Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Münster (NRW)
Aktenzeichen
S 9 Kr 68/97
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 5 SKr 1/98
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Münster vom 05.12.1997 geändert. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, der Antragstellerin bis zur Entscheidung in der Hauptsache eine Antidekubitusmatratze zur Verfügung zu stellen. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten der Antragstellerin aus beiden Rechtszügen.
Gründe:
Die 1951 geborene Antragstellerin (Ast) leidet an einem apallischen Syndrom; sie liegt im Koma, wird künstlich ernährt, und es ist ein suprapubischer Katheder gelegt worden. Die Ast ist im Altenzentrum "Haus W ..." untergebracht. Sie ist bei der Antragsgegnerin (Ag) und ihrer Pflegekasse versichert. Die Heimkosten werden, soweit sie nicht durch die monatlichen Leistungen der Pflegekasse gedeckt sind, vom Sozialhilfeträger übernommen. Der auf die Verordnung von Vertragsarzt Dr. T ... (Verordnung vom 16.9.1997) gestützte Antrag der Ast auf Gewährung einer Antidekubitusmatratze ist ohne Erfolg geblieben (Bescheid vom 24.09.1997; zurückweisender Widerspruchsbescheid vom 21.10.1997; ablehnender Beschluss SG Münster vom 10.12.1997). Über ihre Klage gegen die ablehnende Verwaltungsentscheidung (S 9 Kr 69/97) ist noch nicht entschieden.
Zur Begründung ihrer Beschwerde trägt die Ast vor, die Leitung des Pflegeheims stelle ihr eine Antidekubitusmatratze nicht zur Verfügung, eine solche Matraze gehöre auch nicht zur Ausstattung eines Heimes. Die Matratze sei Teil des therapeutischen Konzepts, gerade bei bewegungsunfähigen Personen bestehe die Gefahr von Druckgeschwüren, der auch nicht allein durch Umbetten begegnet werden könne.
Die Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Münster vom 10.12.1997 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr - der Antragstellerin - bis zur Entscheidung der Hauptsache eine Antidekubitusmatratze zur Verfügung zu stellen.
Die Antrags- und Beschwerdegegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie trägt vor, eine Antidekubitusmatratze gehöre zur notwendigen Ausstattung einer stationären Pflegeeinrichtung und sei deshalb nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnungsfähig.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet. Einstweiliger Rechtsschutz ist über die ausdrücklich im SGG geregelten Fällen hinaus zulässig, soweit die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG sie erfordert (vgl. BVerfGE 46, S. 166 ff.). Das ist der Fall, wenn der Erlaß einer einstweiligen Anordnung erforderlich ist, um schwere und unzumutbare anders nicht abwendbaren Nachteile zu verhindern. So liegt der Fall hier. Die Ast bedarf wegen des apallischen Syndroms einer Antidekubitusmatratze, die ihr derzeit Pflegeheim, Antragsgegnerin und Pflegekasse vorenthalten. Die Notwendigkeit der Versorgung entspricht der vertragsärztlichen Verordnung von Dr. T ... Sie zieht keiner der Beteiligten in Zweifel. Nach dem glaubhaften Vorbringen der Ast und der Auskunft der Leitung des Pflegeheims steht der Ast nicht die erforderliche Matratze zur Verfügung. Die Ast verfügt auch nicht über die finanziellen Mittel, um sich die Matratze selbst zu beschaffen.
Der Ast steht ein Anspruch auf Gewährung der Antidekubitusmatratze als Hilfsmittel zumindest nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB I, § 33 SGB V, § 40 SGB XI gegenüber der Antragsgegnerin als der zuerst angegangenen Stelle nach der gebotenen summarischen Prüfung zu. Nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte wie die Ast Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen sind. Die von der Ast beanspruchte Dekubitusmatratze ist kein allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens, wie die Beteiligten nicht in Zweifel ziehen. Maßgebend für die Abgrenzung ist vor allem, ob der Gegegenstand ausschließlich bei Behinderten bzw. Kranken Verwendung findet oder ob er auch von nicht Behinderten bzw. Gesunden genutzt und ohne weiteres gegen einen den selben Zweck dienenden handelsüblichen Gegenstand ausgetauscht werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 25.01.1995, 3/1 RK 63/93; SozR 3-2500 § 33 SGB V Nr. 13, S. 50 ff., 52 m.w.N.). Letzteres ist bei der begehrten Matratze nicht der Fall. Sie wird von gesunden Menschen nicht benutzt.
