Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
20
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 12 RJ 996/00
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 20 R 481/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 14.08.2002 aufgehoben und die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 12.07.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbecheides vom 13.10.2000 abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten besteht Streit über die Zuordnung der vom Kläger in Rumänien ausgeübten beruflichen Tätigkeit zu einem Wirtschaftsbereich gemäß der Anlage 14 zum Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI).
Der 1941 geborene Kläger ist am 14.04.1983 aus Rumänien in die Bundesrepublik zugezogen und Inhaber des Vertriebenenausweises A. Er hat eine Lehre als Landwirtschaftsmechaniker absolviert (1958) und erhielt nach einem zweimonatigen Lehrgang das Recht, in den S.-Einheiten als Traktorenelektriker zu arbeiten. Nach der Adeverinta Nr 886/11.04.1983 arbeitete er in Rumänien in den streitigen Zeiträumen vom 04.07.1958 bis 16.11.1961 ebenso wie in der Zeit vom 06.01.1964 bis 01.03.1967 als Traktorist und daran anschließend bis 20.01.1983 als Elektriker. Die Handwerkskammer Mittelfranken stellte mit Bescheid vom 30.09.1985 die Ausbildung des Klägers der einer deutschen Gesellenprüfung im Landmaschinenmechaniker-Handwerk gleich.
Mit Bescheid vom 19.04.1986 hatte die Beklagte die Tätigkeit dem Bereich Landwirtschaft zugeordnet. Der dagegen erhobene Widerspruch - der Kläger hatte geltend gemacht, er habe in einer Maschinen- und Traktorenstation (S. bzw S.) gearbeitet - war erfolglos. Der rumänische Versicherungsträger bestätigte, dass der Kläger im Zeitraum vom 01.01.1967 bis 20.01.1983 als landwirtschaftlicher Mechaniker und Traktorenelektriker tätig war. Auch die BfA ordnete im Bescheid vom 20.01.1995 die Tätigkeit des Klägers in den streitigen Zeiträumen dem Bereich 14 (Landwirtschaft) zu.
Nach einer Überprüfung von Amts wegen erließ die Beklagte den streitgegenständlichen Bescheid vom 12.07.1999, in dem die Tätigkeit des Klägers in den streitigen Zeiträumen dem Bereich 14 der Anlage 14 zum SGB VI zugeordnet wurde. Der dagegen erhobene Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 13.10.2000).
Im daraufhin anhängig gewordenen Klageverfahren nahm das Sozialgericht Nürnberg (SG) das Arbeitsbuch des Klägers, die Adeverinta Nr 53/06.01.2000 zur Frage der 6/6-Anrechnung, den Gleichstellungsbescheid der Handwerkskammer Mittelfranken, den Vertriebenenausweis A und einen Lebenslauf des Klägers zum Verfahren bei. Im Bescheid der Beklagten vom 24.01.2002 ist der streitige Zeitraum wiederum dem Bereich 14 zugeordnet.
Der Kläger machte geltend, er sei Angestellter in einem Betrieb gewesen, der im Laufe der Zeit seinen Namen dreimal geändert habe (S., S., I.). Für diese Firma habe er in verschiedenen landwirtschaftlichen Unternehmen gearbeitet. Seine Station sei für etwa 12 - 15 Produktionsgenossenschaften zuständig gewesen und habe in deren Auftrag die Felder bearbeitet und die Maschinen, den Sprit und das Fahrpersonal zur Verfügung gestellt. Das Ministerium habe die Maschinen auf die Kreise verteilt, dort seien sie weiter auf die einzelnen S. verteilt worden. Eventuelle Reparaturen oder Schäden seien auf Kosten der S. gegangen. Im Winter seien die notwendigen Wartungs- und Instandsetzungen durchgeführt worden. Nach seiner Ansicht habe seine S. anfangs ca. 30, später Anfang der 80er Jahre ca. 500 Maschinenführer und weiteres Werkstattpersonal sowie kaufmännische Angestellte gehabt.
