Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 4 KR 51/98
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 5 KR 187/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 26.05.2000 geändert. Die Klage wird auch insoweit abgewiesen, als die Erstattung der Kosten für ambulante Behandlungen mittels extrakorporaler Hämorheotherapie seit dem 01.01.1999 und die künftige Gewährung dieser Leistung als Sachleistung begehrt werden. Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Verpflichtung der Beklagten zur Übernahme der Kosten für Behandlungen mittels extrakorporaler Hämorheotherapie.
Die bei der Beklagten versicherte 1923 geborene Klägerin leidet an einer altersabhängigen degenerativen Erkrankung der Netzhautmitte mit Durchblutungsstörungen (altersabhängige Maculadegeneration). Bereits seit Februar 1993 wurde sie an der Universitäts-Augenklinik Köln mit der dort entwickelten Methode der extrakorporalen Hämorheotherapie behandelt. Es handelt sich dabei um ein Blutwäscheverfahren, bei dem aus dem Blut Eiweißstoffe herausgefiltert werden mit dem Ziel, die Durchblutung zu verbessern. Nachdem die Klägerin zunächst stationär behandelt worden war, übernahm die Beklagte auf den im Oktober 1995 gestellten Antrag die Kosten ambulanter Behandlungen in Höhe von rund 2.000,-- DM je Behandlung als "Ausnahmeentscheidung".
Auf den weiteren Antrag vom 22.04.1997 erteilte sie zunächst mit Bescheid vom 09.05.1997 eine Kostenzusage für zwei weitere Behandlungszyklen mit jeweils zwei Behandlungen, lehnte dann jedoch mit Bescheid vom 18.06.1997 die Kostenübernahme ab, da aufgrund des "Einsparungszwanges" die Möglichkeit einer Kostenübernahme bei außervertraglichen Leistungen stark eingeschränkt sei. Die Klägerin machte mit ihrem Widerspruch unter Bezugnahme auf eine Bescheinigung der Professoren Dr. B ... und Dr. B ... vom 28.07.1997 geltend, für die Behandlung der Maculadegeneration gebe es keine allgemein akzeptierte Behandlung. Die Methode habe bei ihr zu einer deutlichen Besserung des Sehvermögens geführt, auch bei anderen Patienten seien ähnliche Erfolge erzielt worden. Ohne Behandlung drohe ihr die Gefahr der Erblindung. Nach Einholung einer Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK), in der unter dem 08.12.1997 ausgeführt wurde, schulmedizinisch gesicherte Erkenntnisse bezüglich der Wirksamkeit der extrakorporalen Hämorheotherapie lägen nicht vor, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24.02.1998 den Widerspruch zurück.
Im Klageverfahren hat die Klägerin sich zur wissenschaftlichen Grundlage der Behandlungsmethode auf ein Gutachten von Prof. Dr. B ... bezogen und vorgetragen, die Therapie sei - nicht nur in ihrem Fall - wirksam gewesen. Als Leistung sei eine neue Methode nur dann ausgeschlossen, wenn der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen sich negativ geäußert habe. Fehle eine solche Stellungnahme, sei zu prüfen, ob die fehlende Anerkennung durch den Bundesausschuss auf einem Systemmangel beruhe. Insoweit sei auf die wissenschaftliche Anerkennung einer Methode abzustellen. Dabei habe das Bundessozialgericht (BSG) mit seinem Urteil vom 16.09.1997 die Anforderung an den Wirksamkeitsnachweis bei Krankheiten mit unerforschter Genese herabgesetzt. In diesem Fall genüge es, dass die betreffende Methode allgemein verbreitet und akzeptiert sei. Diese Voraussetzungen lägen hinsichtlich der extrakorporalen Hämorheotherapie vor, die an der Universitätsklinik Köln in breiterem Umfang eingesetzt werde. Dort sei auch eine Studie durchgeführt worden, die den Wirksamkeitsnachweis erbringe.
Das Sozialgericht hat die vorläufige Fassung der an der Universität Köln (Studienleiter Prof. Dr. B ...) durchgeführten Studie ("Köln-Studie") zur Wirksamkeit der extrakorporalen Hämorheotherapie bei der Behandlung der altersbedingten Maculadegeneration bei gezogen, die im Oktober 1998 fertiggestellt worden war. Infolge der geforderten vertraulichen Behandlung der Studie erhielt die Beklagte kein Exemplar der Studie. Der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen teilte auf Anfrage in einer Auskunft vom 18.02.1999 mit, nach seiner Kenntnis werde die extrakorporale Hämorheotherapie nur an der Universität Köln erprobt. Es lägen keine Hinweise darauf vor, dass sie sich in der Literatur oder in der Praxis als Standardtherapie durchgesetzt habe. Prof. B ... bestätigte in der Auskunft vom 24.08.1999, dass es sich bei der fraglichen Methode um ein innovatives Verfahren handele, das an der Universität Köln entwickelt worden sei und nur dort in breiterem Umfang angewendet werde. In der Fachliteratur werde das Verfahren bisher noch nicht befürwortet, da die erstellte Studie sich zur Zeit in der Publikation befinde. Ein Antrag an den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen sei beabsichtigt, sobald die Datensammlung und -verarbeitung beendet sei.