Die Matratze ist für die Ast erforderlich, um eine Behinderung auszugleichen. Die komatöse Ast ist außerstande, laufend ihre Lage im Bett zu verändern, um ein Wundliegen zu vermeiden. Die Matratze dient dem Ausgleich dieser Bewegungsbehinderung. Ein nur mittelbarer Ersatz der ausgefallenen Funktionen in einem funktionell und räumlich eingeschränkten Teilbereich reicht aus, um die Hilfsmitteleigenschaft eines Gegenstandes annehmen zu können (vgl. BSG, a.a.O., S. 53, m.w.N.). Die Eigenschaft einer Antidekubitusmatratze als Hilfsmittel in Fällen der vorliegenden Art ist anerkannt (vgl. Gerlach, Therapien und technische Hilfen, III 347 1-4). Die Versorgung ist auch nicht nach § 34 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen. Der Anspruch ist durch die vertragsärztliche Verordnung konkretisiert.
Nach Auffassung der Ag soll das Altenzentrum verpflichtet sein, die verlangte Antidekubitusmatratze zur Verfügung zu stellen. Aus dem Vorbringen der Ag wird nicht deutlich, aus welchen rechtlichen Gründen deswegen ihre Einstandspflicht entfallen soll. Im Bereich der Krankenversicherung gilt nur ausnahmsweise in den vom Gesetz normierten Fällen (§§ 37 Abs. 3, 38 Abs. 3 SGB V) der Nachranggrundsatz, daß Leistungen nicht beansprucht werden können, wenn sich der Betroffene selbst helfen kann oder Hilfe von anderen erhält (vgl. auch BSG SozR 3-2500 § 33 Nr. 15, S. 76 f.; Nr. 18, S. 93). Die Erforderlichkeit der Matratze entfällt nicht wegen des Aufenthalts im Pflegeheim. Nach der Mitteilung des Altenzentrums vom 27.01.1998 verfügt es nicht über eine Antidekubitusmatratze. Die Tatsache, daß die Krankenkassen nach der unwidersprochenen Aussage des Altenzentrums bis zum Inkrafttreten der 2. Stufe der Pflegeversicherung auf ärztliche Verordnung Antidekubitusmatratzen auch im Heim leihweise zur Verfügung gestellt haben, macht im übrigen deutlich, daß allein wegen des Aufenthalts im Pflegeheim die Erforderlichkeit der Antidekubitusmatrazte im Sinne des § 33 SGB V nicht verneint werden kann.
Offenbar will die Ag geltend machten, die Matratze sei im Rahmen der Leistungen nach dem SGB XI zur Verfügung zu stellen. Dem ist zunächst entgegenzuhalten, daß grundsätzlich die Leistungspflicht der Krankenkassen durch das SGB XI nicht berührt wird. Daher wird ein Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln auch nicht bei Gewährung vollstationärer Pflege (§ 43 SGB XI) ausgeschlossen. Nach dem Auslaufen der Übergangsvorschrift des Art. 49 a § 1 PflegeVG wird die stationäre Pflege von der Pflegeversicherung als Sachleistung zur Verfügung gestellt (vgl. Udsching, SGB XI, § 43 Rdnr. 5). Inhalt der Sachleistung sind die Pflegeleistungen im Sinne von § 84 Abs. 4 SGB XI. Pflegebedingte Aufwendungen sind danach alle für die Versorgung des Pflegebedürftigen nach Art und Schwere seiner Pflegebedürftigkeit erforderlichen Pflegeleistungen der Pflege einrichtung (sog. allgemeine Pflegeleistungen). Diese umfassen zwar auch die Versorgung mit (Pflege-)Hilfsmitteln, allerdings nur, soweit diese als Hilfsmittel im Sinne des § 33 SGB V nicht von der Krankenkasse zu tragen sind (vgl. BT-Drucks. 