Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 13 AL 322/97
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 12 AL 35/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 14. Januar 2000 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Streitig ist die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 14.12.1996 bis 14.06.1997 und die Erstattung der in dieser Zeit gezahlten Leistungen in Höhe von insgesamt 8.819,70 DM.
Der am ...1938 geborene Kläger bezog seit dem 01.01.1994 Arbeitslosengeld und ab dem 27.09.1996 Anschlussarbeitslosenhilfe. Bei Antragstellung bestätigte er jeweils durch seine Unterschrift, dass seine Angaben zutreffen und dass er Änderungen unverzüglich anzeigen werde. Das Merkblatt für Arbeitslose "Ihre Rechte, Ihre Pflichten" habe er erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen. Im Antrag auf Arbeitslosenhilfe gab er als Adresse " ..." in A ...an. Mit Bescheid vom 23.09.1996 bewilligte die Beklagte ihm Arbeitslosenhilfe in Höhe von 341,40 DM wöchentlich. Ab dem 01.01.1997 betrug die Höhe der Leistung aufgrund der Leistungsverordnung 1997 nur noch 336,60 DM.
Am 16.06.1997 teilte ein Mitarbeiter des Sozialamtes der Stadt A ... der Beklagten telefonisch mit, dass der Kläger nicht mehr in A ... wohne. Er lebe nach der Trennung von seiner Ehefrau am 14.12.1996 in S ... Die Beklagte stellte daraufhin die Leistungsgewährung mit Ablauf des 14.06.1997 ein. Nachdem die Beklagte ihn unter der Solinger Anschrift angeschrieben hatte, teilte der Kläger telefonisch mit, dass er sich seit Dezember 1996 in S. aufhalte und nur am Wochenende zu seinem bisherigen Wohnort zurückkehre. Er überreichte eine Anmeldebestätigung der Stadt S ..., nach der er sich dort am 14.12.1996 angemeldet hat.
Aufgrund einer Arbeitslosmeldung am 20.06.1997 beim Arbeitsamt S ... bewilligte ihm dieses ab dem 20.06.1997 erneut Arbeitslosenhilfe.
Mit Schreiben vom 09.07.1997 teilte die Beklagte dem Kläger mit, er habe vom 14.12.1996 bis 14.06.1997 Arbeitslosenhilfe in Höhe von 8.884,20 DM zu Unrecht bezogen, weil er sich in dieser Zeit hauptsächlich in S ... aufgehalten habe und daher dem Arbeitsamt C ... nicht zur Verfügung gestanden habe. Er habe die Überzahlung der Leistung verursacht, da er die leistungserhebliche Änderung in seinen Verhältnissen nicht angezeigt habe. Vor einer abschließenden Entscheidung in dieser Angelegenheit könne er sich zum Sachverhalt äußern. Der Kläger teilte hierzu mit, er habe sich nach seinem Umzug nach S. zwar bei der Stadt S ... angemeldet, es aber aus Unwissenheit versäumt, sich beim Arbeitsamt S ... arbeitslos zu melden. Er sei nicht in der Lage, die geforderte Summe zurückzuzahlen.
Mit Bescheid vom 14.11.1997 hob die Beklagte die Bewilligung der Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 14.12.1996 bis 14.06.1997 unter Hinweis auf § 48 SGB X auf. Der Leistungsanspruch sei für diesen Zeitraum wegen Ortsabwesenheit entfallen. Die maßgebliche Änderung der Verhältnisse habe er dem Arbeitsamt nicht mitgeteilt. Den überzahlten Betrag in Höhe von 8.819,70 DM müsse er nach § 50 SGB X erstatten. Mit seinem Widerspruch gegen diesen Bescheid trug der Kläger vor, er habe sich regelmäßig in A ... gemeldet. Ihm sei nicht bekannt gewesen, dass er sich aufgrund des Umzuges beim Arbeitsamt S ... melden müsse. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 10.12.1997 zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 17.12.1997 Klage beim Sozialgericht Düsseldorf erhoben. Der Kläger hat vorgetragen: Er sei aufgrund seines Alters und der Arbeitsmarktlage für das Arbeitsamt ohnehin nicht mehr vermittelbar gewesen. Daher habe er auch nur selten Schreiben des Arbeitsamtes erhalten. Aus diesem Grunde sei auch sein Umzug über sechs Monate unbekannt geblieben. Zudem sei er unter seiner alten Anschrift ohne weiteres erreichbar gewesen, da seine Ehefrau nach wie vor in dieser Wohnung gewohnt habe. Diese hätte an ihn gerichtete Schreiben ohne weiteres an ihn weiterleiten können, es hätte sich daher in jedem Fall nur eine Verzögerung von wenigen Tagen hinsichtlich seiner Erreichbarkeit ergeben. Da er ohnehin nicht mehr vermittelbar gewesen sei, sei das Erfordernis der Erreichbarkeit unter der angegebenen Adresse formalistisch. Es sei daher unbillig, dass er die gezahlten Leistungen erstatten müsse, da ein Schaden nicht entstanden sei und auch keine missbräuchliche Inanspruchnahme von Leistungen der Beklagten vorliege.
Der Kläger hat vor dem Sozialgericht beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 14.11.1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10.12.1997 aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat darauf verwiesen, dass der Kläger seiner Pflicht zur Mitteilung des Wohnortwechsels nicht nachgekommen sei. Diese Verpflichtung habe sich ohne weiteres aus dem Merkblatt für Arbeitslose ergeben. Es komme nicht darauf an, ob und wann die Beklagte im streitigen Zeitraum versucht habe, den Kläger tatsächlich zu erreichen.
Mit Urteil vom 14.01.2000 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es wörtlich ausgeführt:
"Die Beklagte hat mit dem Bescheid vom 14.11.1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10.12.1997 zu Recht die Bewilligung der Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 14.12.1996 bis 14.06.1997 aufgehoben sowie einen Erstattungsanspruch hinsichtlich der in dieser Zeit zu Unrecht gewährten Arbeitslosenhilfe geltend gemacht."
