L 14 R 4151/04

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 10 RA 417/99
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 14 R 4151/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 14. Juli 2004 wird zurückgewiesen ... Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig zwischen den Beteiligten ist die Frage, ob die von der Beklagten bestandskräftig bewilligte Altersrente unter Anwendung des § 44 Sozialgesetzbuch Teil X (SGB X) insoweit neu festzustellen ist, als die Entgeltpunkte für die in der DDR zurückgelegten Zeiten nicht auf Grund der Anlagen 1 bis 16 zum Fremdrentengesetz (FRG) ermittelt werden (§ 259a Abs.1 Sozialgesetzbuch Teil VI - SGB VI -), sondern entsprechend den damals in der DDR erzielten Arbeitsverdiensten (§ 256a Abs.1 und 2 SGB VI).

Der 1933 geborene Kläger, Inhaber des Vertriebenenausweises C, war in O. von März 1953 bis Dezember 1962 als Mechaniker und Laboringenieur versicherungspflichtig beschäftigt und zog am 13.12.1962 in die BRD zu. Anlässlich mehrerer Kontenklärungsverfahren wurden neben einer Anrechungszeit (Schulausbildung von März 1949 bis Juli 1950, vgl. Bescheide vom 18.03.1993) die Beschäftigungszeiten von März 1953 bis Dezember 1962 ungekürzt nach dem FRG (Arbeiterrentenversicherung Leistungsgruppe 1 und Angestelltenversicherung Leistungsgruppen 4 und 3, jeweils im Wirtschaftsbereich 09 der Anlage 17 zum FRG - vgl. unter anderem Bescheid vom 02.09.1991) festgestellt.

Ein Verfahren vor dem Sozialgericht Regensburg (S 1 RA 125/94) wegen der für Dezember 1962 anzurechnenden Entgeltpunkte und nach Klageänderung wegen Bewertung aller Zeiten nach dem SGB VI endete am 06.05.1999 damit, dass der Kläger das Rechtsmittel zurücknahm und zur Niederschrift des Gerichts bei der Beklagten Antrag gemäß § 44 SGB X stellte. Überprüft werden sollte der während des Klageverfahrens von der Beklagten erteilte Altersrentenbescheid wegen Arbeitslosigkeit vom 16.07.1996 (Rentenbeginn 01.05.1996) hinsichtlich der Bewertung der im Beitrittsgebiet zurückgelegten Beitragszeiten.

Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 28.05.1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.08.1999 lehnte die Beklagte eine Neufeststellung ab, weil weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden sei. Gemäß § 259a Abs.1 SGB VI gelte für Versicherte, die vor dem 01.01.1937 geboren worden seien und ihren gewöhnlichen Aufenthalt am 18.05.1990 im Gebiet der BRD ohne das Beitrittsgebiet gehabt hätten, dass für Pflichtbeitragszeiten vor dem 19.05.1990 an Stelle der nach den §§ 256a, 256b SGB VI zu ermittelnden Werte Entgeltpunkte auf Grund der Anlagen 1 bis 16 zum Fremdrentengesetz zu bestimmen seien.

Im anschließenden Klageverfahren verfolgte der Kläger sein Begehren weiter und machte geltend, mit dem Trick des willkürlich gewählten Stichtages vom 01.01.1937, der erst mit Umdefinition des § 259a SGB VI im Jahre 1995 eingeführt worden sei, wende die Beklagte hintenrum das FRG widerrechtlich an, obwohl er gemäß Einigungsvertrag und Grundgesetz einen Anspruch darauf habe, dass sein lückenlos belegter Versicherungsverlauf (gemeint: seine in der DDR erzielten und durch Unterlagen nachgewiesenen Entgelte) wie bei einem Beitrittsbürger gemäß § 256a SGB VI bewertet würde. Das Sozialgericht wies die Klage mit Urteil vom 14.07.2004 ab. Es führte aus, der Kläger gehöre zu dem Personenkreis der Rentenberechtigten, der von dem Überführungsprogramm des Einigungsvertrages und den diesen umsetzenden nachfolgenden rentenrechtlichen Bestimmungen gerade nicht erfasst worden sei. Dies habe zur Folge, dass DDR-Recht auch nicht als sekundäres Bundesrecht übergangsrechtlich auf ihn und auf seine in der ehemaligen DDR erworbenen Rechte Anwendung finde. Sein Rentenanspruch richte sich, ohne dass in irgendeiner Weise DDR-Verhältnisse bei der Rentenberechnung von Bedeutung seien, ausschließlich nach dem bis zum 18.05.1990 geltenden Recht der Bundesrepublik Deutschland, das in seiner Grundstruktur für die Zeit ab 01.01.1992 im SGB VI weitergeführt werde.

