Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 7 KR 124/05 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 B 529/05 KR ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg vom 20. Juli 2005 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der 1924 geborene Antragsteller ist freiwilliges Mitglied der Beklagten. Er bezieht Versorgungsbezüge, die von der Antragsgegnerin bis 31.12.2003 nach dem damals gültigen Recht mit der Hälfte des jeweils am 01.07. geltenden Beitragssatzes der Beitragsbemessung zugrundelegt wurden. Nach dem ab 01.01.2004 in Kraft getretenen neuen Recht wandte die Antragsgegnerin für die Beitragsbemessung der Versorgungsbezüge den allgemeinen Beitragssatz an und erteilte hierüber im Februar 2004 einen Beitragsbescheid, mit dem sie für die freiwillige Krankenversicherung und die soziale Pflegeversicherung Beiträge in Höhe von insgesamt 549,28 EUR geltend machte. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein, mit dem er die Beitragserhöhung um 91 % rügte. Der Widerspruch ging am 12.02.2004 bei der Antragsgegnerin ein.
Am 23.03.2005 beantragte der Bevollmächtigte des Klägers die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs. Das Gesundheitsmodernisierungsgesetz sei zumindest teilweise verfassungswidrig. Es werde das Grundrecht auf Eigentum und das Gleichheitsgebot verletzt.
Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 20.07.2005 den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung abgelehnt. Eine Verfassungswidrigkeit der von der Antragsgegnerin als Trägerin der vollziehenden Gewalt angewandten Regelung bestehe nicht. Es liege insbesondere auch kein Verstoss gegen das verfassungsrechtlich garantierte Rückwirkungsverbot vor. Eine echte Rückwirkung sei ohnehin nicht gegeben. Für Beitragsänderungen für die Zukunft sei zu berücksichtigen, dass die Versicherten aufgrund der seit langer Zeit eingeleiteten Reformen der gesetzlichen Krankenversicherung mit dem Abbau von Leistungen bzw. Beitragsvergünstigungen einzelner Gruppen rechnen müssen.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde vom 24.08.2005, die damit begründet wird, die Entscheidung des Sozialgerichts sei weitgehend überzeugend, zumindest auf das Gesundheitssystem im Ganzen gesehen. Sie überzeugten den Antragsteller aber nicht, soweit sie seine eigene Beitragspflicht betreffen. Er habe sich zu einer freiwilligen Versicherung bei der Antragstellerin entschlossen, weil er in jungen Jahren einen Beitrag gezahlt habe, der weit unter dem der privaten Krankenversicherung gelegen habe. Jetzt, da er im Alter keine Wahlmöglichkeit mehr habe, gehe die AOK von den bisherigen Beitragsgrundsätzen ab und verlange vom Antragsteller von heute auf morgen den doppelten Beitrag. Diese Beitragserhöhung sprenge den Rahmen der Sozialstaatlichkeit. Deshalb sei das Gesetz verfassungswidrig.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß, den Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg vom 20.07.2005 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom Februar 2004 anzuordnen.
Die Antragsgegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Das Bundessozialgericht habe im Urteil vom 24.08.2005 entschieden, dass das Erheben des vollen Versicherungsbeitrags auf Versorgungsbezüge verfassungsgemäß ist.
Beigezogen wurden die Akten des Sozialgerichts und der Antragsgegnerin, auf deren Inhalt im Übrigen Bezug genommen wird.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat, ist zulässig (§§ 172, 173, 174 SGG). Sie erweist sich aber als unbegründet. Gemäß § 86b Abs.1 Nr.2 i.V.m. § 86a Abs.2 Nr.1 SGG kann das Gericht in der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, diese ganz oder teilweise anordnen. § 86a Abs.2 Nr.1 SGG regelt, dass die aufschiebende Wirkung bei der Entscheidung über die Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten entfällt. Der Senat hat aufgrund der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen und pauschalen Prüfung der Sach- und Rechtslage keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Beitragsbescheides vom Februar 2004, soweit es um die hier streitige Anwendung des Beitragssatzes geht. Gemäß § 248 Satz 1 SGB V in der Fassung des Gesetzes vom 14.01.2003 (in Kraft ab 01.01.2004), gilt bei Versicherungspflichtigen für die Bemessung der Beiträge aus Versorgungsbezügen (und Arbeitseinkommen) der jeweils am 01.07. geltende allgemeine Beitragssatz der Krankenkasse für das folgende Kalenderjahr. Mit diesen Beitragssatz (14,9 %) hat die Antragsgegnerin im streitgegenständlichen Bescheid zutreffend die Beiträge zur Krankenversicherung mit 519,64 EUR aus den klägerischen Bezügen bis zur Höhe der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze berechnet. Die Neuregelung des § 248 Abs.1 SGB V ist auf den Kläger als freiwillig Versicherter anzuwenden. Abgesehen davon, dass die Priviligierung im Beitragssatz auch für freiwillig Versicherte als Besitzstandsregelung in § 240 Abs.3a SGB V nur bis Ende 2003 gegolten hat, wäre sie, da § 240 Abs.3a SGB V auf § 248 SGB V verweist, ab 01.01.2004 weggefallen.