Die Beklagte war hierzu nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X berechtigt, da die Anspruchsvoraussetzungen in dieser Zeit weggefallen waren und der Kläger seiner Mitteilungspflicht grob fahrlässig nicht nachgekommen ist.
Gem. § 100 Abs. 1 i. V. m. § 134 Abs. 1 Satz 1 AFG ist Voraussetzung für den Anspruch auf Arbeitslosenhilfe u. a., dass der Arbeitslose der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht. Der Begriff der Verfügbarkeit ist in § 103 Abs. 1 Satz AFG definiert und setzt u. a. voraus, dass der Arbeitslose das Arbeitsamt täglich aufsuchen kann und für das Arbeitsamt erreichbar ist. Hierzu bestimmt § 1 der Aufenthaltsanordnung vom 03.10.1979 in der Fassung der 3. Änderungsanordnung vom 24.03.1993 (Amtliche Nachrichten der Bundesanstalt für Arbeit 1993, S. 769), die auf § 103 Abs. 5 fußt, dass das Arbeitsamt den Arbeitslosen während der üblichen Zeit des Eingangs der Briefpost oder unter der von ihm benannten, für die Zuständigkeit des Arbeitsamtes maßgeblichen Anschrift, erreichen können muss. An dieser Voraussetzung mangelt es hier ab dem 14.12.1996.
Der Kläger ist an diesem Tag aufgrund der Trennung von seiner Ehefrau aus der Ehewohnung in Ahaus ausgezogen und nach S. um gezogen. In der alten Wohnung hat er sich nach seinen eigenen Angaben nur noch am Wochenende aufgehalten. Die Beklagte konnte den Kläger daher unter der angegebenen Adresse nicht mehr täglich persönlich erreichen.
Es ist auch ohne Bedeutung, dass die Ehefrau des Klägers noch unter der angegebenen Anschrift wohnte, so dass sie die an ihn gerichtete Post entgegen nehmen konnte, ihn darüber informieren konnte und ihm diese ggf. am Wochenende aushändigen konnte. Die Erreichbarkeit während der üblichen Zeit des Einganges der Briefpost unter der angegebenen Anschrift erfordert nicht nur, dass der Arbeitslose in der Lage ist, an die angegebene Anschrift gerichtete Briefe mit Mitteilungen der Beklagten unverzüglich zur Kenntnis zu nehmen, sondern andererseits auch, dass er durch die Beklagte und deren Bedienstete täglich während dieser Zeit auch tatsächlich dort angetroffen werden kann. Dies war im Falle des Klägers nicht gewährleistet.
Die Notwendigkeit der sofortigen auch persönlichen Erreichbarkeit unter der angegebenen Anschrift ergibt sich aus dem Vorrang der Vermittlung in Arbeit vor der Gewährung von Leistungen wegen Arbeitslosigkeit. Es soll gewährleistet sein, dass das Arbeitsamt jederzeit die Möglichkeit hat, unverzüglich den Leistungsempfänger zu erreichen, um ihm eine zumutbare Arbeit anzubieten.
Unerheblich ist auch, ob die Beklagte tatsächlich im streitigen Zeitraum versucht hat, den Kläger zu erreichen, da es auf die abstrakte Erreichbarkeit ankommt.
Es ist auch ohne Bedeutung, ob der Kläger aufgrund seines Alters und der Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt praktisch nicht mehr vermittelbar war, so dass mit Vermittlungsbemühungen der Beklagten ohnehin nicht zu rechnen war. Der Kläger hat ausdrücklich von der Möglichkeit der Inanspruchnahme von Leistungen nach § 105 c AFG unter erleichterten Voraussetzungen und geringeren Anforderungen an die Verfügbarkeit verzichtet. Er muss daher hinsichtlich der Verfügbarkeit die gleichen Anforderungen gegen sich gelten lassen wie jüngere Arbeitslose, für die noch Vermittlungsmöglichkeiten bestehen.
Zudem kann aus Gründen der Rechtssicherheit und der Gleichhandlung auch die Verfügbarkeit nicht davon abhängig sein, ob und welche Vermittlungsmöglichkeiten für den Arbeitslosen jeweils gegeben sind. Diese muss sich für alle Arbeitslosen nach den gleichen formellen Kriterien richten.
Wegen des Wegfalls der Verfügbarkeit waren die Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosenhilfe nicht mehr gegeben, so dass die Beklagte wegen dieser wichtigen Änderung der Verhältnisse nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X i. V. m. § 152 Abs. 3 AFG nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet war, die Leistungsbewilligung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an aufzuheben. Die Beklagte musste dies auch für die Vergangenheit vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an tun, da der Kläger seiner durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher, für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse grob fahrlässig nicht nachgekommen ist. Bei der fehlenden Erreichbarkeit handelte es sich um eine wesentliche, für den Kläger nachteilige Änderung der Verhältnisse. Mit dem Fehlen des regelmäßigen Aufenthaltes unter der angegebenen Postanschrift war die Erreichbarkeit und somit die Verfügbarkeit entfallen, so dass ein Anspruch auf Leistungsgewährung nicht bestand.
