Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 11 RA 255/99
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 13 R 4206/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 20. August 2003 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist nur noch ein Anspruch der Klägerin auf Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit oder wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.
Die 1954 geborene Klägerin hat nach eigenen Angaben von August 1968 bis Juli 1971 den Beruf der Verkäuferin erlernt und war bis November 1977 sowie von November 1986 bis August 1995 (Beginn einer langfristigen Arbeitsunfähigkeit nach einem Bandscheibenvorfall 1991) als Verkäuferin sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Das letzte Arbeitsverhältnis endete durch Arbeitgeberkündigung zum 31. Dezember 1996. Anschließend bezog die Klägerin bis zum 2. August 1998 Arbeitslosengeld. Eine im August 1998 begonnene berufsfördernde Maßnahme (praxisorientierte Reintegration für Rehabilitanden) in einer Bücherei wurde wegen Rückenbeschwerden abgebrochen.
Seit Januar 2000 ist die Klägerin als Servicekraft (Auffüllen von Lebensmittelregalen) nicht versicherungspflichtig beschäftigt. Der Umfang betrug nach eigenen Angaben ab Januar 2000 50 Stunden, ab Januar 2001 11 Stunden, ab Oktober 2001 40 Stunden, 2003 33 Stunden monatlich und zuletzt zweimal wöchentlich drei bis vier Stunden jeweils mit Heben und Tragen von Lasten mit 10 bis 20 kg.
Die Klägerin leidet seit dem 18. Lebensjahr an Rückenschmerzen. 1986 erfolgte eine Nukleotomie nach einem Bandscheibenvorfall L 5/S 1. Ein 1991 diagnostizierter Bandscheibenvorfall L 4/5 wurde zunächst konservativ behandelt. Nach Verschlimmerung der Beschwerden erfolgte in April 2001 sowie nach einem Rezidivvorfall im April 2005 jeweils eine Bandscheibenoperation.
Am 30. Juni 1997 beantragte die Klägerin bei der Beklagten wegen Beschwerden an der Lendenwirbelsäule die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Sie leide außerdem unter Beschwerden in den Kniegelenken (seit ca. 1986) und in den Vorfüßen, Bewegungseinschränkungen des rechten Armes wegen einer "Halsrippe" (seit 1989), einem grünen Star (angeborenes Engwinkelglaukom) und Bauchbeschwerden durch Verwachsungen (nach Adhaesiolyse 1995).
Die Beklagte zog u.a. den Entlassungsbericht über eine vom 15. Mai bis 12. Juli 1996 insbesondere wegen Rückenbeschwerden durchgeführte stationäre medizinische Rehabilitationsmaßnahme bei (Entlassungsbericht vom 4. Juli 1996). Die Klägerin gab damals u. a. Kopfschmerzen durch das Glaukom sowie nicht geklärte Drehschwindelattacken von 20 bis 30 Sekunden Dauer an und erschien durch familiäre Probleme, ihre Arbeitsunfähigkeit und die ungeklärte berufliche Zukunft auch psychisch erheblich belastet. Die Entlassung erfolgte als arbeitsunfähig und nur noch unterhalbschichtig einsetzbar im Beruf der Verkäuferin bei vollschichtigem Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten im Wechselrhythmus.
Anschließend ließ die Beklagte die Klägerin durch den Chirurgen Dr. W. begutachten (Gutachten vom 26. August 1998). Dieser hielt die Klägerin noch für fähig, vollschichtig leichte Tätigkeiten im Wechselrhythmus ohne Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten über 5 kg, anhaltende Zwangshaltung jeder Art oder Überkopfarbeit zu verrichten. Die Tätigkeit als Verkäuferin könne die Klägerin nicht mehr ausüben.
Daraufhin lehnte die Beklagte den Rentenantrag vom 30. Juni 1997 ab (Bescheid vom 26. April 1999). Trotz degenerativer Wirbelsäulenveränderungen mit Bandscheibenleiden bei Zustand nach Nukleotomie L 5/S 1 und degenerativer Gelenkveränderungen ohne gravierende Funktionsstörungen könne die Klägerin noch vollschichtig als Verwaltungsangestellte für leichte Bürohilfstätigkeiten z.B. in einer Registratur, Poststelle oder Rechnungsprüfung tätig sein und sei daher weder berufs- noch erwerbsunfähig.
Den dagegen unter Hinweis auf ein psychovegetatives Erschöpfungssyndrom und Schwindelerscheinungen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte nach Beiziehung von Befundberichten der behandelnden Ärzte Dr. R. (Orthopäde) und Dr. R. (Allgemeinarzt und Chirotherapeut) mit der Begründung zurück, eine weitere Einschränkung des Leistungsvermögens habe sich nicht ergeben (Widerspruchsbescheid vom 6. September 1999).
Dagegen hat die Klägerin am 27. September 1999 (Eingang bei Gericht) beim Sozialgericht Landshut (SG) unter Wiederholung ihrer Widerspruchsbegründung Klage erhoben.
Das SG hat u.a. einen Befundbericht des Dr. R. beigezogen und die Klägerin durch die Ärztin und Sozialmedizinerin Dr. T. (Gutachten vom 7. Mai 2001 mit ergänzender Stellungnahme vom 23. November 2001) sowie auf Antrag der Klägerin durch den Orthopäden und Sozialmediziner Dr. L. (Gutachten vom 17. Oktober 2001) ambulant begutachten lassen.
Dr. T. hat dabei folgende Diagnosen gestellt
- Funktionseinschränkung der Wirbelsäule bei degenerativen Veränderungen und Bandscheibenschäden - Kniegelenksbeschwerden bei leichten degenerativen Veränderungen, geringe Hüftgelenksarthrose beidseits - psychovegetativer Erschöpfungszustand, Verdacht auf somatisierte Schmerzstörung.
Bei normalem Heilverlauf (Flavektomie vom 18. April 2001) sei die Klägerin spätestens in sechs Monaten wieder arbeitsfähig für leichte körperliche Tätigkeiten in wechselnder Haltung. Mit zusätzlichem Pausenbedarf oder einer Einschränkung der Wegefähigkeit sei nicht zu rechnen. Eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme sei zu empfehlen. Bei erheblichen vegetativen Stigmata, der Art der Beschwerdeschilderung und den aktuellen Untersuchungsergebnissen bestehe der Verdacht auf eine somatoforme Schmerzstörung, die im Heilverfahren berücksichtigt werden sollte, allerdings zu keiner quantitativen Leistungseinschränkung führe.
