L 13 EG 28/02

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
13
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 32 EG 18/97
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 13 EG 28/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 21. Februar 2000 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im zweiten Rechtszug nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Höhe des Anspruchs auf Erziehungsgeld einem Berechtigtenwechsel für den 07. bis 17. Lebensmonat des am 15.05. geborenen Kindes C P , des Klägers, der auch der Vater von , geboren am.1992 ist.

Die Ehefrau des Klägers übte sowohl vor der Geburt von C als auch nach Ende des Mutterschutzes eine Teilzeiterwerbstätigkeit von 19 Wochenstunden aus. Sie bezog Erziehungsgeld für den 1. bis 5. Lebensmonat des Kindes unter Anrechnung des Mutterschaftsgeldes.

Der Kläger war zunächst voll erwerbstätig. Ab dem 01.10.1996 verrichtet er eine Teilzeittätigkeit von wöchentlich 8,5 Stunden.

Am 01.10.1997 nahm er seine Vollzeittätigkeit wieder auf.

Mit Bescheid vom 09.09.1996 bewilligte das beklagte Land für die Zeit ab 01.10.1996 bis zum 14.05.1997 dem Kläger Erziehungsgeld, wobei für den 6. Lebensmonat - 15.10. bis 14.11.1996 - 600,- DM und für den 7. bis 12. Lebensmonat - 15.11.1996 bis 14.05.1997 - 159,- DM monatlich gezahlt wurden. Dabei setzte das beklagte Land hinsichtlich des Einkommens der Ehefrau deren Bruttoarbeitslohn für das Jahr 1996, dem Kalenderjahr der Geburt des Kindes, i.H.v. 22836,- DM zuzüglich Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung i.H.v. 6181,- DM an, von dem Werbungskosten i.H.v. 8672,- DM und pauschale Absetzungen i.H.v. 27 v.H. (5494,- DM) abgezogen wurden. Der voraussichtliche Bruttoarbeitslohn des Klägers wurde i.H.v. 50157,- DM abzüglich Werbungskosten i.H.v. 6337,- DM und Absetzungen i.H.v. 27 v.H. (11832,- DM) zugrunde gelegt. Dabei wurden nicht die Einkünfte im Kalenderjahr der Geburt, sondern die im Vergleich dazu geringeren Einkünfte im ersten Lebensjahr des Kindes (Mai 1996 bis April 1997) herangezogen. Sowohl für die Ehefrau des Klägers wie auch diesen wurden das prognostizierte Urlaubs- und Weihnachtsgeld für das Kalenderjahr 1996 angerechnet. Insgesamt wurde ein Einkommen i.H.v. 46839,- DM berücksichtigt, welches die maßgebliche Einkommensgrenze von 33600,- DM um 13239,- DM überschritt. Der daraus anzurechnende Anteil von 40 v.H. ergab eine monatliche Anrechnung i.H.v. 441,30 DM.

Hiergegen erhob der Kläger am 18.09.1996 Widerspruch, zu dessen Begründung er vortrug, § 6 Abs. 6 des Bundeserziehungsgeldgesetzes (BErzGG) müsse Anwendung finden. Es dürfe bei der Einkommensberechnung nicht sein gesamtes vor Beginn des Erziehungsurlaubs erwirtschaftetes Einkommen, sondern nur entsprechend anteilig berücksichtigt werden. Während des Widerspruchsverfahrens legte er den Steuerbescheid für das Kalenderjahr 1996 vor, aus welchem sich u.a. höhere Werbungskosten und niedrigere Einkünfte der Ehefrau aus Vermietung und Verpachtung ergaben.

Daraufhin bewilligte das beklagte Land mit Teilabhilfebescheid vom 04.06.1997 für den 7. bis 12. Lebensmonat des Kindes Erziehungsgeld i.H.v. nunmehr 371,- DM monatlich. Das anzurechnende Einkommen wurde wie im Bescheid vom 09.09.1996 angenommen. Jedoch wurden die höheren nachgewiesenen Werbungskosten sowie die niedrigeren Einkünfte der Ehefrau aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt. Insgesamt wurde nunmehr ein Einkommen i.H.v. 40469,- DM festgestellt, welches die maßgebliche Einkommensgrenze um nur 6869,- DM überschritt. Der hieraus anzurechnende Anteil ergab eine monatliche Anrechnung von nunmehr 228,97 DM.

Am 24.03.1997 beantragte der Kläger Erziehungsgeld auch für das 2. Lebensjahr von C P für die Zeit bis zum 30.09.1997. Für die Zeit ab dem 01.10.1997 beantragte sodann die Ehefrau des Klägers erneut Erziehungsgeld.