Die Anwendung des § 259a SGB VI auf die Beschäftigungszeiten des Klägers im Beitrittsgebiet stoße auch auf keine verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. BSG-Urteil vom 29.07.1997 - 4 RA 56/95). Der Stichtag 18.05.1990 bilde rentenrechtlich eine Zäsur, wie bereits Art.20 Abs.7 des Staatsvertrages i.V.m. Art.23 § 1 des Gesetzes zu dem Vertrag vom 18.05.1990 über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der BRD und der DDR vom 25.06.1990 zeige. Danach gelte für diejenigen, die vor dem 18.05.1990 in die BRD übergesiedelt seien und hier ihren gewöhnlichen Aufenthalt hätten, ausschließlich das Rentenrecht der BRD. Damit unterlägen sie den Bestimmungen des FRG und infolgedessen dem das FRG tragenden Prinzip der Eingliederung. Die Versicherten würden damit rentenrechtlich so gestellt, als hätten sie ihr Arbeitsleben in der BRD unter der Wirksamkeit der dort geltenden Rechtsnormen zurückgelegt (vgl. BSG SozR 5050 § 15 Nrn.32 und 35). Das dabei angestrebte Ziel einer Gleichstellung von Vertriebenen und Flüchtlingen, die ihr Arbeitsleben unter den unterschiedlichsten Bedingungen in den Herkunftsländern und unter sehr unterschiedlichen Wirtschafts- und Sozialstrukturen verbracht hätten, lasse sich, ohne dass Art.3 Abs.1 Grundgesetz (GG) verletzt werde, nur durch Typisierung und verhältnismäßig grobe Pauschalierungen erreichen, wobei Härten in Einzelfällen bei solchen generalisierenden Regelungen unvermeidlich und hinzunehmen seien (vgl. BVerfG SozR 5050 § 22 Nr.16).

Durch die Regelung nach § 259a SGB VI erfolge eine Ordnung von Massenerscheinungen, bei der der Gesetzgeber nicht um die differenzierende Berücksichtigung aller denkbaren Fälle besorgt zu sein brauche. Es sei ihm vielmehr erlaubt, von einem Gesamtbild auszugehen, das sich aus vorliegenden Erfahrungen ergebe. Ebenso dürfe er sich dafür auch angesichts der Vielfalt unterschiedlicher Rentenbiografien eines maschinellen Verfahrens auf der Grundlage der vorhandenen Datensätze bedienen (vgl. BSG SozR 3-2600 § 307a Nr.4 zur unterschiedlichen Regelung der Entgeltpunkteberechung für Zugangs- und Bestandsrentner des Beitrittsgebiets). Zum anderen sollte durch die Stichtagsregelung das Vertrauen all derjenigen in das bis zu diesem Zeitpunkt geltende Recht geschützt werden, die vor bzw. bei Abschluss des Staatsvertrages bereits ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der BRD gehabt hätten (vgl. Bundestags-Drucksache 12/4810 S.24 f.). Sie konnten bis zu diesem Zeitpunkt davon ausgehen, bei der Feststellung ihrer Rente werde das für sie in der Regel günstigere FRG zur Anwendung gelangen (vgl. hierzu BSG SozR 3-8110 Kapitel VIII H I Nr.17, Nr.1).

Mit der hiergegen eingelegten Berufung äußert der Kläger das Begehren, "gemäß § 44 SGB X den obigen (Anmerkung: ist oben nicht benannt) streitbefangenen Verwaltungsakt aufzuheben und stattdessen meine DDR-Versicherungsentgelte bis 31.12.1962 nach § 256a SGB VI zu bewerten, und zwar wegen vorsätzlicher Verletzung der §§ 63, 256 Abs.1a, 256a SGB VI und der Art.1 Abs.3, 3 und 14 GG durch § 259a SGB VI". Seine Rente sei auch hinsichtlich der in der DDR zurückgelegten Zeiten nach den tatsächlichen und auch feststehenden Arbeitsentgelten zu berechnen. Die Anwendung des FRG sei ausgeschlossen. § 1 FRG beschreibe eindeutig den betroffenen Personenkreis, und dort seien weder Beitrittsbürger noch Republikflüchtlinge erwähnt. Art.23 § 1 Abs.2 des Einigungsvertrags vom 25.06.1990 habe die Renteneinheit Deutschlands wieder hergestellt und schließe die Anwendung des FRG aus, denn er besage, dass für rentenrechtliche Zeiten, die bis zum 18.05.1990 bei einem Träger der gesetzlichen Rentenversicherung im Gebiet der DDR einschließlich Berlin (Ost) zurückgelegt seien, das FRG und andere gesetzliche Vorschriften nicht anzuwenden seien, wenn am 18.05.1990 ein gewöhnlicher Aufenthalt außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes vorgelegen habe. §§ 256 Abs.1a und 256a SGB VI enthielten das Verbot, das FRG bei vorhandenem Beitragsunterlagen anzuwenden, und hätten die Renteneinheit Deutschlands wieder hergestellt.