Dr. L. hat bei der Klägerin folgende Diagnosen gestellt:
- Folgen einer zweifachen Bandscheibenoperation L 5/S 1 bzw. L 4/5 mit postoperativ bedingten osteochondrotischen und spondylotischen Veränderungen der unteren Lendenwirbelsäule und Ausbildung eines Facettensyndroms - muskuläre Dysbalance der Rumpfmuskulatur mit entsprechen den chronischen statodynamischen Beschwerden
Durch die Operation im April 2001 sei eine deutliche Verbesserung der Gesamtsituation eingetreten. Bis dahin sei die Leistungseinschätzung aus dem Entlassungsbericht vom 4. Juli 1996 als verbindlich anzusehen. Ab Oktober 2001 (nach Rekonvaleszenz) könne die Klägerin wieder einer vollschichtigen leichten, kurzfristig auch mittelschweren Tätigkeit überwiegend im Wechsel zwischen kurzfristigem Sitzen, Gehen und Stehen nachgehen. Zu vermeiden seien schweres Heben und Tragen und längere Zwangshaltung. Insbesondere durch eine Kräftigung der Rückenmuskulatur sei eine weitere Verbesserung des Leistungsvermögens zu erwarten.
Das SG hat die Klägerin nochmals ambulant durch den Orthopäden Prof. Dr. K. begutachten lassen (Gutachten vom 10. März 2003), der
- eine schmerzhafte Funktionseinschränkung der Lendenwirbelsäule bei erheblicher Osteochondrose L 5/S 1 und eine deutliche Spondylarthrose der unteren Lendenwirbelsäulensegmente - mäßige Kniegelenksbeschwerden bei radiologische und klinisch leichten degenerativen Veränderungen und - ein geringes Impingement-Syndrom der rechten Schulter
diagnostiziert hat. Auch dieser Sachverständige hat die Klägerin für fähig erachtet, jedenfalls leichte Tätigkeiten im Wechsel zwischen Sitzen, Gehen und Stehen vollschichtig zu verrichten.
Die Klägerin hat einen CT-Befund vom 25. Juni 2003 über einen Rezidiv-Prolaps L 4/5 sowie ein arbeitsamtsärztliches Gutachten vom 17. März 1999, erstellt anlässlich des Abbruchs der berufsfördernden Maßnahmen mit der Beurteilung eines Leistungsvermögens von drei bis unter sechs Stunden für leichte Arbeiten, vorgelegt.
Dr. T. hat dazu nach nochmaliger ambulanter Untersuchung in einer weiteren ergänzenden Stellungnahme vom 17. Juli 2003 ausgeführt, hinsichtlich der Beurteilung als vollschichtig leistungsfähig für leichte Arbeiten bestehe zwischen dem Entlassungsbericht vom 4. Juli 1996 und den bisher im Rentenverfahren eingeholten Gutachten Übereinstimmung. Die abweichende Leistungseinschätzung des arbeitsamtsärztlichen Dienstes sei nicht ganz nachvollziehbar. Zwischenzeitlich sei durch den Rezidiv-Vorfall L 4/L 5 zwar eine gesundheitliche Verschlechterung eingetreten. Eine dauerhafte zeitliche Leistungseinschränkung ergebe sich daraus jedoch mangels gravierender neurologischer Ausfallserscheinungen oder Funktionseinschränkungen nicht.
Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 20. August 2003). Die Klägerin sei nicht erwerbsunfähig, denn sie verfüge nach übereinstimmender Ansicht aller Sachverständigen noch über ein vollschichtiges Leistungsvermögen. Für die Zeit vor Oktober 2001 (Untersuchung durch Dr. L. ergebe sich nichts anderes. Im Entlassungsbericht vom 4. Juli 1996, dessen Leistungsbeurteilung sich Dr. L. angeschlossen habe, sei nur für den Beruf der Verkäuferin ein unterhalbschichtiges Leistungsvermögen festgestellt worden. Die kurzzeitige Aufhebung des Leistungsvermögens im Zuge der Bandscheibenoperation 2001 sei nur als Arbeitsunfähigkeit anzusehen. Die Klägerin sei auch nicht berufsunfähig. Zwar könne sie die letzte (sozialversicherungspflichtige) Tätigkeit als Verkäuferin nicht mehr ausüben, doch sei sie noch in der Lage, eine Anlerntätigkeiten als Verwaltungsangestellte in der Registratur, Poststelle oder Rechnungsprüfung zu verrichten, auf die sie auch als Fachangestellte sozial verweisbar sei. Es handle sich um körperlich leichte, in wechselnder Körperhaltung ausgeübte Tätigkeiten, die der Klägerin medizinisch zumutbar seien.
Gegen das am 1. September 2003 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 1. Oktober 2003 (Eingang bei Gericht) beim Bayerischen Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und zur Begründung im Wesentlichen vorgetragen, nach dem Gutachten des Sachverständigen Dr. L. habe bis zum Oktober 2001 auch für den allgemeinen Arbeitsmarkt nur ein unterhalbschichtiges Leistungsvermögen vorgelegen. Dass diese Einschränkung im Entlassungsbericht vom 4. Juli 1996, auf den der Sachverständige insoweit Bezug genommen habe, auf die Tätigkeit als Verkäuferin beschränkt worden sei, sei ihm offensichtlich entgangen. Im Übrigen könne die Klägerin nicht auf die angegebene Tätigkeit als Verwaltungsangestellte verwiesen werden, da sie nur kurze Zeit (fünf bis zehn Minuten) Sitzen könne und zumindest die Registratur auch mit dem Heben und Tragen von Aktenordnern sowie dem Hocken, Bücken und Vorneigen verbunden sei.
Der Senat hat u. a. die Akten des SG, des Zentrums Bayern Familie und Soziales L. (ZBFS) und der Arbeitsagentur P. (AA), eine Auskunft der Krankenkasse über Zeiten der Arbeitsunfähigkeit ab 1. Januar 1997 sowie einen Befundbericht des Dr. R. beigezogen und die Klägerin im Anschluss an eine stationäre psychosomatische Behandlung vom 10. September bis 26. Oktober 2004 (Entlassungsbericht vom 29. Oktober 2004) ambulant durch den Neurologen und Psychiater Dr. K. (Gutachten vom 13. Januar 2005) und den Orthopäden Dr. L. (Gutachten vom 11. Januar 2005) begutachten lassen. Beide Sachverständige sind übereinstimmend zu dem Ergebnis gelangt, die Klägerin könne noch vollschichtig leichte Tätigkeiten im gelegentlichen, regelmäßigen Wechsel zwischen Sitzen, Stehen und Gehen, nicht ausschließlich im Freien und ohne häufige Überkopfarbeit, Heben und Tragen von Lasten über 7,5 kg, Disposition von Nässe, Staub oder Zugluft, dem Besteigen von Leitern und Gerüsten oder Wechsel- und Nachtschicht verrichten, auch als Verwaltungsangestellte in einer Registratur, Poststelle oder Rechnungsprüfung.