Mit Urteil vom 26.05.2000 hat das Sozialgericht unter Abweisung der Klage im Übrigen die Beklagte zur Erstattung der Kosten der im Bescheid vom 09.05.1997 zugesagten zwei Behandlungszyklen verurteilt und sie außerdem verpflichtet, die Kosten für die ab 01.01.1999 durchgeführten Behandlungszyklen zu erstatten. Eine Leistungspflicht der Beklagten bis Ende 1998, dem Abschluss der Studie, habe mangels Nachweis der Wirksamkeit der Methode nicht bestanden. Auch wenn die grundsätzlich erforderliche positive Empfehlung des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen fehle, bestehe für die Zeit ab 01.01.1999 ein Leistungsanspruch wegen eines Systemmangels. Dieser Systemmangel ergebe sich daraus, dass die Klägerin nach Erbringung des Wirksamkeitsnachweises bei stationärer Behandlung die Methode habe beanspruchen dürfen. Ein Systemmangel liege auch dann vor, wenn eine Therapie, die bei stationärer Behandlung durchgeführt werden könne, ambulant nicht erbracht werden dürfe.
Die Beklagte wendet sich im Berufungsverfahren gegen ihre Verurteilung zur Kostenübernahme für Behandlungszyklen ab dem 01.01.1999. Unter Hinweis auf eine Stellungnahme des MDK vom 17.11.2000 (Dr. G ...) vertritt sie die Auffassung, die extrakorporale Hämorheotherapie zähle nicht zu den von den Krankenkassen geschuldeten Leistungen, weil die Wirksamkeit noch nicht wissenschaftlich nachgewiesen sei.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 26.05.2000 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist weiter der Auffassung, nach der Rechtsprechung des BSG könnten Versicherte bei Fehlen einer Empfehlung des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen die fragliche Leistung beanspruchen, wenn die Wirksamkeit der Methode wissenschaftlich erwiesen sei oder sich die Methode durchgesetzt habe. Aufgrund der "Köln-Studie" sei der Wirksamkeitsnachweis geführt worden. Das werde im Gutachten des MDK verkannt. Dr. G ... versäume es, sich mit den endgültigen Ergebnissen der Studie auseinanderzusetzen, in dem Gutachten würden lediglich Meinungen Dritter wiedergegeben. Im Übrigen sei Anfang des Jahres 2001 der Kassenärztlichen Bundesvereinigung der Antrag auf Anerkennung der Methode zugeleitet worden.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, der Gegenstand der Beratung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Da sich die Beteiligten damit einverstanden erklärt haben, konnte der Senat über die Berufung ohne weitere mündliche Verhandlung entscheiden (§ 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).
Die auf die Verurteilung zur Kostenübernahme ab 01.01.1999 beschränkte Berufung der Beklagten ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Die Klage ist auch insoweit abzuweisen, denn das Sozialgericht hat zu Unrecht die Beklagte zur Kostenübernahme für ambulante Behandlungen mittels extrakorporaler Hämorheotherapie verurteilt.
Die Klägerin hat nach § 27 Abs. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) Anspruch auf Krankenbehandlung, der u.a. auch die ärztliche Behandlung (Satz 2 Nr. 1 a.a.O.) einschließt. Die extrakorporale Hämorheotherapie zur Behandlung der altersabhängigen Maculadegeneration zählt jedoch nicht zu den von einer gesetzlichen Krankenkasse geschuldeten Leistungen, weil diese Methode (noch) nicht zur vertragsärztlichen Versorgung gehört und die für die Abrechnungsfähigkeit neuer Behandlungsmethoden nach § 135 Abs. 1 SGB V erforderliche Empfehlung des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V (Richtlinien über die Bewertung ärztlicher Behandlungs- und Untersuchungsmethoden (BUB-Richtlinien) in der Fassung vom 10.12.1999, BAnz. Nr. 56 vom 21.03.2000) nicht vorliegt.
§ 135 Abs. 1 SGB V bestimmt, dass neue Behandlungsmethoden nur abgerechnet werden dürfen, wenn der Bundesausschuss in den genannten Richtlinien Empfehlungen u.a. zum therapeutischen Nutzen der Methode abgegeben hat. Diese Vorschrift legt nach gefestigter Rechtsprechung des BSG (grundlegend Urteile vom 16.09.1997, SozR 3-2500 § 135 Nr. 4; zuletzt Urteile vom 28.03.2000 - B 1 KR 11/98 R; 18/98 R), der sich der Senat anschließt (zuletzt Urteil vom 29.03.2001 - L 5 KR 137/00), für ihren Anwendungsbereich zugleich den Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten Leistungen fest. Bei den BUB-Richtlinien handelt es sich um unter gesetzliche Rechtsnormen, die in Verbindung mit § 135 Abs. 1 SGB V für Ärzte, Krankenkassen und Versicherte verbindlich regeln, welche neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zum Leistungsumfang der Krankenversicherung zählen.
