Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
11
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 50 SO 181/05 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 B 387/05 SO ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 05.07.2005 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten um die Bewilligung von Taschengeld nach dem früheren Bundessozialhilfegesetz (BSHG) und nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII).
Der 1962 geborene Antragssteller (Ast) befand sich seit dem 07.05.2004 auf der Grundlage eines vorläufigen Unterbringungsbefehles nach § 126a StPO in geschlossener Unterbringung im Bezirkskrankenhaus H ... Seit dem 08.07.2004 ist er dort aufgrund eines rechtskräftigen Urteils untergebracht.
Am 14.07.2004 beantragte er nach § 21 Abs 3 BSHG Sozialhilfeleistungen.
Mit Bescheid vom 01.02.2005 lehnte der Antragsgegner (Ag) den Antrag ab. Der Ast sei rechtskräftig verurteilt. Er könne deshalb einen Barbetrag nach § 11 BSHG nicht mehr beanspruchen.
Der Ast erhob hiergegen mit Schreiben vom 16.02.2005 Widerspruch. Nach § 21 BSHG bzw § 35 Abs 2 SGB XII stünde ihm ein solcher Barbetrag zu.
Mit Schriftsatz vom 20.04.2005 beantragte der Ast beim Verwaltungsgericht München, den Ag im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes unter Aufhebung des Bescheides vom 01.02.2005 zu verpflichten, ihm für die Zeit ab dem 14.07.2004 bis auf Weiteres Sozialhilfe in Form eines monatlichen Barbetrages zu gewähren.
Das Verwaltungsgericht München verwies mit Beschluss vom 02.05.2005 den Rechtsstreit an das Sozialgericht München (SG).
Der Ag beantragte, den Antrag abzulehnen.
Der Ast habe während seiner Unterbringung im Bezirkskrankenhaus H. keinen subsidären Anspruch auf Bewilligung von Sozialhilfe.
Das SG wies mit Beschluss vom 05.07.2005 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab. Der Ag sei nicht passiv legitimiert, weil sich der Ast aufgrund einer strafrechtlichen Verurteilung im Bezirkskrankenhaus H. befinde.
Hiergegen wendet sich der Ast mit seiner beim Bayer. Landessozialgericht am 26.07.2005 eingegangenen Beschwerde. Ohne einen ausdrücklichen Antrag zu stellen, verweist er auf §§ 14 ff Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) sowie auf den allgemein im Sozialrecht geltenden Amtsermittlungsgrundsatz. Bereits die Landeshauptstadt M. hätte ihn darauf hinweisen müssen, dass der Antrag beim Bezirk zu stellen gewesen wäre.
Der Ag beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Er beruft sich auf seinen bisherigen Sachvortrag.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten in beiden Instanzen Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Das SG hat ihr nicht abgeholfen (§ 174 SGG).
Die Beschwerde des Ast ist jedoch unbegründet, weil es das SG zu Recht abgelehnt hat, den Ag im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zur Bewilligung von Leistungen der Sozialhilfe für den Zeitraum ab dem 14.07.2004 zu verpflichten.
Eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis (Regelungsanordnung) ist zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86b Abs 2 Satz 2 SGG). Das ist etwa dann der Fall, wenn dem Ast ohne eine solche Anordnung schwere oder unzumutbare, nicht anders abwendbare Nachteile entstehen, zu deren Beseitigung die Entstehung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (so BVerfG vom 25.10.1988 BVerfGE 79, 69/74 und vom 19.10.1977 BVerfGE 46, 166/179; Niesel, Der Sozialgerichtsprozess, 4.Aufl 2005, RdNr 643).
Eine solche Regelungsanordnung setzt aber voraus, dass der Ast Angaben zum Vorliegen eines Anordnungsgrundes - das ist in der Regel die Eilbedürftigkeit - und zum Vorliegen eines Anordnungsanspruches - das ist der materiell-rechtliche Anspruch, auf den er sein Begehren stützt - glaubhaft machen kann (§ 86b Abs 2 Sätze 2, 4 SGG iVm § 920 Abs 2, § 294 Abs 1 Zivilprozessordnung - ZPO -; Mayer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8.Aufl 2005, § 86b RdNr 41).
Bei der hier erforderlichen Überprüfung der Sach- und Rechtslage (vgl dazu im Einzelnen BVerfG vom 12.05.2005 NDV-RD 2005, 59) zeigt sich, dass dem Ast für sein Begehren weder ein Anordnungsgrund noch ein Anordnungsanspruch zur Seite steht.
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung des Vorliegens eines Anordnungsgrundes, also der Eilbedürftigkeit der Sache, ist in jeder Lage des Verfahrens, insbesondere also auch noch im Beschwerdeverfahren, der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung.
Soweit der Ast für den Zeitraum seit dem 14.07.2004 bis zur Entscheidung des Beschwerdegerichtes Leistungen der Sozialhilfe erhalten will, ist die Sache nicht mehr eilbedürftig. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats, dass Leistungen der Sozialhilfe, die abgelaufene Zeiträume betreffen, regelmäßig nicht mehr nötig sind, um wesentliche Nachteile abzuwenden.