Das beklagte Land bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 01.07.1997 Erziehungsgeld bis zum Ablauf des 17. Lebensmonats des Kindes i.H.v. 362,- DM monatlich. Hinsichtlich des Einkommens der Ehefrau wurde deren Bruttoarbeitslohn für das Jahr 1997, dem Kalenderjahr des der Geburt folgenden Jahres, i.H.v. 30306,- DM angesetzt, von welchem Werbungskosten i.H.v. 7520,- DM und pauschale Absetzungen i.H.v. 27 v.H. (6351,- DM) abgezogen wurden. Der voraussichtliche Bruttoarbeitslohn des Klägers wurde i.H.v. 40047,- DM zuzüglich Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung i.H.v. 133,- DM abzüglich Werbungskosten i.H.v. 7169,- DM und pauschalen Absetzungen i.H.v. 27 v.H. (8913,- DM) zugrunde gelegt. Auch für den Kläger wurden dessen Einkünfte in dem dem Kalenderjahr der Geburt folgenden Jahr, dem Jahr 1997, herangezogen. Die Sonderzuwendungen (Weihnachts- und Urlaubsgeld) für das Kalenderjahr 1997 wurden jeweils berücksichtigt. Daraus ergab sich ein Einkommen i.H.v. 40731,- DM, welches die maßgebliche Einkommensgrenze von 33600,- DM um 7131,- DM überschritt. Der daraus anzurechnende Anteil von 40 v.H. ergab eine monatliche Anrechnung i.H.v. 237,70 DM.

Auch gegen den Bescheid vom 01.07.1997 legte der Kläger Widerspruch ein, zu dessen Begründung er ausführte, er könne nicht nachvollziehen, warum für ihn Einkommen in dieser Höhe angesetzt worden sei.

Die Widersprüche wurden mit Bescheiden vom 18.07. und 21.11.1997 zurückgewiesen.

Hiergegen hat der Kläger am 25.07. bzw. 26.11.1997 Klagen zum Sozialgericht (SG) Düsseldorf erhoben, welches dieses zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung miteinander verbunden hat.

Mit Teilabhilfebescheid vom 26.03.1998 hat das beklagte Land sodann für den 13. bis 17. Lebensmonat des Kindes höheres Erziehungsgeld von monatlich nunmehr 485,- DM bewilligt. Dabei hat es ein geringeres Weihnachtsgeld berücksichtigt.

Mit Urteil vom 21.02.2000 hat das SG die Klagen abgewiesen:

Der Gesetzgeber habe mit der Ausnahmevorschrift des § 6 Abs. 6 Satz 1 BErzGG nur diejenigen Erziehungsgeldbesitzer privilegieren wollen, welche während des Erziehungsgeldbezuges keine Erwerbstätigkeit ausübten. Die Regelung des § 6 Abs. 2 BErzGG sei der vom Kläger gewünschten Auslegung nicht zugänglich.

Der Kläger hat gegen das ihm am 09.06.2000 zugestellte Urteil am 28.06.2000 Berufung eingelegt. Er ist der Ansicht, bei der Einkommensberechnung dürfe auf seiner Seite Einkommen nur in der Höhe berücksichtigt werden, wie er Einkünfte aus der Teilzeittätigkeit erzielt habe. Die durch das beklagte Land vorgenommene Berechnung berücksichtige insbesondere nicht, dass das Familiengesamteinkommen während seines, des Klägers, Erziehungsurlaubs sich um mehr als die Hälfte reduziert habe.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 21.02.2000 zu ändern und das beklagte Land unter Änderung der Bescheide vom 09.09.1996 und 04.06.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.07.1997 sowie des Bescheides vom 01.07.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.11.1997 sowie des Änderungsbescheides vom 26.03.1998 zu verurteilen, bei der Anrechnung von Einkommen auf das Erziehungsgeld das aus der Vollzeittätigkeit vor und nach dem Erziehungsgeldbezug erzielte Einkommen so zu berücksichtigen, wie es sich bei einer Teilzeitarbeit von 8,5 Stunden wöchentlich ergeben hätte und dementsprechend höheres Erziehungsgeld zu zahlen.

Das beklagte Land beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Es sieht sich durch die Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 29.01.2002 (B 10/14 EG 11/99 R in SozR 3-7833 § 6 Nr. 24) in seiner Auffassung bestätigt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der Verwaltungsakten des beklagten Landes Bezug genommen. Diese Akten haben vorgelegen und waren ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Er hat für den streitigen Zeitraum keinen Anspruch auf höheres Erziehungsgeld.

Da die Tochter des Klägers am 15.05.1996 geboren wurde, ist das BErzGG in der ab 01.01.1994 geltenden Fassung (a.F.) anzuwenden (vgl. § 24 Abs 1 BErzGG).

Das beklagte Land hat das dem Kläger nach dem Berechtigtenwechsel (§ 3 Abs. 2 und 4 BErzGG a.F.) dem Grunde nach zustehende Erziehungsgeld unter Berücksichtigung der §§ 5, 6 BErzGG a.F. nicht zu niedrig berechnet.

Nach § 5 Abs. 2 BErzGG a.F. wurde das Erziehungsgeld von Beginn des siebten Lebensmonats gemindert, wenn das Einkommen i.S.d. § 6 BErzGG a.F. bei Verheirateten 29400,- DM überstieg. Die Einkommensgrenze erhöhte sich um 4200,- DM für jedes weitere Kind des Berechtigten, für welches Kindergeld gewährt wurde. Für den Kläger war demnach die Einkommensgrenze von 33600,- DM maßgebend.