Mit Urteil vom 14.08.2002 verurteilte das SG die Beklagte, die Beschäftigungszeit des Klägers vom 04.07.1958 bis 16.11.1961 und vom 06.01.1964 bis 20.01.1983 dem Wirtschaftsbereich 21 der Anlage 14 zum SGB VI zuzuordnen. Das SG war zu der Überzeugung gelangt, dass der Beschäftigungsbetrieb des Klägers unter Pkt.2 "Vermietungen, Ausleihungen" dem Wirtschaftsbereich 21 zuzuordnen sei. Der Schwerpunkt der im Wirtschaftsbereich 14 (Landwirtschaft) genannten Teilbereiche liege eindeutig auf der Produktion, während die Beispiele aus dem Wirtschaftsbereich 21 zweifellos vorrangig Dienstleistungsbetriebe umfassten. Allein der Umstand, dass der Betrieb des Klägers für landwirtschaftliche Betriebe dienstleistend tätig gewesen sei, mache ihn nicht zu einem landwirtschaftlichen Unternehmen. Die auftraggebenden Landwirtschaftsbetriebe seien weder für die ordnungsgemäße Bedienung noch für eventuell anfallende Schäden verantwortlich gewesen. Der Kläger sei daher nicht als Beschäftigter eines landwirtschaftlichen Unternehmens einzustufen, sondern als Beschäftigter eines Vermietungsunternehmens.
Dagegen hat die Beklagte Berufung eingelegt und geltend gemacht, die S. habe mit ihren sachlichen und personellen Mitteln im Auftrag der landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften die maschinelle Bodenbearbeitung übernommen und damit Leistungen für die landwirtschaftliche Produktion durchgeführt. Aus den Einlassungen des Klägers ergebe sich auch, dass die S. nicht auf der Basis eines Leih- oder Mietvertrages tätig geworden sei. Die Abrechnung nach der von der S. bestellten landwirtschaftlichen Fläche belege, dass Vertragsgegenstand die Erbringung einer landwirtschaftlichen Dienstleistung gewesen sei.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des SG Nürnberg vom 14.08.2002 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung seines Antrags macht er geltend, tatsächlich habe es sich bei der S. um Vermietung gehandelt. Jede S. habe für zwei oder drei landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften gearbeitet, in späteren Jahren sei auch an staatliche Firmen, an den Forst und an den Straßenbau vermietet worden.
Wegen der Einzelheiten wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf die vom Senat beigezogenen Verwaltungsunterlagen der Beklagten und die Streitakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie ist statthaft - Berufungsausschließungsgründe i.S. der §§ 144 ff des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) liegen nicht vor - und form- und fristgerecht eingelegt worden.
Die Berufung ist auch begründet. Auf den Antrag der Beklagten war das angefochtene Urteil des SG Nürnberg vom 14.08.2002 aufzuheben. Denn der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zuordnung seiner in Rumänien verrichteten Tätigkeit vom 04.07.1958 bis 16.11.1961 und vom 06.01.1964 bis 20.01.1983 zum Wirtschaftsbereich 21 der Anlage 14 zum SGB VI. Die Tätigkeit des Klägers im streitigen Zeitraum ist vielmehr dem Wirtschaftsbereich 14 Land- und Forstwirtschaft zuzuordnen.
Sind die persönlichen Voraussetzungen für die Anwendung des Fremdrentengesetzes (FRG) erfüllt wie im vorliegenden Fall - der Kläger ist Inhaber des Bundesvertriebenenausweises A -, können Ansprüche nach diesem Gesetz geltend gemacht werden. Insbesondere werden die in den Herkunftsländern zurückgelegten fremden Zeiten den deutschen Zeiten gleichgestellt und damit bei einer Rentenberechnung berücksichtigt. Die im Herkunftsland zurückgelegten Zeiten haben dann die gleiche Wirkung wie entsprechende in Deutschland zurückgelegte Zeiten. Mit dieser Gleichstellung der fremden Zeiten ist es aber allein noch nicht getan, um eine Rentenberechnung durchführen zu können. Das FRG und die §§ 256b und 256c SGB VI enthalten daher weitere Regelungen zur Zuordnung der anrechenbaren Beitrags- und Beschäftigungszeiten zu den in Deutschland bestehenden unterschiedlichen Zweigen der Rentenversicherung, zu ihrer Bewertung und zur Bestimmung des Rentenniveaus.