12/5262, S. 115; s.a. Leitherer, in: Schulin, HS-PV, § 18 Rdnr. 49). Aber selbst wenn man die Antidekubitusmatratze ausschließlich als Pflegehilfsmittel im Sinne des § 40 SGB XI ansieht, hat die Ag nach dem Rechtsgedanken des § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB I die Matratze - vorläufig - zur Verfügung zu stellen. Nach § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB XI haben pflegebedürftige Versicherte wie die Ast Anspruch auf Versorgung mit Pflegehilfsmitteln, die zur Erleichterung der Pflege oder zur Linderung der Beschwerden des Pflegebedürftigen beitragen oder ihm eine selbständigere Lebensführung ermöglichen, soweit die Hilfsmittel nicht wegen Krankheit oder Behinderung von der Krankenversicherung oder anderen zuständigen Leistungsträgern zu leisten sind. Auch wenn dieser Anspruch im Ersten Titel des 3. Abschnitts des 4. Kapitels des SGB XI über Leistungen bei häuslicher Pflege steht, besteht der Anspruch grundsätzlich sowohl bei ambulanter als auch bei stationärer Pflege (vgl. Udsching, SGB XI, § 40 Rdnr. 2). Offenkundig verneint die Ag auch in ihrer Funktion als Pflegekasse ihre Leistungspflicht, weil sie die Ast immer nur auf - angebliche - Ansprüche gegen die Pflegeeinrichtung verweist, ohne die Notwendigkeit der Matratze in Zweifel zu ziehen. Der Sachleistungsanspruch der Versicherten auf Pflegehilfsmittel richtet sich aber allein gegen die Pflegekasse, diese hat durch Leistungserbringer, mit denen ein Versorgungsvertrag besteht, sicherzustellen, daß die Versicherten die Leistungen im erforderlichen Umfang erhalten. Da nach alledem entweder die Ag oder die Pflegekasse die Antidekubitusmatratze als Sachleistung der Ast zu erbringen hat und zwischen beiden Trägern nur streitig sein kann, wer insoweit zuständig ist, hat die Ast entsprechend § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB XI Anspruch auf vorläufige Leistung gegen die Ag als zuerst angegangener Leistungsträger.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf den Rechtsgedanken von § 193 SGG.
Gründe:
Die 1951 geborene Antragstellerin (Ast) leidet an einem apallischen Syndrom; sie liegt im Koma, wird künstlich ernährt, und es ist ein suprapubischer Katheder gelegt worden. Die Ast ist im Altenzentrum "Haus W ..." untergebracht. Sie ist bei der Antragsgegnerin (Ag) und ihrer Pflegekasse versichert. Die Heimkosten werden, soweit sie nicht durch die monatlichen Leistungen der Pflegekasse gedeckt sind, vom Sozialhilfeträger übernommen. Der auf die Verordnung von Vertragsarzt Dr. T ... (Verordnung vom 16.9.1997) gestützte Antrag der Ast auf Gewährung einer Antidekubitusmatratze ist ohne Erfolg geblieben (Bescheid vom 24.09.1997; zurückweisender Widerspruchsbescheid vom 21.10.1997; ablehnender Beschluss SG Münster vom 10.12.1997). Über ihre Klage gegen die ablehnende Verwaltungsentscheidung (S 9 Kr 69/97) ist noch nicht entschieden.
Zur Begründung ihrer Beschwerde trägt die Ast vor, die Leitung des Pflegeheims stelle ihr eine Antidekubitusmatratze nicht zur Verfügung, eine solche Matraze gehöre auch nicht zur Ausstattung eines Heimes. Die Matratze sei Teil des therapeutischen Konzepts, gerade bei bewegungsunfähigen Personen bestehe die Gefahr von Druckgeschwüren, der auch nicht allein durch Umbetten begegnet werden könne.
Die Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Münster vom 10.12.1997 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr - der Antragstellerin - bis zur Entscheidung der Hauptsache eine Antidekubitusmatratze zur Verfügung zu stellen.