Es besteht kein Anlass, den Vollzug dieser gesetzlichen Regelung aufzuschieben, d.h. die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen, da gemäß Art.20 Abs.3 GG die vollziehende Gewalt (also auch die gesetzlichen Krankenkassen) und die Rechtsprechung an Gesetz und Recht gebunden sind. Die verfahrensrechtlich allein in Betracht kommende Möglichkeit der Aussetzung des Verfahrens und Vorlage an das Bundesverfassungsgericht gemäß Art.100 Abs.1 GG wendet der Senat nicht an, da er von der Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Neuregelung nicht überzeugt ist. Dies entspricht der Auffassung des Bundessozialgerichts im Urteil vom 24.08.2005 (B 12 KR 29/04 R). Nachdem der Bevollmächtigte des Antragstellers auch in der Beschwerdebegründung lediglich vorträgt, es werde sich nach Ansicht des Antragstellers erweisen, dass das Gesetz, auf dem die Beitragserhöhung gründet, verfassungswidrig sei, und im Übrigen nur ganz pauschal einen Verstoss gegen das Gleichheitsgebot und den Eigentumsschutz behauptet, hält der Senat weitere Ausführungen zur Verfassungsmäßigkeit angesichts des angeführten BSG-Urteils nicht für erforderlich.
Es ist auch nicht ersichtlich, weshalb die sofortige Vollziehung der Beitragforderung für den Antragsteller eine unbillige Härte darstellen sollte. Das Einkommen des Klägers liegt über der Beitragsbemessungsgrenze. Die Verdoppelung des Krankenversicherungsbeitrags ergibt unter diesen Umstände zwar einen relativ hohen Betrag jedoch keine unzumutbare Belastung.
Die Kostenentscheidung erfolgt in entsprechender Anwendung des § 193 SGG.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der 1924 geborene Antragsteller ist freiwilliges Mitglied der Beklagten. Er bezieht Versorgungsbezüge, die von der Antragsgegnerin bis 31.12.2003 nach dem damals gültigen Recht mit der Hälfte des jeweils am 01.07. geltenden Beitragssatzes der Beitragsbemessung zugrundelegt wurden. Nach dem ab 01.01.2004 in Kraft getretenen neuen Recht wandte die Antragsgegnerin für die Beitragsbemessung der Versorgungsbezüge den allgemeinen Beitragssatz an und erteilte hierüber im Februar 2004 einen Beitragsbescheid, mit dem sie für die freiwillige Krankenversicherung und die soziale Pflegeversicherung Beiträge in Höhe von insgesamt 549,28 EUR geltend machte. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein, mit dem er die Beitragserhöhung um 91 % rügte. Der Widerspruch ging am 12.02.2004 bei der Antragsgegnerin ein.
Am 23.03.2005 beantragte der Bevollmächtigte des Klägers die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs. Das Gesundheitsmodernisierungsgesetz sei zumindest teilweise verfassungswidrig. Es werde das Grundrecht auf Eigentum und das Gleichheitsgebot verletzt.
Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 20.07.2005 den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung abgelehnt. Eine Verfassungswidrigkeit der von der Antragsgegnerin als Trägerin der vollziehenden Gewalt angewandten Regelung bestehe nicht. Es liege insbesondere auch kein Verstoss gegen das verfassungsrechtlich garantierte Rückwirkungsverbot vor. Eine echte Rückwirkung sei ohnehin nicht gegeben. Für Beitragsänderungen für die Zukunft sei zu berücksichtigen, dass die Versicherten aufgrund der seit langer Zeit eingeleiteten Reformen der gesetzlichen Krankenversicherung mit dem Abbau von Leistungen bzw. Beitragsvergünstigungen einzelner Gruppen rechnen müssen.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde vom 24.08.2005, die damit begründet wird, die Entscheidung des Sozialgerichts sei weitgehend überzeugend, zumindest auf das Gesundheitssystem im Ganzen gesehen. Sie überzeugten den Antragsteller aber nicht, soweit sie seine eigene Beitragspflicht betreffen. Er habe sich zu einer freiwilligen Versicherung bei der Antragstellerin entschlossen, weil er in jungen Jahren einen Beitrag gezahlt habe, der weit unter dem der privaten Krankenversicherung gelegen habe. Jetzt, da er im Alter keine Wahlmöglichkeit mehr habe, gehe die AOK von den bisherigen Beitragsgrundsätzen ab und verlange vom Antragsteller von heute auf morgen den doppelten Beitrag. Diese Beitragserhöhung sprenge den Rahmen der Sozialstaatlichkeit. Deshalb sei das Gesetz verfassungswidrig.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß, den Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg vom 20.07.2005 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom Februar 2004 anzuordnen.