Der Kläger beantragt, das Urteil vom 14.07.2004 und den Bescheid vom 28.05.1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.08.1999 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, unter teilweiser Rücknahme des Bescheids vom 16.07.1996 höhere Rente ab 01.05.1996 unter Bewertung der Zeit von März 1953 bis Dezember 1962 nach § 256a SGB VI zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen,

und nimmt auf die Begründung des sozialgerichtlichen Urteils Bezug.

Dem Senat lagen zur Entscheidung die Prozessakten beider Rechtszüge und die zu Beweiszwecken beigezogene Versichertenakte der Beklagten vor.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143 f., 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) und auch im Übrigen zulässige Berufung ist unbegründet.

Auch der Senat ist zu der Überzeugung gekommen, dass die Beklagte zu Recht eine Neufeststellung der Rente gemäß § 44 SGB X abgelehnt hat, und verweist zunächst auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Urteils (§ 153 Abs.2 SGG). Soweit das Sozialgericht zur Begründung seiner Auffassung das Urteil des BSG vom 30.04.1996 - 8 RKn 2/95 in SozR 3-8110 Kapitel VIII H I Nr.17, Nr.1 zitiert hat, wird der Kläger, der nach seinem Vorbringen nicht versteht, was der dort genannte Fall eines in Baku geborenen und im Jahre 1975 in die DDR umgezogenen Volksdeutschen mit seinem Fall zu tun hat, darauf hingewiesen, dass es insoweit nicht um eine konkrete Fallgestaltung ging, sondern um die Grundsätze des Art.3 GG. Im zitierten Falle machte der Kläger, der in das Sozialversicherungssystem der DDR voll integriert war und dort seit 1975 eine Rente bezog, geltend, seine nach § 307a Abs.1 SGB VI angepasste und umgewertete Rente (Bestandsrentner) sei aus Gründen der Gleichbehandlung individuell auf der Grundlage des günstigeren FRG zu berechnen. Insoweit liegt der umgekehrte Fall zu dem jetzt streitgegenständlichen vor, in dem der Kläger eine Berechnung nach dem FRG ablehnt. In dem weiterhin vom Sozialgericht zitierten Urteil vom 06.11.1996 - 5 RJ 2/95 in SozR 3-2600 § 307a Nr.4 begehrte ein DDR-Rentner an Stelle der Anpassung und Umwertung seiner Rente gemäß § 307a Abs.1 und 2 SGB VI die Berechnung nach den tatsächlich in der DDR erzielten Entgelten gemäß § 256a SGB VI.

Das BSG hat in beiden Entscheidungen klargestellt, dass eine unterschiedliche Behandlung von Bestandsrentnern gegenüber Zugangsrentner auf sachlich gerechtfertigten Gründen beruht und nicht gegen Art.3 GG verstößt, weil der Gesetzgeber unterschiedliche Sachverhalte bei der Angleichung der Rechtssysteme anlässlich des Einigungsvertrags und des Rentenüberleitungsgesetzes unterschiedlich regeln und insoweit typisieren und generalisieren durfte, ohne allein schon wegen der damit im Einzelfall unvermeidlich verbundenen Härten gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz zu vorstoßen. Der weite Ermessensspielraum des Gesetzgebers im Bereich der Rentenversicherung gelte allgemein hin für die Personengruppen, die im Jahre 1990 und 1992 durch die Zusammenführung der Rentenversicherungssysteme und die Neuordnung des Rentenversicherungsrechts durch das SGB VI betroffen seien (vgl. BSG vom 29.07.1997 - 4 RA 56/95 in SGb 1997, 518 für einen dem jetzigen Streitfall vergleichbaren Fall der Rentenberechung nach § 259a SGB VI ohne Berücksichtigung der nach §§ 256a und 256b SGB VI zu ermittelnden Entgeltpunkte).