Die Antrags- und Beschwerdegegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie trägt vor, eine Antidekubitusmatratze gehöre zur notwendigen Ausstattung einer stationären Pflegeeinrichtung und sei deshalb nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnungsfähig.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet. Einstweiliger Rechtsschutz ist über die ausdrücklich im SGG geregelten Fällen hinaus zulässig, soweit die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG sie erfordert (vgl. BVerfGE 46, S. 166 ff.). Das ist der Fall, wenn der Erlaß einer einstweiligen Anordnung erforderlich ist, um schwere und unzumutbare anders nicht abwendbaren Nachteile zu verhindern. So liegt der Fall hier. Die Ast bedarf wegen des apallischen Syndroms einer Antidekubitusmatratze, die ihr derzeit Pflegeheim, Antragsgegnerin und Pflegekasse vorenthalten. Die Notwendigkeit der Versorgung entspricht der vertragsärztlichen Verordnung von Dr. T ... Sie zieht keiner der Beteiligten in Zweifel. Nach dem glaubhaften Vorbringen der Ast und der Auskunft der Leitung des Pflegeheims steht der Ast nicht die erforderliche Matratze zur Verfügung. Die Ast verfügt auch nicht über die finanziellen Mittel, um sich die Matratze selbst zu beschaffen.
Der Ast steht ein Anspruch auf Gewährung der Antidekubitusmatratze als Hilfsmittel zumindest nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB I, § 33 SGB V, § 40 SGB XI gegenüber der Antragsgegnerin als der zuerst angegangenen Stelle nach der gebotenen summarischen Prüfung zu. Nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte wie die Ast Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen sind. Die von der Ast beanspruchte Dekubitusmatratze ist kein allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens, wie die Beteiligten nicht in Zweifel ziehen. Maßgebend für die Abgrenzung ist vor allem, ob der Gegegenstand ausschließlich bei Behinderten bzw. Kranken Verwendung findet oder ob er auch von nicht Behinderten bzw. Gesunden genutzt und ohne weiteres gegen einen den selben Zweck dienenden handelsüblichen Gegenstand ausgetauscht werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 25.01.1995, 3/1 RK 63/93; SozR 3-2500 § 33 SGB V Nr. 13, S. 50 ff., 52 m.w.N.). Letzteres ist bei der begehrten Matratze nicht der Fall. Sie wird von gesunden Menschen nicht benutzt.
Die Matratze ist für die Ast erforderlich, um eine Behinderung auszugleichen. Die komatöse Ast ist außerstande, laufend ihre Lage im Bett zu verändern, um ein Wundliegen zu vermeiden. Die Matratze dient dem Ausgleich dieser Bewegungsbehinderung. Ein nur mittelbarer Ersatz der ausgefallenen Funktionen in einem funktionell und räumlich eingeschränkten Teilbereich reicht aus, um die Hilfsmitteleigenschaft eines Gegenstandes annehmen zu können (vgl. BSG, a.a.O., S. 53, m.w.N.). Die Eigenschaft einer Antidekubitusmatratze als Hilfsmittel in Fällen der vorliegenden Art ist anerkannt (vgl. Gerlach, Therapien und technische Hilfen, III 347 1-4). Die Versorgung ist auch nicht nach § 34 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen. Der Anspruch ist durch die vertragsärztliche Verordnung konkretisiert.
Nach Auffassung der Ag soll das Altenzentrum verpflichtet sein, die verlangte Antidekubitusmatratze zur Verfügung zu stellen. Aus dem Vorbringen der Ag wird nicht deutlich, aus welchen rechtlichen Gründen deswegen ihre Einstandspflicht entfallen soll. Im Bereich der Krankenversicherung gilt nur ausnahmsweise in den vom Gesetz normierten Fällen (§§ 37 Abs. 3, 38 Abs. 3 SGB V) der Nachranggrundsatz, daß Leistungen nicht beansprucht werden können, wenn sich der Betroffene selbst helfen kann oder Hilfe von anderen erhält (vgl. auch BSG SozR 3-2500 § 33 Nr. 15, S. 76 f.; Nr. 18, S. 93). Die Erforderlichkeit der Matratze entfällt nicht wegen des Aufenthalts im Pflegeheim. Nach der Mitteilung des Altenzentrums vom 27.01.1998 verfügt es nicht über eine Antidekubitusmatratze. Die Tatsache, daß die Krankenkassen nach der unwidersprochenen Aussage des Altenzentrums bis zum Inkrafttreten der 2. Stufe der Pflegeversicherung auf ärztliche Verordnung Antidekubitusmatratzen auch im Heim leihweise zur Verfügung gestellt haben, macht im übrigen deutlich, daß allein wegen des Aufenthalts im Pflegeheim die Erforderlichkeit der Antidekubitusmatrazte im Sinne des § 33 SGB V nicht verneint werden kann.