Am 6. April 2005 ist eine Operation des Rezidiv-Vorfalls L 4/5 erfolgt (Entlassungsbericht vom 13. April 2005). Aus der Anschlussheilbehandlung ist die Klägerin als arbeitsunfähig aber leistungsfähig für sechs und mehr Stunden leichte Tätigkeit entlassen worden (Entlassungsbericht vom 20. Juni 2005).
Dr. L. hat in einer ergänzenden Stellungnahme vom 25. August 2005 ausgeführt, die Klägerin habe auch von Juni 1997 (Antragstellung) bis April 2001 (zweite Bandscheibenoperation) leichte Arbeiten vollschichtig verrichten können. Vom 18. April bis 1. Juli 2001 könne von Arbeitsunfähigkeit im weitesten Sinne ausgegangen werden. Auch im Anschluss an die Operation im April 2005 könne die Klägerin nach einer Rekonvaleszens mit Arbeitsunfähigkeit von sechs Monaten mit den bekannten qualitativen Einschränkungen wieder vollschichtig erwerbstätig sein.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 20. August 2003 und den Bescheid vom 26. April 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. September 1999 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr aufgrund des Antrags vom 30. Juni 1997 Rente wegen Berufsunfähigkeit, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten und der Berufungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), aber nicht begründet.
Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 26. April 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. September 1999 nur noch, soweit die Beklagte es darin abgelehnt hat, der Klägerin aufgrund ihres Antrags vom 30. Juni 1997 Rente wegen Berufsunfähigkeit (ab 1. Januar 2001: teilweise Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit) zu zahlen. Bezüglich der damals ebenfalls beantragten Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (ab 1. Januar 2001: volle Erwerbsminderung) ist der Bescheid mangels Berufung gegen das klageabweisende Urteil des SG bestandskräftig geworden (§ 77 SGG). Das SG hat die Klage mit Urteil vom 20. August 2003 auch im Übrigen zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit oder wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.
Der Anspruch der Klägerin richtet sich nach § 43 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung (a.F.), da sie den zu Grunde liegenden Rentenantrag vor dem 3. April 2001 gestellt hat und Rente (auch) für Zeiten vor dem 1. Januar 2001 begehrt (§ 300 Abs. 2 SGB VI i.V.m. § 26 Abs. 3 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch - SGB X -). Soweit ein Anspruch dem Grunde nach erstmals für Zeiten nach dem 31. Dezember 2000 in Betracht kommt, richtet sich der Anspruch der Klägerin nach §§ 43 Abs. 1, 240 SGB VI in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung (n.F.).
Nach § 43 SGB VI (a.F.) haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit, wenn sie
1. berufsunfähig sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Berufsunfähigkeit drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Berufsunfähigkeit die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Unter den selben Voraussetzungen haben nach §§ 43 Abs. 1, 240 Abs. 1 SGB VI n.F. Versicherte, die vor dem 2. Januar 1960 geboren sind, Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres, wobei anstelle eines unter vollschichtigen Leistungsvermögens ein unter sechsstündiges Leistungsvermögen (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI n.F.) erforderlich ist.
Zwar hat die Klägerin sowohl die Wartezeit als auch die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für beide Rentenarten erfüllt. Insoweit ist zum 1. Januar 2000 keine Rechtsänderung eingetreten. Sie war aber vor dem 1. Januar 2001 nicht berufsunfähig und es ist in der Zeit nach dem 31. Dezember 2000 bei ihr auch keine teilweise Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit eingetreten.
Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur beruflichen Rehabilitation mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 2 SGB VI a.F., § 240 Abs. 2 SGB VI n.F.).
Ausgangspunkt für die Prüfung von Berufsunfähigkeit ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) der "bisherige Beruf" den der Versicherte ausgeübt hat. In der Regel ist dies die letzte, nicht nur vorübergehende versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit, von der auch bei nur kurzfristiger Ausübung auszugehen ist, wenn sie zugleich die qualitativ höchste im Berufsleben des Versicherten gewesen ist (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 130, 164). Kann ein Versicherter seinen bisherigen Beruf nicht mehr ausüben, liegt Berufsunfähigkeit aber nur dann vor, wenn es nicht zumindest eine andere berufliche Tätigkeit gibt, die sozial zumutbar und für ihn sowohl gesundheitlich als auch fachlich geeignet ist. Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufes. Grundsätzlich darf der Versicherte im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf auf die nächstniedrigere Gruppe verwiesen werden (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 5).
Nach dem vom BSG hierzu entwickelten Mehrstufenschema ist die Klägerin der Gruppe der Angestellten mit einer Ausbildung von mehr als zwei Jahren zuzuordnen (vgl. BSGE 55, 45; 57, 291). Ausgehend von der angegebenen Ausbildungsdauer hat die Klägerin nicht den Beruf einer Verkäuferin (mit zweijähriger Ausbildungsdauer), sondern den Beruf der Einzelhandelskauffrau (mit dreijähriger Ausbildungsdauer) erlernt und war als Verkäuferin in einem für diese Berufsausbildung typischen Berufsbereich tätig. Als Fachangestellte ist sie sozial auch auf angelernte Tätigkeiten verweisbar. Dazu gehören zwar nicht die von der Beklagten genannten einfachen Bürotätigkeiten nach BAT IX, wohl aber einfache kaufmännische Bürotätigkeiten nach Gehaltsgruppe 2 des Tarifvertrages für den bayerischen Einzelhandel (in der insoweit seit 1997 unverändert geltenden Fassung). Diese Gruppe umfasst Angestellte mit abgeschlossener kaufmännischer Ausbildung mit einfachen kaufmännischen Tätigkeiten, z. B. in der Auftragsbearbeitung, der Kalkulation oder der Rechnungsprüfung. Derartige Tätigkeiten sind der Klägerin sozial zumutbar.
Hinsichtlich der körperlichen Eignung der Klägerin für leichte Bürotätigkeiten bestehen keine Bedenken. Es handelt sich um Tätigkeiten, die üblicherweise im Wechsel zwischen Sitzen, Gehen und Stehen ausgeübt werden, keine längere Zwangshaltung beinhalten und einen frei bestimmten Haltungswechsel ermöglichen.
