L 5 KR 84/00

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 5 KR 11/98
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 5 KR 84/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 22.03.2000 wird geändert. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 19.04.1996 und des Widerspruchsbescheides vom 12.01.1998 verurteilt, dem Kläger die Kosten für die Anschaffung des Rollstuhl-Citybikes "City 7" in Höhe von 5.595,21 DM zu erstatten. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Erstattung der Kosten, die ihm für die Anschaffung eines sog. Rollstuhl-Bikes entstanden sind.

Der 1962 geborene Kläger, der als Angestellter bei der Beklagten krankenversichert ist, leidet an einer Tetraplegie unterhalb C5/C6 in Folge einer ausgedehnten Fraktur des 5. Halswirbelkörpers. Die Funktionsfähigkeit beider oberer Extremitäten ist eingeschränkt. Neben zwei Faltrollstühlen verfügt er über einen reparaturbedürftigen Elektrorollstuhl und besitzt außerdem einen behindertengerecht ausgestatteten PKW.

Unter Vorlage einer Verordnung der praktischen Ärztin H, und eines Kostenvoranschlages der Hi-Be-Co GmbH, B., vom 04.03.1996 beantragte er am 07.03.1996 die Versorgung mit einem Therapiefahrrad Modell "City 7" zur Adaption an einen Faltrollstuhl. Die Beklagte lehnte diesen Antrag durch Bescheid vom 19.04.1996 mit der Begründung ab, der Kläger sei mit den ihm zur Verfügung stehenden Rollstühlen hinreichend versorgt.

Der am 23.05.1996 eingelegte Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 12.01.1998).

Zur Begründung der am 12.02.1998 vor dem Sozialgericht Köln erhobenen Klage hat er vorgetragen: Durch die Beeinträchtigung der oberen Extremitäten sei er nur eingeschränkt in der Lage, sich mit einem Faltrollstuhl fortzubewegen: Außerhalb der Wohnung liege die Grenze etwa bei 200 m; er sei nicht im Stande auch nur leicht unebene Bürgersteige oder Straßen zu befahren bzw. eine Straße zuüberqueren. Der ihm zur Verfügung gestellte Elektrorollstuhl sei unbrauchbar. Die Reparaturkosten beliefen sich auf 5.454,90 DM. Der Vorteil des "Rollstuhl-Bikes", das er sich am 29.05.1996 selbst beschafft habe, gegenüber dem Elektrorollstuhl liege darin, dass er es selbstständig an seinem Faltrollstuhl befestigen und so längere Wegstrecken zurücklegen könne.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 19.04.1996 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.01.1998 zu verurteilen, ihm die Kosten für die Anschaffung des Rollstuhl-Bikes "City 7" in Höhe von 5.956,89 DM zu erstatten.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat entgegnet: Die Versorgung mit einem "Rollstuhl-Bike" sei nicht erforderlich. Dieses sei seiner Funktion nach dazu vorgesehen, ein Fahrrad zu ersetzten. Fahrradfahren gehöre jedoch nicht zu den Grundbedürfnissen, die durch ein von der gesetzlichen Krankenversicherung zur Verfügung gestelltes Hilfsmittel befriedigt werden müssten.

Das Sozialgericht hat ein Gutachten des Prof. Dr. N ... der Orthopädischen Klinik des Universitätsklinikums der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen, eingeholt. Der gerichtliche Sachverständige hat im Gutachten vom 09.04.1999 u.a. ausgeführt: Der Kläger bedürfe der Versorgung mit einem Elektrorollstuhl oder einem Rollstuhl-Bike, weil es ihm nicht möglich sei, mit dem Faltrollstuhl größere Strecken zurückzulegen. Die Benutzung eines Rollstuhls-Bikes erscheine sinnvoll, da der Kläger dadurch körperlich beansprucht werde. Die Benutzung des Rollstuhls-Bikes sei aufgrund adäquater Adaptationsmechanismen wie Tetraspezialgriff und Kinnschaltung problemlos möglich.

Durch Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 22.03.2000 hat das Sozialgericht Köln die Klage abgewiesen. Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen.

Gegen das ihm am 30.03.2000 zugestellte Urteil hat der Kläger am 28.04.2000 Berufung eingelegt.

