Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 8 P 25/12 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 P 12/13 B ER
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Zur Beitragspflicht in der privaten Pflegepflichtversicherung
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Regensburg vom 26.09.2012 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Gegenstand des Antragsverfahrens sind die Erhebung von Beiträgen zur privaten Pflichtpflegeversicherung.
Der 1945 geborene Antragsteller (Ast.) ist bei der Antragsgegnerin (Ag.) seit dem 01.12.1995 privat gegen Krankheit versichert und pflegepflichtversichert.
Die für die private Pflegeversicherung zu entrichtenden Beiträge richten sich nach dem Pflegeversicherungstarif PV und der Tarifstufe PVN (Tarifstufe für versicherte Personen ohne Anspruch auf Beihilfe). Der monatliche Beitrag belief sich für die Zeit vom 01.01.2010 bis 31.12.2011 auf 43,73 EUR und beträgt 42,54 EUR für die Zeit ab 01.01.2012. Hierzu liegen die Nachträge zum Versicherungsschein vom 09.11.2009 und vom 11.11.2011 vor. Gemäß § 8 Abs. 1 der zwischen den Parteien vereinbarten Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die private Pflegepflichtversicherung (Bedingungsteil MB/PPV) ist für jede versicherte Person ein Beitrag zu zahlen. Der Beitrag ist ein Monatsbeitrag und am Ersten eines jeden Monats fällig.
Der Ast. hat seine fälligen Beiträge seit Januar 2010 nicht mehr bzw. nur noch teilweise entrichtet. Der Beitragsrückstand in der privaten Pflegepflichtversicherung belief sich nach einer Mitteilung der Ag. vom 20.11.2012 zum 30.11.2012 auf einen Betrag von 1.256,27 EUR.
Am 02.11.2011 erhob der Ast. beim Sozialgericht (SG) München Klage gegen die von ihm geforderte Zahlung des Pflegeversicherungsbeitrags (Az. S 44 P 315/11). Mit Beschluss vom 26.01.2012 erklärte sich das SG München für örtlich zuständig und verwies den Rechtsstreit an das SG Regensburg, wo er unter dem Az. S 9 P 21/12 geführt wird. In der Klagebegründung wies der Ast. darauf hin, dass er vom Landratsamt A-Stadt bereits zum zweiten Mal einen Bußgeldbescheid nach § 121 Abs. 1 Nr. 6 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) über jeweils 250 EUR erhalten habe, weil er mit der Entrichtung von sechs Monatsbeiträgen zur privaten Pflegeversicherung in Verzug geraten sei.
Mit Schriftsatz vom 12.03.2012, beim SG Regensburg eingegangen am 14.03.2012, hat der Ast. auf die erhobenen Bußgelder wegen der Nichtzahlung der Beiträge verwiesen und vorgetragen, dass er nicht zugleich die Bußgelder und die Beiträge zur Pflegepflichtversicherung tragen könne. Er hat darauf hingewiesen, dass der Beitragssatz von 43,73 EUR zu hoch sei, weil er nur über eine Rente in Höhe von 704,50 EUR verfüge und der Höchstbeitrag bei 2 % der Einnahmen liege. Wenn er alle sechs Monate ein Bußgeld von 275 EUR zahle, gebe es keine Möglichkeit zur Zahlung der monatlichen Beiträge zur Pflegeversicherung. Er bitte deshalb um Einstellung der Kostenrechnung für den Verstoß gegen das Pflegeversicherungsgesetz, bis das SG eine ordentliche Entscheidung treffen könne.
Das SG Regensburg hat den Schriftsatz vom 12.03.2012 ausgelegt als Antrag, die Ag. zu verpflichten, bis zur Entscheidung über die Klage vorläufig keine Beiträge zu erheben.
Den so interpretierten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat das SG mit Beschluss vom 26.09.2012 (Az. S 8 P 25/12 ER) abgelehnt.