Der Bundesausschuss hat sich mit der extrakorporalen Hämorheotherapie noch nicht befasst. Entgegen der Auffassung der Klägerin besteht in einem solchen Fall eine Leistungspflicht der Krankenkasse nicht schon unter der Voraussetzung, dass die Wirksamkeit der Behandlungsmethode nachgewiesen ist oder (ersatzweise) sie sich durchgesetzt hat. § 135 Abs. 1 SGB V ist in der Art eines Verbots mit Erlaubnisvorbehalt gefasst und schließt neue Behandlungsmethoden solange von der Abrechnung zu Lasten der Krankenkassen aus, weil der Bundesausschuss sie nicht als zweckmäßig anerkannt hat (BSG SozR 3-2500 § 135 Nr. 4 Seite 14). Die Prüfung und Feststellung, ob eine neue Behandlungsweise dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse und damit dem in § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V geforderten Versorgungsstandard genügt, obliegt nach der gesetzlichen Konzeption - vom Ausnahmefall des Systemversagens abgesehen - dem Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen (so jetzt ausdrücklich BSG, Urteil vom 28.03.2000 - B 1 KR 18/98 R). Ein Leistungsanspruch (auch in Form eines Kostenerstattungs- oder Freistellungsanspruchs nach § 13 Abs. 3 SGB V) kann ausnahmsweise nur dann in Betracht kommen, wenn die fehlende Anerkennung der Methode darauf zurückzuführen ist, dass der Bundesausschuss trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und in haltlichen Voraussetzungen das Verfahren nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt hat (sogenanntes Systemversagen). In einem solchen Fall widerspricht die Nichtberücksichtigung der Methode in den BUB-Richtlinien höherrangigem Recht, nämlich der Garantie eines den Anforderungen des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V entsprechenden Krankenbehandlungsanspruchs in § 27 Abs. 1 SGB V (vgl. BSG SozR 3-2500 § 135 Nr. 4 Seite 21; Urteile vom 28.03.2000 - B 1 KR 11/98 R; 18/98 R).
Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts liegt im Falle der extrakorporalen Hämorheotherapie kein Systemmangel vor. Es bestand für den Bundesausschuss kein Anlass, sich bereits mit dieser Methode zu befassen. Versäumnisse des Bundesausschusses bzw. der zur Antragstellung befugten Stellen (Nr. 2.2 der BUB-Richtlinien) können nur bejaht werden, wenn der neuen Methode in der medizinischen Fachdiskussion bereits ein solches Gewicht zukommt, dass eine Überprüfung und Entscheidung durch den Bundesausschuss veranlasst gewesen wäre. Vorausgesetzt wird damit eine tatsächliche Verbreitung der Methode in der Praxis und in der fachlichen Diskussion (BSG SozR 3-2500 § 135 Nr. 4 Seite 24). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Die Methode wird nur an der Universitätsklinik Köln angewandt, wo sie auch entwickelt worden ist (Auskunft Prof. Dr. B ... vom 24.08.1999). Ebensowenig ist die Methode in der fachlichen Diskussion verbreitet. Die von Prof. Dr. B ... und Prof. Dr. B ... verantwortete Studie ist erst im Herbst 2000 publiziert worden ("Retina", Jahrgang 2000, Seite 483), so dass es naturgemäß - wie schon Prof. Dr. B ... in seiner Auskunft vom 24.08.1999 eingeräumt hat - in der Fachliteratur bislang keine Diskussion oder gar Befürwortung der Methode gibt. Bestätigt wird die fehlende Akzeptanz in der Fachdiskussion dadurch, dass weder die Information des Bundesverbandes der Augenärzte zur altersabhängigen Maculadegeneration (http://www.augeninfo.de) noch die Patienteninformation der Universitäts-Augenklinik Regensburg (http://www.uni-regensburg.de/Fakultaeten/Medizin/Augenheilkunde/amd/index.html) die extrakorporale Hämorheotherapie als Behandlungsmethode nennen und zwar noch nicht einmal im Zusammenhang mit neuen experimentellen Verfahren. Bei dieser Sachlage kann dem Bundesausschuss nicht der Vorwurf gemacht werden, er habe sich bereits mit der Methode befassen müssen.
