Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
11
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 1 SO 33/05 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 B 275/05 SO ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Der Beschluss des Sozialgerichts Regensburg vom 19.05.2005 wird aufgehoben.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten um die vorläufige Kostenübernahme für die Unterbringung der Antragstellerin (Ast) im Mutter-Kind-Haus M. in M. für den Zeitraum ab Eintritt in die Einrichtung bis zum 31.08.2005.
Die 1982 geborene Ast steht unter vorläufiger Betreuung. Ab dem 25.02.2005 befand sie sich wegen einer seelischen Erkrankung zur stationären Behandlung im Bezirksklinikum R ... Am 18.04.2005 gebar sie ihre Tochter, die mangels Versorgungsmöglichkeit im Bezirksklinikum R. bei einer Bereitschaftspflegefamilie untergebracht worden ist.
Ausweislich einer Telefonnotiz vom 05.04.2005 unterrichtete die Betreuerin der Ast den beigeladenen Jugendhilfeträger dahin, dass der voraussichtliche Entbindungstermin der 20.04.2005 sei und die Ast danach ca 1 Woche im Krankenhaus verbleiben könne, falls sich insoweit noch keine Maßnahmen ergeben haben. Ein Rooming-in im Bezirkskrankenhaus sei möglich. Die Betreuerin schlug dem Beigeladenen die Unterbringung der Ast mit ihrem Kind in einer Mutter-Kind-Einrichtung in M. vor. Diese Einrichtung würden Eltern/Mütter aufnehmen, die psychisch erkrankt seien. Die Ast sei mit einer dortigen Unterbringung einverstanden. Die Betreuerin sicherte die Übersendung von Unterlagen über die Einrichtung zu.
Mit Schreiben vom 11.04.2005 bzw 12.04.2005 wandte sich die Betreuerin daraufhin sowohl an den Beigeladenen als auch an den Antragsgegner (Ag) mit der Bitte um Übernahme der Betreuungskosten im Haus M. für die Ast und das erwartete Kind. Zudem beantragte sie Hilfe zum Lebensunterhalt für Mutter und Kind bzw sonstigte benötigte Hilfe. Den beim Ag eingegangenen Sozialhilfeantrag vom 12.04.2005 reichte der Ag an den Beiladenen mit Begleitschreiben vom 22.04.2005 gemäß § 14 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) zur zuständigen Erledigung als zweitangegangener Leistungsträger weiter mit dem Hinweis, dass für die an das Kind gewährende Hilfe ausschließlich Leistungen nach dem SGB VIII in Betracht kämen. Außerdem wurde gebeten, zu prüfen, ob auch für die Kosten der Unterbringung der Ast im Haus M. nach § 19 SGB VIII der Jugendhilfeträger zuständig sei. Abschließend erfolgte die Bitte, gegebenenfalls gemäß § 14 Abs 2 SGB IX in Vorleistung zu treten.
Mit Bescheid vom 27.04.2005 gewährte der Beigeladene für das 2005 geborene Kind der Ast Hilfe zur Erziehung in Form der Unterbringung in der intensiv betreuten Übergangseinrichtung für psychisch kranke Mütter und ihre Kinder "Haus M." in M. unter der Bedingung der gleichzeitigen Aufnahme der Kindesmutter. Die für die Hilfe an das Kind anfallenden Kosten in Höhe des derzeitigen Tagessatzes von 86,80 EUR trage der Beigeladene. Das Kind und dessen Eltern seien zu den Kosten der Heimunterbringung gemäß § 91 Abs 1 Nr 4 c SGB VIII heranzuziehen.
Hinsichtlich der Übernahme der Unterbringungskosten für die Ast erklärte sich der Beigeladene, wie auch der Ag, unzuständig.
Am 13.05. beantragte die Betreuerin für die Ast beim Sozialgericht Regensburg (SG), einen der beiden Kostenträger (Kreisjugendamt A. bzw Bezirk Oberpfalz Sozialhilfeverwaltung) zu einer vorläufigen Kostenübernahme für das Mutter-Kind-Haus M. in M. nach § 43 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) bzw nach § 14 Abs 2 SGB IX zu verpflichten.