In den Gründen hat das SG ausgeführt, der Antrag sei zulässig, soweit er sich auf die Beitragserhebung durch die Ag. beziehe, insbesondere sei in Angelegenheiten der privaten Pflegeversicherung gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) der Rechtsweg zu den Sozialgerichten gegeben. Das SG sei zwar als Gericht der Hauptsache eigentlich örtlich unzuständig, aber insoweit an den Verweisungsbeschluss des SG München vom 26.01.2012 gebunden. Sollte der Ast. tatsächlich mit der "Einstellung der Kostenrechnung" die festgesetzten Bußgelder meinen, wäre die Ag. nicht passivlegitimiert und der Antrag insoweit unzulässig, weil über Rechtsmittel gegen Bußgeldbescheide die ordentliche Gerichtsbarkeit zu entscheiden habe. Soweit sich der Ast. gegen die Beitragserhebung wende, sei der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 SGG zulässig. Der insoweit erforderliche Anordnungsanspruch sei jedoch nicht glaubhaft gemacht. Die Berechnung der Beiträge sei rechtmäßig. Der Ag. stünden als privates Versicherungsunternehmen keine hoheitlichen Mittel zur unmittelbaren Beitragsdurchsetzung zur Verfügung. Deshalb habe der Gesetzgeber den Bußgeldtatbestand des § 121 Abs. 1 Nr. 6 SGB XI geschaffen, auf dessen Grundlage das zuständige Landratsamt A-Stadt bereits Bußgeldbescheide erlassen habe, gegen die der Ast. auch Rechtsmittel zum Amtsgericht B-Stadt eingelegt habe. Bereits aus diesem Grunde gehe der Vortrag des Ast. ins Leere, nicht zugleich die Beiträge und die festgesetzten Bußgelder zahlen zu können.
Gegen diesen Beschluss, der dem Ast. am 28.09.2012 zugestellt worden ist, hat dieser am 26.10.2012 "Widerspruch" eingelegt, den er bis heute nicht begründet hat.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die von der Ag. vorgelegten Vertragsunterlagen Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere wurde sie form- und fristgerecht eingelegt (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt die Beschwerdesumme von 750 EUR (§ 172 Abs. 3 Nr. 1 Hs. 1 in Verbindung mit § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG): Das SG hat eine einstweilige Anordnung über die Rückstände in der Beitragspflicht getroffen. Die Höhe der streitigen Beiträge wird zwar in dem Beschluss nicht genannt, jedoch ergibt sich aus der Beschwerdeerwiderung der Ag. vom 20.11.2012, dass sich diese zum 30.11.2012 auf 1.256,27 EUR beliefen, also auch bereits im Zeitpunkt des Beschlusses vom 26.09.2012 abzüglich der erst von September bis November 2012 fällig gewordenen Monatsbeiträge von jeweils 42,54 EUR deutlich über der Beschwerdesumme von 750 EUR lagen.
Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Zu Recht hat das SG den Antrag, die Ag. im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 SGG zu verpflichten, bis zur Entscheidung über die Klage vorläufig keine Beiträge zu erheben, abgelehnt. Dieser Antrag ist bereits mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Hoheitliche Akte - also Verwaltungsakte - kann die Ag. als privates Pflegeversicherungsunternehmen zur Durchsetzung ihrer Beitragsforderungen nicht erlassen, worauf auch das SG zu Recht hingewiesen hat. Die Ag. ist deshalb zur Durchsetzung ihrer Beitragsansprüche darauf angewiesen, im
Wege der echten Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG Klage beim zuständigen Sozialgericht zu erheben (zum Rechtsweg: § 51 Abs. 1 Nr. 2 SGG; siehe auch BSG SozR 3-3300 § 38 Nr. 2), um einen vollstreckbaren Titel gegen den Ag. zu erwirken. Einer "vorbeugenden" Klage auf Unterlassung der Geltendmachung eigener Rechte fehlt das Rechtsschutzbedürfnis ebenso wie einem darauf gerichteten Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz. Solange kein gerichtlicher Titel gegen den Ast. vorliegt, braucht er eine Vollstreckung nicht zu befürchten.