Die Annahme des Sozialgerichts, es bestehe ein Systemmangel, wenn eine Methode zwar im stationären Bereich, nicht aber im ambulanten Bereich eingesetzt werden dürfe, geht schon im Ansatz fehl. Dabei wird die unterschiedliche Regelung der Qualitätssicherung im ambulanten und stationären Bereich verkannt. Während in der vertragsärztlichen Versorgung neue Methoden nur dann abrechnungsfähig sind, wenn der Bundesausschuss eine positive Empfehlung zum therapeutischen Nutzen und zur Wirtschaftlichkeit der Methode abgegeben hat, gab es bis zum 31.12.1999 für den stationären Bereich überhaupt keine vergleichbare Regelung zur Qualitätssicherung. Die seit dem 01.01.2000 geltende Vorschrift des § 137 c SGB V sieht nunmehr vor, dass durch den nach § 137 c Abs. 2 SGB V gebildeten Ausschuss "Krankenhaus" eine Bewertung von Behandlungsmethoden auch im stationären Bereich stattfinden soll. Anders als § 135 Abs. 1 SGB V, der in der Art eines Verbots mit Erlaubnisvorbehalt den Einsatz neuer Methoden regelt, sieht § 135 c Abs. 1 Satz 2 SGB V aber vor, dass Methoden nur dann nicht mehr zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden dürfen, wenn sie negativ beurteilt worden sind. Nach der gesetzlichen Konzeption haben die Krankenkassen somit nicht die Möglichkeit, die Kosten für stationäre Behandlungen abzulehnen, solange der Ausschuss "Krankenhaus" nicht eine negative Empfehlung abgegeben hat. Angesichts dieser unter schiedlichen Regelungen kann nicht eine durch die Untätigkeit des Bundesausschusses hervorgerufene Versorgungslücke im Bereich der ambulanten Versorgung mit dem Einsatz der Methode im stationären Bereich begründet werden. Ohnehin sind nicht etwa ambulante und stationäre Behandlungen beliebig "austauschbar". Ein Anspruch auf vollstationäre Krankenhausbehandlung nach § 39 Abs. 1 SGB V setzt voraus, dass eine wirksame Krankenbehandlung nur mit den besonderen Mitteln des Krankenhauses - apparative Mindestausstattung, Notwendigkeit der Präsenz eines ständig rufbereiten Arztes - möglich ist. Er könnte aber nicht allein damit begründet werden, dass die fragliche Methode nicht im ambulanten Bereich eingesetzt werden dürfe. Somit gehen auch von daher Schlüsse vom Behandlungsgeschehen im Krankenhausbereich auf den ambulanten Bereich fehl.
Im Übrigen ist die Argumentation des Sozialgerichts auch in sich unklar. Eine rechtliche Grundlage für die Auffassung, die fragliche Methode habe (erst) seit dem 01.01.1999 im stationären Bereich angewandt werden dürfen, als die Auswertung der "Köln-Studie" abgeschlossen gewesen sei, wird im Urteil nicht genannt. Noch weniger verständlich ist die Ansicht des Sozialgerichts, die Wirksamkeit der Methode sei durch die Studie nachgewiesen. Dabei geht das Sozialgericht ausschließlich von der entsprechenden Behauptung von Prof. Dr. B ... aus, ohne selbst - wozu ihm auch die Sachkunde fehlen würde - zu prüfen, ob tatsächlich der Studienaufbau und die Durchführung der Studie wissenschaftlichen Kriterien gerecht wird und ob die referierten Wirksamkeitsnachweise tatsächlich klinisch signifikant sind. Die Tatsache, dass Prof. Dr. B ... selbst eine weitere Studie plant bzw. geplant hat, spricht auf den ersten Blick dagegen, dass mit der Studie schon ein ausreichender Nachweis für die Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit der Behandlung geführt sei. Ferner hätte das Sozialgericht die Studie ohnehin nicht bei seiner Entscheidung berücksichtigen dürfen. Die Beklagte durfte die Studie nicht einsehen, weil sie noch vertraulich behandelt werden musste. Eine Verwertung der Ergebnisse der Studie verletzte somit den Grundsatz des rechtlichen Gehörs (§ 62 SGG).
Ob und wann der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen aufgrund des im Januar/Februar 2001 bei der Kassenärztlichen Bundesvereinigung gestellten Antrags der Professoren Dr. B ... und Dr. B ... die extrakorporale Hämorheotherapie als wirksame Methode anerkennt, ist für den geltend gemachten Leistungsanspruch uner heblich. Da erst die positive Empfehlung des Bundesausschusses die Leistungspflicht der Krankenkasse begründen kann, entfaltet seine Entscheidung rechtsgestaltende Wirkung nur für die Zukunft, so dass für abgeschlossene Behandlungsfälle sich am Abrechnungsverbot nichts ändern kann (BSG SozR 3-2500 § 13 Nr. 12). Ab wann unter Umständen trotz des Fehlens einer positiven Entscheidung des Bundesausschusses ein Leistungsanspruch in Betracht kommen könnte, lässt sich nicht beurteilen. Es liegt auf der Hand, dass sowohl den antragsbefugten Stellen wie dem Bundesausschuss Zeit zur Prüfung einzuräumen ist, ob die für die Überprüfung der fraglichen Methode geforderten formalen wie inhaltlichen Voraussetzungen vorliegen. Erst wenn sich feststellen lässt, dass das Verfahren vor dem Bundesausschuss ohne zureichenden Grund oder sogar willkürlich oder aus sachfremden Erwägungen blockiert oder verzögert wird, kann ein Systemversagen mit der Folge eines Kostenerstattungsanspruchs in Betracht gezogen werden. Vor dem Hintergrund, dass die "Köln-Studie" erst im Herbst 2000 publiziert und der Antrag auf Überprüfung der Methode Anfang 2001 gestellt worden ist, liegen für ein Systemversagen zum gegenwärtigen Zeitpunkt keinerlei Anhaltspunkte vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Da die Klägerin ihr Prozessziel, die streitige Behandlung zu erlangen, nicht erreicht hat und die Klage nur wegen der Zusage vom 09.05.1997 in sehr geringem Umfang erfolgreich war, hielt der Senat eine entsprechende Kostenquotelung nicht für gerechtfertigt.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Tatbestand:
Streitig ist die Verpflichtung der Beklagten zur Übernahme der Kosten für Behandlungen mittels extrakorporaler Hämorheotherapie.
