3 Satz 3 SGB III) wird gemäß § 153 Abs 2 SGG auf die Ausführungen des SG Bezug genommen.
Die Sperrzeit beginnt mit dem Tag nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet (§ 144 Abs 2 Satz 1 SGB III). Dieses Ereignis stellt vorliegend die Abgabe des Bewerbungsschreibens vom 24.11.2003 dar, das nach Angabe der Fa.F. am gleichen Tage dort einging. Der Beginn der Sperrzeit ist somit von der Beklagten zutreffend auf den 25.11.2003 festgestellt worden.
Es handelt sich um die zweite Ablehnung eines Arbeitsverhältnisses, so dass auch die Dauer der Sperrzeit mit sechs Wochen von der Beklagten zutreffend festgestellt worden ist (§ 144 Abs 4 Nr 2c SGB III). Auf das Vorliegen einer besonderen Härte gemäß § 144 Abs 3 Nr 2b SGB III ist daher nicht gesondert einzugehen. Eine weitere Verkürzung der Sperrzeit auf weniger als sechs Wochen kommt nämlich nicht in Betracht.
Infolge des Eintritts der Sperrzeit ruht der Anspruch auf Alhi für die Zeit vom 25.11.2003 bis 05.01.2004.
Die Beklagte hat die Bewilligung von Alhi auch zutreffend mit Wirkung für die Vergangenheit gemäß § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 4 SGB X aufgehoben, denn der Kläger wusste, bzw. wusste nicht, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt (Bewilligung von Alhi) ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist. Er war nämlich über die Folgen der Ablehnung des Beschäftigungsverhältnisses auf der Rückseite des Arbeitsangebotes durch die entsprechende Rechtsfolgenbelehrung ausreichend informiert worden. Daran, dass diese - auch zutreffend - erteilt wurde, bestehen mangels anderweitiger Anhaltspunkte keine Zweifel. Auch aus dem ihm bei seiner Arbeitslosmeldung vom 29.10.2003 ausgehändigten Merkblatt 1 für Arbeitslose, dessen Erhalt und Kenntnisnahme der Kläger unterschriftlich bestätigt hat, musste ihm ohne Weiteres einleuchten, dass der Anspruch auf Alhi bei Eintritt einer Sperrzeit ruht. Er war über die Folgen der Ablehnung eines Beschäftigungsverhältnisses ausreichend informiert worden. Ihm musste es ohne Weiteres einleuchten, dass er durch sein Verhalten das Zustandekommen eines solchen Beschäftigungsverhältnisses verhindert. Anhaltspunkte dafür, dass er persönlich nicht dazu in der Lage gewesen wäre, dies zu erkennen (subjektiver Sorgfaltsmaßstab), fehlen.
Die Aufhebung der Bewilligung ist somit zu Recht erfolgt. In der Aufhebungsentscheidung hat die Beklagte kein Ermessen auszuüben (§ 330 Abs 3 SGB III). Die weiteren Voraussetzungen zur Aufhebung der Bewilligung liegen vor. Eine Anhörung ist erfolgt. Die Erstattungsforderung findet ihre Rechtsgrundlage in § 50 Abs 1 SGB X.
Nach alledem ist die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) wegen Eintritts einer sechswöchigen Sperrzeit (25.11.2003 - 05.01.2004) sowie die Rückforderung überzahlter Leistungen in Höhe von 1.319,53 EUR.
Der 1968 geborene Kläger bezog nach Erschöpfung des Anspruches auf Arbeitslosengeld Alhi (Leistungssatz zuletzt: 31,34 EUR täglich, letzter Bewilligungsbescheid vom 04.11.2003 für die Zeit ab 29.10.2003). Vom 31.07.2003 bis 20.08.2003 trat eine dreiwöchige Sperrzeit wegen Nichtmeldung beim potenziellen Arbeitgeber ein. Die Ablehnung eines weiteren Vermittlungsvorschlages blieb folgenlos bzw. weitere angebotene Arbeitsverhältnisse kamen nicht zustande. Nach einer Zwischenbeschäftigung vom 15.10.2003 und der Weiterbewilligung von Alhi ab 29.10.2003 erklärte die Fa.F. GmbH & Co. KG Personalleasing (im Folgenden: Fa.F.) am 27.11.2003, der Kläger habe sich auf einen Vermittlungsvorschlag vom 20.11.2003 hin am 24.11.2003 gemeldet, er habe jedoch statt der gebotenen 1.350,00 EUR ein monatliches Nettogehalt von 1.600,00 EUR gefordert. Eine Übereinstimmung habe nicht erzielt werden können. Der Kläger führte hierzu aus, er habe nach schlechten Erfahrungen mit Arbeitgebern bereits bei der schriftlichen Bewerbung vom 24.11.2003 Rahmenbedingungen beschrieben und die erwartete Vergütung und weitere Ansprüche (Urlaub, überregionale Einsätze, Fahrtkostenerstattung) angesprochen, die gewährleistet sein müssten.