Lediglich zur Betonung des bereits vom Sozialgericht Ausgeführten und unter Berücksichtigung des Vortrags des Klägers in zweiter Instanz weist der Senat darauf hin, dass in seinem Falle der Einigungsvertrag die Anwendung des Fremdrentenrechts nicht verbietet. Vielmehr fällt seine Rentenangelegenheit überhaupt nicht in den Regelungsbereich des Einigungsvertrags, der die Überführung der in der DDR gezahlten Renten sowie der dort erworbenen Anwartschaften der DDR-Bürger (Stichtag 18.05.1990) gewährleistet. Der Kläger befand sich jedoch seit dem Jahre 1962 in der BRD und war in das Rentenversicherungssystem der BRD (Angestelltenversicherungsgesetz, Reichsversicherungsordnung, später abgelöst durch das SGB VI) - hinsichtlich seiner "Fremdzeiten" über das FRG - voll integriert. Derartige Fälle sind vom Regelungsbereich des Einigungsvertrags bzw. der diesen umsetzenden Gesetze überhaupt nicht betroffen (ausführlich hierzu BSG vom 29.07.1997, a.a.O., mit Hinweisen auf die weitere Rechtsprechung).

Nur für die vom Einigungsvertrag erfassten ehemaligen Bürger der DDR regelte Art.23 § 1 des Gesetzes zum Staatsvertrag vom 25.06.1990 (BGBl.II, 518) - der Kläger hatte diese Gesetzesvorschrift der BRD mit dem Einigungsvertrag verwechselt -, dass das Fremdrentenrecht

a) für rentenrechtliche Zeiten, die im Gebiet der DDR nach dem 18.05.1990 zurückgelegt werden, nicht anwendbar ist und b) für Zeiten vor dem 18.05.1990 dann nicht gilt, wenn zu die sem Zeitpunkt ein gewöhnlicher Aufenthalt außerhalb des Gel tungsbereichs dieses Gesetzes, also außerhalb der BRD (zum Beispiel in der DDR. Zur Auslegung vgl. u.a. BSG vom 30.04.1996, a.a.O.) bestand.

Der Kläger hat diese Vorschrift missverstanden und im entgegengesetzten Sinne gedeutet. Wenn (unrichtigerweise) unterstellt wird, dass er zu dem vom Gesetz zum Staatsvertrag erfassten Personenkreis gehöre, wäre aus Art.23 § 1 dieses Gesetzes abzuleiten, dass die Anwendung des FRG nicht für ihn, der sich ja zum 18.05.1990 nicht außerhalb, sondern innerhalb der BRD (innerhalb des Geltungsbereiches des Gesetzes) aufhielt, nicht ausgeschlossen ist.

Dem Gesetzgeber stand es - unabhängig vom Einigungsvertrag - frei, die rentenversicherungsrechtlichen Verhältnisse seiner Bürger, die sich zum 18.05.1990 bereits in der BRD aufhielten und früher Beitragszeiten in der DDR nach dem FRG zurückgelegt hatten, anlässlich der Zusammenführung der Rentenversicherungssysteme von BRD und DDR und anlässlich der Neuordnung des Rentenrechtes durch das ab 01.01.1992 geltende SGB VI zu ordnen bzw. wie bisher fortzuführen. Eine Regelung ist dann durch § 259a SGB VI in sachgerechter Weise erfolgt. Für den Kläger, der nicht vom Überführungsprogramm des Einigungsvertrags und nicht vom als sekundäres Bundesrecht weiter geltenden DDR-Recht (dort erworbene Ansprüche) erfasst wurde, richtete sich die Behandlung seiner Rentenangelegenheit ausschließlich nach dem bis zum 18.05.1990 geltenden Bundesrecht, das in seiner Grundstruktur für die Zeit ab 01.01.1992 im SGB VI weitergeführt worden ist.