Zur Begründung bringt er vor: Er benötige zum Ausgleich der ausgefallenen Körperfunktion "Gehen im Nahbereich" ein Rollstuhl-Bike als Hilfsmittel. Auf Grund seiner Behinderung sei er durch Einsatz weder eines Falt- noch eines Elektrorollstuhls in der Lage, sich den gewissen körperlichen Freiraum im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu verschaffen. Nach dieser Rechtsprechung gehöre es zu den vitalen Lebensbedürfnissen im Bereich des Gehens, sich in der eigenen Wohnung zu bewegen, die Wohnung verlassen zu können, um bei einem kurzen Spaziergang an die frische Luft zu kommen, oder die üblicherweise im Nahbereich der Wohnung liegenden Stellen zu erreichen, an denen Alltagsgeschäfte zu erledigen sei. Dies könne er mit dem Faltrollstuhl nicht, weil auf Grund der Funktionsausfälle an den oberen Extremitäten der Bewegungsradius auf etwa 200 m eingeschränkt sei. Ein Elektrorollstuhl sei zur Gewährleistung eines derartigen körperlichen Freiraumes nicht gleich gut geeignet, weil dieser auf Unebenheiten empfindlicher reagiere und dort versage. Außerdem stehe ihm das Wahlrecht bei mehreren gleich gut geeigneten Hilfsmitteln zu.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 22.03.2000 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 19.04.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.01.1998 zu verurteilen, ihm die Kosten für die Anschaffung des Rollstuhl-Bikes "City 7" in Höhe von 5.595,21 DM zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das erstinstanzlich Urteil für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird verwiesen auf den übrigen Inhalt der Streitakten sowie der Verwaltungsakten der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers ist begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Der Bescheid vom 19.04.1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12.01.1998 ist rechtswidrig, denn der Kläger kann von der Beklagten die Erstattung des für die Anschaffung des Rollstuhl-Bikes aufgewendeten Betrags in Höhe von 5.595,21 DM verlangen.

Der Erstattungsanspruch ergibt sich aus § 13 Absatz 3 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V). Hiernach sind dem Versicherten Kosten von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, die dadurch entstehen, dass die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte (1. Alternative) oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat (2. Alternative) und sich der Versicherte die Leistung deshalb selbst beschafft hat. Im vorliegenden Fall sind die Voraussetzungen der 2. Alternative dieser Vorschrift erfüllt: Die beklagte Krankenkasse hat die Versorgung des Klägers mit einem notwendigen Hilfsmittel - dem Rollstuhl-Bike - zu Unrecht verweigert. Für dieses daraufhin selbst beschaffte Hilfsmittel sind dem Kläger Kosten in Höhe von 5.595,21 DM entstanden, die von der Beklagten zu erstatten sind.

Gemäß § 33 Absatz 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Seh- und Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Absatz 4 SGB V ausgeschlossen sind. Der Anspruch ist zunächst nicht nach der zuletzt genannten Vorschrift ausgeschlossen, weil das Rollstuhl-Bike nicht in der auf dieser Grundlage ergangenen Rechtsverordnung als Hilfsmittel von geringem oder umstrittenen therapeutischen Nutzen oder geringem Abgabepreis aufgeführt wird. Es handelt sich bei dem Rollstuhl-Bike auch nicht um einen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens. Unter diesen Begriff fallen nur Gegenstände, die allgemein im täglichen Leben verwendet werden (Bundessozialgericht (BSG) SozR § 33 Nr.5; SozR 2200 § 182b Nr.6). Geräte, die für die speziellen Bedürfnisse kranker oder behinderter Menschen entwickelt und hergestellt worden sind und von diesem Personenkreis ausschließlich oder überwiegend benutzt werden, sind nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen. Das Rollstuhl-Bike ist von seiner Konzeption her dazu bestimmt, an einen Faltrollstuhl angebaut zu werden. Es kann somit nur in Kombination mit einem Rollstuhl genutzt werden. Es stellt damit keinen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens dar (vergl. BSG, Urteil vom 16.09.1999, Az B 3 KR 8/98 R; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr.27). Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob - wie die Beklagte meint - das Rollstuhl-Bike die Funktion eines Fahrrades erfüllt, weil dies allenfalls für Behinderte gelten würde.