Das SG lud in dem gegen den Ag gerichteten Verfahren unter dem Az: S 1 SO 33/05 ER den Beigeladenen bei. In einem weiteren Verfahren, mit dem sich die Ast gegen den Landkreis A. im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes unter dem Az: S 1 SO 34/05 ER als Ag wandte, lud es den Bezirk Oberpfalz bei. Im letztgenannten gegen den Landkreis A. gerichteten Verfahren kündigte das SG die Verweisung an das Verwaltungsgericht R. an, woraufhin die Betreuerin der Ast den Eilantrag insoweit zurücknahm. Das beim SG anhängige Antragsverfahren unter dem Az: S 1 SO 34/05 ER fand damit seine Erledigung.
In dem gegen den Bezirk Oberpfalz gerichteten Antragsverfahren Az: S 1 SO 33/05 ER beantragte der Ag, den Antrag abzuweisen.
Die Unterbringung der Ast sei nicht als Maßnahme der Eingliederungshilfe nach dem Sozialhilferecht, sondern als Erziehungshilfe nach § 19 Achtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) erforderlich.
Mit Beschluss vom 19.05.2005 verpflichtete das SG den Ag, der Ast für die Zeit ab Eintritt in die Mutter-Kind-Einrichtung Haus M. in M. bis zum 31.08.2005 vorläufig Eingliederungshilfe durch Übernahme der Kosten ihrer stationären Betreuung zu gewähren. Die Anspruchsgrundlage ergebe sich aus §§ 53 ff Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII). Es sei zwischen den Beteiligten unstreitig, dass der Ast, sofern sie ohne ihr Kind in einer therapeutischen Wohngemeinschaft unterzubringen wäre, im Rahmen der Eingliederungshilfe Hilfe zu leisten wäre. Daneben bestehe kein gleichzeitiger Anspruch der Ast gegenüber dem Beigeladenen auf Eingliederungshilfe nach § 41 iVm § 35 a SGB VIII. Auch ein Anspruch gemäß § 19 SGB VIII habe eine andere Zielrichtung als die Hilfe gemäß §§ 53 ff SGB XII. Die weiter aufgeworfene Frage, ob sich die Zuständigkeit des Beigeladenen aus § 14 SGB IX als zweitangegangenen Leistungsträger ergebe, beantworte sich aus dem Charakter der Hilfe gemäß § 19 SGB VIII. Da diese Hilfe keine Eingliederungshilfe darstelle, komme für sie auch nicht die Zuständigkeitsregelung des § 14 SGB IX zur Anwendung. Dem Wesen des vorläufigen Rechtsschutzes entspreche es im Übrigen, die Verpflichtung des Ag auf den Zeitraum bis zum 31.08.2005 zu beschränken.
Hiergegen wendet sich der Ag mit seiner beim SG am 03.06.2005 eingegangenen Beschwerde. Ursache der erforderlichen Unterbringung der Ast sei nicht die seelische Behinderung, sondern die Geburt des Kindes. Nach § 10 Abs 2 SGB VIII gingen Leistungen nach dem SGB VIII den Leistungen nach dem SGB XII vor. Die Kriterien des § 19 SGB VIII seien erfüllt. Die Vorschrift sei insoweit vorrangig. Der Jugendhilfeträger sei letztlich vorrangig leistungspflichtig.
Er beantragt deshalb, den Beschluss des SG vom 19.05. aufzuheben.
Der beigeladene Jugendhilfeträger tritt dem entgegen. Ursache für den Hilfebedarf der Ast sei eine seelische Behinderung. Die Anspruchsvoraussetzungen nach § 41 SGB VIII seien nicht erfüllt, weil die Ast zum einen bereits 22 Jahre alt sei. Eine Fortsetzungshilfe komme ebenfalls nicht in Betracht. § 19 SGB VIII unterliege als eigenständige Anspruchsgrundlage nicht der Vorleistungspflicht nach § 14 SGB IX er sei mithin nicht zur Leistung verpflichtet.
Der Beigeladene beantragt, die Beschwerde des Ag zurückzuweisen.
Die Ast hat im Beschwerdeverfahren darüber hinaus nicht substanziiert Stellung genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten in beiden Instanzen sowie auf die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Das SG hat ihr nicht abgeholfen (§ 174 SGG).