Der Kläger war zur Mitteilung dieser Änderung in seinen Verhältnissen nach § 60 Abs. 1 Nr. 2 SGB I, wonach derjenige, der Sozialleistungen beantragt oder erhält, u. a. Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind, unverzüglich mitzuteilen hat, verpflichtet. Gegen diese durch Rechtsvorschrift vorgeschriebene Pflicht zur Mitteilung hat der Kläger grob fahrlässig verstoßen. In dem dem Kläger bei Antragstellung ausgehändigten Merkblatt für Arbeitslose wird ausdrücklich und eindeutig daraufhingewiesen, dass ein Umzug bzw. eine Änderung der Anschrift während der Arbeitslosigkeit rechtzeitig dem Arbeitsamt mitzuteilen ist. Auch aus der bei der Antragstellung auf Anschlussarbeitslosenhilfe am 24.08.1996 durch den Kläger unterschriebenen Erklärung geht hervor, dass Änderungen in den Verhältnissen, die von den Angaben im Antrag abweichen, unverzüglich mitgeteilt werden müssen. Weiterhin enthält auch der Bewilligungsbescheid vom 23.09.1999 einen eindeutigen Hinweis auf die Mitteilungspflicht. Dort heißt es "Sie sind ohne Aufforderung verpflichtet, jede Änderung in den Verhältnissen, die für den Anspruch auf die Leistungerheblich ist, dem Arbeitsamt unverzüglich mitzuteilen. Nähere Einzelheiten über Ihre Mitteilungspflicht und die Rechtsfolgen einer unterlassenen Mitteilung entnehmen Sie bitte dem Ihnen aus gehändigten Merkblatt für Arbeitslose ... Lassen Sie sich im Zweifelsfall über Ihre Rechte und Pflichten als Leistungsempfänger von der nächstgelegenen Arbeitsamtsdienststelle persönlich - ggf. schriftlich oder fernmündlich - beraten, damit Ihnen Nachteile erspart bleiben." Aufgrund all dieser Hinweise hätte der Kläger sich gedrängt fühlen müssen, das Arbeitsamt über die Änderung in seinen persönlichen Verhältnissen zu informieren oder sich wenigstens zu erkundigen, ob dies für seinen Leistungsanspruch wesentlich war. Es musste auch für den Kläger klar sein, dass er dem Arbeitsamt, als der Stelle, die ihm Leistungen zum Lebensunterhalt gewährte, jeweils seine aktuelle Adresse mitzuteilen hatte. Hinzu kommt noch, dass der Kläger nicht innerhalb eines Ortes umgezogen ist, sondern außerhalb des Nahbereiches des Arbeitsamtes, so dass ein anderes Arbeitsamt für die Arbeitsvermittlung zuständig wurde. Es musste auch für den Kläger ohne weiteres erkennbar gewesen sein, dass dieser Umstand für die Leistungsgewährung wesentlich sein könnte.
Es liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass es dem Kläger persönlich nicht möglich gewesen wäre, die eindeutigen Hinweis zu beachten und dementsprechend die Beklagte zu informieren.
Die Beklagte hat daher zu Recht die Leistungsbewilligung für den streitigen Zeitraum aufgehoben.
Da die Beklagte die Leistungsbewilligung zu Recht aufgehoben hat, ist der Kläger auch gem. § 50 Abs. 1 SGB X verpflichtet, die für die Zeit vom 14.12.1996 bis 14.06.1997 zu Unrecht gewährten Leistungen in Höhe von insgesamt 8.819,70 DM zu erstatten."
Gegen dieses ihm am 02.02.2000 zugestellte Urteil richtet sich die am 21.02.2000 eingegangene Berufung des Klägers. Zur Begründung trägt er vor: Es sei nicht richtig, dass er dem Arbeitsamt vom 14.12.1996 bis zum 16.06.1999 nicht zur Verfügung gestanden habe. Die Annahme, dass der Kläger unter den geschilderten Umständen nicht erreichbar gewesen sei, stelle im Wesentlichen eine Fiktion dar und widerspeche den tatsächlichen Verhältnissen. Er sei jederzeit ohne größeren Aufwand erreichbar gewesen. Seine Ehefrau habe weiterhin in der ehelichen Wohnung gwohnt, diese sei jederzeit bereit gewesen, ihm umgehend über Posteingänge zu informieren. Es hätte nur eines Anrufes bedurft, um seine neue Adresse zu erfahren, zumal auch er telefonisch erreichbar gewesen sei. Unter diesen Verhältnissen sei keine nennenswerte Verzögerung mit der Nichtmitteilung der neuen Adresse verbunden. Selbst wenn man zu dem Ergebnis gelange, dass im Allgemeinen davon auszugehen sei, dass eine Nichterreichbarkeit wegen unterlassener Mitteilung der neuen Adresse vorliege und daraus eine Nichtverfügbarkeit folge, indem man sozusagen die eine Fiktion auf die andere türme, sei hier zu berücksichtigen, dass das daraus resultierende Ergebnis unter Berücksichtigung der weiter hinzutretenden Umstände völlig unangemessen sei.
Der Kläger habe sich ordnungsgemäß umgemeldet. Solchermaßen werde ersichtlich, dass es ihm nicht darum gegangen sei, sich einer Überwachung durch das Arbeitsamt zu entziehen. Hinzu käme, dass allen Beteiligten klar war, dass für den Kläger angesichts seines Alters und der Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt keine Vermittlungschancen mehr bestanden habe. Die Beklagte habe angesichts der Aussichtslosigkeit keine Vermittlungsversuche vorgenommen. Hätte die Beklagte Vermittlungsbemühungen übernommen, wäre es ihr nach kurzer Zeit aufgefallen, dass der Kläger umgezogen sei. Der Schaden hätte sich in Grenzen gehalten.
Bei dem geschilderten Sachverhalt könne nicht davon ausgegangen werden, dass auf Seiten des Klägers grobe Fahrlässigkeit vorgelegen habe. Sicherlich habe der Kläger bei Antragsstellung im Jahre 1994 ein Formblatt erhalten, in dem sich ein Hinweis darauf befand, dass er einen Umzug zu melden habe. Zu berücksichtigen sei, dass angesichts des Umstandes, dass dieses bereits zum maßgeblichen Zeitpunkt mehrere Jahre vergangen waren und praktisch für sämtliche Beteiligten eine Nichtvermittelbarkeit feststand, dieser Umstand psychologisch als bloße Formalie im Bewusstsein des Klägers verblassen musste. Der eigentliche Zweck der Mitteilung sei obsolet geworden.
