Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Gelsenkirchen (NRW)
Aktenzeichen
S 17 KR 58/01
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 5 KR 129/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 1 KR 31/02 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 23.08.2001 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Berechnung von Krankengeld.
Der 1938 geborene Kläger ist als hauptberuflich selbständiger Getränkekaufmann freiwilliges Mitglied der Beklagten mit Anspruch auf Krankengeld ab dem 22. Tag der Arbeitsunfähigkeit. Für die mit Anspruch auf Krankengeld versicherten hauptberuflich selbständig erwerbstätigen Mitglieder sieht § 28 Abs. 2 Satz 1 der Satzung der Beklagten (in der ab 01.06.2000 geltenden Fassung) vor: "Bemessungsgrundlage des Krankengeldes ist ... ein Dreißigstel des für den dem Eintritt der Arbeitsunfähigkeit vorausgehenden Kalendermonats maßgebenden Beitragsbemessungswertes, soweit damit die Einkommens- bzw. Entgeltersatzfunktion erfüllt ist".
Der Kläger erzielte im Jahr 1998 einen Gewinn aus dem Gewerbebetrieb in Höhe von 16.230,--DM sowie Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 28.577,-- DM (Einkommensteuerbescheid vom 03.05.2000). Für die Beitragseinstufung für die Zeit vom 01.06.2000 bis 31.05.2001 legte die Beklagte dementsprechend monatliche Gesamteinkünfte von 3.733,50 DM (monatliches Arbeitseinkommen 1.352,50 DM, monatliche Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung 2.381,00 DM) zugrunde (Bescheid vom 28.11.2000).
Wegen Arbeitsunfähigkeit hatte der Kläger Anspruch auf Krankengeld vom 17.10. bis 28.11.2000. Die Beklagte berücksichtigte bei der Krankengeldberechnung vom 09.01.2001 die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nicht und forderte außerdem aus diesen Einkünften Krankenversicherungsbeiträge. Mit Schreiben vom 19.01.2001 machte der Kläger geltend: Da bei der Beitragsbemessung aufgrund des Einkommensteuerbescheides für 1998 ein Betrag von 3.733,50 DM zu grundegelegt worden sei, müsse dieser Betrag auch der Krankengeldberechnung zugrunde gelegt werden. Außerdem bestehe während des Krankengeldbezuges Beitragsfreiheit, so dass die für diese Zeit gezahlten Beiträge zu erstatten seien. Mit Bescheid vom 24.01.2001 nahm die Beklagte eine Neuberechnung des Krankengeldes vor, da bei der ursprünglichen Berechnung versehentlich von Gesamteinkünften in Höhe der Mindestbemessungsgrenze ausgegangen worden sei. Sie hielt an ihrer Auffassung fest, dass die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nicht zu berücksichtigen seien und das Krankengeld somit nur aus dem der Beitragsbemessung zugrundegelegten Arbeitseinkommen von 1.352,50 DM errechnet werden könne. Das Krankengeld betrage demgemäss brutto 31,65,--DM je Kalendertag. Dies ergebe sich aus § 28 Abs. 2 ihrer Satzung, wonach nur Einkünfte berücksichtigt werden könnten, die Einkommens- bzw. Entgeltersatz funktion hätten. Auf den Widerspruch des Klägers, mit dem er an seiner bisherigen Auffassung festhielt und zumindest Krankengeld nach einem Regelentgelt in Höhe der Mindestbemessungsgrundlage forderte, wiederholte die Beklagte mit Bescheid vom 09.02.2001 ihre Entscheidung hinsichtlich des Krankengeldes und wies mit Widerspruchsbescheid vom 06.04.2001 den Widerspruch zurück.
Im Klageverfahren hat der Kläger weiter verlangt, das Krankengeld müsse nach den gesamten der Beitragsbemessung zugrundegelegten Einkünften berechnet werden. Jedenfalls müsse ihm ein Krankengeld auf der Grundlage der Mindestbemessungsgrundlage gezahlt werden.
Mit Urteil vom 23.08.2001 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es sei ein tragender Grundsatz des Krankenversicherungsrechts, dass ein Versicherter im Falle der Arbeitsunfähigkeit nicht durch das Krankengeld besser gestellt sein dürfe. Somit sei für die Berechnung des Krankengeldes nur das bei Arbeitsunfähigkeit tatsächlich entfallene Arbeitseinkommen zu berücksichtigen.