Der Zulässigkeit der Beschwerde steht insbesondere nicht entgegen, dass der streitgegenständliche Bewilligungszeitraum am 31.08.2005 abgelaufen ist. Das SG hat den Ag zur Gewährung von Eingliederungshilfe durch Übernahme der Kosten der stationären Unterbringung der Ast verpflichtet, so dass insoweit ein Rechtsgrund für die Leistung geschaffen wurde. Der Ag hat mithin ein Rechtsschutzbedürfnis auf Beseitigung dieser Rechtsgrundlage, auch wenn das SG im Tenor von einer vorläufigen Leistungsgewährung spricht.
Die Beschwerde ist zudem begründet.
Streitgegenständlich ist allein der von der Ast geltend gemachte Anspruch auf vorläufige Kostenübernahme nach § 43 SGB I oder aber § 14 Abs 2 SGB IX.
Bei der hier erforderlichen aber auch ausreichenden Überprüfung der Sach- und Rechtslage kommt der Senat zu dem Ergebnis, dass der Ag weder nach § 14 Abs 2 SGB IX noch nach § 43 SGB I in Vorleistung treten musste.
§ 14 SGB IX begründet keine Zuständigkeit des Ag, weil der Ag gemäß § 14 Abs 2 Satz 3 SGB IX den bei ihm eingegangenen Antrag auf Leistungen zur Teilhabe, wenn ein solcher in dem Antrag auf Kostenübernahme für die Mutter-Kind-Einrichtung vom 12.04.2005 überhaupt vorliegen sollte, innerhalb von 2 Wochen nach Antragseingang an den Beigeladenen als Rehabilitationsträger nach § 6 Abs 1 Nr 6 SGB IX weitergeleitet hat. Diese Weiterleitung erfolgte mit Schreiben vom 22.04.2005 unter Hinweis auf § 19 SGB IX, sowie erneut am 27.04.2005. Die Ablehnung der Übernahme der Kosten durch den Beigeladenen am 28.04.2005 führt nicht zur erneuten Leistungspflicht des Ag gemäß § 14 SGB IX (vgl zu alledem Götze, SGB IX, Stand: 2005, § 14 RdNrn 4 und 7).
Aber auch aus § 43 Abs 1 Satz 2 SGB I ergibt sich keine Pflicht des Ag, vorläufige Leistungen an die Ast zu erbringen. Zwar fällt der von der Ast geltend gemachte Anspruch unter dem Begriff der Sozialleistungen iS des § 43 Abs 1 SGB I, wobei eine Wahlfeststellung, welcher Leistungsanspruch in Frage kommt, hier zulässig ist (so auch Rolfs in Haucke/Haines, SGB I, Stand: 2003, § 43 RdNr 7). Auch liegt der negative Kompetenzkonflikt vor, weil sich beide Leistungsträger für unzuständig erklären, ohne dass ohne weiteres festzustellen wäre, dass der eine von beiden offenkundig nicht zuständig sein kann (so Rolfs, aaO RdNr 11). Mithin ergibt sich eine Leistungspflicht aus § 43 Abs 1 Satz 2 SGB I auf Gewährung vorläufiger Leistungen allein für den zuerst angegangenen Leistungsträger (vgl dazu BVerwGE 91, 177). Da die Betreuerin der Ast sich wegen einer vorläufigen Hilfeleistung, in diesem Sinne ist das Telefonant vom 05.04.2005 auszulegen, zuerst an den Beigeladenen gewandt hat, scheidet die Leistungspflicht des Ag nach § 43 Abs 1 Satz 2 SGB I aus.
Darüber hinaus findet sich im hier anhängigen Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes keine weitere Anspruchsnorm, nach der der Ag zu vorläufigen Leistungen verpflichtet sein könnte.
Demzufolge war der Beschluss des SG vom 19.05.2005 aufzuheben. Eine positive Feststellung einer Pflicht zur Gewährung vorläufiger Leistungen ist nicht veranlasst, weil zum einen der Beschwerdeantrag hierauf nicht zielt und zum anderen eine positive Feststellung einer vorläufigen Leistungspflicht für einen am 31.08.2005 abgelaufenen Bewilligungszeitraum nicht mehr eilbedürftig ist.
Sowohl dem Ag als auch dem Beigeladenen ist es zuzumuten, die Zuständigkeitsfragen in einem Hauptsacheverfahren zu klären, wobei für Leistungen nach SGB VIII (vgl dazu etwa Mrozynski, Kinder- und Jugendhilfe, 4. Auflage 2004, § 19 RdNr 9) allerdings die Sozialgerichtsbarkeit nicht zuständig ist. Zur Frage der Beiladung siehe Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage 2005, § 75 RdNr 12 mit Hinweis auf BSG SozSich 83, 27.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten um die vorläufige Kostenübernahme für die Unterbringung der Antragstellerin (Ast) im Mutter-Kind-Haus M. in M. für den Zeitraum ab Eintritt in die Einrichtung bis zum 31.08.2005.