Mit Bescheid vom 16.03.2004 stellte die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit von sechs Wochen (25.11.2003 - 05.01.2004) fest. Der Kläger habe das Zustandekommen eines angebotenen und zumutbaren Beschäftigungsverhältnisses trotz erfolgter Rechtsfolgenbelehrung durch Forderungen im Bewerbungsschreiben vereitelt, ohne hierfür einen wichtigen Grund zu haben. Dies stehe einer Arbeitsablehnung gleich. Die Dauer der Sperrzeit betrage sechs Wochen, nachdem bereits eine Sperrzeit von drei Wochen eingetreten sei. Die Bewilligung von Alhi werde aufgehoben. Der Kläger habe aufgrund des ausgehändigten Merkblattes zumindest grob fahrlässig nicht gewusst, dass der Anspruch auf Alhi zum Ruhen gekommen sei und er habe überzahlte Leistungen in Höhe von 1.319,53 EUR zu erstatten. Es werde aufgerechnet mit laufenden Leistungen. Den Widerspruch hiergegen, mit dem der Kläger geltend machte, er dürfe nach dem Verdienst fragen, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13.10.2004 zurück.
Dagegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben. Das SG hat die Klage mit Urteil vom 12.05.2005 abgewiesen. Der Kläger habe das Zustandekommen eines Beschäftigungsverhältnisses aufgrund eines ausreichend bestimmten, zumutbaren und mit Rechtsfolgenbelehrung versehenen Arbeitsangebotes durch sein Verhalten verhindert. Bei Langzeitarbeitslosen - wie vorliegend - müsse das erzielbare Gehalt zumindest der Alhi entsprechen. Insbesondere Leiharbeit sei für Langzeitarbeitslose derzeit eine gute Möglichkeit zur Wiedereingliederung, wobei sich dies beim Kläger nach mehrfachen vergeblichen Vermittlungsbemühungen der Beklagten als schwierig herausgestellt habe. Der Kläger habe mit seinem Bewerbungsschreiben - u.a. wegen zu hoher Gehaltsforderungen - einen potenziellen Arbeitgeber abgeschreckt. Er hätte zunächst ein Bewerbungsgespräch mit genaueren Angaben zur Tätigkeit abwarten müssen. Die Dauer der Sperrzeit sei gerechtfertigt, nachdem bereits eine Sperrzeit von drei Wochen eingetreten sei. Der Kläger musste aufgrund der Rechtsfolgenbelehrung und des ausgehändigten Merkblattes wissen, dass sein Anspruch auf Alhi zum Ruhen gekommen sei. Die Aufhebung der Bewilligung und Rückforderung überzahlter Leistungen sei daher zu Recht erfolgt.
Zur Begründung der dagegen zum Bayer. Landessozialgericht eingelegten Berufung hat der Kläger vorgetragen, nach § 13 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) habe der Leiharbeitnehmer einen Auskunftsanspruch danach, wie vergleichbare Arbeitnehmer beim Entleiher vergütet würden, und im Regelfall auch Anspruch darauf, ebenso vergütet zu werden (§ 3 Abs 1 Nr 3 AÜG). Er habe nur sein Recht aus dem für allgemeinverbindlich erklärten Bayer. Tarifvertrag des Transportgewerbes geltend gemacht. Ein befristetes Arbeitsverhältnis von höchstens sechs Wochen sei nicht beabsichtigt gewesen.
Der Kläger beantragt, das Urteil des SG Nürnberg vom 12.05.2005 sowie den Bescheid vom 16.03.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.10.2004 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Aufgrund eines vorangegangenen Bewerbungstrainings hätte der Kläger wissen müssen, dass er im Bewerbungsschreiben nicht nur Forderungen aufstellen könne, sondern Interesse an einer ihm nach langer Arbeitslosigkeit zumutbaren Beschäftigung bekunden müsse. Aus § 13 AÜG ergebe sich lediglich ein Auskunftsanspruch gegenüber einem Entleiher, nicht aber gegenüber seinem potenziellen Arbeitgeber, dem Verleiher. Im Übrigen sei seine Formulierung im Bewerbungsschreiben keine Frage, sondern eine Forderung. Schlechte Erfahrungen mit früheren Arbeitgebern rechtfertigten dieses Verhalten nicht. Die Verletzung von Regelungen des AÜG (z.B. Gleichstellungsgebot) führe zudem lediglich zu Maßnahmen im Rahmen der Erlaubniserteilung an einen potenziellen Arbeitgeber, rechtfertige aber keine Forderungen des Arbeitnehmers.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogene Verwaltungsakte sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) ist zulässig, aber nicht begründet. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das SG die Klage abgewiesen. Der Bescheid vom 16.03.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.10.2004 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Eine Sperrzeit von sechs Wochen ist eingetreten. Die Bewilligung von Alhi für die Zeit vom 25.11.2003 bis 05.01.2004 war aufzuheben und überzahlte Leistungen zu erstatten.