Darüber hinaus hat der Senat auch durchgreifende Bedenken gegen das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, soweit der Ast im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes Taschengeld für künftige Zeiträume geltend macht. Es handelt sich hier insoweit um geringe Barmittel, ohne dass der Ast auch nur ansatzweise dargetan hätte, ohne die sofortige Bewilligung unzumutbar belastet zu sein.
Im Übrigen fehlt es dem Ast aber auch an einem Anordnungsanspruch.
Nach Art 23 Abs 1 des Gesetzes zur Ausführung des Sozialgesetzbuches (AGSGB) vom 27.12.2004 haben die Bezirke auf Ersuchen der Vollstreckungsbehörden die Unterbringung von Personen in einem psychiatrischen Krankenhaus - wie hier - aufgrund einer strafrechtlichen Entscheidung zu vollziehen. Nach Art 26 Abs 1 Satz 1 des Gesetzes über die Unterbringung psychisch Kranker und deren Betreuung (UnterbrG) vom 05.04.1992 übernimmt der Bezirk damit die Unterbringungs- und Heilbehandlungskosten, soweit und solange sie der Untergebrachte oder andere nicht unmittelbar tragen. Der Ag ist mithin für solche Hilfeleistungen nicht passiv legitimiert. Der bloße Hinweis des Ast, bereits die Stadt M. hätte ihn darüber informieren müssen, ersetzt die fehlende Passivlegitimation nicht.
Zudem kommt bei summarischer Überprüfung der Rechtslage neben diesen Leistungen des Bezirks ein Anspruch nach § 35 Abs 2 SGB XII gegen den Ag nicht in Betracht. Der Auffassung des Ast steht der Nachranggrundsatz des Sozialhilferechtes entgegen. Der sozialhilferechtlich notwendige Bedarf wird hier vom Vollzugsträger gedeckt, der dem Strafgefangenen zur umfassenden Fürsorge verpflichtet ist (BayVGH vom 09.06.1999 FEVS 51, 316 = NDV-RD 1999, 120 = BayVBL 2000, 22). Dass die Leistungen des Vollzugsträgers an den Ast nicht ausreichend sind, um dessen menschenwürdiges Dasein im Vollzug zu sichern, ist im Eilverfahren dementgegen nicht dargetan.
Bei dieser Sach- und Rechtslage ergibt auch eine Güter- und Folgenabwägung kein anderes Ergebnis. Insbesondere ist es dem Ast zuzumuten, eine Entscheidung in der Hauptsache herbeizuführen und abzuwarten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten um die Bewilligung von Taschengeld nach dem früheren Bundessozialhilfegesetz (BSHG) und nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII).
Der 1962 geborene Antragssteller (Ast) befand sich seit dem 07.05.2004 auf der Grundlage eines vorläufigen Unterbringungsbefehles nach § 126a StPO in geschlossener Unterbringung im Bezirkskrankenhaus H ... Seit dem 08.07.2004 ist er dort aufgrund eines rechtskräftigen Urteils untergebracht.
Am 14.07.2004 beantragte er nach § 21 Abs 3 BSHG Sozialhilfeleistungen.
Mit Bescheid vom 01.02.2005 lehnte der Antragsgegner (Ag) den Antrag ab. Der Ast sei rechtskräftig verurteilt. Er könne deshalb einen Barbetrag nach § 11 BSHG nicht mehr beanspruchen.
Der Ast erhob hiergegen mit Schreiben vom 16.02.2005 Widerspruch. Nach § 21 BSHG bzw § 35 Abs 2 SGB XII stünde ihm ein solcher Barbetrag zu.
Mit Schriftsatz vom 20.04.2005 beantragte der Ast beim Verwaltungsgericht München, den Ag im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes unter Aufhebung des Bescheides vom 01.02.2005 zu verpflichten, ihm für die Zeit ab dem 14.07.2004 bis auf Weiteres Sozialhilfe in Form eines monatlichen Barbetrages zu gewähren.
Das Verwaltungsgericht München verwies mit Beschluss vom 02.05.2005 den Rechtsstreit an das Sozialgericht München (SG).
Der Ag beantragte, den Antrag abzulehnen.
Der Ast habe während seiner Unterbringung im Bezirkskrankenhaus H. keinen subsidären Anspruch auf Bewilligung von Sozialhilfe.
Das SG wies mit Beschluss vom 05.07.2005 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab. Der Ag sei nicht passiv legitimiert, weil sich der Ast aufgrund einer strafrechtlichen Verurteilung im Bezirkskrankenhaus H. befinde.
Hiergegen wendet sich der Ast mit seiner beim Bayer. Landessozialgericht am 26.07.2005 eingegangenen Beschwerde. Ohne einen ausdrücklichen Antrag zu stellen, verweist er auf §§ 14 ff Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) sowie auf den allgemein im Sozialrecht geltenden Amtsermittlungsgrundsatz. Bereits die Landeshauptstadt M. hätte ihn darauf hinweisen müssen, dass der Antrag beim Bezirk zu stellen gewesen wäre.