Die 1982 geborene Ast steht unter vorläufiger Betreuung. Ab dem 25.02.2005 befand sie sich wegen einer seelischen Erkrankung zur stationären Behandlung im Bezirksklinikum R ... Am 18.04.2005 gebar sie ihre Tochter, die mangels Versorgungsmöglichkeit im Bezirksklinikum R. bei einer Bereitschaftspflegefamilie untergebracht worden ist.
Ausweislich einer Telefonnotiz vom 05.04.2005 unterrichtete die Betreuerin der Ast den beigeladenen Jugendhilfeträger dahin, dass der voraussichtliche Entbindungstermin der 20.04.2005 sei und die Ast danach ca 1 Woche im Krankenhaus verbleiben könne, falls sich insoweit noch keine Maßnahmen ergeben haben. Ein Rooming-in im Bezirkskrankenhaus sei möglich. Die Betreuerin schlug dem Beigeladenen die Unterbringung der Ast mit ihrem Kind in einer Mutter-Kind-Einrichtung in M. vor. Diese Einrichtung würden Eltern/Mütter aufnehmen, die psychisch erkrankt seien. Die Ast sei mit einer dortigen Unterbringung einverstanden. Die Betreuerin sicherte die Übersendung von Unterlagen über die Einrichtung zu.
Mit Schreiben vom 11.04.2005 bzw 12.04.2005 wandte sich die Betreuerin daraufhin sowohl an den Beigeladenen als auch an den Antragsgegner (Ag) mit der Bitte um Übernahme der Betreuungskosten im Haus M. für die Ast und das erwartete Kind. Zudem beantragte sie Hilfe zum Lebensunterhalt für Mutter und Kind bzw sonstigte benötigte Hilfe. Den beim Ag eingegangenen Sozialhilfeantrag vom 12.04.2005 reichte der Ag an den Beiladenen mit Begleitschreiben vom 22.04.2005 gemäß § 14 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) zur zuständigen Erledigung als zweitangegangener Leistungsträger weiter mit dem Hinweis, dass für die an das Kind gewährende Hilfe ausschließlich Leistungen nach dem SGB VIII in Betracht kämen. Außerdem wurde gebeten, zu prüfen, ob auch für die Kosten der Unterbringung der Ast im Haus M. nach § 19 SGB VIII der Jugendhilfeträger zuständig sei. Abschließend erfolgte die Bitte, gegebenenfalls gemäß § 14 Abs 2 SGB IX in Vorleistung zu treten.
Mit Bescheid vom 27.04.2005 gewährte der Beigeladene für das 2005 geborene Kind der Ast Hilfe zur Erziehung in Form der Unterbringung in der intensiv betreuten Übergangseinrichtung für psychisch kranke Mütter und ihre Kinder "Haus M." in M. unter der Bedingung der gleichzeitigen Aufnahme der Kindesmutter. Die für die Hilfe an das Kind anfallenden Kosten in Höhe des derzeitigen Tagessatzes von 86,80 EUR trage der Beigeladene. Das Kind und dessen Eltern seien zu den Kosten der Heimunterbringung gemäß § 91 Abs 1 Nr 4 c SGB VIII heranzuziehen.
Hinsichtlich der Übernahme der Unterbringungskosten für die Ast erklärte sich der Beigeladene, wie auch der Ag, unzuständig.
Am 13.05. beantragte die Betreuerin für die Ast beim Sozialgericht Regensburg (SG), einen der beiden Kostenträger (Kreisjugendamt A. bzw Bezirk Oberpfalz Sozialhilfeverwaltung) zu einer vorläufigen Kostenübernahme für das Mutter-Kind-Haus M. in M. nach § 43 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) bzw nach § 14 Abs 2 SGB IX zu verpflichten.