Die Antragsgegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Das Bundessozialgericht habe im Urteil vom 24.08.2005 entschieden, dass das Erheben des vollen Versicherungsbeitrags auf Versorgungsbezüge verfassungsgemäß ist.
Beigezogen wurden die Akten des Sozialgerichts und der Antragsgegnerin, auf deren Inhalt im Übrigen Bezug genommen wird.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat, ist zulässig (§§ 172, 173, 174 SGG). Sie erweist sich aber als unbegründet. Gemäß § 86b Abs.1 Nr.2 i.V.m. § 86a Abs.2 Nr.1 SGG kann das Gericht in der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, diese ganz oder teilweise anordnen. § 86a Abs.2 Nr.1 SGG regelt, dass die aufschiebende Wirkung bei der Entscheidung über die Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten entfällt. Der Senat hat aufgrund der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen und pauschalen Prüfung der Sach- und Rechtslage keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Beitragsbescheides vom Februar 2004, soweit es um die hier streitige Anwendung des Beitragssatzes geht. Gemäß § 248 Satz 1 SGB V in der Fassung des Gesetzes vom 14.01.2003 (in Kraft ab 01.01.2004), gilt bei Versicherungspflichtigen für die Bemessung der Beiträge aus Versorgungsbezügen (und Arbeitseinkommen) der jeweils am 01.07. geltende allgemeine Beitragssatz der Krankenkasse für das folgende Kalenderjahr. Mit diesen Beitragssatz (14,9 %) hat die Antragsgegnerin im streitgegenständlichen Bescheid zutreffend die Beiträge zur Krankenversicherung mit 519,64 EUR aus den klägerischen Bezügen bis zur Höhe der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze berechnet. Die Neuregelung des § 248 Abs.1 SGB V ist auf den Kläger als freiwillig Versicherter anzuwenden. Abgesehen davon, dass die Priviligierung im Beitragssatz auch für freiwillig Versicherte als Besitzstandsregelung in § 240 Abs.3a SGB V nur bis Ende 2003 gegolten hat, wäre sie, da § 240 Abs.3a SGB V auf § 248 SGB V verweist, ab 01.01.2004 weggefallen.
Es besteht kein Anlass, den Vollzug dieser gesetzlichen Regelung aufzuschieben, d.h. die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen, da gemäß Art.20 Abs.3 GG die vollziehende Gewalt (also auch die gesetzlichen Krankenkassen) und die Rechtsprechung an Gesetz und Recht gebunden sind. Die verfahrensrechtlich allein in Betracht kommende Möglichkeit der Aussetzung des Verfahrens und Vorlage an das Bundesverfassungsgericht gemäß Art.100 Abs.1 GG wendet der Senat nicht an, da er von der Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Neuregelung nicht überzeugt ist. Dies entspricht der Auffassung des Bundessozialgerichts im Urteil vom 24.08.2005 (B 12 KR 29/04 R). Nachdem der Bevollmächtigte des Antragstellers auch in der Beschwerdebegründung lediglich vorträgt, es werde sich nach Ansicht des Antragstellers erweisen, dass das Gesetz, auf dem die Beitragserhöhung gründet, verfassungswidrig sei, und im Übrigen nur ganz pauschal einen Verstoss gegen das Gleichheitsgebot und den Eigentumsschutz behauptet, hält der Senat weitere Ausführungen zur Verfassungsmäßigkeit angesichts des angeführten BSG-Urteils nicht für erforderlich.
Es ist auch nicht ersichtlich, weshalb die sofortige Vollziehung der Beitragforderung für den Antragsteller eine unbillige Härte darstellen sollte. Das Einkommen des Klägers liegt über der Beitragsbemessungsgrenze. Die Verdoppelung des Krankenversicherungsbeitrags ergibt unter diesen Umstände zwar einen relativ hohen Betrag jedoch keine unzumutbare Belastung.
Die Kostenentscheidung erfolgt in entsprechender Anwendung des § 193 SGG.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
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