Offenbar will die Ag geltend machten, die Matratze sei im Rahmen der Leistungen nach dem SGB XI zur Verfügung zu stellen. Dem ist zunächst entgegenzuhalten, daß grundsätzlich die Leistungspflicht der Krankenkassen durch das SGB XI nicht berührt wird. Daher wird ein Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln auch nicht bei Gewährung vollstationärer Pflege (§ 43 SGB XI) ausgeschlossen. Nach dem Auslaufen der Übergangsvorschrift des Art. 49 a § 1 PflegeVG wird die stationäre Pflege von der Pflegeversicherung als Sachleistung zur Verfügung gestellt (vgl. Udsching, SGB XI, § 43 Rdnr. 5). Inhalt der Sachleistung sind die Pflegeleistungen im Sinne von § 84 Abs. 4 SGB XI. Pflegebedingte Aufwendungen sind danach alle für die Versorgung des Pflegebedürftigen nach Art und Schwere seiner Pflegebedürftigkeit erforderlichen Pflegeleistungen der Pflege einrichtung (sog. allgemeine Pflegeleistungen). Diese umfassen zwar auch die Versorgung mit (Pflege-)Hilfsmitteln, allerdings nur, soweit diese als Hilfsmittel im Sinne des § 33 SGB V nicht von der Krankenkasse zu tragen sind (vgl. BT-Drucks. 12/5262, S. 115; s.a. Leitherer, in: Schulin, HS-PV, § 18 Rdnr. 49). Aber selbst wenn man die Antidekubitusmatratze ausschließlich als Pflegehilfsmittel im Sinne des § 40 SGB XI ansieht, hat die Ag nach dem Rechtsgedanken des § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB I die Matratze - vorläufig - zur Verfügung zu stellen. Nach § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB XI haben pflegebedürftige Versicherte wie die Ast Anspruch auf Versorgung mit Pflegehilfsmitteln, die zur Erleichterung der Pflege oder zur Linderung der Beschwerden des Pflegebedürftigen beitragen oder ihm eine selbständigere Lebensführung ermöglichen, soweit die Hilfsmittel nicht wegen Krankheit oder Behinderung von der Krankenversicherung oder anderen zuständigen Leistungsträgern zu leisten sind. Auch wenn dieser Anspruch im Ersten Titel des 3. Abschnitts des 4. Kapitels des SGB XI über Leistungen bei häuslicher Pflege steht, besteht der Anspruch grundsätzlich sowohl bei ambulanter als auch bei stationärer Pflege (vgl. Udsching, SGB XI, § 40 Rdnr. 2). Offenkundig verneint die Ag auch in ihrer Funktion als Pflegekasse ihre Leistungspflicht, weil sie die Ast immer nur auf - angebliche - Ansprüche gegen die Pflegeeinrichtung verweist, ohne die Notwendigkeit der Matratze in Zweifel zu ziehen. Der Sachleistungsanspruch der Versicherten auf Pflegehilfsmittel richtet sich aber allein gegen die Pflegekasse, diese hat durch Leistungserbringer, mit denen ein Versorgungsvertrag besteht, sicherzustellen, daß die Versicherten die Leistungen im erforderlichen Umfang erhalten. Da nach alledem entweder die Ag oder die Pflegekasse die Antidekubitusmatratze als Sachleistung der Ast zu erbringen hat und zwischen beiden Trägern nur streitig sein kann, wer insoweit zuständig ist, hat die Ast entsprechend § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB XI Anspruch auf vorläufige Leistung gegen die Ag als zuerst angegangener Leistungsträger.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf den Rechtsgedanken von § 193 SGG.
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