Im übrigen sei der Kläger ohnehin nicht in der Lage, den geforderten Betrag zurückzuzahlen. Er erhalte eine Rente in Höhe von 2.815,76 DM brutto. Für ihn verbleibe ein restliches Einkommen in Höhe von 1.422,70 DM.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 14.01.2000 abzuändern und nach seinem Klageantrag erster Instanz zu erkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Sie sieht sich in dieser Auffassung durch die neuere Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (BSG) bestätigt (Hinweise auf die Urteile vom 24.04.1997 - 11 RAr 39/96 - und vom 02.03.00 - B 7 AL 8/99 R -). Der Hinweis auf die Erreichbarkeit über einen Anruf der getrenntlebenden Ehefrau sei ebenso unerheblich wie der Hinweis darauf, dass er im Hinblick auf sein Alter nur eingeschränkt vermittlungsfähig gewesen sei. Grobe Fahrlässigkeit sei dem Kläger schon deshalb anzulasten, weil er die unmißverständlichen Ausführungen im Merkblatt für arbeitslose Arbeitnehmer nicht beachtet habe.
Wegen weitere Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der den Kläger betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Diese Akten lagen bei der Entscheidungsfindung durch den Senat vor.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zu lässig, jedoch nicht begründet. Hierüber konnte der Senat durch Beschluss entscheiden, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Auf diese Möglichkeit sind die Beteiligten hingewiesen worden.
Der Kläger ist nicht beschwert im Sinne von § 54 Abs. 2 SGG. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht rechtswidrig. Das Sozialgericht ist zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beklagte berechtigt war, gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X in Verbindung mit § 152 Abs. 3 AFG die Leistungsbewilligung für die Zeit vom 14.12.1996 bis 14.06.1997 aufzuheben und die in diesem Zeitraum erbrachten Leistungen zurückzufordern, weil der Kläger in diesem Zeitraum für das zuständige Arbeitsamt nicht erreichbar war und er damit der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung gestanden hat. Der Senat hält das Urteil des Sozialgerichts in der Begründung und im Ergebnis für zutreffend. Er nimmt nach eigener Überzeugungsbildung gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug.
Der Vortrag im Berufungsverfahren führt zu keiner anderen Beurteilung. Der Hinweis, die unter der alten Adresse wohnhaft gebliebene Ehefrau hätte die Post mit nur kurzer Verzögerung an den Kläger weitergeleitet, begründet keine Verfügbarkeit des Klägers. Dies hat das BSG in der von der Beklagten zutreffend zitierten ständigen Rechtsprechung wiederholt entschieden (vgl. zuletzt Urteil vom 02.03.2000 - B 7 AL 8/99 R - mit Hinweisen auf frühere Urteile). Der Senat hat sich dieser Rechtsprechung in der Vergangenheit stets angeschlossen und hält auch weiterhin daran fest (vgl. Senatsbeschluss vom 10.04.2000 - L 12 AL 233/99 -).
Auch der Umstand, dass dem Kläger im Hinblick auf sein Alter möglicherweise nur selten oder gar nicht Arbeitsangebote unterbreitet worden sind, ändert an dem gefundenen Ergebnis nichts. Auch insoweit hat die Beklagte die BSG Rechtsprechung zutreffend zitiert. Wer Leistungen der Arbeitsverwaltung in Anspruch nimmt, muss sich auch im fortgeschrittenen Alter dem Arbeitsamt ständig zur Verfügung halten oder aber das Vermittlungsgesuch zurücknehmen mit der Konsequenz, dass er keine Leistungen mehr erhält.
Grobe Fahrlässigkeit ist ebenfalls mit dem Sozialgericht zu bejahen. Der Vortrag zur praktischen Nichtvermittelbarkeit geht an der Sache vorbei. Würde man dem Vortrag folgen, so trägt der Kläger letztlich vor, überhaupt keinen Anspruch auf Leistungen der Arbeitsverwaltung gehabt zu haben. Denn wer tatsächlich nicht vermittlungsfähig ist, hat schon aus diesem Grund keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld/Arbeitslosenhilfe. Solange der Kläger aufgrund noch so geringer Chancen auf Vermittlung die Leistungen der Arbeitsverwaltung in Anspruch nimmt, muss er hinnehmen, an den allgemeinen Maßstäben für eine Vermittlung gemessen zu werden. Nichts anderes hat die Beklagte getan.
Der Kläger ist über seine Pflichten, einen Umzug zu melden, aus drücklich in ihm überreichten Merkblättern hingewiesen worden. Dies ist auch nicht streitig. Zwar mag dies Jahre zurückliegen, aber dies spielt keine Rolle. Sollte die Mitteilungspflicht als bloße Formalie im Laufe der Jahre im Bewusstsein des Klägers verblasst sein - so sein eigener Vortrag - so kann ihn dies vom Vorwurf grober Fahrlässigkeit nicht befreien. Denn letztlich würde der Vortrag bedeuten, dass Arbeitslose umso weniger ihre Pflichten einhalten müssen, je länger sie arbeitslos sind. Einen solchen Grundsatz mag der Senat nicht anzuerkennen.
Die Berufung konnte somit im Ergebnis keinen Erfolg haben.
Der Senat erlaubt sich abschließend einen Hinweis, der mit dem Ausgang des Verfahrens in keinem Zusammenhang steht. Die Beklagte hat die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe bis zum 14.06.1997 bescheidmäßig festgestellt. Sie hätte dies bis 19.06.1997 tun können, weil bis zu diesem Tag die Aufhebungsvoraussetzungen vorgelegen haben. Für die Zeit vom 16.06.1997 (der 15.06.1997 war ein Sonntag) bis zum 19.06.1997 hat die Beklagte zwar die Leistungsgewährung formlos eingestellt, aber nicht aufgehoben. Dies bedeutet, dass der Kläger mangels formeller Aufhebung noch einen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 16.06. bis 19.06.1997 hat (= vier Leistungstage zu jeweils 56,10 DM). Der Kläger sollte Wert darauf legen, dass ihm dieser Betrag von der Erstattungssumme in Abzug gebracht wird.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil im Falle einer Entscheidung durch Urteil die Revision ebenfalls nicht zuzulassen gewesen wäre, weil die Voraussetzung des § 160 Abs. 2 Ziffern 1 oder 2 SGG nicht vorliegen.