Die bei der Beklagten versicherte 1923 geborene Klägerin leidet an einer altersabhängigen degenerativen Erkrankung der Netzhautmitte mit Durchblutungsstörungen (altersabhängige Maculadegeneration). Bereits seit Februar 1993 wurde sie an der Universitäts-Augenklinik Köln mit der dort entwickelten Methode der extrakorporalen Hämorheotherapie behandelt. Es handelt sich dabei um ein Blutwäscheverfahren, bei dem aus dem Blut Eiweißstoffe herausgefiltert werden mit dem Ziel, die Durchblutung zu verbessern. Nachdem die Klägerin zunächst stationär behandelt worden war, übernahm die Beklagte auf den im Oktober 1995 gestellten Antrag die Kosten ambulanter Behandlungen in Höhe von rund 2.000,-- DM je Behandlung als "Ausnahmeentscheidung".
Auf den weiteren Antrag vom 22.04.1997 erteilte sie zunächst mit Bescheid vom 09.05.1997 eine Kostenzusage für zwei weitere Behandlungszyklen mit jeweils zwei Behandlungen, lehnte dann jedoch mit Bescheid vom 18.06.1997 die Kostenübernahme ab, da aufgrund des "Einsparungszwanges" die Möglichkeit einer Kostenübernahme bei außervertraglichen Leistungen stark eingeschränkt sei. Die Klägerin machte mit ihrem Widerspruch unter Bezugnahme auf eine Bescheinigung der Professoren Dr. B ... und Dr. B ... vom 28.07.1997 geltend, für die Behandlung der Maculadegeneration gebe es keine allgemein akzeptierte Behandlung. Die Methode habe bei ihr zu einer deutlichen Besserung des Sehvermögens geführt, auch bei anderen Patienten seien ähnliche Erfolge erzielt worden. Ohne Behandlung drohe ihr die Gefahr der Erblindung. Nach Einholung einer Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK), in der unter dem 08.12.1997 ausgeführt wurde, schulmedizinisch gesicherte Erkenntnisse bezüglich der Wirksamkeit der extrakorporalen Hämorheotherapie lägen nicht vor, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24.02.1998 den Widerspruch zurück.
Im Klageverfahren hat die Klägerin sich zur wissenschaftlichen Grundlage der Behandlungsmethode auf ein Gutachten von Prof. Dr. B ... bezogen und vorgetragen, die Therapie sei - nicht nur in ihrem Fall - wirksam gewesen. Als Leistung sei eine neue Methode nur dann ausgeschlossen, wenn der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen sich negativ geäußert habe. Fehle eine solche Stellungnahme, sei zu prüfen, ob die fehlende Anerkennung durch den Bundesausschuss auf einem Systemmangel beruhe. Insoweit sei auf die wissenschaftliche Anerkennung einer Methode abzustellen. Dabei habe das Bundessozialgericht (BSG) mit seinem Urteil vom 16.09.1997 die Anforderung an den Wirksamkeitsnachweis bei Krankheiten mit unerforschter Genese herabgesetzt. In diesem Fall genüge es, dass die betreffende Methode allgemein verbreitet und akzeptiert sei. Diese Voraussetzungen lägen hinsichtlich der extrakorporalen Hämorheotherapie vor, die an der Universitätsklinik Köln in breiterem Umfang eingesetzt werde. Dort sei auch eine Studie durchgeführt worden, die den Wirksamkeitsnachweis erbringe.
Das Sozialgericht hat die vorläufige Fassung der an der Universität Köln (Studienleiter Prof. Dr. B ...) durchgeführten Studie ("Köln-Studie") zur Wirksamkeit der extrakorporalen Hämorheotherapie bei der Behandlung der altersbedingten Maculadegeneration bei gezogen, die im Oktober 1998 fertiggestellt worden war. Infolge der geforderten vertraulichen Behandlung der Studie erhielt die Beklagte kein Exemplar der Studie. Der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen teilte auf Anfrage in einer Auskunft vom 18.02.1999 mit, nach seiner Kenntnis werde die extrakorporale Hämorheotherapie nur an der Universität Köln erprobt. Es lägen keine Hinweise darauf vor, dass sie sich in der Literatur oder in der Praxis als Standardtherapie durchgesetzt habe. Prof. B ... bestätigte in der Auskunft vom 24.08.1999, dass es sich bei der fraglichen Methode um ein innovatives Verfahren handele, das an der Universität Köln entwickelt worden sei und nur dort in breiterem Umfang angewendet werde. In der Fachliteratur werde das Verfahren bisher noch nicht befürwortet, da die erstellte Studie sich zur Zeit in der Publikation befinde. Ein Antrag an den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen sei beabsichtigt, sobald die Datensammlung und -verarbeitung beendet sei.