Nicht richtig gesehen hat der Kläger die Systematik der §§ 256 f. SGB VI. Gemäß § 256a Abs.1 und 2 SGB VI(in der im Gesetz vom 25.07.1991, BGBl.I, 1606 für die Zeit ab 01.01.1992 vorgesehenen Fassung und in der rückwirkend zum 01.01.1992 durch das Gesetz vom 24.06.1993, BGBl.I, 1038, geänderten Fassung für Beitragszeiten im Beitragsgebiet nach dem 08.05.1945) werden für Beitragszeiten im Beitrittsgebiet Entgeltpunkte ermittelt, indem der mit den Werten der Anlage 10 vervielfältigte und damit auf "West-Niveau" gehobene und ggf. auch noch begrenzte Verdienst (Beitragsbemessungsgrundlage) durch das Durchschnittsentgelt für dasselbe Kalenderjahr geteilt wird. Als Verdienst zählen unter anderem der beitragspflichtige Arbeitsverdienst und die versicherungspflichtigen Einkünfte in der DDR. Die Werte der Anlage 10 geben das Verhältnis wieder, in dem das Durchschnittsentgelt der Anlage 1 zum Durchschnittsentgelt desselben Kalenderjahres im Beitrittsgebiet steht.

Abweichend hiervon bestimmt § 259a SGB VI für die nicht in den persönlichen und sachlichen Anwendungsbereich des Einigungsvertrags fallenden Bürger der DDR - nach dem Gesetzeswortlaut eine Sonderregelung im Verhältnis zur allgemein gefassten Bestimmung des § 256a SGB VI, die aber von jener nicht, wie der Kläger meint, verboten ist - Folgendes: Abs.1 Satz 1 in der Fassung des Gesetzes vom 25.07.1991, BGBl.I, 1606, mit Wirkung ab 01.01.1992: "Bei Beginn der Rente vor dem 01.01.1996 werden für Versicherte, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt am 18.05.1990 ... im Gebiet der BRD ohne das Beitrittsgebiet hatten ..., für Beitragszeiten vor dem 19.05.1990 an Stelle der nach §§ 256a und 256b zu ermittelnden Werte Entgeltpunkte auf Grund der Anlagen 1 bis 16 zum Fremdrentengesetz ermittelt ..." Abs.1 Satz 1 in der Fassung des Gesetzes vom 24.06.1993, BGBl.I, 1038, rückwirkend zum 01.01.1992 mit der neuen Überschrift "Besonderheiten für Versicherte der Geburtsjahrgänge vor 1937": "Für Versicherte, die vor dem 01.01.1937 geboren sind und die ihren gewöhnlichen Aufenthalt am 18.05.1990 ... im Gebiet der BRD ohne das Beitrittsgebiet hatten, werden Entgeltpunkte auf Grund der Anlagen 1 bis 16 zum Fremdrentengesetz ermittelt ..."

§ 259a Abs.1 SGB VI in der älteren wie auch in der für den Kläger geltenden modifizierten Fassung ist vor dem Hintergrund eines Vertrauensschutzes zu sehen. Ursprünglich sollten bei einem Rentenbeginn vor dem 01.01.1996 (damit Altersrentner der Jahrgänge bis 1936; dem Wortlaut nach wurden aber auch Frührentner erfasst) das Vertrauen in die vor der Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion bis zum 18.05.1990 bestehenden Rechtslage geschützt bleiben. Mit der späteren rückwirkenden Änderung blieb der Vertrauens- und Bestandsschutz für Altersrentner wie den Kläger (Jahrgänge bis einschließlich 1936) erhalten. Gleichzeitig ergab sich der Vorteil für die Verwaltung, dass die Versicherungskonten der betroffenen Jahrgänge - unabhängig von einem ohnehin nicht genau vorhersehbaren Rentenbeginn - endgültig waren und nicht in Millionen von Fällen erneut bearbeitet werden mussten.

Wenn § 259a SGB VI auf das FRG Bezug nimmt, erklärt es nicht, wie der Kläger meinte, dieses Gesetz dem Grunde nach für anwendbar und hat es auch nicht wieder für seinen Fall eingeführt. Richtig ist es zwar, dass § 1 FRG in der mit dem SGB VI zum 01.01.1992 geänderten Fassung einen Personenkreis nennt, unter den der Kläger nicht mehr fällt. § 259a Abs.1 Satz 1 SGB VI beinhaltet jedoch keine allgemeine Rechtsgrundlagenverweisung, sondern nimmt nur Bezug auf die Entgeltpunkte auf Grund der Anlagen 1 bis 16 zum Fremdrentengesetz, die bereits vor dem 01.01.1992 besitzgeschützt erworben worden sind (und in Einklang mit den Vorschriften des SGB VI über die neu geregelte Bewertung von Entgeltpunkten für eine Berufsausbildung modifiziert werden). Mithin wurde hier nur eine bundesrechtliche Regelung über bereits nach Bundesrecht (FRG) erworbene Rentenanwartschaften im System des SGB VI (hier gelten statt der früheren Werteinheiten nunmehr Entgeltpunkte) fortgeschrieben, wobei die betroffenen Personen so behandelt werden, als hätten sie ihre versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit im Bundesgebiet bei den dort üblichen und durchschnittlichen Entgelten verrichtet.