Gründe:
I.
Streitig ist die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 14.12.1996 bis 14.06.1997 und die Erstattung der in dieser Zeit gezahlten Leistungen in Höhe von insgesamt 8.819,70 DM.
Der am ...1938 geborene Kläger bezog seit dem 01.01.1994 Arbeitslosengeld und ab dem 27.09.1996 Anschlussarbeitslosenhilfe. Bei Antragstellung bestätigte er jeweils durch seine Unterschrift, dass seine Angaben zutreffen und dass er Änderungen unverzüglich anzeigen werde. Das Merkblatt für Arbeitslose "Ihre Rechte, Ihre Pflichten" habe er erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen. Im Antrag auf Arbeitslosenhilfe gab er als Adresse " ..." in A ...an. Mit Bescheid vom 23.09.1996 bewilligte die Beklagte ihm Arbeitslosenhilfe in Höhe von 341,40 DM wöchentlich. Ab dem 01.01.1997 betrug die Höhe der Leistung aufgrund der Leistungsverordnung 1997 nur noch 336,60 DM.
Am 16.06.1997 teilte ein Mitarbeiter des Sozialamtes der Stadt A ... der Beklagten telefonisch mit, dass der Kläger nicht mehr in A ... wohne. Er lebe nach der Trennung von seiner Ehefrau am 14.12.1996 in S ... Die Beklagte stellte daraufhin die Leistungsgewährung mit Ablauf des 14.06.1997 ein. Nachdem die Beklagte ihn unter der Solinger Anschrift angeschrieben hatte, teilte der Kläger telefonisch mit, dass er sich seit Dezember 1996 in S. aufhalte und nur am Wochenende zu seinem bisherigen Wohnort zurückkehre. Er überreichte eine Anmeldebestätigung der Stadt S ..., nach der er sich dort am 14.12.1996 angemeldet hat.
Aufgrund einer Arbeitslosmeldung am 20.06.1997 beim Arbeitsamt S ... bewilligte ihm dieses ab dem 20.06.1997 erneut Arbeitslosenhilfe.
Mit Schreiben vom 09.07.1997 teilte die Beklagte dem Kläger mit, er habe vom 14.12.1996 bis 14.06.1997 Arbeitslosenhilfe in Höhe von 8.884,20 DM zu Unrecht bezogen, weil er sich in dieser Zeit hauptsächlich in S ... aufgehalten habe und daher dem Arbeitsamt C ... nicht zur Verfügung gestanden habe. Er habe die Überzahlung der Leistung verursacht, da er die leistungserhebliche Änderung in seinen Verhältnissen nicht angezeigt habe. Vor einer abschließenden Entscheidung in dieser Angelegenheit könne er sich zum Sachverhalt äußern. Der Kläger teilte hierzu mit, er habe sich nach seinem Umzug nach S. zwar bei der Stadt S ... angemeldet, es aber aus Unwissenheit versäumt, sich beim Arbeitsamt S ... arbeitslos zu melden. Er sei nicht in der Lage, die geforderte Summe zurückzuzahlen.
Mit Bescheid vom 14.11.1997 hob die Beklagte die Bewilligung der Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 14.12.1996 bis 14.06.1997 unter Hinweis auf § 48 SGB X auf. Der Leistungsanspruch sei für diesen Zeitraum wegen Ortsabwesenheit entfallen. Die maßgebliche Änderung der Verhältnisse habe er dem Arbeitsamt nicht mitgeteilt. Den überzahlten Betrag in Höhe von 8.819,70 DM müsse er nach § 50 SGB X erstatten. Mit seinem Widerspruch gegen diesen Bescheid trug der Kläger vor, er habe sich regelmäßig in A ... gemeldet. Ihm sei nicht bekannt gewesen, dass er sich aufgrund des Umzuges beim Arbeitsamt S ... melden müsse. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 10.12.1997 zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 17.12.1997 Klage beim Sozialgericht Düsseldorf erhoben. Der Kläger hat vorgetragen: Er sei aufgrund seines Alters und der Arbeitsmarktlage für das Arbeitsamt ohnehin nicht mehr vermittelbar gewesen. Daher habe er auch nur selten Schreiben des Arbeitsamtes erhalten. Aus diesem Grunde sei auch sein Umzug über sechs Monate unbekannt geblieben. Zudem sei er unter seiner alten Anschrift ohne weiteres erreichbar gewesen, da seine Ehefrau nach wie vor in dieser Wohnung gewohnt habe. Diese hätte an ihn gerichtete Schreiben ohne weiteres an ihn weiterleiten können, es hätte sich daher in jedem Fall nur eine Verzögerung von wenigen Tagen hinsichtlich seiner Erreichbarkeit ergeben. Da er ohnehin nicht mehr vermittelbar gewesen sei, sei das Erfordernis der Erreichbarkeit unter der angegebenen Adresse formalistisch. Es sei daher unbillig, dass er die gezahlten Leistungen erstatten müsse, da ein Schaden nicht entstanden sei und auch keine missbräuchliche Inanspruchnahme von Leistungen der Beklagten vorliege.
Der Kläger hat vor dem Sozialgericht beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 14.11.1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10.12.1997 aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat darauf verwiesen, dass der Kläger seiner Pflicht zur Mitteilung des Wohnortwechsels nicht nachgekommen sei. Diese Verpflichtung habe sich ohne weiteres aus dem Merkblatt für Arbeitslose ergeben. Es komme nicht darauf an, ob und wann die Beklagte im streitigen Zeitraum versucht habe, den Kläger tatsächlich zu erreichen.
Mit Urteil vom 14.01.2000 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es wörtlich ausgeführt:
"Die Beklagte hat mit dem Bescheid vom 14.11.1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10.12.1997 zu Recht die Bewilligung der Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 14.12.1996 bis 14.06.1997 aufgehoben sowie einen Erstattungsanspruch hinsichtlich der in dieser Zeit zu Unrecht gewährten Arbeitslosenhilfe geltend gemacht."