Im Berufungsverfahren hält der Kläger unter Wiederholung seines bisherigen Vortrages an seiner Auffassung fest, dass zumindest ein nach der Mindestbemessungsgrundlage berechnetes Krankengeld zu zahlen sei. Soweit das Bundesverfassungsgericht in seinen Entscheidungen zur Nichtberücksichtigung von Einmalzahlungen bei Lohnersatzleistungen eine Äquivalenz zwischen entrichte ten Beiträgen und der Höhe der Leistung nicht gefordert habe, hätten diese Entscheidungen nur Arbeitnehmer betroffen. In seinem Falle sei jedoch schon deshalb ein der Beitragsleistung äquivalentes Krankengeld zu zahlen, weil die Beklagte in ihren Prospekten für Selbständige damit geworben habe, dass aufgrund des Mindestbeitrages ein Krankengeld in Höhe von 78,40 DM kalendertäglich erreicht werde.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 23.08.2001 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 24.01.2001 und 09.02.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 06.04.2001 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 17.10. bis 28.11.2000 Krankengeld in Höhe von 44,54 Euro brutto, hilfsweise 40,09 Euro brutto zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und sieht sich in ihrer Auffassung durch ein Schreiben des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) vom 05.04.2001 bestätigt, worin das BMG auf eine Anfrage ausführt, Beitragsbemessung und Krankengeld müssten bei selbständig Tätigen nicht in einem ursächlichen Zusammenhang stehen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet, denn die Beklagte hat in den angefochtenen Bescheiden zutreffend das Krankengeld nur aus dem der Beitragsbemessung zugrundegelegten Arbeitseinkommen berechnet.
Die Bemessungsgrundlage des Krankengeldes für Versicherte, die nicht Arbeitnehmer sind - also auch die freiwillig versicherten hauptberuflich Selbständigen - wird in § 47 Abs. 4 Satz 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) geregelt. Danach gilt als Regelentgelt der kalendertägliche Betrag, der zuletzt vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit für Beitragsbemessung maßgebend war.
Dieser Wortlaut scheint zwar für die Ansicht des Klägers zu sprechen, dass die gesamten der Beitragsbemessung zugrundegelegten Einnahmen zu berücksichtigen sind. Schon § 47 Abs. 4 Satz 5 SGB V macht aber deutlich, dass Beitragsbemessungsgrundlage und Bemessungsgrundlage des Krankengeldes nicht identisch sind, da die bei der Beitragsbemessung zu berücksichtigenden Beträge aus Renten (§ 226 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V) und Versorgungsbezüge (Nr. 3 a.a.O.) für die Krankengeldberechnung außer Betracht bleiben. Vorallem ist der systematische Zusammenhang mit § 47 Abs. 1 Satz 1 SGB V zu beachten. Diese Vorschrift definiert den für die Berechnung des Krankengeldes maßgebenden Begriff des Regelentgeltes, das nur Arbeitsentgelt (§ 14 Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV)) und Arbeitseinkommen (§ 15 SGB IV) umfasst. Krankengeld ist also nur aus beitragspflichtigem Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen zu zahlen. § 47 Abs. 4 Satz 2 SGB V kann daher nicht dahingehend ausgelegt werden, dass diese Vorschrift ein Regelentgelt in Höhe der nach § 240 Abs. 1 Satz 2 SGB IV beitragspflichtigen Einnahmen (oder gar im Falle der hauptberuflichen Selbständigen der Mindesteinnahmen des § 240 Abs. 4 Satz 2 SGB V) fingiert. Vielmehr erfasst das Regelentgelt auch im Rahmen dieser Vorschrift nur das Arbeitsentgelt und das Arbeitseinkommen (ebenso Geyer/Knorr/Krasney, Entgeltfortzahlung, Krankengeld, Mutterschaftsgeld, § 47 SGB V Rdn. 78; Brackmann/Finkenbusch, Gesetzliche Krankenversicherung, Gesetzliche Pflegeversicherung, Band I/1, Kapitel 3 - 84/1). Der Regelungsgehalt der Vorschrift beschränkt sich auf die Bestimmung des zeitlichen Bezugspunkts für die Bemessung des Krankengeldes aus dem Arbeitseinkommen. Da insoweit - anders als beim Arbeitsentgelt (vgl. § 47 Abs. 2 SGB V) - ein konkreter Bezugszeitraum nicht vorhanden ist, gilt als Regelentgelt das zuletzt vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit beitragspflichtige Arbeitseinkommen, also der Betrag, der mindestens einen Kalendertag vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit für die Beitragsbemessung maßgeblich war (vgl. Schmidt in: Peters, Handbuch der Krankenversicherung - SGB V, § 47 Rdn. 134; Brackmann/ Finkenbusch, a.a.O., Kapitel 3-84/2).