Ein Verstoß des § 259a SGB VI gegen höherrangiges Recht ist nicht ersichtlich. § 63 Abs.1 SGB VI bestimmt, dass sich die Höhe der Rente vor allem nach der Höhe der während des Versicherungslebens durch Beiträge versicherten Arbeitsentgelte und -einkommen richtet. Diese Vorschrift ist zunächst auf die zur bundesdeutschen Rentenversicherung gezahlten Rentenversicherungsbeiträge bezogen und kennzeichnet hier die Beitragsbezogenheit von Rentenleistung bzw. die in der Regel einzuhaltende Abhängigkeit von Versicherungsbeiträgen und Versicherungsleistung (auch) der Höhe nach (Wechselbeziehung der geleisteten Versicherungsbeiträge und der "Gegenleistung" Versichertenrente). Versicherungsbeiträge zu einem Versicherungsträger außerhalb des bundesdeutschen Gebiets werden hier von vornherein nicht erfasst, allenfalls mit dem Umkehrschluss, dass sich die Höhe einer Rente nach Bundesrecht nicht nach den Versicherungsbeiträgen richten muss, die nicht an einen bundesdeutschen Versicherungsträger geflossen sind. § 63 SGB VI verbietet aber nicht, dass der Gesetzgeber durch besondere Gesetze "fremde" Versicherungsbeiträge als zur bundesdeutschen Rentenversicherung geleistet behandelt, wobei ein Arbeitseinkommen nach bundesdeutschen Maßstäben festgelegt und berechnet wird (z.B. § 256a SGB VI in Verbindung mit dem Einigungsvertrag, z.B. Anlagen 1 bis 16 zum FRG i.V.m. § 259a SGB VI), und dass die so bestimmten Arbeitsentgelte den von § 63 Abs.1 SGB VI gemeinten Arbeitsentgelten gleichstehen. In diesem Sinne wird dann auch eine der Höhe nach dem Arbeitsentgelt entsprechende Rente gewährt. § 63 SGB VI gebietet keinesfalls die Berechnung einer Rente entsprechend den in Gebieten außerhalb des Bundesgebietes erzielten Entgelten. Gäbe es keine Gesetze über die Gleichstellung bzw. Anrechnung von "fremden" Zeiten, könnte auch eine beitragsunabhängige Mindest- und Sozialrente geleistet werden; § 63 Abs.1 SGB VI würde dem nicht entgegenstehen.

Weiterhin kann ein Verstoß des § 259a SGB VI gegen § 256 Abs.1a SGB VI, eingeführt mit dem Rentenüberleitungs-Ergänzungsgesetz vom 24.06.1993 (BGBl.I, 1038) nicht vorliegen. Diese Vorschrift schreibt bei der Umstellung der Rentenberechung auf Entgeltpunkte die Anwendung der Werte nach den Anlagen 1 bis 16 zum FRG vor, wenn für Zeiten vor dem 01.01.1991 eine Beitragszahlung nachgewiesen ist, aber die Höhe der Beitragsbemessungsgrundlage nicht bekannt ist oder nicht auf sonstige Weise festgestellt werden kann. Hieraus ist im Umkehrschluss nicht zu folgen, dass bei bekannter Höhe der Beitragsbemessungsgrundlage die Anwendung der Anlagen zum FRG auch im Falle des Klägers ausgeschlossen ist; denn § 256 Abs.1a SGB VI betraf von vornherein nicht die Ermittlung von Entgeltpunkten nach § 256a (Beitragszeiten im Beitrittsgebiet), 256b, 257 und 258 SGB VI und erst recht nicht die Fälle des § 259a SGB VI. § 256 Abs.1a SGB VI hatte seinen Anwendungsbereich nur im alten Bundesgebiet und ist im Übrigen durch das SGB VI-Änderungsgesetz vom 15.12. 1995 (BGBl.I, 1824) gestrichen und in § 256c Abs.1 SGB VI eingestellt worden, wo auch eine Erweiterung auf das Beitrittsgebiet erfolgte, aber eben nicht eine Erweiterung auf die nach altem bundesdeutschen Recht (FRG) erworbenen Entgeltpunkte mit Stand vom 18.05.1990; insoweit war nach wie vor § 259a SGB VI allein maßgebend.