Die Beklagte war hierzu nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X berechtigt, da die Anspruchsvoraussetzungen in dieser Zeit weggefallen waren und der Kläger seiner Mitteilungspflicht grob fahrlässig nicht nachgekommen ist.
Gem. § 100 Abs. 1 i. V. m. § 134 Abs. 1 Satz 1 AFG ist Voraussetzung für den Anspruch auf Arbeitslosenhilfe u. a., dass der Arbeitslose der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht. Der Begriff der Verfügbarkeit ist in § 103 Abs. 1 Satz AFG definiert und setzt u. a. voraus, dass der Arbeitslose das Arbeitsamt täglich aufsuchen kann und für das Arbeitsamt erreichbar ist. Hierzu bestimmt § 1 der Aufenthaltsanordnung vom 03.10.1979 in der Fassung der 3. Änderungsanordnung vom 24.03.1993 (Amtliche Nachrichten der Bundesanstalt für Arbeit 1993, S. 769), die auf § 103 Abs. 5 fußt, dass das Arbeitsamt den Arbeitslosen während der üblichen Zeit des Eingangs der Briefpost oder unter der von ihm benannten, für die Zuständigkeit des Arbeitsamtes maßgeblichen Anschrift, erreichen können muss. An dieser Voraussetzung mangelt es hier ab dem 14.12.1996.
Der Kläger ist an diesem Tag aufgrund der Trennung von seiner Ehefrau aus der Ehewohnung in Ahaus ausgezogen und nach S. um gezogen. In der alten Wohnung hat er sich nach seinen eigenen Angaben nur noch am Wochenende aufgehalten. Die Beklagte konnte den Kläger daher unter der angegebenen Adresse nicht mehr täglich persönlich erreichen.
Es ist auch ohne Bedeutung, dass die Ehefrau des Klägers noch unter der angegebenen Anschrift wohnte, so dass sie die an ihn gerichtete Post entgegen nehmen konnte, ihn darüber informieren konnte und ihm diese ggf. am Wochenende aushändigen konnte. Die Erreichbarkeit während der üblichen Zeit des Einganges der Briefpost unter der angegebenen Anschrift erfordert nicht nur, dass der Arbeitslose in der Lage ist, an die angegebene Anschrift gerichtete Briefe mit Mitteilungen der Beklagten unverzüglich zur Kenntnis zu nehmen, sondern andererseits auch, dass er durch die Beklagte und deren Bedienstete täglich während dieser Zeit auch tatsächlich dort angetroffen werden kann. Dies war im Falle des Klägers nicht gewährleistet.
Die Notwendigkeit der sofortigen auch persönlichen Erreichbarkeit unter der angegebenen Anschrift ergibt sich aus dem Vorrang der Vermittlung in Arbeit vor der Gewährung von Leistungen wegen Arbeitslosigkeit. Es soll gewährleistet sein, dass das Arbeitsamt jederzeit die Möglichkeit hat, unverzüglich den Leistungsempfänger zu erreichen, um ihm eine zumutbare Arbeit anzubieten.
Unerheblich ist auch, ob die Beklagte tatsächlich im streitigen Zeitraum versucht hat, den Kläger zu erreichen, da es auf die abstrakte Erreichbarkeit ankommt.
Es ist auch ohne Bedeutung, ob der Kläger aufgrund seines Alters und der Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt praktisch nicht mehr vermittelbar war, so dass mit Vermittlungsbemühungen der Beklagten ohnehin nicht zu rechnen war. Der Kläger hat ausdrücklich von der Möglichkeit der Inanspruchnahme von Leistungen nach § 105 c AFG unter erleichterten Voraussetzungen und geringeren Anforderungen an die Verfügbarkeit verzichtet. Er muss daher hinsichtlich der Verfügbarkeit die gleichen Anforderungen gegen sich gelten lassen wie jüngere Arbeitslose, für die noch Vermittlungsmöglichkeiten bestehen.
Zudem kann aus Gründen der Rechtssicherheit und der Gleichhandlung auch die Verfügbarkeit nicht davon abhängig sein, ob und welche Vermittlungsmöglichkeiten für den Arbeitslosen jeweils gegeben sind. Diese muss sich für alle Arbeitslosen nach den gleichen formellen Kriterien richten.
Wegen des Wegfalls der Verfügbarkeit waren die Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosenhilfe nicht mehr gegeben, so dass die Beklagte wegen dieser wichtigen Änderung der Verhältnisse nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X i. V. m. § 152 Abs. 3 AFG nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet war, die Leistungsbewilligung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an aufzuheben. Die Beklagte musste dies auch für die Vergangenheit vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an tun, da der Kläger seiner durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher, für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse grob fahrlässig nicht nachgekommen ist. Bei der fehlenden Erreichbarkeit handelte es sich um eine wesentliche, für den Kläger nachteilige Änderung der Verhältnisse. Mit dem Fehlen des regelmäßigen Aufenthaltes unter der angegebenen Postanschrift war die Erreichbarkeit und somit die Verfügbarkeit entfallen, so dass ein Anspruch auf Leistungsgewährung nicht bestand.