Mit Urteil vom 26.05.2000 hat das Sozialgericht unter Abweisung der Klage im Übrigen die Beklagte zur Erstattung der Kosten der im Bescheid vom 09.05.1997 zugesagten zwei Behandlungszyklen verurteilt und sie außerdem verpflichtet, die Kosten für die ab 01.01.1999 durchgeführten Behandlungszyklen zu erstatten. Eine Leistungspflicht der Beklagten bis Ende 1998, dem Abschluss der Studie, habe mangels Nachweis der Wirksamkeit der Methode nicht bestanden. Auch wenn die grundsätzlich erforderliche positive Empfehlung des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen fehle, bestehe für die Zeit ab 01.01.1999 ein Leistungsanspruch wegen eines Systemmangels. Dieser Systemmangel ergebe sich daraus, dass die Klägerin nach Erbringung des Wirksamkeitsnachweises bei stationärer Behandlung die Methode habe beanspruchen dürfen. Ein Systemmangel liege auch dann vor, wenn eine Therapie, die bei stationärer Behandlung durchgeführt werden könne, ambulant nicht erbracht werden dürfe.
Die Beklagte wendet sich im Berufungsverfahren gegen ihre Verurteilung zur Kostenübernahme für Behandlungszyklen ab dem 01.01.1999. Unter Hinweis auf eine Stellungnahme des MDK vom 17.11.2000 (Dr. G ...) vertritt sie die Auffassung, die extrakorporale Hämorheotherapie zähle nicht zu den von den Krankenkassen geschuldeten Leistungen, weil die Wirksamkeit noch nicht wissenschaftlich nachgewiesen sei.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 26.05.2000 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist weiter der Auffassung, nach der Rechtsprechung des BSG könnten Versicherte bei Fehlen einer Empfehlung des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen die fragliche Leistung beanspruchen, wenn die Wirksamkeit der Methode wissenschaftlich erwiesen sei oder sich die Methode durchgesetzt habe. Aufgrund der "Köln-Studie" sei der Wirksamkeitsnachweis geführt worden. Das werde im Gutachten des MDK verkannt. Dr. G ... versäume es, sich mit den endgültigen Ergebnissen der Studie auseinanderzusetzen, in dem Gutachten würden lediglich Meinungen Dritter wiedergegeben. Im Übrigen sei Anfang des Jahres 2001 der Kassenärztlichen Bundesvereinigung der Antrag auf Anerkennung der Methode zugeleitet worden.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, der Gegenstand der Beratung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Da sich die Beteiligten damit einverstanden erklärt haben, konnte der Senat über die Berufung ohne weitere mündliche Verhandlung entscheiden (§ 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).
Die auf die Verurteilung zur Kostenübernahme ab 01.01.1999 beschränkte Berufung der Beklagten ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Die Klage ist auch insoweit abzuweisen, denn das Sozialgericht hat zu Unrecht die Beklagte zur Kostenübernahme für ambulante Behandlungen mittels extrakorporaler Hämorheotherapie verurteilt.
Die Klägerin hat nach § 27 Abs. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) Anspruch auf Krankenbehandlung, der u.a. auch die ärztliche Behandlung (Satz 2 Nr. 1 a.a.O.) einschließt. Die extrakorporale Hämorheotherapie zur Behandlung der altersabhängigen Maculadegeneration zählt jedoch nicht zu den von einer gesetzlichen Krankenkasse geschuldeten Leistungen, weil diese Methode (noch) nicht zur vertragsärztlichen Versorgung gehört und die für die Abrechnungsfähigkeit neuer Behandlungsmethoden nach § 135 Abs. 1 SGB V erforderliche Empfehlung des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V (Richtlinien über die Bewertung ärztlicher Behandlungs- und Untersuchungsmethoden (BUB-Richtlinien) in der Fassung vom 10.12.1999, BAnz. Nr. 56 vom 21.03.2000) nicht vorliegt.
§ 135 Abs. 1 SGB V bestimmt, dass neue Behandlungsmethoden nur abgerechnet werden dürfen, wenn der Bundesausschuss in den genannten Richtlinien Empfehlungen u.a. zum therapeutischen Nutzen der Methode abgegeben hat. Diese Vorschrift legt nach gefestigter Rechtsprechung des BSG (grundlegend Urteile vom 16.09.1997, SozR 3-2500 § 135 Nr. 4; zuletzt Urteile vom 28.03.2000 - B 1 KR 11/98 R; 18/98 R), der sich der Senat anschließt (zuletzt Urteil vom 29.03.2001 - L 5 KR 137/00), für ihren Anwendungsbereich zugleich den Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten Leistungen fest. Bei den BUB-Richtlinien handelt es sich um unter gesetzliche Rechtsnormen, die in Verbindung mit § 135 Abs. 1 SGB V für Ärzte, Krankenkassen und Versicherte verbindlich regeln, welche neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zum Leistungsumfang der Krankenversicherung zählen.
