L 9 AL 1/01

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 8 AL 37/00
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 9 AL 1/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 11.11.2000 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist ein Anspruch des Klägers auf Arbeitslosenhilfe (Alhi) über den 05.10.1995 hinaus sowie ein Anspruch auf Überbrückungsgeld wegen einer im Dezember 1996 aufgenommenen selbstständigen Tätigkeit.

Der Kläger bezieht seit Ende der 80er Jahre mit kürzeren Unterbrechungen Leistungen von der Beklagten.

Diese stellte durch Bescheid vom 23.05.1995 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 02.08.1995 eine Sperrzeit vom 09.01. bis 02.04.1995 sowie durch Bescheide vom 13.01.1995 und 29.01.1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21.02.1996 eine weitere 12-wöchige Sperrzeit ab 06.10.1995 und das Erlöschen des Leistungsanspruchs fest wegen der Ablehnung von dem Kläger angebotenen Bildungsmaßnahmen. Die vom Kläger erhobene Klage (S 8 AL 37/00 Sozialgericht Detmold) blieb erfolglos. Auf die Berufung des Klägers änderte der erkennende Senat die angefochtene Entscheidung des Sozialgerichts durch Urteil vom 24.02.2000 - L 9 AL 55/99 - und hob die die erste Sperrzeit betreffenden Bescheide wegen Fehlens einer ordnungsgemäßen Leistungszusicherung auf, beließ es aber für die Zeit ab 06.10.1995 beim Erlöschen des Alhi-Anspruchs. Der Senat kam zwar zu dem Ergebnis, dass auch die zweite Sperrzeit - in diesem Fall wegen mangelnder inhaltlicher Bestimmtheit des Maßnahmeangebots - nicht eingetreten, der Alhi-Anspruch aber wegen fehlender subjektiver Verfügbarkeit ab 06.10.1995 entfallen sei. Dazu führte der Senat in dem genannten Urteil aus: "Im Hinblick darauf, dass der Kläger im Kurzantrag vom 06.10.1995 erneut die Erklärung über die Bereitschaft zur Aufnahme einer beitragspflichtigen Beschäftigung nach Maßnahmeende gestrichen und dies mit einem weiteren schriftlichen Vermerk bestätigt hat sowie die Ablehnung auch nach dem 06.10.1996 (richtig: 1995) in Beratungsvermerken festgehalten ist, ist seitdem von einer mangelnden generellen Bildungsbereitschaft und somit fehlenden subjektiven Verfügbarkeit im Sinne des § 103 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 b AFG auszugehen. Er hat mit diesem Verhalten nämlich nunmehr uneingeschränkt zum Ausdruck gebracht, an keiner Bildungsmaßnahme teilnehmen zu wollen. Während hinsichtlich des Antrags vom 06.01.1995 noch Zweifel an der subjektiven Einstellung wegen der oben dargestellten Gründe bestanden haben, sind solche vorliegend nicht mehr begründet. Da der Kläger ohne die nach § 36 Nr. 1 AFG iVm § 4 Abs. 1 Nr. 1 AFuU erforderliche Erklärung die Beklagte daran hindert, die Teilnahme an einer Bildungsmaßnahme zu fördern, müssen zudem auch weitere Bildungsangebote erfolglos bleiben, so dass der Kläger dadurch seine Wiedereingliederung ins Erwerbsleben regelmäßig verhindert. Die Aufhebungsentscheidung vom 13.10.1995 erweist sich daher aus diesem Grund als richtig".

Den im Dezember 1996 gestellten Antrag des Klägers auf Gewährung von Überbrückungsgeld wegen Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit im Consulting und Service-Bereich lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 23.01.1997 - bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 05.03.1997 - mit der Begründung ab, der Kläger habe nicht - wie in § 55 a Abs. 1 AFG gefordert - bis zur Aufnahme der Tätigkeit mindestens vier Wochen Arbeitslosengeld oder Alhi bezogen, sondern nur bis zum 05.10.1995. Der Kläger hat binnen Monatsfrist - am 07.04.1997 - Klage erhoben.

Im Laufe des Verfahrens stellte der Kläger am 13.07.2000 einen Antrag auf Überprüfung gemäß § 44 Sozialgesetzbuch - Verwaltungsverfahren - (SGB X) hinsichtlich des Alhi-Anspruchs für die Zeit vom 06.10.1995 bis 18.12.1996. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 24.07.2000 - bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 21.08.2000 - unter Hinweis auf das Urteil des erkennenden Senats vom 24.02.2000 ab.

Hiergegen hat der Kläger am 14.09.2000 Klage erhoben. Er hat im Wesentlichen geltend gemacht, die Beklagte sei nicht berechtigt gewesen, die Leistungen ab 06.10.1995 ganz einzustellen. Er habe nämlich nicht die Teilnahme an einer Bildungsmaßnahme grundlos verweigert, sondern lediglich im Hinblick auf seine geplante Selbstständigkeit.

Das Sozialgericht hat beide (verbundenen) Klagen durch Urteil vom 10.11.2000 abgewiesen und sich der Begründung der Beklagten angeschlossen.