Auch aus den Bußgeldbescheiden, mit denen das Landratsamt A-Stadt zweimal je ein Bußgeld in Höhe von 250 EUR gegen den Ast. auf der Grundlage des § 121 Abs. 1 Nr. 6 SGB XI verhängt hat, lässt sich kein anzuerkennendes Rechtsschutzinteresse für einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im sozialgerichtlichen Verfahren ableiten. Denn gegen die Bußgeldbescheide ist dem Ast. gemäß § 68 Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) die Möglichkeit eröffnet, Einspruch zu dem Amtsgericht zu erheben, in dessen Bezirk die Verwaltungsbehörde ihren Sitz hat. Da der Ordnungswidrigkeitstatbestand voraussetzt, dass der Versicherte mit der Entrichtung von sechs Monatsprämien zur privaten Pflegepflichtverletzung in Verzug gerät, hat das Amtsgericht in seinem Verfahren implizit auch die Berechtigung der Beitragsansprüche als Voraussetzung des Zahlungsverzugs zu prüfen.
Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber die Sicherstellung der Beitragszahlung in der privaten Pflegepflichtversicherung für wirtschaftlich bedürftige Menschen durch ein kompliziertes Zusammenspiel von Beitragsermäßigung im sog. Basistarif gemäß § 110 Abs. 2 SGB XI und § 12 Abs. 1c Versicherungsaufsichtsgesetz sowie Ansprüchen auf Übernahme der Beiträge durch den Träger der Grundsicherung nach § 32 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch geregelt hat. Möglichkeiten, auf diesem Weg eine Beitragsermäßigung zu erhalten, hat die Ag. dem Ast. mehrfach angeboten. Solange der Ast. aber weder die Umstellung in den Basistarif beantragt noch einen Grundsicherungsbescheid nachweist, muss er die regulär berechneten Beiträge in voller Höhe selbst tragen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG analog.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
II. Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Gegenstand des Antragsverfahrens sind die Erhebung von Beiträgen zur privaten Pflichtpflegeversicherung.
Der 1945 geborene Antragsteller (Ast.) ist bei der Antragsgegnerin (Ag.) seit dem 01.12.1995 privat gegen Krankheit versichert und pflegepflichtversichert.
Die für die private Pflegeversicherung zu entrichtenden Beiträge richten sich nach dem Pflegeversicherungstarif PV und der Tarifstufe PVN (Tarifstufe für versicherte Personen ohne Anspruch auf Beihilfe). Der monatliche Beitrag belief sich für die Zeit vom 01.01.2010 bis 31.12.2011 auf 43,73 EUR und beträgt 42,54 EUR für die Zeit ab 01.01.2012. Hierzu liegen die Nachträge zum Versicherungsschein vom 09.11.2009 und vom 11.11.2011 vor. Gemäß § 8 Abs. 1 der zwischen den Parteien vereinbarten Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die private Pflegepflichtversicherung (Bedingungsteil MB/PPV) ist für jede versicherte Person ein Beitrag zu zahlen. Der Beitrag ist ein Monatsbeitrag und am Ersten eines jeden Monats fällig.
Der Ast. hat seine fälligen Beiträge seit Januar 2010 nicht mehr bzw. nur noch teilweise entrichtet. Der Beitragsrückstand in der privaten Pflegepflichtversicherung belief sich nach einer Mitteilung der Ag. vom 20.11.2012 zum 30.11.2012 auf einen Betrag von 1.256,27 EUR.