Für eine massive Beeinträchtigung der Klägerin für sitzende Tätigkeiten (fünf bis zehn Minuten) bieten die eingeholten Gutachten keine hinreichenden Anhaltspunkte. Zwar bestätigen alle Sachverständigen degenerative Veränderungen der Lendenwirbelsäule als Ursache für die von der Klägerin geklagten Rückenschmerzen. Allerdings waren mit Ausnahme der zu den Bandscheibenoperationen führenden akuten Verschlimmerungen ihrer Bandscheibenleiden keine dauerhaften neurologischen Ausfälle und keine die Ausübung sitzender Tätigkeiten beeinträchtigenden funktionellen Einschränkungen an der Lendenwirbelsäule festzustellen. Ausgehend von den umfangreichen Vorbefunden und Vorgutachten hat insbesondere Dr. L. dargelegt, dass die Klägerin aufgrund ihrer Rückenbeschwerden die Möglichkeit haben sollte, gelegentlich, regelmäßig und idealerweise selbstbestimmt die Position zu wechseln. Dies schließt überwiegend sitzende Bürotätigkeiten aber gerade nicht aus. Einen häufigen Wechsel oder gar eine deutliche zeitliche Begrenzung für sitzende Tätigkeiten hat trotz der wiederholten diesbezüglichen Angaben der Klägerin keiner der Sachverständigen für erforderlich erachtet. Auch die Tatsache, dass die Klägerin seit Januar 2000 in Teilzeit eine nach übereinstimmender Ansicht aller Sachverständigen nicht zumutbare wirbelsäulenbelastende Tätigkeit (Auffüllen von Regalen mit Heben von Lasten von 10 bis 20 kg im Lebensmittelhandel) ausübt, spricht gegen eine stärkere Beeinträchtigung von Seiten der Lendenwirbelsäule, als von Dr. L. festgestellt.
Nach dem Ergebnis der wiederholten Begutachtung der Klägerin liegen neben der leichten bis mittelgradigen Funktionseinschränkungen der Lendenwirbelsäule keine orthopädischen Gesundheitsstörungen vor, die ihr Leistungsvermögen weiter beeinträchtigen würden. Nennenswerte Funktionsstörungen insbesondere der Arme, der Hände, der Hüften und der Beine fand sich nicht. Dr. L. hat zuletzt folgende Diagnosen gestellt:
- chronisches Lendenwirbelsäulensyndrom leichter, allenfalls mittelschwerer Ausprägung im Sinne eines Postnukleotomiesyndroms mit sich daraus ergebendem Funktionsdefizit - Coxalgien beidseits bei weitgehend freier Funktion - Senkspreizfüße bei Hallux-valgus-Deformität, Beinverkürzung links von 1 cm mit der Notwendigkeit eines Längenausgleichs - Periartropathia rechtes Schultergelenk mit schmerzhaftem Bogen bei leichtgradigem Funktionsdefizit
Diese Diagnosen stehen in Übereinstimmung mit den Vorgutachten. Er hält die Klägerin nach ausführlicher Würdigung aller früheren Beurteilungen ihres Leistungsvermögens im Rentenverfahren auch in Kenntnis der letzten Bandscheibenoperation vom April 2005 weiterhin für fähig, vollschichtig leichte Tätigkeiten ohne Heben und Tragen über 7,5 kg, häufiges Bücken, ausschließliches Gehen, Stehen oder Sitzen, häufige Überkopfarbeit, Disposition von Nässe, Staub oder Zugluft oder das Besteigen von Leitern und Gerüsten zu verrichten. Auch diese Leistungsbeurteilung steht in Übereinstimmung mit den Vorgutachten der Sachverständigen Dr. W. , Dr. T. und Prof. Dr. K. sowie des Reha-Entlassungsberichts vom 4. Juli 1996. Der Senat schließt sich dem an.
Ob auch der Sachverständige Dr. L. sich durch Bezugnahme auf diesen Entlassungsbericht im Ergebnis der Beurteilung eines vollschichtigen Leistungsvermögens anschließen wollte, kann dahinstehen. Bereits Dr. T. hat zutreffend darauf hingewiesen, dass weder dieses Gutachten noch das arbeitsamtsärztliche Gutachten vom 17. März 1999 Befunde erkennen lassen, die eine abweichende Leistungseinschätzung begründen könnten. Deutliche Verschlechterungen des Gesundheitszustandes sind erst im April 2001 und April 2005 durch die Rezidiv-Vorfälle L 4/5 eingetreten, wobei die jeweilige Operation zu einer Rückbildung insbesondere der vorübergehenden neurologischen Ausfälle und somit zu einer Wiederherstellung des früheren Gesundheitszustandes geführt hat.
Auf psychiatrischem Fachgebiet hat Dr. K. eine somatoforme Störung in Form einer Somatisierungsstörung bei primär neurasthenischer Persönlichkeitsstruktur diagnostiziert, die einem vollschichtigen Leistungsvermögen aber nicht entgegensteht. Aus dieser Gesundheitsstörung resultiert lediglich, dass die Klägerin keine stressbetonten Tätigkeiten, keinen Akkord und keinen Schichtdienst ausüben sollte. Weitergehende psychische Erkrankungen lagen nicht vor. Insbesondere bestanden keine Hinweise auf eine Beeinträchtigung der Hirnleistung, eine Neurose, Psychose oder Depression, wobei nach seiner Angabe im Rahmen einer Somatisierungsstörung (rezidivierende) depressive Symptome nicht selten sind und durchaus einer spezifischen Behandlung bedürfen können, wie bei der stationären Behandlung der Klägerin im September/Oktober 2004. Zwar erwähnt der Entlassungsbericht vom 20. Juni 2005 eine schwere depressive Episode, doch wird in den Befunden lediglich eine etwas gedrückte Stimmung angegeben. Anhaltspunkte für eine dauerhafte Beeinträchtigung des Leistungsvermögens ergeben sich daraus nicht, zumal in diesem Bericht als Folge der depressiven Episode lediglich angegeben wird, die Klägerin solle häufig wechselnde Arbeitszeiten und Nachtschicht vermeiden. Auch findet wohl weiterhin keine nervenärztliche Behandlung statt.
Das angeborene, seit Jahren bekannte und behandelte Glaukom (zuletzt operiert 1997) hat bisher zu keiner wesentlichen Beeinträchtigung des Sehvermögens geführt. Geklagte Bauchbeschwerden sind nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. K. somatoformer Ursache. Diese Feststellung steht in Übereinstimmung mit dem Entlassungsbericht vom 29. Oktober 2004. Weitere leistungsmindernde Gesundheitsstörungen sind nicht ersichtlich.
Ob die Feststellungen im Entlassungsbericht vom 20. Juni 2005, die Klägerin könne (nach Rekonvaleszens) noch mehr als sechs Stunden leichte Tätigkeiten verrichten, lediglich aufgrund der seit 1. Januar 2001 für die Beurteilung der Erwerbsminderung maßgebenden Grenze von sechs Stunden genannt wurde oder eine Einschränkung der bis dahin bestehenden Leistungseinschätzung von acht Stunden (die Dr. L. weiterhin teilt) zum Ausdruck bringen sollte, kann dahinstehen. Selbst bei einer Reduzierung des zeitlichen Leistungsvermögens auf sechs bis unter acht Stunden infolge des Rezidivvorfalls vom April 2005 läge kein Versicherungsfall der teilweisen Erwerbsminderung vor (§ 43 Abs. 1 SGB VI n.F.).
Die Kostenentscheidung (§193 SGG) beruht auf der Erwägung, das die Klägerin mit ihrem Begehren auch im Berufungsverfahren erfolglos beblieben ist.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG), liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist nur noch ein Anspruch der Klägerin auf Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit oder wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.