Das weitere Argument des Klägers, § 259a SGB VI verstoße gegen § 256a SGB VI, geht schon deswegen am Kern der Sache vorbei, weil hier unterschiedliche Ausgangstatbestände unterschiedlich geregelt werden; diese Regelung erfolgte durch ein Bundesgesetz qualitativ auf gleicher Ebene, und eine Norm ist gegenüber der anderen nicht eine höherwertige.

Ein Verstoß des § 259a SGB VI gegen den Schutz des Eigentums einschließlich der Rechtspositionen auf Grund des Art.14 GG ist dem Senat nicht ersichtlich. Die vom Kläger in der DDR bis 1962 zurückgelegten Beitragszeiten bzw. die Anwartschaften aus der Sozialpflichtversicherung der DDR unterfielen weder damals noch ab dem Jahre 1990 dem Eigentumsschutz des Grundgesetzes. Gegenstand einer Eigentumsgarantie konnten nur die vom bundesdeutschen Gesetzgeber neu begründeten Ansprüche sein; Art.14 GG kann sich nicht rückwirkend auf Erwerbstatbestände, die im Gebiet der ehemaligen DDR zurückgelegt worden sind, beziehen (Beschluss des BVerfG vom 30.10.1993 - 1 BvL 42/92). Die BRD traf keine Verantwortlichkeit im Sinne einer Gesamtrechtsnachfolge bzw. im Sinne des Einstehenmüssens (vgl. hierzu BVerfGE 84, 90 und BVerfG in SozR 3-8560 § 26 Nr.1), es sei denn, in der DDR erworbene Rechte wären im Einigungsvertrag als Eigentum ausgestaltet worden, wie in dem vom BVerfG durch Beschluss vom 22.11.1994 (BVerfGE 91, 294) entschiedenen Fall. Der Kläger unterfällt aber nicht dem persönlichen und sachlichen Geltungsbereich des Einigungsvertrags und der diesen umsetzenden Gesetze. Das Grundgesetz gilt in den Beitragsgebieten erst ab dem 03.10.1990, und demgemäß gibt Art.14 GG keinen Schutz für Anwartschaftsrechte in der DDR, die durch Bundesgesetz nicht neu begründet wurden (bzw. hätten begründet werden müssen).

Ein Verstoß gegen Art.3 Abs.1 GG ist ebenfalls nicht ersichtlich. Der Gesetzgeber durfte Sachverhalte, die nicht vom Einigungsvertrag erfasst wurden (§ 259a SGB VI), und sogar Sachverhalte, die hiervon betroffen wurden (z.B. Bestandsrenten gemäß § 307a SGB VI), abweichend von den Fällen des § 256a SGB VI regeln. Allen drei Gruppen ist der Grundsatz gemeinsam, dass eine Angleichung ehemaliger Rentenanwartschaften an bundesrechtliches Niveau erreicht werden soll, nur die Wege hierzu sind verschieden. Eine von 256a SGB VI abweichende - und auf der Hand liegende - Verfahrensweise im Falle des Klägers rechtfertigt sich bereits dadurch, dass er schon vor dem Jahre 1990 allein dem Bundesrecht (unter anderem dem FRG) unterlag und vom Überführungsprogramm des Einigungsvertrags nicht erfasst worden ist. Unterschiedliche Sachverhalte rechtfertigen auch abweichende Modalitäten der Rentenberechnung. Hinzukommt, dass die sich bereits in der BRD aufhaltenden rentennahen Jahrgänge bei Ausgleich des Verlustes eines "fremden" Versicherungsschutzes durch das FRG in der Regel hinsichtlich der Rentenhöhe begünstigt werden und ein Vertrauensschutz für die große Mehrzahl der Betroffenen zu beachten ist. Eine abweichende Regelung entsprechend § 256a SGB VI wäre im Bezug auf die Mehrheit der rentennahen Jahrgänge, die einen Verlust an Anwartschaften erleiden würden, den sie nicht mehr durch eine Umstellung ihrer Versorgung hinreichend ausgleichen könnten, unzulässig. Eine differenzierte Regelung für mehrere Gruppen erschien auch nicht zwingend erforderlich. Der Gesetzgeber kann durchaus - auch zur Vermeidung eines übermäßigen Zeit- und Arbeitsaufwands - pauschalierend verfahren.

