L 15 VG 2/19

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
15
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 30 VG 43/17
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 15 VG 2/19
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zur Unmittelbarkeit der Schädigung durch einen Angriff im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG im Falle eines "Amoklaufs".
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 25. Oktober 2018 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten wegen Versorgung nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) i.V.m. dem Bundesversorgungsgesetz (BVG).

Der 2006 geborene Kläger beantragte am 30.08.2016 beim Beklagten Leistungen für Gewaltopfer nach dem OEG unter Berufung auf ein bestehendes posttraumatisches Stresssyndrom wegen einer Schädigung durch die als "Amoklauf im O. (O.) B-Stadt" vom 22.07.2016 bekannt gewordenen Straftaten. Dabei befand sich der Kläger nach Angaben der Klägerseite nicht am Ort des Geschehens, sondern in bzw. vor der Sporthalle eines Gymnasiums in B-Stadt, in der er an einem Fechttraining teilgenommen hatte. Im Bereich des O. befand sich zum Tatzeitpunkt die Familie des Klägers, nämlich seine Eltern und seine Schwester, die der Kläger, der von dem "Amoklauf" wusste, zum Tatzeitpunkt telefonisch nicht erreichen konnte. Nach Angaben der Klägerseite habe der Kläger nach Beendigung des Trainings ca. 40 Minuten mit einer anderen "Fechtmutter", Frau G., die sich seiner angenommen habe, bzw. alleine warten müssen und sei durch die bestehende Ungewissheit psychisch beeinträchtigt worden; er habe (auch mit Blick auf vorbeifahrende Rettungsfahrzeuge) um sein eigenes Leben sowie das seiner Familie gefürchtet.

Mit Bescheid vom 12.09.2017 lehnte der Beklagte den Antrag ab, da kein vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff gegen den Kläger im Sinne von § 1 Abs. 1 OEG vorliege, weil der Kläger kein Augen- bzw. Ohrenzeuge des "Amoklaufs" gewesen sei. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17.11.2017 als unbegründet zurück. Aus rechtlichen Gründen sei es nicht möglich, dem Kläger Leistungen nach dem OEG zu gewähren. Die Voraussetzungen für die Anerkennung eines sogenannten Schockschadens seien im Hinblick auf ein einschlägiges Rundschreiben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales und auf die Rechtsprechung des Bayerischen Landessozialgerichts (BayLSG) nicht gegeben.

Hiergegen hat sich die am 18.12.2017 zum Sozialgericht (SG) München erhobene Klage gerichtet. Zur Begründung ist vor allem darauf hingewiesen worden, dass gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG ein Anspruch auch bestehe, wenn eine andere Person durch den Angriff geschädigt würde und der Betroffene deshalb gesundheitliche und wirtschaftliche Folgen erlitten habe. Die Ablehnung durch den Beklagten verkenne, dass der Kläger nicht durch die Benachrichtigung darüber, was die Eltern und die Schwester erlebt hätten, einen Schockschaden erlitten habe, sondern durch die Ungewissheit, ob er seine Familie jemals wiedersehen würde.

Mit Urteil vom 25.10.2018 hat das SG die Klage auf Aufhebung des Bescheids und Verurteilung zu Leistungen der Opferentschädigung abgewiesen, da vorliegend der Schutzbereich des OEG seine Grenzen habe. Ein von der Rechtsprechung vorausgesetztes Schockerlebnis habe der Kläger nicht erlitten.

Am 11.01.2019 hat der Kläger gegen das Urteil beim BayLSG Berufung eingelegt und (auch) für das Berufungsverfahren Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung der Bevollmächtigten beantragt.

Mit Beschluss vom 10.05.2019 hat der Senat mangels hinreichender Erfolgsaussichten den Antrag auf PKH abgelehnt.