Am 02.11.2011 erhob der Ast. beim Sozialgericht (SG) München Klage gegen die von ihm geforderte Zahlung des Pflegeversicherungsbeitrags (Az. S 44 P 315/11). Mit Beschluss vom 26.01.2012 erklärte sich das SG München für örtlich zuständig und verwies den Rechtsstreit an das SG Regensburg, wo er unter dem Az. S 9 P 21/12 geführt wird. In der Klagebegründung wies der Ast. darauf hin, dass er vom Landratsamt A-Stadt bereits zum zweiten Mal einen Bußgeldbescheid nach § 121 Abs. 1 Nr. 6 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) über jeweils 250 EUR erhalten habe, weil er mit der Entrichtung von sechs Monatsbeiträgen zur privaten Pflegeversicherung in Verzug geraten sei.
Mit Schriftsatz vom 12.03.2012, beim SG Regensburg eingegangen am 14.03.2012, hat der Ast. auf die erhobenen Bußgelder wegen der Nichtzahlung der Beiträge verwiesen und vorgetragen, dass er nicht zugleich die Bußgelder und die Beiträge zur Pflegepflichtversicherung tragen könne. Er hat darauf hingewiesen, dass der Beitragssatz von 43,73 EUR zu hoch sei, weil er nur über eine Rente in Höhe von 704,50 EUR verfüge und der Höchstbeitrag bei 2 % der Einnahmen liege. Wenn er alle sechs Monate ein Bußgeld von 275 EUR zahle, gebe es keine Möglichkeit zur Zahlung der monatlichen Beiträge zur Pflegeversicherung. Er bitte deshalb um Einstellung der Kostenrechnung für den Verstoß gegen das Pflegeversicherungsgesetz, bis das SG eine ordentliche Entscheidung treffen könne.
Das SG Regensburg hat den Schriftsatz vom 12.03.2012 ausgelegt als Antrag, die Ag. zu verpflichten, bis zur Entscheidung über die Klage vorläufig keine Beiträge zu erheben.
Den so interpretierten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat das SG mit Beschluss vom 26.09.2012 (Az. S 8 P 25/12 ER) abgelehnt.
In den Gründen hat das SG ausgeführt, der Antrag sei zulässig, soweit er sich auf die Beitragserhebung durch die Ag. beziehe, insbesondere sei in Angelegenheiten der privaten Pflegeversicherung gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) der Rechtsweg zu den Sozialgerichten gegeben. Das SG sei zwar als Gericht der Hauptsache eigentlich örtlich unzuständig, aber insoweit an den Verweisungsbeschluss des SG München vom 26.01.2012 gebunden. Sollte der Ast. tatsächlich mit der "Einstellung der Kostenrechnung" die festgesetzten Bußgelder meinen, wäre die Ag. nicht passivlegitimiert und der Antrag insoweit unzulässig, weil über Rechtsmittel gegen Bußgeldbescheide die ordentliche Gerichtsbarkeit zu entscheiden habe. Soweit sich der Ast. gegen die Beitragserhebung wende, sei der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 SGG zulässig. Der insoweit erforderliche Anordnungsanspruch sei jedoch nicht glaubhaft gemacht. Die Berechnung der Beiträge sei rechtmäßig. Der Ag. stünden als privates Versicherungsunternehmen keine hoheitlichen Mittel zur unmittelbaren Beitragsdurchsetzung zur Verfügung. Deshalb habe der Gesetzgeber den Bußgeldtatbestand des § 121 Abs. 1 Nr. 6 SGB XI geschaffen, auf dessen Grundlage das zuständige Landratsamt A-Stadt bereits Bußgeldbescheide erlassen habe, gegen die der Ast. auch Rechtsmittel zum Amtsgericht B-Stadt eingelegt habe. Bereits aus diesem Grunde gehe der Vortrag des Ast. ins Leere, nicht zugleich die Beiträge und die festgesetzten Bußgelder zahlen zu können.