Rechtsgrundlage für die Aufhebung der Bewilligung (Bescheid vom 04.11.2003) stellt § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 4 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) dar. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass des Verwaltungsaktes vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben, soweit der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Eine wesentliche Änderung liegt ab dem 25.11.2003 vor, denn der Anspruch auf Alhi ruht gemäß § 198 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) i.V.m. § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 2, Abs 2 Satz 2 SGB III in der vom 01.01.2003 bis 05.08.2004 geltenden Fassung. Eine Sperrzeit von sechs Wochen ist gemäß § 144 Abs 4 Nr 2c SGB III eingetreten.
Nach § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGB III tritt eine Sperrzeit ein, wenn der Arbeitslose trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine von der Agentur für Arbeit unter Benennung des Arbeitgebers und der Art der Tätigkeit angebotene Beschäftigung nicht angenommen oder nicht angetreten oder die Anbahnung eines solchen Beschäftigungsverhältnisses, insbesondere das Zustandekommen eines Vorstellungsgespräches, durch sein Verhalten verhindert (Sperrzeit wegen Arbeitsablehnung) hat, ohne für sein Verhalten einen wichtigen Grund zu haben. Der Arbeitslose hat die für die Beurteilung eines wichtigen Grundes maßgebenden Tatsachen darzulegen und nachzuweisen, wenn diese in seiner Sphäre oder in seinem Verantwortungsbereich liegen (§ 144 Abs 1 Satz 2 SGB III).
Durch die Formulierung im Bewerbungsschreiben vom 24.11.2003 hat der Kläger das Zustandekommen eines Vorstellungsgespräches verhindert. Er hat in diesem Schreiben nicht auf seine Eigenschaften und Vorzüge hingewiesen, sondern allein Forderungen erhoben, die keinen Verhandlungsspielraum zuließen. Lediglich anderweitige Arbeitsbedingungen hätten bei einem Vorstellungsgespräch erörtert werden können. Nach Auffassung des Senats hat der Kläger diese Formulierungen bewusst gewählt. Dies ergibt sich bereits aus dem Verhalten des Klägers bei vorangegangenen Vermittlungsvorschlägen, die jeweils aus Gründen scheiterten, die im persönlichen bzw. familiären Bereich des Klägers lagen und auch bereits zu einem hier nicht angegriffenen, bestandskräftigen Eintritt einer Sperrzeit wegen Arbeitsablehnung von drei Wochen geführt haben. Bereits allein die Formulierung, es müsse u.a. eine Vergütung von 1.600,00 EUR gewährleistet sein, stellt eine eindeutige Forderung, nicht lediglich eine Frage oder einen Wunsch dar. Ein Arbeitgeber, der diesem Gehaltswunsch - aus welchen Gründen auch immer - nicht in vollem Umfang nachkommen will, wird den Kläger nicht zu einem Vorstellungsgespräch einladen. Aber auch die anderweitigen im Bewerbungsschreiben erhobenen Forderungen samt Hinweis auf die Familienverhältnisse entsprechen nicht dem Inhalt eines Bewerbungsschreibens eines an einer Stelle interessierten Arbeitslosen. Nachdem der Kläger ein Bewerbungstraining absolviert hatte, musste ihm die Wirkung seines Bewerbungsschreibens klar und deutlich sein.