Das SG lud in dem gegen den Ag gerichteten Verfahren unter dem Az: S 1 SO 33/05 ER den Beigeladenen bei. In einem weiteren Verfahren, mit dem sich die Ast gegen den Landkreis A. im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes unter dem Az: S 1 SO 34/05 ER als Ag wandte, lud es den Bezirk Oberpfalz bei. Im letztgenannten gegen den Landkreis A. gerichteten Verfahren kündigte das SG die Verweisung an das Verwaltungsgericht R. an, woraufhin die Betreuerin der Ast den Eilantrag insoweit zurücknahm. Das beim SG anhängige Antragsverfahren unter dem Az: S 1 SO 34/05 ER fand damit seine Erledigung.
In dem gegen den Bezirk Oberpfalz gerichteten Antragsverfahren Az: S 1 SO 33/05 ER beantragte der Ag, den Antrag abzuweisen.
Die Unterbringung der Ast sei nicht als Maßnahme der Eingliederungshilfe nach dem Sozialhilferecht, sondern als Erziehungshilfe nach § 19 Achtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) erforderlich.
Mit Beschluss vom 19.05.2005 verpflichtete das SG den Ag, der Ast für die Zeit ab Eintritt in die Mutter-Kind-Einrichtung Haus M. in M. bis zum 31.08.2005 vorläufig Eingliederungshilfe durch Übernahme der Kosten ihrer stationären Betreuung zu gewähren. Die Anspruchsgrundlage ergebe sich aus §§ 53 ff Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII). Es sei zwischen den Beteiligten unstreitig, dass der Ast, sofern sie ohne ihr Kind in einer therapeutischen Wohngemeinschaft unterzubringen wäre, im Rahmen der Eingliederungshilfe Hilfe zu leisten wäre. Daneben bestehe kein gleichzeitiger Anspruch der Ast gegenüber dem Beigeladenen auf Eingliederungshilfe nach § 41 iVm § 35 a SGB VIII. Auch ein Anspruch gemäß § 19 SGB VIII habe eine andere Zielrichtung als die Hilfe gemäß §§ 53 ff SGB XII. Die weiter aufgeworfene Frage, ob sich die Zuständigkeit des Beigeladenen aus § 14 SGB IX als zweitangegangenen Leistungsträger ergebe, beantworte sich aus dem Charakter der Hilfe gemäß § 19 SGB VIII. Da diese Hilfe keine Eingliederungshilfe darstelle, komme für sie auch nicht die Zuständigkeitsregelung des § 14 SGB IX zur Anwendung. Dem Wesen des vorläufigen Rechtsschutzes entspreche es im Übrigen, die Verpflichtung des Ag auf den Zeitraum bis zum 31.08.2005 zu beschränken.
Hiergegen wendet sich der Ag mit seiner beim SG am 03.06.2005 eingegangenen Beschwerde. Ursache der erforderlichen Unterbringung der Ast sei nicht die seelische Behinderung, sondern die Geburt des Kindes. Nach § 10 Abs 2 SGB VIII gingen Leistungen nach dem SGB VIII den Leistungen nach dem SGB XII vor. Die Kriterien des § 19 SGB VIII seien erfüllt. Die Vorschrift sei insoweit vorrangig. Der Jugendhilfeträger sei letztlich vorrangig leistungspflichtig.
Er beantragt deshalb, den Beschluss des SG vom 19.05. aufzuheben.
Der beigeladene Jugendhilfeträger tritt dem entgegen. Ursache für den Hilfebedarf der Ast sei eine seelische Behinderung. Die Anspruchsvoraussetzungen nach § 41 SGB VIII seien nicht erfüllt, weil die Ast zum einen bereits 22 Jahre alt sei. Eine Fortsetzungshilfe komme ebenfalls nicht in Betracht. § 19 SGB VIII unterliege als eigenständige Anspruchsgrundlage nicht der Vorleistungspflicht nach § 14 SGB IX er sei mithin nicht zur Leistung verpflichtet.
Der Beigeladene beantragt, die Beschwerde des Ag zurückzuweisen.
Die Ast hat im Beschwerdeverfahren darüber hinaus nicht substanziiert Stellung genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten in beiden Instanzen sowie auf die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Das SG hat ihr nicht abgeholfen (§ 174 SGG).
Der Zulässigkeit der Beschwerde steht insbesondere nicht entgegen, dass der streitgegenständliche Bewilligungszeitraum am 31.08.2005 abgelaufen ist. Das SG hat den Ag zur Gewährung von Eingliederungshilfe durch Übernahme der Kosten der stationären Unterbringung der Ast verpflichtet, so dass insoweit ein Rechtsgrund für die Leistung geschaffen wurde. Der Ag hat mithin ein Rechtsschutzbedürfnis auf Beseitigung dieser Rechtsgrundlage, auch wenn das SG im Tenor von einer vorläufigen Leistungsgewährung spricht.