Mit Schriftsatz vom 26.06.2019 hat der Kläger sodann die Berufung begründet und im Wesentlichen vorgetragen, dass nach seiner Auffassung eine unmittelbare Schädigung in Form eines sogenannten Schockschadens vorliege, der gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG zu entschädigen sei. Zwar sei der Kläger nicht unmittelbarer Zeuge am Tatort gewesen. Er habe jedoch dadurch einen Schock erlitten, dass er zu der mit seiner Familie vereinbarten Abholzeit nach seinem Fechttraining nicht abgeholt worden sei und durch seine Fechttrainerin die Nachricht erhalten habe, dass sich im O. ein "Amoklauf" ereignet habe. In Kombination dieser beiden Umstände und der Tatsache, dass kein Kontakt zu seiner Familie möglich gewesen sei, habe der Kläger eine unmittelbare Schädigung erlitten. Der Kläger hat eine Bestätigung der psychologischen Praxis S. vom 27.07.2016 vorgelegt, derzufolge der Kläger seit dem "Amoklauf" im O. unter einer PTBS leide. Die Tatsache, dass die Familie des Klägers tatsächlich keinen körperlichen Schaden erlitten habe, sondern nur einen psychischen, habe sich erst nach der Rückkehr der Familie viele Stunden später gezeigt. Auch wenn ein "Amoklauf" noch keinen eigenen Straftatbestand darstelle, handle es sich bei derartigen Gewaltakten um schwere Straftaten. Da die Familie des Klägers diesen Taten ausgesetzt gewesen sei, sei der "Amoklauf" gleichzusetzen mit der Verübung einer schweren Straftat. Unerheblich sei, dass die Familie des Klägers nur psychische Schäden erlitten habe. Ein "Amoklauf" vereinige in der Regel verschiedenartige Straftaten, z.B. vollendete bzw. versuchte Körperverletzung, Tötung, Mord, Freiheitsberaubung und Nötigung. Die Familie des Klägers sei durch den "Amoklauf" so zu stellen, als stelle dieser eine schwere Straftat dar, von der der Kläger als Sekundäropfer Nachricht erhalten habe. Die vom BSG geforderte enge personale Beziehung zum Primäropfer liege vor, da es sich um die Eltern und die Schwester des Klägers gehandelt habe.

Der Kläger beantragt,
das Urteil des SG München vom 25.10.2018 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 12.09.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.11.2017 zu verurteilen, dem Kläger aufgrund des Ereignisses vom 22.07.2016 eine Beschädigtenrente auf der Grundlage eines GdS von mindestens 30 sowie Heilbehandlung zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat die Akten des Beklagten und des SG beigezogen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt dieser Akten und der Berufungsakte, die allesamt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

Wie das SG zu Recht entschieden hat, steht dem Kläger kein Anspruch auf die Feststellung von Schädigungsfolgen und auf die Gewährung von Heilbehandlung und Beschädigtenrente zu. Der Bescheid vom 12.09.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.11.2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

Vorliegend ist ein (vorsätzlicher rechtswidriger) tätlicher Angriff im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG nicht gegeben.

Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG, wer im Geltungsbereich dieses Gesetzes oder auf einem deutschen Schiff oder Luftfahrzeug infolge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs gegen seine oder eine andere Person oder durch dessen rechtmäßige Abwehr eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat. Zwar sind nicht nur physische Beeinträchtigungen, sondern auch psychische Gesundheitsschäden geeignet, einen Opferentschädigungsanspruch auszulösen. Sowohl physische als auch psychische Gesundheitsschäden müssen jedoch auf einen "tätlichen Angriff" zurückzuführen sein. Insoweit ist entscheidend, ob der Primärschaden und eventuelle Folgeschäden gerade die zurechenbare Folge einer körperlichen Gewaltanwendung gegen eine Person sind.

Nach der Rechtsprechung des BSG reicht die bloße Verwirklichung eines Straftatbestandes und ein Angriff gegen Dritte ohne weitere Besonderheiten für die Annahme eines "tätlichen Angriffs" im Sinn der genannten Vorschrift nicht aus (vgl. z.B. das Urteil vom 07.04.2011 - B 9 VG 2/10 R), auch wenn das Opfer angsterfüllt oder verzweifelt ist etc. und z.B. seelische Gesundheitsschäden davonträgt (vgl. BSG, Urteil vom 16.12.2014 - B 9 V 1/13 R).

Es ist höchstrichterlich längst geklärt, dass sogar in den Fällen der direkten Bedrohung des Opfers oder der Drohung mit Gewalt, wenn sich die auf das Opfer gerichteten Einwirkungen - ohne Einsatz körperlicher Mittel - allein als intellektuell oder psychisch vermittelte Beeinträchtigung darstellen und nicht unmittelbar auf die körperliche Integrität abzielen, die Grenze der Wortlautinterpretation von § 1 Abs.1 Satz 1 OEG erreicht ist (vgl. BSG, Urteil vom 16.12.2014, a.a.O., m.w.N.).