Der Kläger war zur Mitteilung dieser Änderung in seinen Verhältnissen nach § 60 Abs. 1 Nr. 2 SGB I, wonach derjenige, der Sozialleistungen beantragt oder erhält, u. a. Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind, unverzüglich mitzuteilen hat, verpflichtet. Gegen diese durch Rechtsvorschrift vorgeschriebene Pflicht zur Mitteilung hat der Kläger grob fahrlässig verstoßen. In dem dem Kläger bei Antragstellung ausgehändigten Merkblatt für Arbeitslose wird ausdrücklich und eindeutig daraufhingewiesen, dass ein Umzug bzw. eine Änderung der Anschrift während der Arbeitslosigkeit rechtzeitig dem Arbeitsamt mitzuteilen ist. Auch aus der bei der Antragstellung auf Anschlussarbeitslosenhilfe am 24.08.1996 durch den Kläger unterschriebenen Erklärung geht hervor, dass Änderungen in den Verhältnissen, die von den Angaben im Antrag abweichen, unverzüglich mitgeteilt werden müssen. Weiterhin enthält auch der Bewilligungsbescheid vom 23.09.1999 einen eindeutigen Hinweis auf die Mitteilungspflicht. Dort heißt es "Sie sind ohne Aufforderung verpflichtet, jede Änderung in den Verhältnissen, die für den Anspruch auf die Leistungerheblich ist, dem Arbeitsamt unverzüglich mitzuteilen. Nähere Einzelheiten über Ihre Mitteilungspflicht und die Rechtsfolgen einer unterlassenen Mitteilung entnehmen Sie bitte dem Ihnen aus gehändigten Merkblatt für Arbeitslose ... Lassen Sie sich im Zweifelsfall über Ihre Rechte und Pflichten als Leistungsempfänger von der nächstgelegenen Arbeitsamtsdienststelle persönlich - ggf. schriftlich oder fernmündlich - beraten, damit Ihnen Nachteile erspart bleiben." Aufgrund all dieser Hinweise hätte der Kläger sich gedrängt fühlen müssen, das Arbeitsamt über die Änderung in seinen persönlichen Verhältnissen zu informieren oder sich wenigstens zu erkundigen, ob dies für seinen Leistungsanspruch wesentlich war. Es musste auch für den Kläger klar sein, dass er dem Arbeitsamt, als der Stelle, die ihm Leistungen zum Lebensunterhalt gewährte, jeweils seine aktuelle Adresse mitzuteilen hatte. Hinzu kommt noch, dass der Kläger nicht innerhalb eines Ortes umgezogen ist, sondern außerhalb des Nahbereiches des Arbeitsamtes, so dass ein anderes Arbeitsamt für die Arbeitsvermittlung zuständig wurde. Es musste auch für den Kläger ohne weiteres erkennbar gewesen sein, dass dieser Umstand für die Leistungsgewährung wesentlich sein könnte.
Es liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass es dem Kläger persönlich nicht möglich gewesen wäre, die eindeutigen Hinweis zu beachten und dementsprechend die Beklagte zu informieren.
Die Beklagte hat daher zu Recht die Leistungsbewilligung für den streitigen Zeitraum aufgehoben.
Da die Beklagte die Leistungsbewilligung zu Recht aufgehoben hat, ist der Kläger auch gem. § 50 Abs. 1 SGB X verpflichtet, die für die Zeit vom 14.12.1996 bis 14.06.1997 zu Unrecht gewährten Leistungen in Höhe von insgesamt 8.819,70 DM zu erstatten."
Gegen dieses ihm am 02.02.2000 zugestellte Urteil richtet sich die am 21.02.2000 eingegangene Berufung des Klägers. Zur Begründung trägt er vor: Es sei nicht richtig, dass er dem Arbeitsamt vom 14.12.1996 bis zum 16.06.1999 nicht zur Verfügung gestanden habe. Die Annahme, dass der Kläger unter den geschilderten Umständen nicht erreichbar gewesen sei, stelle im Wesentlichen eine Fiktion dar und widerspeche den tatsächlichen Verhältnissen. Er sei jederzeit ohne größeren Aufwand erreichbar gewesen. Seine Ehefrau habe weiterhin in der ehelichen Wohnung gwohnt, diese sei jederzeit bereit gewesen, ihm umgehend über Posteingänge zu informieren. Es hätte nur eines Anrufes bedurft, um seine neue Adresse zu erfahren, zumal auch er telefonisch erreichbar gewesen sei. Unter diesen Verhältnissen sei keine nennenswerte Verzögerung mit der Nichtmitteilung der neuen Adresse verbunden. Selbst wenn man zu dem Ergebnis gelange, dass im Allgemeinen davon auszugehen sei, dass eine Nichterreichbarkeit wegen unterlassener Mitteilung der neuen Adresse vorliege und daraus eine Nichtverfügbarkeit folge, indem man sozusagen die eine Fiktion auf die andere türme, sei hier zu berücksichtigen, dass das daraus resultierende Ergebnis unter Berücksichtigung der weiter hinzutretenden Umstände völlig unangemessen sei.
Der Kläger habe sich ordnungsgemäß umgemeldet. Solchermaßen werde ersichtlich, dass es ihm nicht darum gegangen sei, sich einer Überwachung durch das Arbeitsamt zu entziehen. Hinzu käme, dass allen Beteiligten klar war, dass für den Kläger angesichts seines Alters und der Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt keine Vermittlungschancen mehr bestanden habe. Die Beklagte habe angesichts der Aussichtslosigkeit keine Vermittlungsversuche vorgenommen. Hätte die Beklagte Vermittlungsbemühungen übernommen, wäre es ihr nach kurzer Zeit aufgefallen, dass der Kläger umgezogen sei. Der Schaden hätte sich in Grenzen gehalten.
Bei dem geschilderten Sachverhalt könne nicht davon ausgegangen werden, dass auf Seiten des Klägers grobe Fahrlässigkeit vorgelegen habe. Sicherlich habe der Kläger bei Antragsstellung im Jahre 1994 ein Formblatt erhalten, in dem sich ein Hinweis darauf befand, dass er einen Umzug zu melden habe. Zu berücksichtigen sei, dass angesichts des Umstandes, dass dieses bereits zum maßgeblichen Zeitpunkt mehrere Jahre vergangen waren und praktisch für sämtliche Beteiligten eine Nichtvermittelbarkeit feststand, dieser Umstand psychologisch als bloße Formalie im Bewusstsein des Klägers verblassen musste. Der eigentliche Zweck der Mitteilung sei obsolet geworden.