Die 1954 geborene Klägerin hat nach eigenen Angaben von August 1968 bis Juli 1971 den Beruf der Verkäuferin erlernt und war bis November 1977 sowie von November 1986 bis August 1995 (Beginn einer langfristigen Arbeitsunfähigkeit nach einem Bandscheibenvorfall 1991) als Verkäuferin sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Das letzte Arbeitsverhältnis endete durch Arbeitgeberkündigung zum 31. Dezember 1996. Anschließend bezog die Klägerin bis zum 2. August 1998 Arbeitslosengeld. Eine im August 1998 begonnene berufsfördernde Maßnahme (praxisorientierte Reintegration für Rehabilitanden) in einer Bücherei wurde wegen Rückenbeschwerden abgebrochen.
Seit Januar 2000 ist die Klägerin als Servicekraft (Auffüllen von Lebensmittelregalen) nicht versicherungspflichtig beschäftigt. Der Umfang betrug nach eigenen Angaben ab Januar 2000 50 Stunden, ab Januar 2001 11 Stunden, ab Oktober 2001 40 Stunden, 2003 33 Stunden monatlich und zuletzt zweimal wöchentlich drei bis vier Stunden jeweils mit Heben und Tragen von Lasten mit 10 bis 20 kg.
Die Klägerin leidet seit dem 18. Lebensjahr an Rückenschmerzen. 1986 erfolgte eine Nukleotomie nach einem Bandscheibenvorfall L 5/S 1. Ein 1991 diagnostizierter Bandscheibenvorfall L 4/5 wurde zunächst konservativ behandelt. Nach Verschlimmerung der Beschwerden erfolgte in April 2001 sowie nach einem Rezidivvorfall im April 2005 jeweils eine Bandscheibenoperation.
Am 30. Juni 1997 beantragte die Klägerin bei der Beklagten wegen Beschwerden an der Lendenwirbelsäule die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Sie leide außerdem unter Beschwerden in den Kniegelenken (seit ca. 1986) und in den Vorfüßen, Bewegungseinschränkungen des rechten Armes wegen einer "Halsrippe" (seit 1989), einem grünen Star (angeborenes Engwinkelglaukom) und Bauchbeschwerden durch Verwachsungen (nach Adhaesiolyse 1995).
Die Beklagte zog u.a. den Entlassungsbericht über eine vom 15. Mai bis 12. Juli 1996 insbesondere wegen Rückenbeschwerden durchgeführte stationäre medizinische Rehabilitationsmaßnahme bei (Entlassungsbericht vom 4. Juli 1996). Die Klägerin gab damals u. a. Kopfschmerzen durch das Glaukom sowie nicht geklärte Drehschwindelattacken von 20 bis 30 Sekunden Dauer an und erschien durch familiäre Probleme, ihre Arbeitsunfähigkeit und die ungeklärte berufliche Zukunft auch psychisch erheblich belastet. Die Entlassung erfolgte als arbeitsunfähig und nur noch unterhalbschichtig einsetzbar im Beruf der Verkäuferin bei vollschichtigem Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten im Wechselrhythmus.
Anschließend ließ die Beklagte die Klägerin durch den Chirurgen Dr. W. begutachten (Gutachten vom 26. August 1998). Dieser hielt die Klägerin noch für fähig, vollschichtig leichte Tätigkeiten im Wechselrhythmus ohne Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten über 5 kg, anhaltende Zwangshaltung jeder Art oder Überkopfarbeit zu verrichten. Die Tätigkeit als Verkäuferin könne die Klägerin nicht mehr ausüben.
Daraufhin lehnte die Beklagte den Rentenantrag vom 30. Juni 1997 ab (Bescheid vom 26. April 1999). Trotz degenerativer Wirbelsäulenveränderungen mit Bandscheibenleiden bei Zustand nach Nukleotomie L 5/S 1 und degenerativer Gelenkveränderungen ohne gravierende Funktionsstörungen könne die Klägerin noch vollschichtig als Verwaltungsangestellte für leichte Bürohilfstätigkeiten z.B. in einer Registratur, Poststelle oder Rechnungsprüfung tätig sein und sei daher weder berufs- noch erwerbsunfähig.
Den dagegen unter Hinweis auf ein psychovegetatives Erschöpfungssyndrom und Schwindelerscheinungen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte nach Beiziehung von Befundberichten der behandelnden Ärzte Dr. R. (Orthopäde) und Dr. R. (Allgemeinarzt und Chirotherapeut) mit der Begründung zurück, eine weitere Einschränkung des Leistungsvermögens habe sich nicht ergeben (Widerspruchsbescheid vom 6. September 1999).
Dagegen hat die Klägerin am 27. September 1999 (Eingang bei Gericht) beim Sozialgericht Landshut (SG) unter Wiederholung ihrer Widerspruchsbegründung Klage erhoben.
Das SG hat u.a. einen Befundbericht des Dr. R. beigezogen und die Klägerin durch die Ärztin und Sozialmedizinerin Dr. T. (Gutachten vom 7. Mai 2001 mit ergänzender Stellungnahme vom 23. November 2001) sowie auf Antrag der Klägerin durch den Orthopäden und Sozialmediziner Dr. L. (Gutachten vom 17. Oktober 2001) ambulant begutachten lassen.
Dr. T. hat dabei folgende Diagnosen gestellt
- Funktionseinschränkung der Wirbelsäule bei degenerativen Veränderungen und Bandscheibenschäden - Kniegelenksbeschwerden bei leichten degenerativen Veränderungen, geringe Hüftgelenksarthrose beidseits - psychovegetativer Erschöpfungszustand, Verdacht auf somatisierte Schmerzstörung.
Bei normalem Heilverlauf (Flavektomie vom 18. April 2001) sei die Klägerin spätestens in sechs Monaten wieder arbeitsfähig für leichte körperliche Tätigkeiten in wechselnder Haltung. Mit zusätzlichem Pausenbedarf oder einer Einschränkung der Wegefähigkeit sei nicht zu rechnen. Eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme sei zu empfehlen. Bei erheblichen vegetativen Stigmata, der Art der Beschwerdeschilderung und den aktuellen Untersuchungsergebnissen bestehe der Verdacht auf eine somatoforme Schmerzstörung, die im Heilverfahren berücksichtigt werden sollte, allerdings zu keiner quantitativen Leistungseinschränkung führe.