Dass der Kläger wegen der zu ihm zumindest teilweise durchgedrungenen Nachricht vom "Amoklauf im O." um sein eigenes Leben und um das Leben seiner Familienangehörigen Angst gehabt hat, ist gerade unter Berücksichtigung seines damaligen Alters nachvollziehbar. Ein tätlicher Angriff im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG liegt darin jedoch nicht.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (vgl. a.a.O., m.w.N.) setzt der Entschädigungsanspruch nach dem OEG entsprechend dem Regelungssystem der Kriegsopferversorgung eine unmittelbare gesundheitliche Schädigung des Opfers, die auch psychischer Natur sein kann, voraus. Die Unmittelbarkeit der Schädigung betrifft eine Vorfrage der Kausalität und begrenzt den berechtigten Personenkreis. Sie wird grundsätzlich als enger zeitlicher und örtlicher Zusammenhang zwischen dem Schädigungstatbestand und der schädigenden Einwirkung im Sinne einer engen, untrennbaren Verbindung beider Tatbestandselemente ohne örtliche und zeitliche Zwischenglieder verstanden. Ob das Opfer einer Gewalttat durch den Angriff unmittelbar geschädigt worden ist, beurteilt sich je nach den Umständen des Einzelfalls wertend anhand des Schutzzwecks des Gesetzes. Im Ergebnis werden die psychischen Auswirkungen einer schweren Gewalttat als mit dieser so unmittelbar verbunden betrachtet, dass beide eine natürliche Einheit bilden (s. auch BSG, Urteile vom 10.12.2002 - 9 VG 7/01 R - und vom 08.08.2001 - 9 VG 1/00 R). Diese grundsätzliche Einschränkung auf unmittelbar Geschädigte leitet das BSG auch im Bereich des OEG aus der Gesetzeshistorie des § 1 Abs. 1 BVG ab (a.a.O.).

Sie entfällt auch nicht etwa deswegen, weil nach § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG auch eine Person anspruchsberechtigt sein kann, die durch einen auf eine "andere Person" verübten Angriff geschädigt wird, worauf die Klägerseite im erstinstanzlichen Verfahren hingewiesen hat. Diese Formulierung zielt ausweislich der Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drs. 7/2506, S. 14) vielmehr auf die Fälle der sog. aberratio ictus ab, also Fälle, bei denen der vom Täter beabsichtigte Erfolg - etwa durch einen Fehlschuss - bei einem anderen als dem von ihm anvisierten Objekt eintritt. Auch das Opfer einer "aberratio ictus" erleidet eine Schädigung unmittelbar durch den Angriff auf einen anderen (vgl. BSG, Urteil vom 08.08.2001, a.a.O.).

Eine derartige unmittelbare Schädigung des Klägers in psychischer Hinsicht durch die im O. verübten Gewalttaten vom 22.07.2016 liegt hier nicht vor. Insbesondere hat er keinen psychischen Schaden in Form eines sog. Schockschadens erlitten. Bei Auftreten von Schockschäden hat das BSG (vgl. bereits das Urteil vom 07.11.1979 - 9 RVg 1/78) den gebotenen engen Zusammenhang zum einen bejaht, wenn das Sekundäropfer am Tatort unmittelbar Zeuge der Tat gewesen ist, als der seelische Schock eintrat. Dies ist beim Kläger jedoch nicht der Fall gewesen. Er war während der Tatzeit nicht im O. und damit nicht unmittelbar Zeuge der Tat. Entschädigungspflichtig ist zum anderen auch, wenn eine Person die Nachricht von der Ermordung eines nahen Angehörigen erhält und dadurch einen Schock erleidet. Eine Nachricht ist ein zu einem bestimmten Zeitpunkt stattfindender kommunikativer Vorgang, ein Schock stellt eine starke seelische Erschütterung durch ein plötzlich hereinbrechendes bedrohliches Ereignis dar (BSG, Beschluss vom 17.12.1997 - 9 BVg 5/97). In einem solchen Falle bildet die Nachrichtenübermittlung eine natürliche Einheit mit dem Tatgeschehen, weswegen auch der Empfänger der Nachricht von dem besonders schrecklichen Geschehen nicht etwa nur mittelbar, sondern - wenn auch zeitlich versetzt - unmittelbar geschädigt wird. Denn erst der Erhalt der Nachricht von der Gewalttat gegen das Primäropfer bildet ihm gegenüber das Ende der Gewalttat (BSG, Urteil vom 08.08.2001, a.a.O.).

Ungeachtet der Frage, ob beim Kläger überhaupt ein Schock vorgelegen hat, steht jedenfalls fest, dass eine schwere Straftat (wie die Tötung) gegen nahe Angehörige - glücklicherweise - nicht verübt worden ist. Vorliegend ist keine Mitteilung von der Verübung einer schweren Straftat gegen die Familienangehörigen des Klägers erfolgt, sondern lediglich von einer solchen gegen weitere (fremde) Personen, woraufhin sich der Kläger Sorgen gemacht und lediglich vermutet hat, dass auch er oder seine Familienangehörigen (ggf. später noch) Opfer werden könnten. An der Unmittelbarkeit fehlt es aber bei der Übermittlung von Nachrichten über Gewalttaten durch die Medien an Personen ohne enge personale Beziehung zum Betroffenen (ausdrücklich Rademacker, in: Knickrehm, Gesamtes Soziales Entschädigungsrecht, 1. Aufl. 2012, § 1 OEG, Rdnr. 18). Bloße Befürchtungen genügen nicht.