Schließlich erfüllt das Rollstuhl-Bike auch die weiteren in § 33 Absatz 1 SGB V normierten Voraussetzungen, wonach es im Einzelfall erforderlich sein muss, um den Erfolg der Krankenbehandlung zusichern oder eine Behinderung auszugleichen. Hier kommt ersichtlich lediglich die 2.Alternative (Ausgleich einer Behinderung) in Betracht. Ein Hilfsmittel ist nach der Rechtsprechung des BSG (SozR 3-2500 Nrn. 3, 5) bei dieser zweiten Alternative nur dann "erforderlich", wenn sein Einsatz zur Lebensbetätigung im Rahmen der allgemeinen Grundbedürfnisse benötigt wird. Dazu gehören zum einen die körperlichen Grundfunktionen (Gehen, Stehen und Treppensteigen, Sitzen, Liegen, Greifen, Sehen, Hören, Nahrungsaufnahme, Ausscheidung) und zum anderen die elementare Körperpflege, das selbständige Wohnen sowie die dazu erforderliche Erschließung eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums, der auch die Aufnahme von Informationen, die Kommunikation mit anderen zur Vermeidung von Vereinsamung sowie das Erlernen eines lebensnotwendigen Grundwissens (Schulwissens) umfasst. Maßstab ist stets der gesunde Mensch, zu dessen Grundbedürfnissen der kranke oder behinderte Mensch durch die medizinische Rehabilitation und mit Hilfe des von der Krankenkasse gelieferten Hilfsmittels wieder auf schließen soll (BSG, Urteil vom 16.09.1999 aaO mit weiteren Nachweisen). Dabei ist das Grundbedürfnis der Erschließung eines gewissen körperlichen Freiraums nur im Sinne eines Basisausgleichs der Behinderung selbst und nicht im Sinne eines vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Mobilitätsmöglichkeiten des Gesunden zu verstehen. Der Basisausgleich im Bereich des Gehens umfasst danach die Fähigkeit, sich in der eigenen Wohnung zu bewegen und die Wohnung zu verlassen, um bei einem kurzen Spaziergang "an die frische Luft zu kommen" oder um die - üblicherweise im Nahbereich der Wohnung liegenden - Stellen zu erreichen, an denen Alltagsgeschäfte zu erledigen sind (BSG aaO).

Der Kläger vermag die so umschriebenen Grundbedürfnisse im Bereich des Gehens nicht mit dem von der Beklagten zur Verfügung gestellten Faltrollstuhl zu befriedigen, denn hiermit kann er nur Weg strecken bis etwa 200 m zurücklegen. Insofern hat der Kläger glaubhaft auf die eingeschränkte Funktionsfähigkeit seiner oberen Extremitäten verwiesen. Bestätigt hat dies der Sachverständige Prof. Dr. N ... in dem Gutachten vom 09.04.1999. Auch die Beklagte, die die Ausstattung des Klägers mit einem Elektrorollstuhl (allerdings anstelle des Rollstuhl-Bikes) für notwendig hält, hat dies nicht in Zweifel gezogen.

Die Fähigkeit, mittels des Faltrollstuhls Entfernungen bis ca. 200 m zu überwinden, reicht aber nicht aus, um etwa den Weg zu rückzulegen, den ein Gesunder bei dem erwähnten kurzen Spaziergang bewältigt. Die Zurücklegung einer derart kurzen Strecke wird bereits im allgemeinen Sprachgebrauch nicht als Spaziergang bezeichnet. Darüber hinaus erscheint eine Wegstrecke von 200 m auch bei weitem als zu kurz, um Alltagsgeschäfte im Nahbereich der Wohnung zu erledigen. Zu den Alltagsgeschäften gehört das Einkaufen von Lebensmitteln und Gegenständen des täglichen Bedarfs (BSG Urteil vom 03.11.1999, Az B 3 KR 16/99 R). Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass in einem Umkreis von bis zu 200m regelmäßig etwa Geschäfte vorhanden sind, um z.B. kleinere Einkäufe zu erledigen. Hierfür ist auch in (groß-) städtisch geprägten Wohnbereichen die Zurücklegung einer wesentlich größeren Wegstrecke erforderlich. Welche Wegstrecke - etwa aufgrund einer typisierenden Betrachtungsweise - von Bedeutung wäre, brauchte der Senat nicht abschließend zu entscheiden. Jedenfalls bei einer - hier vorliegenden - gravierenden Beschränkung der Fortbewegungsfähigkeit auf die engste Umgebung der Wohnung, besteht ein Anspruch auf Ausgleich der Behinderung durch die Gewährung eines Hilfsmittels.

Das Rollstuhl-Bike ist für den Kläger auch ein geeignetes Hilfsmittel, weil er insbesondere aufgrund der von dem Sachverständigen Prof. Dr. N ... getroffenen Feststellungen körperlich in der Lage ist, das Rollstuhl-Bike sicher zu führen. Dies ergibt sich darüber hinaus auch nicht zuletzt aus der Tatsache, dass der Kläger dieses Hilfsmittel bereits seit mehreren Jahren benutzt.