Dr. L. hat bei der Klägerin folgende Diagnosen gestellt:
- Folgen einer zweifachen Bandscheibenoperation L 5/S 1 bzw. L 4/5 mit postoperativ bedingten osteochondrotischen und spondylotischen Veränderungen der unteren Lendenwirbelsäule und Ausbildung eines Facettensyndroms - muskuläre Dysbalance der Rumpfmuskulatur mit entsprechen den chronischen statodynamischen Beschwerden
Durch die Operation im April 2001 sei eine deutliche Verbesserung der Gesamtsituation eingetreten. Bis dahin sei die Leistungseinschätzung aus dem Entlassungsbericht vom 4. Juli 1996 als verbindlich anzusehen. Ab Oktober 2001 (nach Rekonvaleszenz) könne die Klägerin wieder einer vollschichtigen leichten, kurzfristig auch mittelschweren Tätigkeit überwiegend im Wechsel zwischen kurzfristigem Sitzen, Gehen und Stehen nachgehen. Zu vermeiden seien schweres Heben und Tragen und längere Zwangshaltung. Insbesondere durch eine Kräftigung der Rückenmuskulatur sei eine weitere Verbesserung des Leistungsvermögens zu erwarten.
Das SG hat die Klägerin nochmals ambulant durch den Orthopäden Prof. Dr. K. begutachten lassen (Gutachten vom 10. März 2003), der
- eine schmerzhafte Funktionseinschränkung der Lendenwirbelsäule bei erheblicher Osteochondrose L 5/S 1 und eine deutliche Spondylarthrose der unteren Lendenwirbelsäulensegmente - mäßige Kniegelenksbeschwerden bei radiologische und klinisch leichten degenerativen Veränderungen und - ein geringes Impingement-Syndrom der rechten Schulter
diagnostiziert hat. Auch dieser Sachverständige hat die Klägerin für fähig erachtet, jedenfalls leichte Tätigkeiten im Wechsel zwischen Sitzen, Gehen und Stehen vollschichtig zu verrichten.
Die Klägerin hat einen CT-Befund vom 25. Juni 2003 über einen Rezidiv-Prolaps L 4/5 sowie ein arbeitsamtsärztliches Gutachten vom 17. März 1999, erstellt anlässlich des Abbruchs der berufsfördernden Maßnahmen mit der Beurteilung eines Leistungsvermögens von drei bis unter sechs Stunden für leichte Arbeiten, vorgelegt.
Dr. T. hat dazu nach nochmaliger ambulanter Untersuchung in einer weiteren ergänzenden Stellungnahme vom 17. Juli 2003 ausgeführt, hinsichtlich der Beurteilung als vollschichtig leistungsfähig für leichte Arbeiten bestehe zwischen dem Entlassungsbericht vom 4. Juli 1996 und den bisher im Rentenverfahren eingeholten Gutachten Übereinstimmung. Die abweichende Leistungseinschätzung des arbeitsamtsärztlichen Dienstes sei nicht ganz nachvollziehbar. Zwischenzeitlich sei durch den Rezidiv-Vorfall L 4/L 5 zwar eine gesundheitliche Verschlechterung eingetreten. Eine dauerhafte zeitliche Leistungseinschränkung ergebe sich daraus jedoch mangels gravierender neurologischer Ausfallserscheinungen oder Funktionseinschränkungen nicht.
Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 20. August 2003). Die Klägerin sei nicht erwerbsunfähig, denn sie verfüge nach übereinstimmender Ansicht aller Sachverständigen noch über ein vollschichtiges Leistungsvermögen. Für die Zeit vor Oktober 2001 (Untersuchung durch Dr. L. ergebe sich nichts anderes. Im Entlassungsbericht vom 4. Juli 1996, dessen Leistungsbeurteilung sich Dr. L. angeschlossen habe, sei nur für den Beruf der Verkäuferin ein unterhalbschichtiges Leistungsvermögen festgestellt worden. Die kurzzeitige Aufhebung des Leistungsvermögens im Zuge der Bandscheibenoperation 2001 sei nur als Arbeitsunfähigkeit anzusehen. Die Klägerin sei auch nicht berufsunfähig. Zwar könne sie die letzte (sozialversicherungspflichtige) Tätigkeit als Verkäuferin nicht mehr ausüben, doch sei sie noch in der Lage, eine Anlerntätigkeiten als Verwaltungsangestellte in der Registratur, Poststelle oder Rechnungsprüfung zu verrichten, auf die sie auch als Fachangestellte sozial verweisbar sei. Es handle sich um körperlich leichte, in wechselnder Körperhaltung ausgeübte Tätigkeiten, die der Klägerin medizinisch zumutbar seien.
Gegen das am 1. September 2003 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 1. Oktober 2003 (Eingang bei Gericht) beim Bayerischen Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und zur Begründung im Wesentlichen vorgetragen, nach dem Gutachten des Sachverständigen Dr. L. habe bis zum Oktober 2001 auch für den allgemeinen Arbeitsmarkt nur ein unterhalbschichtiges Leistungsvermögen vorgelegen. Dass diese Einschränkung im Entlassungsbericht vom 4. Juli 1996, auf den der Sachverständige insoweit Bezug genommen habe, auf die Tätigkeit als Verkäuferin beschränkt worden sei, sei ihm offensichtlich entgangen. Im Übrigen könne die Klägerin nicht auf die angegebene Tätigkeit als Verwaltungsangestellte verwiesen werden, da sie nur kurze Zeit (fünf bis zehn Minuten) Sitzen könne und zumindest die Registratur auch mit dem Heben und Tragen von Aktenordnern sowie dem Hocken, Bücken und Vorneigen verbunden sei.
Der Senat hat u. a. die Akten des SG, des Zentrums Bayern Familie und Soziales L. (ZBFS) und der Arbeitsagentur P. (AA), eine Auskunft der Krankenkasse über Zeiten der Arbeitsunfähigkeit ab 1. Januar 1997 sowie einen Befundbericht des Dr. R. beigezogen und die Klägerin im Anschluss an eine stationäre psychosomatische Behandlung vom 10. September bis 26. Oktober 2004 (Entlassungsbericht vom 29. Oktober 2004) ambulant durch den Neurologen und Psychiater Dr. K. (Gutachten vom 13. Januar 2005) und den Orthopäden Dr. L. (Gutachten vom 11. Januar 2005) begutachten lassen. Beide Sachverständige sind übereinstimmend zu dem Ergebnis gelangt, die Klägerin könne noch vollschichtig leichte Tätigkeiten im gelegentlichen, regelmäßigen Wechsel zwischen Sitzen, Stehen und Gehen, nicht ausschließlich im Freien und ohne häufige Überkopfarbeit, Heben und Tragen von Lasten über 7,5 kg, Disposition von Nässe, Staub oder Zugluft, dem Besteigen von Leitern und Gerüsten oder Wechsel- und Nachtschicht verrichten, auch als Verwaltungsangestellte in einer Registratur, Poststelle oder Rechnungsprüfung.
Am 6. April 2005 ist eine Operation des Rezidiv-Vorfalls L 4/5 erfolgt (Entlassungsbericht vom 13. April 2005). Aus der Anschlussheilbehandlung ist die Klägerin als arbeitsunfähig aber leistungsfähig für sechs und mehr Stunden leichte Tätigkeit entlassen worden (Entlassungsbericht vom 20. Juni 2005).