Entgegen dem Vortrag der Klägerseite ist nicht ausreichend, wenn die Angehörigen von einem "Amoklauf" nur derart betroffen sind, dass sie sich in der Nähe des Tatorts - also dort, wo Schüsse fallen etc. - aufhalten und gegebenenfalls sogar psychische Beeinträchtigungen erleiden, ohne selbst Opfer physischer Gewalt zu werden, und wenn der Betroffene (Sekundäropfer) hiervon (ggf. über die Medien - vgl. das Urteil des BSG vom 10.12.2002, a.a.O.) Kenntnis erhält. Auch wenn der Senat in keiner Weise in Abrede stellt, dass dies für in Tatortnähe befindliche Betroffene ein gegebenenfalls einschneidendes, belastendes Erlebnis darstellt (u.a. Furcht, Opfer physischer Einwirkungen zu werden, Gefühl der unmittelbaren Gefährdung und ggf. des Ausgeliefertseins in einem Versteck o.ä.) und u.U. selbst Entschädigungsansprüche auslösen kann, sind insoweit die Grundvoraussetzungen für die Annahme eines Schockschadens des Klägers nicht erfüllt. Denn ein tätlicher Angriff gegenüber den betroffenen Familienangehörigen im vom BSG angenommenen Sinne eines schweren Delikts wie einer Tötung oder schwerer Körperverletzung liegt hier nicht vor. Entscheidend ist, dass vorliegend eine andere Konstellation als in den von der Rechtsprechung anerkannten Fällen eines Schockschadens (s.o.) gegeben ist: Denn es wird vom Kläger nicht geltend gemacht und ist auch nicht wahrscheinlich, dass dieser durch die Mitteilung der Tatsache, dass seine Familie wegen des Amoklaufs sich in einem Versteck o.ä. befindend Furcht vor einer schweren Verletzung oder Tötung gehabt und sich ausgeliefert etc. gefühlt hätte, selbst (psychisch) beeinträchtigt worden bzw. schockiert gewesen wäre. Vorliegend ist vielmehr vorgetragen, dass der Kläger ebenfalls Angst um sein eigenes Leben und um das Leben seiner Familie gehabt hat. Wie der Kläger in der Klagebegründung beim SG selbst dargelegt hat, hat er gerade nicht durch die Kenntniserlangung davon, was die Eltern und die Schwester gleichzeitig im O. erlebt haben, einen (Schock-)Schaden erlitten, sondern es sei dieser durch die Ungewissheit, ob seine Familie gegebenenfalls auch Opfer werden könnte bzw. ob er seine Familie jemals wiedersehen würde, eingetreten. Bloße Befürchtungen sowie Ungewissheit und allgemeine Unsicherheit genügen jedoch - unabhängig von der Frage, inwieweit diese begründet sind - nach der oben dargestellten Rechtsprechung des BSG (a.a.O.) nicht, um die Unmittelbarkeit einer Schädigung des Betroffenen (in psychischer Hinsicht) durch die anderswo verübten Gewalttaten begründen zu können.

Leistungen der Beschädigtenversorgung nach dem OEG für den Kläger scheiden damit aus. Wie das BSG bereits ausdrücklich dargelegt hat, ist es dem Gesetzgeber vorbehalten, "den Begriff des tätlichen Angriffs über den mit Bedacht gewählten und bis heute beibehaltenen engen Wortsinn des OEG auf Straftaten zu erstrecken", bei denen es wie vorliegend an einem solchen tätlichen Angriff fehlt (Urteil vom 16.12.2014, a.a.O.), und vergleichbare Fallkonstellationen in den Entschädigungsanspruch des OEG miteinzubeziehen. Ob dies im künftigen Recht der Opferentschädigung (Sozialgesetzbuch Vierzehntes Buch - SGB XIV) u.U. noch erfolgen wird, bleibt abzuwarten (vgl. hierzu den derzeitigen Gesetzesentwurf zum SGB XIV, BR-Drs. 351/19, im Einzelnen: § 14 Abs. 2 SGB XIV-E). Der Senat hat sich dagegen an die derzeit geltende Rechtslage zu halten.

Die Berufung ist daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt angesichts der gefestigten Rechtsprechung des BSG, der der Senat folgt, nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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