Im übrigen sei der Kläger ohnehin nicht in der Lage, den geforderten Betrag zurückzuzahlen. Er erhalte eine Rente in Höhe von 2.815,76 DM brutto. Für ihn verbleibe ein restliches Einkommen in Höhe von 1.422,70 DM.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 14.01.2000 abzuändern und nach seinem Klageantrag erster Instanz zu erkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Sie sieht sich in dieser Auffassung durch die neuere Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (BSG) bestätigt (Hinweise auf die Urteile vom 24.04.1997 - 11 RAr 39/96 - und vom 02.03.00 - B 7 AL 8/99 R -). Der Hinweis auf die Erreichbarkeit über einen Anruf der getrenntlebenden Ehefrau sei ebenso unerheblich wie der Hinweis darauf, dass er im Hinblick auf sein Alter nur eingeschränkt vermittlungsfähig gewesen sei. Grobe Fahrlässigkeit sei dem Kläger schon deshalb anzulasten, weil er die unmißverständlichen Ausführungen im Merkblatt für arbeitslose Arbeitnehmer nicht beachtet habe.
Wegen weitere Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der den Kläger betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Diese Akten lagen bei der Entscheidungsfindung durch den Senat vor.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zu lässig, jedoch nicht begründet. Hierüber konnte der Senat durch Beschluss entscheiden, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Auf diese Möglichkeit sind die Beteiligten hingewiesen worden.
Der Kläger ist nicht beschwert im Sinne von § 54 Abs. 2 SGG. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht rechtswidrig. Das Sozialgericht ist zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beklagte berechtigt war, gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X in Verbindung mit § 152 Abs. 3 AFG die Leistungsbewilligung für die Zeit vom 14.12.1996 bis 14.06.1997 aufzuheben und die in diesem Zeitraum erbrachten Leistungen zurückzufordern, weil der Kläger in diesem Zeitraum für das zuständige Arbeitsamt nicht erreichbar war und er damit der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung gestanden hat. Der Senat hält das Urteil des Sozialgerichts in der Begründung und im Ergebnis für zutreffend. Er nimmt nach eigener Überzeugungsbildung gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug.
Der Vortrag im Berufungsverfahren führt zu keiner anderen Beurteilung. Der Hinweis, die unter der alten Adresse wohnhaft gebliebene Ehefrau hätte die Post mit nur kurzer Verzögerung an den Kläger weitergeleitet, begründet keine Verfügbarkeit des Klägers. Dies hat das BSG in der von der Beklagten zutreffend zitierten ständigen Rechtsprechung wiederholt entschieden (vgl. zuletzt Urteil vom 02.03.2000 - B 7 AL 8/99 R - mit Hinweisen auf frühere Urteile). Der Senat hat sich dieser Rechtsprechung in der Vergangenheit stets angeschlossen und hält auch weiterhin daran fest (vgl. Senatsbeschluss vom 10.04.2000 - L 12 AL 233/99 -).
Auch der Umstand, dass dem Kläger im Hinblick auf sein Alter möglicherweise nur selten oder gar nicht Arbeitsangebote unterbreitet worden sind, ändert an dem gefundenen Ergebnis nichts. Auch insoweit hat die Beklagte die BSG Rechtsprechung zutreffend zitiert. Wer Leistungen der Arbeitsverwaltung in Anspruch nimmt, muss sich auch im fortgeschrittenen Alter dem Arbeitsamt ständig zur Verfügung halten oder aber das Vermittlungsgesuch zurücknehmen mit der Konsequenz, dass er keine Leistungen mehr erhält.
Grobe Fahrlässigkeit ist ebenfalls mit dem Sozialgericht zu bejahen. Der Vortrag zur praktischen Nichtvermittelbarkeit geht an der Sache vorbei. Würde man dem Vortrag folgen, so trägt der Kläger letztlich vor, überhaupt keinen Anspruch auf Leistungen der Arbeitsverwaltung gehabt zu haben. Denn wer tatsächlich nicht vermittlungsfähig ist, hat schon aus diesem Grund keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld/Arbeitslosenhilfe. Solange der Kläger aufgrund noch so geringer Chancen auf Vermittlung die Leistungen der Arbeitsverwaltung in Anspruch nimmt, muss er hinnehmen, an den allgemeinen Maßstäben für eine Vermittlung gemessen zu werden. Nichts anderes hat die Beklagte getan.
Der Kläger ist über seine Pflichten, einen Umzug zu melden, aus drücklich in ihm überreichten Merkblättern hingewiesen worden. Dies ist auch nicht streitig. Zwar mag dies Jahre zurückliegen, aber dies spielt keine Rolle. Sollte die Mitteilungspflicht als bloße Formalie im Laufe der Jahre im Bewusstsein des Klägers verblasst sein - so sein eigener Vortrag - so kann ihn dies vom Vorwurf grober Fahrlässigkeit nicht befreien. Denn letztlich würde der Vortrag bedeuten, dass Arbeitslose umso weniger ihre Pflichten einhalten müssen, je länger sie arbeitslos sind. Einen solchen Grundsatz mag der Senat nicht anzuerkennen.
Die Berufung konnte somit im Ergebnis keinen Erfolg haben.
Der Senat erlaubt sich abschließend einen Hinweis, der mit dem Ausgang des Verfahrens in keinem Zusammenhang steht. Die Beklagte hat die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe bis zum 14.06.1997 bescheidmäßig festgestellt. Sie hätte dies bis 19.06.1997 tun können, weil bis zu diesem Tag die Aufhebungsvoraussetzungen vorgelegen haben. Für die Zeit vom 16.06.1997 (der 15.06.1997 war ein Sonntag) bis zum 19.06.1997 hat die Beklagte zwar die Leistungsgewährung formlos eingestellt, aber nicht aufgehoben. Dies bedeutet, dass der Kläger mangels formeller Aufhebung noch einen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 16.06. bis 19.06.1997 hat (= vier Leistungstage zu jeweils 56,10 DM). Der Kläger sollte Wert darauf legen, dass ihm dieser Betrag von der Erstattungssumme in Abzug gebracht wird.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil im Falle einer Entscheidung durch Urteil die Revision ebenfalls nicht zuzulassen gewesen wäre, weil die Voraussetzung des § 160 Abs. 2 Ziffern 1 oder 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
Saved