Dr. L. hat in einer ergänzenden Stellungnahme vom 25. August 2005 ausgeführt, die Klägerin habe auch von Juni 1997 (Antragstellung) bis April 2001 (zweite Bandscheibenoperation) leichte Arbeiten vollschichtig verrichten können. Vom 18. April bis 1. Juli 2001 könne von Arbeitsunfähigkeit im weitesten Sinne ausgegangen werden. Auch im Anschluss an die Operation im April 2005 könne die Klägerin nach einer Rekonvaleszens mit Arbeitsunfähigkeit von sechs Monaten mit den bekannten qualitativen Einschränkungen wieder vollschichtig erwerbstätig sein.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 20. August 2003 und den Bescheid vom 26. April 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. September 1999 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr aufgrund des Antrags vom 30. Juni 1997 Rente wegen Berufsunfähigkeit, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten und der Berufungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), aber nicht begründet.
Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 26. April 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. September 1999 nur noch, soweit die Beklagte es darin abgelehnt hat, der Klägerin aufgrund ihres Antrags vom 30. Juni 1997 Rente wegen Berufsunfähigkeit (ab 1. Januar 2001: teilweise Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit) zu zahlen. Bezüglich der damals ebenfalls beantragten Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (ab 1. Januar 2001: volle Erwerbsminderung) ist der Bescheid mangels Berufung gegen das klageabweisende Urteil des SG bestandskräftig geworden (§ 77 SGG). Das SG hat die Klage mit Urteil vom 20. August 2003 auch im Übrigen zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit oder wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.
Der Anspruch der Klägerin richtet sich nach § 43 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung (a.F.), da sie den zu Grunde liegenden Rentenantrag vor dem 3. April 2001 gestellt hat und Rente (auch) für Zeiten vor dem 1. Januar 2001 begehrt (§ 300 Abs. 2 SGB VI i.V.m. § 26 Abs. 3 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch - SGB X -). Soweit ein Anspruch dem Grunde nach erstmals für Zeiten nach dem 31. Dezember 2000 in Betracht kommt, richtet sich der Anspruch der Klägerin nach §§ 43 Abs. 1, 240 SGB VI in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung (n.F.).
Nach § 43 SGB VI (a.F.) haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit, wenn sie
1. berufsunfähig sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Berufsunfähigkeit drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Berufsunfähigkeit die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Unter den selben Voraussetzungen haben nach §§ 43 Abs. 1, 240 Abs. 1 SGB VI n.F. Versicherte, die vor dem 2. Januar 1960 geboren sind, Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres, wobei anstelle eines unter vollschichtigen Leistungsvermögens ein unter sechsstündiges Leistungsvermögen (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI n.F.) erforderlich ist.
Zwar hat die Klägerin sowohl die Wartezeit als auch die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für beide Rentenarten erfüllt. Insoweit ist zum 1. Januar 2000 keine Rechtsänderung eingetreten. Sie war aber vor dem 1. Januar 2001 nicht berufsunfähig und es ist in der Zeit nach dem 31. Dezember 2000 bei ihr auch keine teilweise Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit eingetreten.
Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur beruflichen Rehabilitation mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 2 SGB VI a.F., § 240 Abs. 2 SGB VI n.F.).
Ausgangspunkt für die Prüfung von Berufsunfähigkeit ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) der "bisherige Beruf" den der Versicherte ausgeübt hat. In der Regel ist dies die letzte, nicht nur vorübergehende versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit, von der auch bei nur kurzfristiger Ausübung auszugehen ist, wenn sie zugleich die qualitativ höchste im Berufsleben des Versicherten gewesen ist (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 130, 164). Kann ein Versicherter seinen bisherigen Beruf nicht mehr ausüben, liegt Berufsunfähigkeit aber nur dann vor, wenn es nicht zumindest eine andere berufliche Tätigkeit gibt, die sozial zumutbar und für ihn sowohl gesundheitlich als auch fachlich geeignet ist. Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufes. Grundsätzlich darf der Versicherte im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf auf die nächstniedrigere Gruppe verwiesen werden (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 5).
Nach dem vom BSG hierzu entwickelten Mehrstufenschema ist die Klägerin der Gruppe der Angestellten mit einer Ausbildung von mehr als zwei Jahren zuzuordnen (vgl. BSGE 55, 45; 57, 291). Ausgehend von der angegebenen Ausbildungsdauer hat die Klägerin nicht den Beruf einer Verkäuferin (mit zweijähriger Ausbildungsdauer), sondern den Beruf der Einzelhandelskauffrau (mit dreijähriger Ausbildungsdauer) erlernt und war als Verkäuferin in einem für diese Berufsausbildung typischen Berufsbereich tätig. Als Fachangestellte ist sie sozial auch auf angelernte Tätigkeiten verweisbar. Dazu gehören zwar nicht die von der Beklagten genannten einfachen Bürotätigkeiten nach BAT IX, wohl aber einfache kaufmännische Bürotätigkeiten nach Gehaltsgruppe 2 des Tarifvertrages für den bayerischen Einzelhandel (in der insoweit seit 1997 unverändert geltenden Fassung). Diese Gruppe umfasst Angestellte mit abgeschlossener kaufmännischer Ausbildung mit einfachen kaufmännischen Tätigkeiten, z. B. in der Auftragsbearbeitung, der Kalkulation oder der Rechnungsprüfung. Derartige Tätigkeiten sind der Klägerin sozial zumutbar.
Hinsichtlich der körperlichen Eignung der Klägerin für leichte Bürotätigkeiten bestehen keine Bedenken. Es handelt sich um Tätigkeiten, die üblicherweise im Wechsel zwischen Sitzen, Gehen und Stehen ausgeübt werden, keine längere Zwangshaltung beinhalten und einen frei bestimmten Haltungswechsel ermöglichen.