Entsprechend dem bisher in Deutschland bestehenden System der gegliederten Rentenversicherung (Rentenversicherung der Angestellten, Rentenversicherung der Arbeiter und knappschaftlichen Rentenversicherung) müssen die nach dem FRG anerkannten Zeiten zunächst einem dieser Versicherungszweige zugeordnet werden. Kernstück der Bewertung der Zeiten ist dann die Einstufung in einzelne Leistungsgruppen, von denen es in den jeweiligen Versicherungszweigen eine unterschiedliche Anzahl gibt. Schließlich richtet sich die Bestimmung des maßgebenden Wirtschaftsbereich danach, welchem Wirtschaftsbereich der Betrieb, in dem der Versicherte seine Beschäftigung ausgeübt hat, zuzuordnen wäre, wenn der Betrieb in den neuen Bundesländern gelegen hätte. War der Betrieb Teil einer größeren Unternehmenseinheit, ist diese für die Bestimmung des Wirtschaftsbereichs maßgebend, insgesamt wird nach 23 verschiedenen Wirtschaftsbereichen unterschieden.
Um die Zuordnung zu einem dieser Wirtschaftsbereiche vornehmen zu können, muss der Erwerbszweck des Betriebs festgestellt werden, d.h. welche Waren produziert oder welche Dienstleistungen erbracht wurden. Häufig werden sich (insbesondere bei größeren Unternehmenseinheiten) Elemente mehrerer Wirtschaftsbereiche in einem Betrieb mischen. Dann ist der wirtschaftliche Schwerpunkt des Betriebs maßgebend. Ausgehend von dem so festgestellten Erwerbszweck ist der Betrieb dann dem Wirtschaftsbereich zuzuordnen, dem er in den neuen Bundesländern angehört hätte. Kommen nach dem Ergebnis der Ermittlungen mehrere Wirtschaftsbereiche in Betracht, ist der Wirtschaftsbereich mit den niedrigeren Werten maßgebend. Ist der Wirtschaftsbereich nicht bestimmbar, so ist der Bereich mit den niedrigsten Werten maßgebend.
Ausgehend von diesen Vorgaben ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass der Betrieb des Klägers dem Bereich der Landwirtschaft zuzuordnen ist. Dabei ist davon auszugehen, dass dann, wenn der Betrieb (im Herkunftsland) Teil einer größeren Unternehmenseinheit war, diese für die Bestimmung des Wirtschaftsbereichs maßgebend ist (§ 22 Abs 1 Satz 4 FRG). Unter welchen Voraussetzungen eine größere Unternehmenseinheit angenommen werden kann, geht aus dem Wortlaut und der Begründung des Gesetzes nicht hervor. Unter Berücksichtigung des Eingliederungsprinzips, das auch in dem Grundsatz des Abs 1 Satz 3 zum Ausdruck kommt, dürfte es darauf ankommen, ob der Betrieb nach seiner Funktion (z.B. als Zuliefererbetrieb) typischerweise dem Bereich der größeren Unternehmenseinheit zugerechnet werden kann. Sind dagegen Betriebe ganz unterschiedlicher Produktionsbereiche einer einheitlichen (insbesondere staatlichen oder quasistaatlichen) Führung unterstellt, sollte die Funktion des einzelnen Betriebs maßgebend bleiben.
Nach Auffassung des Senats muss vorliegend von einer größeren Unternehmenseinheit in diesem Sinne ausgegangen werden. Denn der Betrieb des Klägers war auch nach seinen eigenen Einlassungen fast ausschließlich mit Dienstleistungen für die Landwirtschaft befasst. Es ist deshalb nicht - wie der Kläger geltend macht - allein von seiner Tätigkeit als Traktorenelektriker und somit von seiner Berufsbezeichnung auszugehen, vielmehr ist die Zuordnung des klägerischen Betriebs, in dem die Beschäftigung ausgeübt wurde, zum jeweiligen Produktionszweig vorzunehmen. Der Kläger war, wie er selbst angegeben hat, immer in einem Betrieb beschäftigt, der letztenendes der Landwirtschaft gedient hat. Daran ändert auch die mehrmalige Namensänderung des Betriebs nichts - im Gegenteil, auch der letzte Name des Betriebs ("I." bedeutet Unternehmen der Mechanisierung der Landwirtschaft) deutet vielmehr darauf hin, dass es sich um einen Betrieb handelt, der der Landwirtschaft zuzuordnen ist. Dazu hat schließlich der Kläger selbst angegeben, dass die von ihm als Mechaniker instand gesetzten Fahrzeuge fast ausschließlich für die landwirtschaftlichen Unternehmen bestimmt waren. Darauf deutet auch die Berufsbezeichnung des Klägers in Rumänien hin, nämlich "Elektriker für Traktoren".