Der Anspruch des Klägers scheitert entgegen der Ansicht des Sozialgerichts nicht daran, dass die Beklagte dem Kläger angeboten hat, ihm einen Elektro-Rollstuhl zur Verfügung zu stellen. Unter verschiedenartigen, aber gleichermaßen geeigneten und wirtschaftlichen Hilfsmitteln, von denen zur "ausreichenden" (§ 12 Absatz 1 Satz 1 SGB V) Bedarfsdeckung aber nur das eine oder das andere erforderlich im Sinne des § 33 Absatz 1 Satz 1 SGB V ist, hat der Versicherte gemäß § 33 SGB I die Wahl (vergl. BSG Urteil vom 03.11.1999 aaO). Der Kläger durfte sich deshalb für das von ihm bevorzugte Rollstuhl-Bike entscheiden.

Es ist nicht ersichtlich, dass der Elektro-Rollstuhl signifikante Gebrauchsvorteile gegenüber dem Rollstuhl-Bike aufwiese. Vielmehr könnte zu Gunsten des Rollstuhl-Bikes zu berücksichtigen sein, dass dessen Benutzung nach dem Vortrag des Klägers und dem Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen positive gesundheitliche Auswirkungen zeitigt. Auch die im Rahmen der Wirtschaftlichkeit zu prüfenden Anschaffungs- und Unterhaltungskosten sprechen jedenfalls nicht gegen das Rollstuhl-Bike. Ob dies allerdings derart erhebliche Gesichtspunkte sind, dass bereits deshalb die Ausstattung des Klägers mit einem Elektro-Rollstuhl nicht in Betracht zu ziehe wäre, kann letztlich offen bleiben. Selbst wenn Rollstuhl- Bike und Elektro-Rollstuhl gleichermaßen geeignete Hilfsmittel wären, hätte der Kläger einen Anspruch auf Erstattung der Kosten des Rollstuhl-Bikes. Er hätte nämlich ein ihm zustehendes Wahl recht zugunsten des Rollstuhl-Bikes ausgeübt. Die gerade auch im Rahmen des Sachleistungsprinzips geltende Vorschrift des § 33 Abs.1 SGB I besagt: "Ist der Inhalt von Rechten oder Pflichten nach Art oder Umfang nicht im einzelnen bestimmt, sind bei ihrer Ausgestaltung die persönliche Verhältnisse des Berechtigten oder Verpflichteten, sein Bedarf und seine Leistungsfähigkeit sowie die örtlichen Verhältnisse zu berücksichtigen, soweit Rechtsvorschriften nicht entgegen stehen. Dabei soll den Wünschen des Berechtigten oder Verpflichteten entsprochen werden, soweit sie an gemessen sind." Durch die Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse und der Wünsche des Betroffenen soll nicht nur die Menschenwürde und Freiheit des einzelnen gewahrt, sondern auch Gründe der Effizienz beachtet werden. Denn unter mehreren objektiv gleichwertigen Versorgungsmöglichkeiten weiß der Betroffene im Zweifel besser als der Versicherungsträger, welches Mittel seinen Bedürfnissen am ehesten gerecht wird (BSG Urteil vom 03.11.1999 aaO). Gesichtspunkte, die Zweifel an der Angemessenheit des Wunsches des Klägers, mit einem Rollstuhl-Bike ausgestattet zu werden, erwecken könnten, sind nicht ersichtlich. Für die Angemesenheit sprechen im Gegenteil die positiven gesundheitlichen Auswirkungen der Benutzung des Rollstuhl-Bikes. Das vom Sozialgericht angeführte Argument, die Beklagte könne sich auf ein berechtigtes Interesse an einer gleichartigen Ausstattung der in Betracht kommenden Versicherten berufen, ist demgegenüber unbeachtlich. Dieses Argument läuft der oben beschriebenen gesetzgeberischen Intention zu wider, die gerade eine Berücksichtigung der individuellen Bedürfnisse durch die Einräumung eines Wahlrechts bezweckt.

Die Beklagte hat dem Kläger deshalb die Kosten für das selbstbeschaffte Rollstuhl-Bike zu erstatten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Anlass, die Revision zu zulassen, hat nicht bestanden. Es liegen insbesondere auch nicht die Voraussetzungen des § 160 Absatz 2 Nr. 2 SGG vor, denn der Senat weicht nicht von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts ab. Soweit dieses entschieden hat, dass ein Rollstuhl-Bike für einen Erwachsenen kein Hilfsmittel im Sinne des § 33 SGB V darstelle, bezog sich dies auf einen Fall, in dem die Klägerin in der Lage war, sich mittels eines handbetriebenen Rollstuhl den als Grundbedürfnis zu wertenden körperlichen Freiraum zu verschaffen. Dies trifft aber auf den Klägers des vorliegenden Streitverfahrens gerade nicht zu.
Rechtskraft
Aus
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