L 11 B 349/05 SO ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
11
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 51 SO 54/05 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 B 349/05 SO ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss vom 28.04.2005, mit dem das Sozialgericht München den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt hat, wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:

I.

Der 1939 geborene Antragsteller (Ast) erhielt bis zum 31.12.2004 vom Antragsgegner (Ag) Leistungen nach dem Gesetz über eine bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (GSiG), zuletzt in Höhe von monatlich 395,55 EUR.

Mit Schriftsatz vom 08.11.2004 beantragte er beim Verwaltungsgericht München, den Ag im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm ab 01.11.2004 weiterhin monatlich Grundsicherung in Höhe von 443,55 EUR sowie ein monatliches Wohngeld in Höhe von 175,00 EUR zu bewilligen.

Mit "Erstbescheid" vom 22.12.2004 bewilligte der Ag auf Antrag des Ast diesem für den Zeitraum vom 01.01.2005 bis zum 30.06.2005 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) in Höhe von monatlich 483,00 EUR. Bei der Bedarfberechnung wurden ein Regelsatz in Höhe von 273,00 EUR sowie Unterkunftskosten in Höhe von 210,00 EUR berücksichtigt. Hiergegen erhob der Ast Widerspruch, über den - soweit ersichtlich - noch nicht entschieden worden ist.

Im Hinblick auf diesen Bescheid vom 22.12.2004 erweiterte der Ast mit Schreiben vom 18.01.2005 seinen Eilantrag beim Verwaltungsgericht München und beantragte hierauf bezogen, den Ag außerdem im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm ab dem 01.01.2005 monatliche Grundsicherung in Höhe von 590,75 EUR zu bewilligen.

Der Ag beantragte, den Antrag abzulehnen.

Mit Beschluss vom 31.01.2005 lehnte das Verwaltungsgericht München den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung für den Zeitraum vom 01.11.2004 bis einschließlich 31.12.2004 ab und verwies den ab dem 01.01.2005 geltend gemachten Anspruch an das Sozialgericht München (SG).

Das SG München lehnte seinerseits mit Beschluss vom 28.04.2005 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab. Der Ast habe keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Es sei nicht ersichtlich, welche wesentlichen Nachteile ihm durch die reduzierte Hilfegewährung entstehen könnten. Insbesondere sei der Verlust seiner Unterkunft nicht glaubhaft gemacht. Dem Ast sei es zuzumuten, den Ausgang des Widerspruchsverfahrens abzuwarten.

Hiergegen wendet sich der Ast mit seiner beim SG am 03.06.2005 eingegangenen Beschwerde, die er erst mit Schriftsatz vom 19.07.2005, eingegangen beim Bayer. Landessozialgericht am 21.07.2005, begründet hat.

Der Ag tritt der Beschwerde mit Schriftsatz vom 01.08.2005 entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten in beiden Instanzen sowie auf die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Das SG hat ihr nicht abgeholfen (§ 174 SGG).

Die Beschwerde ist jedoch unbegründet, weil das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Recht abgelehnt hat.

Eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis (Regelungsanordnung) ist zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86 b Abs 2 Satz 2 SGG). Das ist etwa dann der Fall, wenn dem Ast ohne eine solche Anordnung schwere oder unzumutbare, nicht anders abwendbare Nachteile entstehen, zu deren Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (so BVerfG vom 25.10.1988 BVerfGE 79,69/74 und vom 19.10.1977 BVerfGE 46, 166/179; Niesel, Der Sozialgerichtsprozess, 4. Auflage 2005, Rdnr 643).

Eine solche Regelungsanordnung setzt aber voraus, dass der Ast Angaben zum Vorliegen eines Anordnungsgrundes - das ist in der Regel die Eilbedüftigkeit - und zum Vorliegen eines Anordnungsanspruches - das ist der materiell-rechtliche Anspruch, auf den er sein Begehren stützt - glaubhaft machen kann (§ 86 b Abs 2 Sätze 2, 4 SGG iVm § 920 Abs 2, § 294 Abs 1 Zivilprozessordnung - ZPO -; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage 2005, § 86 b Rdnr 41).

Bei der hier erforderlichen Überprüfung der Sach- und Rechtslage (vgl dazu im Einzelnen BVerfG vom 12.05.2005 Az: 1 BvR 569/05) zeigt sich, dass dem Ast für sein Begehren kein Anordnungsgrund (mehr) zur Seite steht.

Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats, dass Leistungen der Sozialhilfe, hier Leistungen nach §§ 41 ff SGB XII, für vergangene Zeiträume, dh für abgelaufene Bewilligungszeiträume, nicht im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes erstritten werden können, weil es dem Ast regelmäßig zuzumuten ist, insoweit eine Entscheidung in der Hauptsache herbeizuführen und abzuwarten. Dass hier ausnahmsweise anders zu entscheiden ist, hat der Ast substantiiert nicht dargetan.

Im vorliegenden Eilverfahren begehrt der Ast Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung für abgelaufene Bewilligungszeiträume. Sein ursprünglicher an das Verwaltungsgericht München gerichtete Eilantrag betraf den Zeitraum vom 01.11.2004 bis zum 31.12.2004 (vgl vom 31.01.2005 Az: M 18 E 04.5741). Nachdem der Ag mit Bescheid vom 22.12.2004 darüber hinausgehend Leistungen beschränkt für den Bewilligungszeitraum vom 01.01.2005 bis zum 30.06.2005 gewährt hatte, erweiterte der Ast seinen Eilantrag hierauf bezogen über den 01.01.2005 hinaus. Die Auslegung dieses Antrages gemäß § 123 SGG iVm § 133 BGB ergibt, dass der Ast hier nur den Bewilligungszeitraum vom 01.01.2005 bis zum 30.06.2005 gemeint haben kann, weil er andernfalls den Ag in unzulässiger Weise mit einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes überzogen hätte, der einen künftigen Zeitraum betrifft, über den der Ag noch nicht entschieden hat (§§ 41 Abs 1, 18 Abs 1 SGB XII). Der Ag hatte, ohne dass das im hier anhängigen Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu beanstanden wäre, in Abweichung von der Regel in § 44 Abs 1 Satz 1 SGB XII die Hilfe nur für einen Zeitraum von sechs Monaten bewilligt.

Bei dieser Sach- und Rechtslage ergibt auch eine Güter- und Folgenabwägung kein anderes Ergebnis. Dem Ast ist es zuzumuten, hinsichtlich des Bewilligungszeitraumes ab dem 01.07.2005 eine erneute Entscheidung der Behörde herbeizuführen und gegebenenfalls im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes hiergegen vorzugehen. Bei der streitgegenständlichen Frage des Vorliegens einer eheähnlichen Gemeinschaft ist nämlich jeweils auf den aktuellen Sachverhalt abzustellen. Der Ag wird zu prüfen haben, wie die Lebensverhältnisse des Ast ab dem 01.07.2005 zu beurteilen sind.

Demzufolge hat die Beschwerde keinen Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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