Nach alledem gehörte der Betrieb, in dem der Kläger tätig war (S., S. und I.) der landwirtschaftlichen Produktion an. Bei der Werkstatt, in der der Kläger eingesetzt war, handelt es sich somit nicht um ein selbstständiges Einzelunternehmen oder einen Gewerbebetrieb, vielmehr war die Werkstatt mit den wechselnden Bezeichnungen für Leistungen in der landwirtschaftliche Produktion bestimmt. Insoweit hat die Beklagte zu Recht darauf hingewiesen, dass der Betrieb des Klägers mit dem ihm zur Verfügung stehenden sachlichen und personellen Mitteln im Auftrag der landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften die maschinelle Bodenbearbeitung, wie z.B. das Pflügen, Eggen sowie Erntearbeiten, Mähen und Dreschen des Getreides übernommen und damit Leistungen für die landwirtschaftliche Produktion durchgeführt hat.
Der Senat weist schließlich noch darauf hin, dass es bei der Bestimmung des maßgeblichen Wirtschaftsbereichs nicht allein auf die konkret ausgeübte Tätigkeit, wie z.B. die eines Mechanikers, ankommt. Denn der Bereich 14 umfasst neben der allgemeinen Landwirtschaft, der Tier- und Pflanzenproduktion auch andere Tätigkeiten, die nicht allein der landwirtschaftlichen Produktion dienen. So werden agrochemische Betriebe und Tierarztpraxen oder Tierkliniken ebenfalls dem Bereich Landwirtschaft zugeordnet, obwohl der Unternehmenszweck eines agrochemischen Betriebs die Herstellung und den Vertrieb von chemischen - und damit nicht landwirtschaftlichen - Endprodukten betrifft und Tierarztpraxen oder Tierkliniken als reine Dienstleistungsunternehmen ebenfalls keine landwirtschaftlichen Unternehmen sind. Gegen die Auffassung des Klägers, sein Betrieb sei dem Wirtschaftsbereich 21 zuzuordnen, spricht auch, dass die Abrechnung durch den Betrieb des Klägers nach der von ihm bestellten landwirtschaftlichen Fläche erfolgte. Damit ist der Betrieb des Klägers nicht auf der Basis eines Mietvertrages tätig geworden, daraus ergibt sich vielmehr, dass Vertragsgegenstand zwischen den landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften und dem Betrieb des Klägers die Erbringung einer landwirtschaftlichen Dienstleistung war, nicht jedoch die Vermietung einer Sache. Aus diesen Gründen scheidet die Einstufung in den Wirtschaftsbereich 21 "Vermietungen, Ausleihungen" aus.
Nach alledem ist der Betrieb des Klägers dem Wirtschaftsbereich Land- und Forstwirtschaft zuzuordnen. Denn letztlich entsprechen die Wirtschaftsbereiche der Anlage 14 weitestgehend der von der staatlichen Zentralverwaltung für Statistik beim Ministerrat der DDR herausgegebenen "Systematik der Volkswirtschaftszweige der DDR". Danach gehören zur Land- und Forstwirtschaft "Betriebe der Pflanzen- und Tiefproduktion, des Gartenbaus, der Binnenfischerei und Forstwirtschaft. Daneben sind auch Betriebe enthalten, die Leistungen für die land- und forstwirtschaftliche Produktion durchführen". Das angefochtene Urteil des SG Nürnberg vom 14.08.2002 war daher aufzuheben. Denn die Beschäftigungszeiten des Klägers in Rumänien vom 04.07.1958 bis 16.11.1961 und vom 06.01.1964 bis 20.01.1983 sind dem Wirtschaftsbereich 14 der Anlage 14 zum SGB VI zuzuordnen. Letztlich wird noch darauf hingewiesen, dass die 12.Kammer des SG Nürnberg diese im angefochtenen Urteil zum Ausdruck gekommene Auffassung im Urteil vom 06.02.2003 (S 12 RJ 31/02) wieder aufgegeben hat.