Der Kläger hat gegen das ihm am 13.12.2000 zugestellte Urteil am 02.01.2000 Berufung eingelegt und trägt vor, das Arbeitsamt habe seine Erklärung vom 06.10.1995 falsch interpretiert. Als jemand, der sich selbstständig machen wolle, sei er nicht förderbar. Er mache sich vielmehr regresspflichtig, wenn er eine von der Beklagten geförderte Berufsbildungsmaßnahme antrete oder nicht beende, wohl wissend, dass er die Selbstständigkeit anstrebe und nach der Bildungsmaßnahme keine versicherungspflichtige Beschäftigung ausüben wolle. Wenn er gleichwohl förderbar gewesen sei, hätte die Beklagte ihn beraten müssen. Er hätte in diesem Fall die Maßnahme angetreten. Im Übrigen sei seinerzeit die Zumutbarkeit der Bildungsmaßnahme nicht hinreichend geprüft worden.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 10.11.2000 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 24.07.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21.08.2000 zurückzunehmen und ihm unter Aufhebung der Bescheide vom 13.10.1995, 29.01.1996 und 20.02.1996 Arbeitslosenhilfe über den 05.10.1995 hinaus zu zahlen, sowie die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 23.01.1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 05.03.1997 zu verurteilen, ihn entsprechend der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Wegen der Einzelheiten wird auf die vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten verwiesen. Die den Kläger betreffende Verwaltungsakte der Beklagten (St.Nr.: ...) sowie die Vorprozessakte S 9 (10) Ar 265/95 Sozialgericht Detmold sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Das Urteil des Sozialgerichts ist zutreffend. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Alhi über den 05.10.1995 hinaus und auch keinen Anspruch auf Überbrückungsgeld wegen der im Dezember 1996 aufgenommenen selbstständigen Tätigkeit.

Der Senat sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe im Wesentlichen ab, weil er die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurückweist (§ 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).

Das Berufungsvorbringen des Klägers führt zu keiner anderen Beurteilung. Es macht vielmehr deutlich, dass der Senat die subjektive Verfügbarkeit des Klägers (vgl. §§ 134 Abs. 4 Satz 1, 103 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AFG) für die Zeit ab 06.10.1995 in seinem Urteil vom 24.02.2000 - L 9 AL 55/99 - zu Recht verneint und die den Anspruch auf Alhi aufhebende Entscheidung der Beklagten vom 13.10.1995 im Ergebnis richtig ist. Die Voraussetzungen des § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X liegen deshalb nicht vor.

Subjektive Verfügbarkeit setzt die umfassende und grundsätzliche Bereitschaft des Arbeitslosen voraus, zumutbare Arbeiten jeglicher Art, die er ausüben kann und darf, anzunehmen und an entsprechenden Bildungsmaßnahmen teilzunehmen. Das war beim Kläger jedenfalls für die Zeit ab 06.10.1995 nicht der Fall. Sein Vortrag, er habe die Erklärung über die Bereitschaft zur Aufnahme einer beitragspflichtigen Beschäftigung nach Maßnahmeende nicht abgegeben, weil er sich habe selbstständig machen wollen und sich deswegen bei der Verwirklichung dieses Ziels und der Teilnahme an einer Maßnahme regresspflichtig gemacht hätte, belegt gerade das Fehlen subjektiver Verfügbarkeit. Arbeitslose die sich nach Abschluss von Bildungsmaßnahmen selbstständig machen wollen, sind nicht nur von der Förderung ausgeschlossen (vgl. § 36 Nr. 1 AFG idF des Gesetzes vom 21.12.1993 - Bundesgesetzblatt I 2353 - und BSG SozR 3 - 4100 § 56 Nr. 14 Seite 54 mit mwN), sondern auch, wenn sie - wie der Kläger - solche Maßnahmen im Hinblick auf die bevorstehende Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit generell ablehnen, mangels fehlender Bildungsbereitschaft von den Leistungen wegen Arbeitslosigkeit ganz ausgeschlossen (vgl. BSG SozR 3 - 4100 § 103 Nr. 13 Seite 58, 59). In diesem Fall, nämlich bei genereller Ablehnung von Bildungsmaßnahmen wegen der Absicht, sich selbstständig zu machen, ist es unerheblich, ob eine konkret angebotene Bildungsmaßnahme zumutbar war. Denn generelle Einschränkungen der Vermittlungsmöglichkeiten, die auf einer freien Entscheidung des Arbeitslosen beruhen, schließen die subjektive Verfügbarkeit aus (vgl. BSG aaO). Hieraus folgt, dass es rechtlich unerheblich ist, ob der Kläger bei Teilnahme an der Maßnahme wegen seiner im Dezember 1996 begonnenen selbstständigen Tätigkeit einem Erstattungsanspruch ausgesetzt gewesen wäre.

Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg auf eine fehlerhafte Beratung durch die Beklagte berufen. Mit dem Verlangen der Beklagten nach einer Verpflichtungserklärung im Sinne des § 36 Nr. 1 AFG ist der Kläger deutlich darauf hingewiesen worden, dass die uneingeschränkte Bereitschaft zur Aufnahme einer beitragspflichtigen Beschäftigung vorhanden sein muss, um gefördert zu werden. Im Übrigen enthalten die dem Kläger ausgehändigten Merkblätter verständliche Erläuterungen zur Notwendigkeit von Arbeits- und Bildungsbereitschaft. Die Abgabe einer dem wirklichen Willen des Klägers nicht entsprechen den Verpflichtungserklärung brauchte und durfte die Beklagte ihm nicht nahelegen. Es kann deshalb auf sich beruhen, welche Rechtsfolgen einträten, wenn eine fehlerhafte Beratung festzustellen wäre.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 SGG) sind nicht gegeben.
Rechtskraft
Aus
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