Nach § 6 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 BErzGG a.F. war für die Minderung des Anspruchs das voraussichtliche Einkommen im Kalenderjahr der Geburt, für die Minderung im 13. bis 24. Lebensmonat das voraussichtliche Einkommen des Folgejahres maßgebend, wobei das Einkommen des Berechtigten und seines Ehepartners, soweit sie nicht dauernd getrennt lebten, zu berücksichtigen war. Von dieser Regel enthielt § 6 Abs. 6 Satz 1 BErzGG a.F. für den Berechtigten eine privilegierende Ausnahme, wonach dessen vorher erzielte Einkünfte aus Erwerbstätigkeit nicht berücksichtigt wurden, wenn er in der Zeit des Erziehungsgeldbezuges nicht erwerbstätig war. Die Einkünfte wurden aber, soweit sie im Bescheid noch nicht berücksichtigt waren, nach § 6 Abs. 6 Satz 2 BErzGG a.F. neu ermittelt, wenn der Berechtigte eine Teilzeittätigkeit aufnahm. Ein Berechtigter, welcher, wie hier der Kläger, nach der Geburt des Kindes seine Erwerbstätigkeit nicht aufgab, sondern lediglich reduzierte, konnte sich nach dem klaren Wortlaut dieser gesetzlichen Regelung nicht darauf berufen, seine Einkünfte vor dem Bezug des Erziehungsgeldes seien nicht zu berücksichtigen.

Insbesondere erlaubt der Wortlaut des § 6 Abs. 6 BErzGG a.F. nicht, den Kläger mit einem Berechtigten gleichzustellen, der nach der Geburt eine Erwerbstätigkeit nicht ausgeübt hatte und eine Teilzeittätigkeit aufnimmt.

Eine Berücksichtigung des Einkommens des Klägers nur in der später durch die Teilzeittätigkeit erzielten Höhe ist nicht möglich. Auch wenn durch das Erziehungsgeld die Erziehungsleistung gestärkt und anerkannt werden soll, ist zu beachten, dass die Gewährung auch von der Bedürftigkeit der Betroffenen abhängt. Die Einkommensanrechnungsvorschriften der §§ 5 und 6 BerzGG a.F. dienen in erster Linie diesem Ziel. Mit der Berücksichtigung der tatsächlichen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Ehegatten ab dem 7. Lebensmonat des Kindes ist es aber nicht vereinbar, im Falle des Berechtigtenwechsels im gesamten Bezugszeitraum, d.h. ab der Geburt des Kindes, zufließende Einkünfte auszublenden. Genau dies begehrt der Kläger. Er will, dass die von ihm vom Zeitpunkt der Geburt des Kindes bis zum Beginn seines Erziehungsgeldbezugs erzielten Einkünfte aus seiner Vollzeiterwerbstätigkeit nur in dem Umfang berücksichtigt werden, wie er später Einkünfte aus der Teilzeittätigkeit erzielte. Eine solche Begünstigung entspricht ersichtlich nicht der Vorstellung des Gesetzgebers. Es ergäbe sich eine ungerechtfertigte Besserstellung gegenüber jenen Ehegatten, die die Möglichkeit eines Berechtigtenwechsels nicht haben, deren Einkünfte aber den aufgeteilten Einkünften im vorliegenden Fall entsprechen.

Nach diesen Grundsätzen hat das beklagte Land mit den angefochtenen Bescheiden die Höhe des dem Kläger bewilligten Erziehungsgeldes nicht zu niedrig festgesetzt. Der Kläger kann nicht verlangen, dass bei ihm eine Anrechnung des im Zeitraum seit der Geburt erzielten Vollzeiteinkommens lediglich in Höhe des ab dem Berechtigtenwechsel bestehenden Teilzeiteinkommens vorgenommen wird. Eine solche Schonung der im Gesamtbezugszeitraum erzielten Einkünfte ist nach der gesetzlichen Regelung nicht möglich (so auch BSG im Urteil vom 29.01.2002 aaO.).

Aus den gleichen Gründen ist es nicht möglich, das vom Kläger nach seinem Erziehungsurlaub während des Gesamtbezugszeitraums des Erziehungsgeldes erzielte Einkommen aus der Vollzeittätigkeit bei der Einkommensberechnung nicht zu berücksichtigen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).

Der Senat hat nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen, obwohl er sich in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BSG (vgl. insbesondere das Urteil vom 29.01.2002, aaO) sieht. Die vorliegende Fallkonstellation unterscheidet sich jedoch von der vom BSG bereits entschiedenen insoweit als kein echtes "Job-Sharing - Modell" vorliegt. Die Eheleute haben sich hier in der streitigen Zeit nicht eine Vollzeiterwerbstätigkeit geteilt, so dass jeder halbschichtig arbeitete, sondern ihre Erwerbstätigkeit auf insgesamt nur 27,5 Wochenstunden beschränkt. Hierdurch haben sie eine erhebliche Reduzierung ihres Einkommens zugunsten der Erziehung des Kindes hingenommen.
Rechtskraft
Aus
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