Der Kläger hat auch keinen wichtigen Grund für sein Verhalten. Schlechte Erfahrungen allein rechtfertigen nicht diese Art der Formulierung. Die Regelung des § 13 AÜG in der vom 01.01.2003 bis 31.12.2003 geltenden Fassung greift nicht zu Gunsten des Klägers ein, denn dieser richtete seinen Auskunftsanspruch - soweit man die Forderung überhaupt als solchen ansehen will - an den potenziellen Verleiher, nicht aber an den Entleiher. Auch die Regelung des § 3 Abs 1 Nr 3 AÜG rechtfertigt das Verhalten des Klägers nicht, denn er wusste weder, ob der potenzielle Arbeitgeber als Verleiher einem Tarifvertrag unterworfen war, noch welcher Tarifvertrag für einen möglichen Entleiher anzuwenden war. Ob seine Forderung nach 1.600,00 EUR Nettogehalt daher gerechtfertigt war, konnte der Kläger im Zeitpunkt des "Auskunftsverlangens" nicht wissen. Im Übrigen darf langzeitarbeitslose Leiharbeitnehmern für bis zu sechs Wochen ein Nettoentgelt in Höhe der zuletzt gezahlten Alhi gewährt werden (§ 3 Abs 1 Nr 3 HS 2 AÜG). Ein von vorneherein zeitlich begrenztes Entleihverhältnis von höchstens sechs Wochen ist hierfür nicht Voraussetzung. Auch diese Umstände aber konnten dem potenziellen Arbeitgeber bei Abschluss eines Beschäftigungsverhältnisses mit dem Kläger nicht bekannt sein. Außerdem hatte der Kläger in dem Bewerbungsschreiben seine Gehaltsforderung nicht an einem Tarifvertrag ausgerichtet, sondern an der Größe seiner Familie orientiert und weitere Forderungen aufgestellt, die - entsprechend formuliert - Inhalt eines eventuellen Vorstellungsgespräches, aber nicht Inhalt eines Bewerbungsschreibens sein können.
Hinsichtlich der Zumutbarkeit des angebotenen Beschäftigungsverhältnisses (§ 121 Abs 3 Satz 3 SGB III) wird gemäß § 153 Abs 2 SGG auf die Ausführungen des SG Bezug genommen.
Die Sperrzeit beginnt mit dem Tag nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet (§ 144 Abs 2 Satz 1 SGB III). Dieses Ereignis stellt vorliegend die Abgabe des Bewerbungsschreibens vom 24.11.2003 dar, das nach Angabe der Fa.F. am gleichen Tage dort einging. Der Beginn der Sperrzeit ist somit von der Beklagten zutreffend auf den 25.11.2003 festgestellt worden.
Es handelt sich um die zweite Ablehnung eines Arbeitsverhältnisses, so dass auch die Dauer der Sperrzeit mit sechs Wochen von der Beklagten zutreffend festgestellt worden ist (§ 144 Abs 4 Nr 2c SGB III). Auf das Vorliegen einer besonderen Härte gemäß § 144 Abs 3 Nr 2b SGB III ist daher nicht gesondert einzugehen. Eine weitere Verkürzung der Sperrzeit auf weniger als sechs Wochen kommt nämlich nicht in Betracht.
Infolge des Eintritts der Sperrzeit ruht der Anspruch auf Alhi für die Zeit vom 25.11.2003 bis 05.01.2004.
Die Beklagte hat die Bewilligung von Alhi auch zutreffend mit Wirkung für die Vergangenheit gemäß § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 4 SGB X aufgehoben, denn der Kläger wusste, bzw. wusste nicht, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt (Bewilligung von Alhi) ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist. Er war nämlich über die Folgen der Ablehnung des Beschäftigungsverhältnisses auf der Rückseite des Arbeitsangebotes durch die entsprechende Rechtsfolgenbelehrung ausreichend informiert worden. Daran, dass diese - auch zutreffend - erteilt wurde, bestehen mangels anderweitiger Anhaltspunkte keine Zweifel. Auch aus dem ihm bei seiner Arbeitslosmeldung vom 29.10.2003 ausgehändigten Merkblatt 1 für Arbeitslose, dessen Erhalt und Kenntnisnahme der Kläger unterschriftlich bestätigt hat, musste ihm ohne Weiteres einleuchten, dass der Anspruch auf Alhi bei Eintritt einer Sperrzeit ruht. Er war über die Folgen der Ablehnung eines Beschäftigungsverhältnisses ausreichend informiert worden. Ihm musste es ohne Weiteres einleuchten, dass er durch sein Verhalten das Zustandekommen eines solchen Beschäftigungsverhältnisses verhindert. Anhaltspunkte dafür, dass er persönlich nicht dazu in der Lage gewesen wäre, dies zu erkennen (subjektiver Sorgfaltsmaßstab), fehlen.
Die Aufhebung der Bewilligung ist somit zu Recht erfolgt. In der Aufhebungsentscheidung hat die Beklagte kein Ermessen auszuüben (§ 330 Abs 3 SGB III). Die weiteren Voraussetzungen zur Aufhebung der Bewilligung liegen vor. Eine Anhörung ist erfolgt. Die Erstattungsforderung findet ihre Rechtsgrundlage in § 50 Abs 1 SGB X.
Nach alledem ist die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
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