Der Bundesausschuss hat sich mit der extrakorporalen Hämorheotherapie noch nicht befasst. Entgegen der Auffassung der Klägerin besteht in einem solchen Fall eine Leistungspflicht der Krankenkasse nicht schon unter der Voraussetzung, dass die Wirksamkeit der Behandlungsmethode nachgewiesen ist oder (ersatzweise) sie sich durchgesetzt hat. § 135 Abs. 1 SGB V ist in der Art eines Verbots mit Erlaubnisvorbehalt gefasst und schließt neue Behandlungsmethoden solange von der Abrechnung zu Lasten der Krankenkassen aus, weil der Bundesausschuss sie nicht als zweckmäßig anerkannt hat (BSG SozR 3-2500 § 135 Nr. 4 Seite 14). Die Prüfung und Feststellung, ob eine neue Behandlungsweise dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse und damit dem in § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V geforderten Versorgungsstandard genügt, obliegt nach der gesetzlichen Konzeption - vom Ausnahmefall des Systemversagens abgesehen - dem Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen (so jetzt ausdrücklich BSG, Urteil vom 28.03.2000 - B 1 KR 18/98 R). Ein Leistungsanspruch (auch in Form eines Kostenerstattungs- oder Freistellungsanspruchs nach § 13 Abs. 3 SGB V) kann ausnahmsweise nur dann in Betracht kommen, wenn die fehlende Anerkennung der Methode darauf zurückzuführen ist, dass der Bundesausschuss trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und in haltlichen Voraussetzungen das Verfahren nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt hat (sogenanntes Systemversagen). In einem solchen Fall widerspricht die Nichtberücksichtigung der Methode in den BUB-Richtlinien höherrangigem Recht, nämlich der Garantie eines den Anforderungen des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V entsprechenden Krankenbehandlungsanspruchs in § 27 Abs. 1 SGB V (vgl. BSG SozR 3-2500 § 135 Nr. 4 Seite 21; Urteile vom 28.03.2000 - B 1 KR 11/98 R; 18/98 R).
Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts liegt im Falle der extrakorporalen Hämorheotherapie kein Systemmangel vor. Es bestand für den Bundesausschuss kein Anlass, sich bereits mit dieser Methode zu befassen. Versäumnisse des Bundesausschusses bzw. der zur Antragstellung befugten Stellen (Nr. 2.2 der BUB-Richtlinien) können nur bejaht werden, wenn der neuen Methode in der medizinischen Fachdiskussion bereits ein solches Gewicht zukommt, dass eine Überprüfung und Entscheidung durch den Bundesausschuss veranlasst gewesen wäre. Vorausgesetzt wird damit eine tatsächliche Verbreitung der Methode in der Praxis und in der fachlichen Diskussion (BSG SozR 3-2500 § 135 Nr. 4 Seite 24). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Die Methode wird nur an der Universitätsklinik Köln angewandt, wo sie auch entwickelt worden ist (Auskunft Prof. Dr. B ... vom 24.08.1999). Ebensowenig ist die Methode in der fachlichen Diskussion verbreitet. Die von Prof. Dr. B ... und Prof. Dr. B ... verantwortete Studie ist erst im Herbst 2000 publiziert worden ("Retina", Jahrgang 2000, Seite 483), so dass es naturgemäß - wie schon Prof. Dr. B ... in seiner Auskunft vom 24.08.1999 eingeräumt hat - in der Fachliteratur bislang keine Diskussion oder gar Befürwortung der Methode gibt. Bestätigt wird die fehlende Akzeptanz in der Fachdiskussion dadurch, dass weder die Information des Bundesverbandes der Augenärzte zur altersabhängigen Maculadegeneration (http://www.augeninfo.de) noch die Patienteninformation der Universitäts-Augenklinik Regensburg (http://www.uni-regensburg.de/Fakultaeten/Medizin/Augenheilkunde/amd/index.html) die extrakorporale Hämorheotherapie als Behandlungsmethode nennen und zwar noch nicht einmal im Zusammenhang mit neuen experimentellen Verfahren. Bei dieser Sachlage kann dem Bundesausschuss nicht der Vorwurf gemacht werden, er habe sich bereits mit der Methode befassen müssen.