Die Kostenentscheidung gemäß § 193 SGG beruht auf der Erwägung, dass Klage und Berufung des Klägers erfolglos blieben.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 SGG sind nicht gegeben.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten besteht Streit über die Zuordnung der vom Kläger in Rumänien ausgeübten beruflichen Tätigkeit zu einem Wirtschaftsbereich gemäß der Anlage 14 zum Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI).
Der 1941 geborene Kläger ist am 14.04.1983 aus Rumänien in die Bundesrepublik zugezogen und Inhaber des Vertriebenenausweises A. Er hat eine Lehre als Landwirtschaftsmechaniker absolviert (1958) und erhielt nach einem zweimonatigen Lehrgang das Recht, in den S.-Einheiten als Traktorenelektriker zu arbeiten. Nach der Adeverinta Nr 886/11.04.1983 arbeitete er in Rumänien in den streitigen Zeiträumen vom 04.07.1958 bis 16.11.1961 ebenso wie in der Zeit vom 06.01.1964 bis 01.03.1967 als Traktorist und daran anschließend bis 20.01.1983 als Elektriker. Die Handwerkskammer Mittelfranken stellte mit Bescheid vom 30.09.1985 die Ausbildung des Klägers der einer deutschen Gesellenprüfung im Landmaschinenmechaniker-Handwerk gleich.
Mit Bescheid vom 19.04.1986 hatte die Beklagte die Tätigkeit dem Bereich Landwirtschaft zugeordnet. Der dagegen erhobene Widerspruch - der Kläger hatte geltend gemacht, er habe in einer Maschinen- und Traktorenstation (S. bzw S.) gearbeitet - war erfolglos. Der rumänische Versicherungsträger bestätigte, dass der Kläger im Zeitraum vom 01.01.1967 bis 20.01.1983 als landwirtschaftlicher Mechaniker und Traktorenelektriker tätig war. Auch die BfA ordnete im Bescheid vom 20.01.1995 die Tätigkeit des Klägers in den streitigen Zeiträumen dem Bereich 14 (Landwirtschaft) zu.
Nach einer Überprüfung von Amts wegen erließ die Beklagte den streitgegenständlichen Bescheid vom 12.07.1999, in dem die Tätigkeit des Klägers in den streitigen Zeiträumen dem Bereich 14 der Anlage 14 zum SGB VI zugeordnet wurde. Der dagegen erhobene Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 13.10.2000).
Im daraufhin anhängig gewordenen Klageverfahren nahm das Sozialgericht Nürnberg (SG) das Arbeitsbuch des Klägers, die Adeverinta Nr 53/06.01.2000 zur Frage der 6/6-Anrechnung, den Gleichstellungsbescheid der Handwerkskammer Mittelfranken, den Vertriebenenausweis A und einen Lebenslauf des Klägers zum Verfahren bei. Im Bescheid der Beklagten vom 24.01.2002 ist der streitige Zeitraum wiederum dem Bereich 14 zugeordnet.
Der Kläger machte geltend, er sei Angestellter in einem Betrieb gewesen, der im Laufe der Zeit seinen Namen dreimal geändert habe (S., S., I.). Für diese Firma habe er in verschiedenen landwirtschaftlichen Unternehmen gearbeitet. Seine Station sei für etwa 12 - 15 Produktionsgenossenschaften zuständig gewesen und habe in deren Auftrag die Felder bearbeitet und die Maschinen, den Sprit und das Fahrpersonal zur Verfügung gestellt. Das Ministerium habe die Maschinen auf die Kreise verteilt, dort seien sie weiter auf die einzelnen S. verteilt worden. Eventuelle Reparaturen oder Schäden seien auf Kosten der S. gegangen. Im Winter seien die notwendigen Wartungs- und Instandsetzungen durchgeführt worden. Nach seiner Ansicht habe seine S. anfangs ca. 30, später Anfang der 80er Jahre ca. 500 Maschinenführer und weiteres Werkstattpersonal sowie kaufmännische Angestellte gehabt.