Gegen diesen Beschluss, der dem Ast. am 28.09.2012 zugestellt worden ist, hat dieser am 26.10.2012 "Widerspruch" eingelegt, den er bis heute nicht begründet hat.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die von der Ag. vorgelegten Vertragsunterlagen Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere wurde sie form- und fristgerecht eingelegt (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt die Beschwerdesumme von 750 EUR (§ 172 Abs. 3 Nr. 1 Hs. 1 in Verbindung mit § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG): Das SG hat eine einstweilige Anordnung über die Rückstände in der Beitragspflicht getroffen. Die Höhe der streitigen Beiträge wird zwar in dem Beschluss nicht genannt, jedoch ergibt sich aus der Beschwerdeerwiderung der Ag. vom 20.11.2012, dass sich diese zum 30.11.2012 auf 1.256,27 EUR beliefen, also auch bereits im Zeitpunkt des Beschlusses vom 26.09.2012 abzüglich der erst von September bis November 2012 fällig gewordenen Monatsbeiträge von jeweils 42,54 EUR deutlich über der Beschwerdesumme von 750 EUR lagen.
Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Zu Recht hat das SG den Antrag, die Ag. im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 SGG zu verpflichten, bis zur Entscheidung über die Klage vorläufig keine Beiträge zu erheben, abgelehnt. Dieser Antrag ist bereits mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Hoheitliche Akte - also Verwaltungsakte - kann die Ag. als privates Pflegeversicherungsunternehmen zur Durchsetzung ihrer Beitragsforderungen nicht erlassen, worauf auch das SG zu Recht hingewiesen hat. Die Ag. ist deshalb zur Durchsetzung ihrer Beitragsansprüche darauf angewiesen, im
Wege der echten Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG Klage beim zuständigen Sozialgericht zu erheben (zum Rechtsweg: § 51 Abs. 1 Nr. 2 SGG; siehe auch BSG SozR 3-3300 § 38 Nr. 2), um einen vollstreckbaren Titel gegen den Ag. zu erwirken. Einer "vorbeugenden" Klage auf Unterlassung der Geltendmachung eigener Rechte fehlt das Rechtsschutzbedürfnis ebenso wie einem darauf gerichteten Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz. Solange kein gerichtlicher Titel gegen den Ast. vorliegt, braucht er eine Vollstreckung nicht zu befürchten.
Auch aus den Bußgeldbescheiden, mit denen das Landratsamt A-Stadt zweimal je ein Bußgeld in Höhe von 250 EUR gegen den Ast. auf der Grundlage des § 121 Abs. 1 Nr. 6 SGB XI verhängt hat, lässt sich kein anzuerkennendes Rechtsschutzinteresse für einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im sozialgerichtlichen Verfahren ableiten. Denn gegen die Bußgeldbescheide ist dem Ast. gemäß § 68 Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) die Möglichkeit eröffnet, Einspruch zu dem Amtsgericht zu erheben, in dessen Bezirk die Verwaltungsbehörde ihren Sitz hat. Da der Ordnungswidrigkeitstatbestand voraussetzt, dass der Versicherte mit der Entrichtung von sechs Monatsprämien zur privaten Pflegepflichtverletzung in Verzug gerät, hat das Amtsgericht in seinem Verfahren implizit auch die Berechtigung der Beitragsansprüche als Voraussetzung des Zahlungsverzugs zu prüfen.
Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber die Sicherstellung der Beitragszahlung in der privaten Pflegepflichtversicherung für wirtschaftlich bedürftige Menschen durch ein kompliziertes Zusammenspiel von Beitragsermäßigung im sog. Basistarif gemäß § 110 Abs. 2 SGB XI und § 12 Abs. 1c Versicherungsaufsichtsgesetz sowie Ansprüchen auf Übernahme der Beiträge durch den Träger der Grundsicherung nach § 32 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch geregelt hat. Möglichkeiten, auf diesem Weg eine Beitragsermäßigung zu erhalten, hat die Ag. dem Ast. mehrfach angeboten. Solange der Ast. aber weder die Umstellung in den Basistarif beantragt noch einen Grundsicherungsbescheid nachweist, muss er die regulär berechneten Beiträge in voller Höhe selbst tragen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG analog.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
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