Der Ag beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Er beruft sich auf seinen bisherigen Sachvortrag.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten in beiden Instanzen Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Das SG hat ihr nicht abgeholfen (§ 174 SGG).
Die Beschwerde des Ast ist jedoch unbegründet, weil es das SG zu Recht abgelehnt hat, den Ag im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zur Bewilligung von Leistungen der Sozialhilfe für den Zeitraum ab dem 14.07.2004 zu verpflichten.
Eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis (Regelungsanordnung) ist zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86b Abs 2 Satz 2 SGG). Das ist etwa dann der Fall, wenn dem Ast ohne eine solche Anordnung schwere oder unzumutbare, nicht anders abwendbare Nachteile entstehen, zu deren Beseitigung die Entstehung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (so BVerfG vom 25.10.1988 BVerfGE 79, 69/74 und vom 19.10.1977 BVerfGE 46, 166/179; Niesel, Der Sozialgerichtsprozess, 4.Aufl 2005, RdNr 643).
Eine solche Regelungsanordnung setzt aber voraus, dass der Ast Angaben zum Vorliegen eines Anordnungsgrundes - das ist in der Regel die Eilbedürftigkeit - und zum Vorliegen eines Anordnungsanspruches - das ist der materiell-rechtliche Anspruch, auf den er sein Begehren stützt - glaubhaft machen kann (§ 86b Abs 2 Sätze 2, 4 SGG iVm § 920 Abs 2, § 294 Abs 1 Zivilprozessordnung - ZPO -; Mayer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8.Aufl 2005, § 86b RdNr 41).
Bei der hier erforderlichen Überprüfung der Sach- und Rechtslage (vgl dazu im Einzelnen BVerfG vom 12.05.2005 NDV-RD 2005, 59) zeigt sich, dass dem Ast für sein Begehren weder ein Anordnungsgrund noch ein Anordnungsanspruch zur Seite steht.
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung des Vorliegens eines Anordnungsgrundes, also der Eilbedürftigkeit der Sache, ist in jeder Lage des Verfahrens, insbesondere also auch noch im Beschwerdeverfahren, der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung.
Soweit der Ast für den Zeitraum seit dem 14.07.2004 bis zur Entscheidung des Beschwerdegerichtes Leistungen der Sozialhilfe erhalten will, ist die Sache nicht mehr eilbedürftig. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats, dass Leistungen der Sozialhilfe, die abgelaufene Zeiträume betreffen, regelmäßig nicht mehr nötig sind, um wesentliche Nachteile abzuwenden.
Darüber hinaus hat der Senat auch durchgreifende Bedenken gegen das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, soweit der Ast im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes Taschengeld für künftige Zeiträume geltend macht. Es handelt sich hier insoweit um geringe Barmittel, ohne dass der Ast auch nur ansatzweise dargetan hätte, ohne die sofortige Bewilligung unzumutbar belastet zu sein.
Im Übrigen fehlt es dem Ast aber auch an einem Anordnungsanspruch.
Nach Art 23 Abs 1 des Gesetzes zur Ausführung des Sozialgesetzbuches (AGSGB) vom 27.12.2004 haben die Bezirke auf Ersuchen der Vollstreckungsbehörden die Unterbringung von Personen in einem psychiatrischen Krankenhaus - wie hier - aufgrund einer strafrechtlichen Entscheidung zu vollziehen. Nach Art 26 Abs 1 Satz 1 des Gesetzes über die Unterbringung psychisch Kranker und deren Betreuung (UnterbrG) vom 05.04.1992 übernimmt der Bezirk damit die Unterbringungs- und Heilbehandlungskosten, soweit und solange sie der Untergebrachte oder andere nicht unmittelbar tragen. Der Ag ist mithin für solche Hilfeleistungen nicht passiv legitimiert. Der bloße Hinweis des Ast, bereits die Stadt M. hätte ihn darüber informieren müssen, ersetzt die fehlende Passivlegitimation nicht.
Zudem kommt bei summarischer Überprüfung der Rechtslage neben diesen Leistungen des Bezirks ein Anspruch nach § 35 Abs 2 SGB XII gegen den Ag nicht in Betracht. Der Auffassung des Ast steht der Nachranggrundsatz des Sozialhilferechtes entgegen. Der sozialhilferechtlich notwendige Bedarf wird hier vom Vollzugsträger gedeckt, der dem Strafgefangenen zur umfassenden Fürsorge verpflichtet ist (BayVGH vom 09.06.1999 FEVS 51, 316 = NDV-RD 1999, 120 = BayVBL 2000, 22). Dass die Leistungen des Vollzugsträgers an den Ast nicht ausreichend sind, um dessen menschenwürdiges Dasein im Vollzug zu sichern, ist im Eilverfahren dementgegen nicht dargetan.
Bei dieser Sach- und Rechtslage ergibt auch eine Güter- und Folgenabwägung kein anderes Ergebnis. Insbesondere ist es dem Ast zuzumuten, eine Entscheidung in der Hauptsache herbeizuführen und abzuwarten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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