Mit Urteil vom 14.08.2002 verurteilte das SG die Beklagte, die Beschäftigungszeit des Klägers vom 04.07.1958 bis 16.11.1961 und vom 06.01.1964 bis 20.01.1983 dem Wirtschaftsbereich 21 der Anlage 14 zum SGB VI zuzuordnen. Das SG war zu der Überzeugung gelangt, dass der Beschäftigungsbetrieb des Klägers unter Pkt.2 "Vermietungen, Ausleihungen" dem Wirtschaftsbereich 21 zuzuordnen sei. Der Schwerpunkt der im Wirtschaftsbereich 14 (Landwirtschaft) genannten Teilbereiche liege eindeutig auf der Produktion, während die Beispiele aus dem Wirtschaftsbereich 21 zweifellos vorrangig Dienstleistungsbetriebe umfassten. Allein der Umstand, dass der Betrieb des Klägers für landwirtschaftliche Betriebe dienstleistend tätig gewesen sei, mache ihn nicht zu einem landwirtschaftlichen Unternehmen. Die auftraggebenden Landwirtschaftsbetriebe seien weder für die ordnungsgemäße Bedienung noch für eventuell anfallende Schäden verantwortlich gewesen. Der Kläger sei daher nicht als Beschäftigter eines landwirtschaftlichen Unternehmens einzustufen, sondern als Beschäftigter eines Vermietungsunternehmens.
Dagegen hat die Beklagte Berufung eingelegt und geltend gemacht, die S. habe mit ihren sachlichen und personellen Mitteln im Auftrag der landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften die maschinelle Bodenbearbeitung übernommen und damit Leistungen für die landwirtschaftliche Produktion durchgeführt. Aus den Einlassungen des Klägers ergebe sich auch, dass die S. nicht auf der Basis eines Leih- oder Mietvertrages tätig geworden sei. Die Abrechnung nach der von der S. bestellten landwirtschaftlichen Fläche belege, dass Vertragsgegenstand die Erbringung einer landwirtschaftlichen Dienstleistung gewesen sei.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des SG Nürnberg vom 14.08.2002 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung seines Antrags macht er geltend, tatsächlich habe es sich bei der S. um Vermietung gehandelt. Jede S. habe für zwei oder drei landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften gearbeitet, in späteren Jahren sei auch an staatliche Firmen, an den Forst und an den Straßenbau vermietet worden.
Wegen der Einzelheiten wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf die vom Senat beigezogenen Verwaltungsunterlagen der Beklagten und die Streitakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie ist statthaft - Berufungsausschließungsgründe i.S. der §§ 144 ff des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) liegen nicht vor - und form- und fristgerecht eingelegt worden.
Die Berufung ist auch begründet. Auf den Antrag der Beklagten war das angefochtene Urteil des SG Nürnberg vom 14.08.2002 aufzuheben. Denn der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zuordnung seiner in Rumänien verrichteten Tätigkeit vom 04.07.1958 bis 16.11.1961 und vom 06.01.1964 bis 20.01.1983 zum Wirtschaftsbereich 21 der Anlage 14 zum SGB VI. Die Tätigkeit des Klägers im streitigen Zeitraum ist vielmehr dem Wirtschaftsbereich 14 Land- und Forstwirtschaft zuzuordnen.
Sind die persönlichen Voraussetzungen für die Anwendung des Fremdrentengesetzes (FRG) erfüllt wie im vorliegenden Fall - der Kläger ist Inhaber des Bundesvertriebenenausweises A -, können Ansprüche nach diesem Gesetz geltend gemacht werden. Insbesondere werden die in den Herkunftsländern zurückgelegten fremden Zeiten den deutschen Zeiten gleichgestellt und damit bei einer Rentenberechnung berücksichtigt. Die im Herkunftsland zurückgelegten Zeiten haben dann die gleiche Wirkung wie entsprechende in Deutschland zurückgelegte Zeiten. Mit dieser Gleichstellung der fremden Zeiten ist es aber allein noch nicht getan, um eine Rentenberechnung durchführen zu können. Das FRG und die §§ 256b und 256c SGB VI enthalten daher weitere Regelungen zur Zuordnung der anrechenbaren Beitrags- und Beschäftigungszeiten zu den in Deutschland bestehenden unterschiedlichen Zweigen der Rentenversicherung, zu ihrer Bewertung und zur Bestimmung des Rentenniveaus.