Die Annahme des Sozialgerichts, es bestehe ein Systemmangel, wenn eine Methode zwar im stationären Bereich, nicht aber im ambulanten Bereich eingesetzt werden dürfe, geht schon im Ansatz fehl. Dabei wird die unterschiedliche Regelung der Qualitätssicherung im ambulanten und stationären Bereich verkannt. Während in der vertragsärztlichen Versorgung neue Methoden nur dann abrechnungsfähig sind, wenn der Bundesausschuss eine positive Empfehlung zum therapeutischen Nutzen und zur Wirtschaftlichkeit der Methode abgegeben hat, gab es bis zum 31.12.1999 für den stationären Bereich überhaupt keine vergleichbare Regelung zur Qualitätssicherung. Die seit dem 01.01.2000 geltende Vorschrift des § 137 c SGB V sieht nunmehr vor, dass durch den nach § 137 c Abs. 2 SGB V gebildeten Ausschuss "Krankenhaus" eine Bewertung von Behandlungsmethoden auch im stationären Bereich stattfinden soll. Anders als § 135 Abs. 1 SGB V, der in der Art eines Verbots mit Erlaubnisvorbehalt den Einsatz neuer Methoden regelt, sieht § 135 c Abs. 1 Satz 2 SGB V aber vor, dass Methoden nur dann nicht mehr zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden dürfen, wenn sie negativ beurteilt worden sind. Nach der gesetzlichen Konzeption haben die Krankenkassen somit nicht die Möglichkeit, die Kosten für stationäre Behandlungen abzulehnen, solange der Ausschuss "Krankenhaus" nicht eine negative Empfehlung abgegeben hat. Angesichts dieser unter schiedlichen Regelungen kann nicht eine durch die Untätigkeit des Bundesausschusses hervorgerufene Versorgungslücke im Bereich der ambulanten Versorgung mit dem Einsatz der Methode im stationären Bereich begründet werden. Ohnehin sind nicht etwa ambulante und stationäre Behandlungen beliebig "austauschbar". Ein Anspruch auf vollstationäre Krankenhausbehandlung nach § 39 Abs. 1 SGB V setzt voraus, dass eine wirksame Krankenbehandlung nur mit den besonderen Mitteln des Krankenhauses - apparative Mindestausstattung, Notwendigkeit der Präsenz eines ständig rufbereiten Arztes - möglich ist. Er könnte aber nicht allein damit begründet werden, dass die fragliche Methode nicht im ambulanten Bereich eingesetzt werden dürfe. Somit gehen auch von daher Schlüsse vom Behandlungsgeschehen im Krankenhausbereich auf den ambulanten Bereich fehl.
Im Übrigen ist die Argumentation des Sozialgerichts auch in sich unklar. Eine rechtliche Grundlage für die Auffassung, die fragliche Methode habe (erst) seit dem 01.01.1999 im stationären Bereich angewandt werden dürfen, als die Auswertung der "Köln-Studie" abgeschlossen gewesen sei, wird im Urteil nicht genannt. Noch weniger verständlich ist die Ansicht des Sozialgerichts, die Wirksamkeit der Methode sei durch die Studie nachgewiesen. Dabei geht das Sozialgericht ausschließlich von der entsprechenden Behauptung von Prof. Dr. B ... aus, ohne selbst - wozu ihm auch die Sachkunde fehlen würde - zu prüfen, ob tatsächlich der Studienaufbau und die Durchführung der Studie wissenschaftlichen Kriterien gerecht wird und ob die referierten Wirksamkeitsnachweise tatsächlich klinisch signifikant sind. Die Tatsache, dass Prof. Dr. B ... selbst eine weitere Studie plant bzw. geplant hat, spricht auf den ersten Blick dagegen, dass mit der Studie schon ein ausreichender Nachweis für die Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit der Behandlung geführt sei. Ferner hätte das Sozialgericht die Studie ohnehin nicht bei seiner Entscheidung berücksichtigen dürfen. Die Beklagte durfte die Studie nicht einsehen, weil sie noch vertraulich behandelt werden musste. Eine Verwertung der Ergebnisse der Studie verletzte somit den Grundsatz des rechtlichen Gehörs (§ 62 SGG).
Ob und wann der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen aufgrund des im Januar/Februar 2001 bei der Kassenärztlichen Bundesvereinigung gestellten Antrags der Professoren Dr. B ... und Dr. B ... die extrakorporale Hämorheotherapie als wirksame Methode anerkennt, ist für den geltend gemachten Leistungsanspruch uner heblich. Da erst die positive Empfehlung des Bundesausschusses die Leistungspflicht der Krankenkasse begründen kann, entfaltet seine Entscheidung rechtsgestaltende Wirkung nur für die Zukunft, so dass für abgeschlossene Behandlungsfälle sich am Abrechnungsverbot nichts ändern kann (BSG SozR 3-2500 § 13 Nr. 12). Ab wann unter Umständen trotz des Fehlens einer positiven Entscheidung des Bundesausschusses ein Leistungsanspruch in Betracht kommen könnte, lässt sich nicht beurteilen. Es liegt auf der Hand, dass sowohl den antragsbefugten Stellen wie dem Bundesausschuss Zeit zur Prüfung einzuräumen ist, ob die für die Überprüfung der fraglichen Methode geforderten formalen wie inhaltlichen Voraussetzungen vorliegen. Erst wenn sich feststellen lässt, dass das Verfahren vor dem Bundesausschuss ohne zureichenden Grund oder sogar willkürlich oder aus sachfremden Erwägungen blockiert oder verzögert wird, kann ein Systemversagen mit der Folge eines Kostenerstattungsanspruchs in Betracht gezogen werden. Vor dem Hintergrund, dass die "Köln-Studie" erst im Herbst 2000 publiziert und der Antrag auf Überprüfung der Methode Anfang 2001 gestellt worden ist, liegen für ein Systemversagen zum gegenwärtigen Zeitpunkt keinerlei Anhaltspunkte vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Da die Klägerin ihr Prozessziel, die streitige Behandlung zu erlangen, nicht erreicht hat und die Klage nur wegen der Zusage vom 09.05.1997 in sehr geringem Umfang erfolgreich war, hielt der Senat eine entsprechende Kostenquotelung nicht für gerechtfertigt.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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