Die Beschwerde ist zudem begründet.
Streitgegenständlich ist allein der von der Ast geltend gemachte Anspruch auf vorläufige Kostenübernahme nach § 43 SGB I oder aber § 14 Abs 2 SGB IX.
Bei der hier erforderlichen aber auch ausreichenden Überprüfung der Sach- und Rechtslage kommt der Senat zu dem Ergebnis, dass der Ag weder nach § 14 Abs 2 SGB IX noch nach § 43 SGB I in Vorleistung treten musste.
§ 14 SGB IX begründet keine Zuständigkeit des Ag, weil der Ag gemäß § 14 Abs 2 Satz 3 SGB IX den bei ihm eingegangenen Antrag auf Leistungen zur Teilhabe, wenn ein solcher in dem Antrag auf Kostenübernahme für die Mutter-Kind-Einrichtung vom 12.04.2005 überhaupt vorliegen sollte, innerhalb von 2 Wochen nach Antragseingang an den Beigeladenen als Rehabilitationsträger nach § 6 Abs 1 Nr 6 SGB IX weitergeleitet hat. Diese Weiterleitung erfolgte mit Schreiben vom 22.04.2005 unter Hinweis auf § 19 SGB IX, sowie erneut am 27.04.2005. Die Ablehnung der Übernahme der Kosten durch den Beigeladenen am 28.04.2005 führt nicht zur erneuten Leistungspflicht des Ag gemäß § 14 SGB IX (vgl zu alledem Götze, SGB IX, Stand: 2005, § 14 RdNrn 4 und 7).
Aber auch aus § 43 Abs 1 Satz 2 SGB I ergibt sich keine Pflicht des Ag, vorläufige Leistungen an die Ast zu erbringen. Zwar fällt der von der Ast geltend gemachte Anspruch unter dem Begriff der Sozialleistungen iS des § 43 Abs 1 SGB I, wobei eine Wahlfeststellung, welcher Leistungsanspruch in Frage kommt, hier zulässig ist (so auch Rolfs in Haucke/Haines, SGB I, Stand: 2003, § 43 RdNr 7). Auch liegt der negative Kompetenzkonflikt vor, weil sich beide Leistungsträger für unzuständig erklären, ohne dass ohne weiteres festzustellen wäre, dass der eine von beiden offenkundig nicht zuständig sein kann (so Rolfs, aaO RdNr 11). Mithin ergibt sich eine Leistungspflicht aus § 43 Abs 1 Satz 2 SGB I auf Gewährung vorläufiger Leistungen allein für den zuerst angegangenen Leistungsträger (vgl dazu BVerwGE 91, 177). Da die Betreuerin der Ast sich wegen einer vorläufigen Hilfeleistung, in diesem Sinne ist das Telefonant vom 05.04.2005 auszulegen, zuerst an den Beigeladenen gewandt hat, scheidet die Leistungspflicht des Ag nach § 43 Abs 1 Satz 2 SGB I aus.
Darüber hinaus findet sich im hier anhängigen Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes keine weitere Anspruchsnorm, nach der der Ag zu vorläufigen Leistungen verpflichtet sein könnte.
Demzufolge war der Beschluss des SG vom 19.05.2005 aufzuheben. Eine positive Feststellung einer Pflicht zur Gewährung vorläufiger Leistungen ist nicht veranlasst, weil zum einen der Beschwerdeantrag hierauf nicht zielt und zum anderen eine positive Feststellung einer vorläufigen Leistungspflicht für einen am 31.08.2005 abgelaufenen Bewilligungszeitraum nicht mehr eilbedürftig ist.
Sowohl dem Ag als auch dem Beigeladenen ist es zuzumuten, die Zuständigkeitsfragen in einem Hauptsacheverfahren zu klären, wobei für Leistungen nach SGB VIII (vgl dazu etwa Mrozynski, Kinder- und Jugendhilfe, 4. Auflage 2004, § 19 RdNr 9) allerdings die Sozialgerichtsbarkeit nicht zuständig ist. Zur Frage der Beiladung siehe Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage 2005, § 75 RdNr 12 mit Hinweis auf BSG SozSich 83, 27.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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