Entsprechend dem bisher in Deutschland bestehenden System der gegliederten Rentenversicherung (Rentenversicherung der Angestellten, Rentenversicherung der Arbeiter und knappschaftlichen Rentenversicherung) müssen die nach dem FRG anerkannten Zeiten zunächst einem dieser Versicherungszweige zugeordnet werden. Kernstück der Bewertung der Zeiten ist dann die Einstufung in einzelne Leistungsgruppen, von denen es in den jeweiligen Versicherungszweigen eine unterschiedliche Anzahl gibt. Schließlich richtet sich die Bestimmung des maßgebenden Wirtschaftsbereich danach, welchem Wirtschaftsbereich der Betrieb, in dem der Versicherte seine Beschäftigung ausgeübt hat, zuzuordnen wäre, wenn der Betrieb in den neuen Bundesländern gelegen hätte. War der Betrieb Teil einer größeren Unternehmenseinheit, ist diese für die Bestimmung des Wirtschaftsbereichs maßgebend, insgesamt wird nach 23 verschiedenen Wirtschaftsbereichen unterschieden.
Um die Zuordnung zu einem dieser Wirtschaftsbereiche vornehmen zu können, muss der Erwerbszweck des Betriebs festgestellt werden, d.h. welche Waren produziert oder welche Dienstleistungen erbracht wurden. Häufig werden sich (insbesondere bei größeren Unternehmenseinheiten) Elemente mehrerer Wirtschaftsbereiche in einem Betrieb mischen. Dann ist der wirtschaftliche Schwerpunkt des Betriebs maßgebend. Ausgehend von dem so festgestellten Erwerbszweck ist der Betrieb dann dem Wirtschaftsbereich zuzuordnen, dem er in den neuen Bundesländern angehört hätte. Kommen nach dem Ergebnis der Ermittlungen mehrere Wirtschaftsbereiche in Betracht, ist der Wirtschaftsbereich mit den niedrigeren Werten maßgebend. Ist der Wirtschaftsbereich nicht bestimmbar, so ist der Bereich mit den niedrigsten Werten maßgebend.
Ausgehend von diesen Vorgaben ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass der Betrieb des Klägers dem Bereich der Landwirtschaft zuzuordnen ist. Dabei ist davon auszugehen, dass dann, wenn der Betrieb (im Herkunftsland) Teil einer größeren Unternehmenseinheit war, diese für die Bestimmung des Wirtschaftsbereichs maßgebend ist (§ 22 Abs 1 Satz 4 FRG). Unter welchen Voraussetzungen eine größere Unternehmenseinheit angenommen werden kann, geht aus dem Wortlaut und der Begründung des Gesetzes nicht hervor. Unter Berücksichtigung des Eingliederungsprinzips, das auch in dem Grundsatz des Abs 1 Satz 3 zum Ausdruck kommt, dürfte es darauf ankommen, ob der Betrieb nach seiner Funktion (z.B. als Zuliefererbetrieb) typischerweise dem Bereich der größeren Unternehmenseinheit zugerechnet werden kann. Sind dagegen Betriebe ganz unterschiedlicher Produktionsbereiche einer einheitlichen (insbesondere staatlichen oder quasistaatlichen) Führung unterstellt, sollte die Funktion des einzelnen Betriebs maßgebend bleiben.
Nach Auffassung des Senats muss vorliegend von einer größeren Unternehmenseinheit in diesem Sinne ausgegangen werden. Denn der Betrieb des Klägers war auch nach seinen eigenen Einlassungen fast ausschließlich mit Dienstleistungen für die Landwirtschaft befasst. Es ist deshalb nicht - wie der Kläger geltend macht - allein von seiner Tätigkeit als Traktorenelektriker und somit von seiner Berufsbezeichnung auszugehen, vielmehr ist die Zuordnung des klägerischen Betriebs, in dem die Beschäftigung ausgeübt wurde, zum jeweiligen Produktionszweig vorzunehmen. Der Kläger war, wie er selbst angegeben hat, immer in einem Betrieb beschäftigt, der letztenendes der Landwirtschaft gedient hat. Daran ändert auch die mehrmalige Namensänderung des Betriebs nichts - im Gegenteil, auch der letzte Name des Betriebs ("I." bedeutet Unternehmen der Mechanisierung der Landwirtschaft) deutet vielmehr darauf hin, dass es sich um einen Betrieb handelt, der der Landwirtschaft zuzuordnen ist. Dazu hat schließlich der Kläger selbst angegeben, dass die von ihm als Mechaniker instand gesetzten Fahrzeuge fast ausschließlich für die landwirtschaftlichen Unternehmen bestimmt waren. Darauf deutet auch die Berufsbezeichnung des Klägers in Rumänien hin, nämlich "Elektriker für Traktoren".