Für eine massive Beeinträchtigung der Klägerin für sitzende Tätigkeiten (fünf bis zehn Minuten) bieten die eingeholten Gutachten keine hinreichenden Anhaltspunkte. Zwar bestätigen alle Sachverständigen degenerative Veränderungen der Lendenwirbelsäule als Ursache für die von der Klägerin geklagten Rückenschmerzen. Allerdings waren mit Ausnahme der zu den Bandscheibenoperationen führenden akuten Verschlimmerungen ihrer Bandscheibenleiden keine dauerhaften neurologischen Ausfälle und keine die Ausübung sitzender Tätigkeiten beeinträchtigenden funktionellen Einschränkungen an der Lendenwirbelsäule festzustellen. Ausgehend von den umfangreichen Vorbefunden und Vorgutachten hat insbesondere Dr. L. dargelegt, dass die Klägerin aufgrund ihrer Rückenbeschwerden die Möglichkeit haben sollte, gelegentlich, regelmäßig und idealerweise selbstbestimmt die Position zu wechseln. Dies schließt überwiegend sitzende Bürotätigkeiten aber gerade nicht aus. Einen häufigen Wechsel oder gar eine deutliche zeitliche Begrenzung für sitzende Tätigkeiten hat trotz der wiederholten diesbezüglichen Angaben der Klägerin keiner der Sachverständigen für erforderlich erachtet. Auch die Tatsache, dass die Klägerin seit Januar 2000 in Teilzeit eine nach übereinstimmender Ansicht aller Sachverständigen nicht zumutbare wirbelsäulenbelastende Tätigkeit (Auffüllen von Regalen mit Heben von Lasten von 10 bis 20 kg im Lebensmittelhandel) ausübt, spricht gegen eine stärkere Beeinträchtigung von Seiten der Lendenwirbelsäule, als von Dr. L. festgestellt.
Nach dem Ergebnis der wiederholten Begutachtung der Klägerin liegen neben der leichten bis mittelgradigen Funktionseinschränkungen der Lendenwirbelsäule keine orthopädischen Gesundheitsstörungen vor, die ihr Leistungsvermögen weiter beeinträchtigen würden. Nennenswerte Funktionsstörungen insbesondere der Arme, der Hände, der Hüften und der Beine fand sich nicht. Dr. L. hat zuletzt folgende Diagnosen gestellt:
- chronisches Lendenwirbelsäulensyndrom leichter, allenfalls mittelschwerer Ausprägung im Sinne eines Postnukleotomiesyndroms mit sich daraus ergebendem Funktionsdefizit - Coxalgien beidseits bei weitgehend freier Funktion - Senkspreizfüße bei Hallux-valgus-Deformität, Beinverkürzung links von 1 cm mit der Notwendigkeit eines Längenausgleichs - Periartropathia rechtes Schultergelenk mit schmerzhaftem Bogen bei leichtgradigem Funktionsdefizit
Diese Diagnosen stehen in Übereinstimmung mit den Vorgutachten. Er hält die Klägerin nach ausführlicher Würdigung aller früheren Beurteilungen ihres Leistungsvermögens im Rentenverfahren auch in Kenntnis der letzten Bandscheibenoperation vom April 2005 weiterhin für fähig, vollschichtig leichte Tätigkeiten ohne Heben und Tragen über 7,5 kg, häufiges Bücken, ausschließliches Gehen, Stehen oder Sitzen, häufige Überkopfarbeit, Disposition von Nässe, Staub oder Zugluft oder das Besteigen von Leitern und Gerüsten zu verrichten. Auch diese Leistungsbeurteilung steht in Übereinstimmung mit den Vorgutachten der Sachverständigen Dr. W. , Dr. T. und Prof. Dr. K. sowie des Reha-Entlassungsberichts vom 4. Juli 1996. Der Senat schließt sich dem an.
Ob auch der Sachverständige Dr. L. sich durch Bezugnahme auf diesen Entlassungsbericht im Ergebnis der Beurteilung eines vollschichtigen Leistungsvermögens anschließen wollte, kann dahinstehen. Bereits Dr. T. hat zutreffend darauf hingewiesen, dass weder dieses Gutachten noch das arbeitsamtsärztliche Gutachten vom 17. März 1999 Befunde erkennen lassen, die eine abweichende Leistungseinschätzung begründen könnten. Deutliche Verschlechterungen des Gesundheitszustandes sind erst im April 2001 und April 2005 durch die Rezidiv-Vorfälle L 4/5 eingetreten, wobei die jeweilige Operation zu einer Rückbildung insbesondere der vorübergehenden neurologischen Ausfälle und somit zu einer Wiederherstellung des früheren Gesundheitszustandes geführt hat.
Auf psychiatrischem Fachgebiet hat Dr. K. eine somatoforme Störung in Form einer Somatisierungsstörung bei primär neurasthenischer Persönlichkeitsstruktur diagnostiziert, die einem vollschichtigen Leistungsvermögen aber nicht entgegensteht. Aus dieser Gesundheitsstörung resultiert lediglich, dass die Klägerin keine stressbetonten Tätigkeiten, keinen Akkord und keinen Schichtdienst ausüben sollte. Weitergehende psychische Erkrankungen lagen nicht vor. Insbesondere bestanden keine Hinweise auf eine Beeinträchtigung der Hirnleistung, eine Neurose, Psychose oder Depression, wobei nach seiner Angabe im Rahmen einer Somatisierungsstörung (rezidivierende) depressive Symptome nicht selten sind und durchaus einer spezifischen Behandlung bedürfen können, wie bei der stationären Behandlung der Klägerin im September/Oktober 2004. Zwar erwähnt der Entlassungsbericht vom 20. Juni 2005 eine schwere depressive Episode, doch wird in den Befunden lediglich eine etwas gedrückte Stimmung angegeben. Anhaltspunkte für eine dauerhafte Beeinträchtigung des Leistungsvermögens ergeben sich daraus nicht, zumal in diesem Bericht als Folge der depressiven Episode lediglich angegeben wird, die Klägerin solle häufig wechselnde Arbeitszeiten und Nachtschicht vermeiden. Auch findet wohl weiterhin keine nervenärztliche Behandlung statt.
Das angeborene, seit Jahren bekannte und behandelte Glaukom (zuletzt operiert 1997) hat bisher zu keiner wesentlichen Beeinträchtigung des Sehvermögens geführt. Geklagte Bauchbeschwerden sind nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. K. somatoformer Ursache. Diese Feststellung steht in Übereinstimmung mit dem Entlassungsbericht vom 29. Oktober 2004. Weitere leistungsmindernde Gesundheitsstörungen sind nicht ersichtlich.
Ob die Feststellungen im Entlassungsbericht vom 20. Juni 2005, die Klägerin könne (nach Rekonvaleszens) noch mehr als sechs Stunden leichte Tätigkeiten verrichten, lediglich aufgrund der seit 1. Januar 2001 für die Beurteilung der Erwerbsminderung maßgebenden Grenze von sechs Stunden genannt wurde oder eine Einschränkung der bis dahin bestehenden Leistungseinschätzung von acht Stunden (die Dr. L. weiterhin teilt) zum Ausdruck bringen sollte, kann dahinstehen. Selbst bei einer Reduzierung des zeitlichen Leistungsvermögens auf sechs bis unter acht Stunden infolge des Rezidivvorfalls vom April 2005 läge kein Versicherungsfall der teilweisen Erwerbsminderung vor (§ 43 Abs. 1 SGB VI n.F.).
Die Kostenentscheidung (§193 SGG) beruht auf der Erwägung, das die Klägerin mit ihrem Begehren auch im Berufungsverfahren erfolglos beblieben ist.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG), liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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