Die Stichtagsregelung des § 259a Abs.1 SGB VI (18.05.1990) ist ohne weiteres sachgerecht, denn bereits auf Grund des Einigungsvertrags musste zwischen Personen mit Aufenthalt im Beitrittsgebiet und im alten Bundesgebiet unterschieden werden.

Die weitere Stichtagsregelung (vor dem 01.01.1937 geborene Versicherte), die entgegen der Ansicht des Klägers nicht erst im Jahre 1995 eingeführt worden ist, beruht ebenfalls auf Gründen, die nicht willkürlich und damit nicht angreifbar sind; allein der Umstand, dass es möglicherweise bessere oder zweckmäßigere Lösungen gegeben hätte, begründen keinen Verstoß gegen Art.3 GG.

Die erste Fassung des § 259a Abs.1 (Rentenbeginn vor dem 01.01.1996) hätte den Kläger mit seinem Rentenbeginn nach dem 01.01.1996 nicht betroffen, galt aber bereits nicht mehr, als er die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Altersrente wegen Arbeitslosigkeit erfüllte. Die im Jahre 1993 mit Rückwirkung zum 01.01.1992 eingeführte modifizierende neue Regelung (Jahrgänge bis einschließlich 1937) an Stelle des Rentenbeginns zum 01.01.1996) beschränkt den Regelungsbereich auf ältere Jahrgänge (Versicherte, die zum 01.01.1996 60 Jahre oder mehr alt gewesen wären) und nahm Abstand von einem Rentenbeginn als Stichtag, der in Bezug auf einen Vertrauensschutz für ältere Versicherte nicht sonderlich brauchbar erschien. Wenn der Gesetzgeber bei den bis zum 01.01.1937 geborenen, relativ rentennahen Jahrgängen dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes und damit einer typisierenden und nicht einer individuell ausgestalteten Regelung den Vorzug gab, so ist dies im Hinblick auf Art.3 GG nicht zu beanstanden (vgl. ausführlich hierzu unter anderem BSG vom 29.07.1997, a.a.O.). Eine Härte im Einzelfall - der Kläger hat bisher nichts dazu substantiiert vorgetragen, dass er bei auf der Grundlage des § 256a SGB VI ermittelten Entgeltpunkten mehr an Rente erhalten würde - ist unbeachtlich.

Die vom Kläger propagierte generelle Gleichstellung ist von Art.3 GG und dem Einigungsvertrag nicht gedeckt und widerspricht dem grundlegenden Gesichtspunkt, dass die ehemalige DDR mit dem Wirksamwerden des Beitritts der Länder gemäß Art.23 Abs.2 GG (alte Fassung) als staatsrechtliches Gebilde erloschen ist, ihren Anspruch auf Gebiets- und Personalhoheit fallen gelassen hat und sich unter Eingliederung von Gebiet und Bevölkerung selbst aufgelöst hat, aber vorher Bestand in dem Sinne hatte, dass die Grundrechte (u.a. Art.3 GG) dort nicht vor dem 03.10.1990 anzuwenden waren und auch nicht zurückwirkend unbeschränkt umgesetzt werden können und dürfen bzw. müssen.

Nachdem die Richtigkeit des Rentenbescheids vom 16.07.1996 feststeht, musste der Senat nicht mehr prüfen, ob dem Kläger Rentenleistungen durch die konkrete Rechtsanwendung der Beklagten vorenthalten worden sind (§ 44 Abs.1 Satz 1 SGB X). Dies wäre nur bei unrichtiger Gesetzesanwendung und bei (nachträglich) für verfassungswidrig erklärten Gesetzen (so zwei Entscheidungen des Bundessozialgerichts) der Fall gewesen, und unter Umständen auch bei noch nicht für verfassungswidrig erklärten Gesetzen (zu letzterem Sachverhalt hat das BSG bisher noch nicht entschieden).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG sind nicht ersichtlich. Eine Abweichung von Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts und des Bundessozialgerichts und damit eine Divergenzentscheidung des Senats liegt nicht vor. Ein Fall grundsätzlicher Bedeutung erscheint nicht gegeben, weil in zahlreichen höchstrichterlichen Entscheidungen wiederholt alle tragenden Grundsätze dargestellt und begründet worden sind, so dass eine offene Grundsatzfrage, die noch abzuklären wäre, nicht gegeben ist.
Rechtskraft
Aus
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