Nach alledem gehörte der Betrieb, in dem der Kläger tätig war (S., S. und I.) der landwirtschaftlichen Produktion an. Bei der Werkstatt, in der der Kläger eingesetzt war, handelt es sich somit nicht um ein selbstständiges Einzelunternehmen oder einen Gewerbebetrieb, vielmehr war die Werkstatt mit den wechselnden Bezeichnungen für Leistungen in der landwirtschaftliche Produktion bestimmt. Insoweit hat die Beklagte zu Recht darauf hingewiesen, dass der Betrieb des Klägers mit dem ihm zur Verfügung stehenden sachlichen und personellen Mitteln im Auftrag der landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften die maschinelle Bodenbearbeitung, wie z.B. das Pflügen, Eggen sowie Erntearbeiten, Mähen und Dreschen des Getreides übernommen und damit Leistungen für die landwirtschaftliche Produktion durchgeführt hat.
Der Senat weist schließlich noch darauf hin, dass es bei der Bestimmung des maßgeblichen Wirtschaftsbereichs nicht allein auf die konkret ausgeübte Tätigkeit, wie z.B. die eines Mechanikers, ankommt. Denn der Bereich 14 umfasst neben der allgemeinen Landwirtschaft, der Tier- und Pflanzenproduktion auch andere Tätigkeiten, die nicht allein der landwirtschaftlichen Produktion dienen. So werden agrochemische Betriebe und Tierarztpraxen oder Tierkliniken ebenfalls dem Bereich Landwirtschaft zugeordnet, obwohl der Unternehmenszweck eines agrochemischen Betriebs die Herstellung und den Vertrieb von chemischen - und damit nicht landwirtschaftlichen - Endprodukten betrifft und Tierarztpraxen oder Tierkliniken als reine Dienstleistungsunternehmen ebenfalls keine landwirtschaftlichen Unternehmen sind. Gegen die Auffassung des Klägers, sein Betrieb sei dem Wirtschaftsbereich 21 zuzuordnen, spricht auch, dass die Abrechnung durch den Betrieb des Klägers nach der von ihm bestellten landwirtschaftlichen Fläche erfolgte. Damit ist der Betrieb des Klägers nicht auf der Basis eines Mietvertrages tätig geworden, daraus ergibt sich vielmehr, dass Vertragsgegenstand zwischen den landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften und dem Betrieb des Klägers die Erbringung einer landwirtschaftlichen Dienstleistung war, nicht jedoch die Vermietung einer Sache. Aus diesen Gründen scheidet die Einstufung in den Wirtschaftsbereich 21 "Vermietungen, Ausleihungen" aus.
Nach alledem ist der Betrieb des Klägers dem Wirtschaftsbereich Land- und Forstwirtschaft zuzuordnen. Denn letztlich entsprechen die Wirtschaftsbereiche der Anlage 14 weitestgehend der von der staatlichen Zentralverwaltung für Statistik beim Ministerrat der DDR herausgegebenen "Systematik der Volkswirtschaftszweige der DDR". Danach gehören zur Land- und Forstwirtschaft "Betriebe der Pflanzen- und Tiefproduktion, des Gartenbaus, der Binnenfischerei und Forstwirtschaft. Daneben sind auch Betriebe enthalten, die Leistungen für die land- und forstwirtschaftliche Produktion durchführen". Das angefochtene Urteil des SG Nürnberg vom 14.08.2002 war daher aufzuheben. Denn die Beschäftigungszeiten des Klägers in Rumänien vom 04.07.1958 bis 16.11.1961 und vom 06.01.1964 bis 20.01.1983 sind dem Wirtschaftsbereich 14 der Anlage 14 zum SGB VI zuzuordnen. Letztlich wird noch darauf hingewiesen, dass die 12.Kammer des SG Nürnberg diese im angefochtenen Urteil zum Ausdruck gekommene Auffassung im Urteil vom 06.02.2003 (S 12 RJ 31/02) wieder aufgegeben hat.
Die Kostenentscheidung gemäß § 193 SGG beruht auf der Erwägung, dass Klage und Berufung des Klägers erfolglos blieben.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 SGG sind nicht gegeben.
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