Dass auch bei Nichtarbeitnehmern nur das bei Arbeitsunfähigkeit entfallende Arbeitseinkommen und Arbeitsentgelt durch das Krankengeld ersetzt werden soll, macht auch die Gesetzesbegründung zu der bereits in der Vorgängervorschrift des § 182 Abs. 6 Reichsversicherungsordnung (RVO) enthaltenen Nichtberücksichtigung der Beträge aus Renten- und Versorgungsbezügen deutlich. Durch das Gesetz über die Anpassung der Renten in der gesetzlichen Rentenversicherung im Jahr 1982 vom 01.12.1981 (RAG 1982, BGBl. I, 1205) wurde im Zusammenhang mit der Neuregelung der Finanzierung der Krankenversicherung der Rentner und der Einführung individueller Beiträge zwar Rentnern, für die ein Grundlohn auch nach dem Arbeitseinkommen festgesetzt wurde, ein Krankengeldanspruch anstelle des wegen Arbeitsunfähigkeit entgangenen Arbeitseinkommens eingeräumt. Gleichzeitig sollten aber Renten und Versorgungsbezüge weiterhin bei der Berechnung des Krankengeldes außer Betracht bleiben, weil diese Beträge bereits Lohnersatzfunktion hätten und bei Arbeitsunfähigkeit weitergezahlt würden (vgl. BT-Drucks. 9/458, S. 35). Diese in § 47 Abs. 4 Satz 5 SGB V übernommene Regelung hat nach dem oben Gesagtem freilich nur klarstellende Bedeutung, da Renten und Versorgungsbezüge schon deshalb nicht zu dem für die Krankengeldberechnung maßgebenden Regelentgelt zählen, weil Krankengeld nach § 47 Abs. 1 Satz 1 SGB V nur nach dem Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen zu berechnen ist (zutreffend Geyer/Knorr/Krasney, a.a.O. Rdn. 84).
Für die vom Senat vertretene Auffassung spricht auch der Charakter des Krankengeldes als Lohn(Entgelt)ersatzleistung. Es dient durch den Ausgleich des Verlustes von Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen der wirtschaftlichen Absicherung der Versicherten (vgl. Kass. Komm. - Höfler, § 44 SGB V Rdn. 2), setzt also voraus, dass der Versicherte eine wirtschaftliche Einbuße erlitten hat. Zwar mag die Entgeltersatzfunktion des Krankengelds bei Fehlen einer eindeutigen gesetzlichen Einschränkung nicht der Begründung eines Krankengeldanspruchs in Sonderfällen entgegenstehen, in denen tatsächlich kein durch die Arbeitsunfähigkeit verursachter Einkommensausfall entstanden ist (siehe insoweit BSGE 68, 11 unter Aufgabe von BSGE 43, 86; neuerdings BSG, Urteile vom 07.05.2002 - B 1 KR 24/01 R; 16/01 R; 35/01 R; 21/01 R; 3/02 R; 10/02 R). Sie ist jedoch bei der Interpretation der Berechnungsvorschriften des Krankengeldes zu berücksichtigen und steht einer Auslegung entgegen, durch die Versicherte ein Krankengeld erhalten würden, das den durch die Arbeitsunfähigkeit tatsächlich verursachten Einkommensverlust übersteigt. Es ist offensichtlich, dass bei Berechnung des Regelentgelts nach den gesamten der Beitragsbemessung ab 01.06.2000 zugrundegelegten Einnahmen in Höhe von 3.733,50 DM und einem daraus folgenden kalendertäglichen Krankengeldanspruch von 87,12 DM brutto die wirtschaftliche Situation des Klägers während der Zeit der Arbeitsunfähigkeit wesentlich besser wäre, da die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung weiter ungeschmälert zugeflossen sind. Eine solche Besserstellung würde dem versicherungsrechtlichen Bereicherungsverbot widersprechen, wonach der Versicherte durch die Versicherungsleistung nicht besser gestellt werden darf, als er ohne Eintritt des Versicherungsfalles stünde (siehe dazu Rolfs, Das Versicherungsprinzip im Sozialversicherungsrecht, 2000, S. 275). Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss vom 11.01.1995 diesen Grundsatz bestätigt und ausgeführt, durch die Berechnung der laufenden Lohnersatzleistungen dürfe die wirtschaftliche Situation des Versicherten nicht verzerrt oder dieser gar besser gestellt werden, als er ohne Eintritt des Versicherungsfalles stünde (BVerfGE 92, 53, 72). Es kann daher nicht angenommen werden, dass § 47 Abs. 4 Satz 2 SGB V Versicherten einen Krankengeldanspruch einräumen will, der die durch die Arbeitsunfähigkeit tatsächlich bedingte Einbuße ihrer Einnahmen übersteigt.
Eine andere Beurteilung ist auch nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten. Das Sozialgericht hat bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass bei der Bemessung kurzfristiger Lohnersatzleistungen eine versicherungsmathematische Äquivalenz zwischen den entrichteten Beiträgen und der Höhe der Leistung von Verfassungs wegen nicht geboten ist (BVerfGE 92, 53, 71; 102, 127, 142). Entgegen der Auffassung des Klägers gilt diese Aussage für alle Versichertengruppen, also auch für die freiwillig versicherten Selbständigen. Das Bundesverfassungsgericht hat in den genannten Entscheidungen lediglich einen sachlichen Grund dafür gefordert, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, die Maßstab für die Heranziehung zu Beiträgen ist und die durch die Arbeitsunfähigkeit verursachte Einbuße an wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit, die Maßstab für die Berechnung der Lohnersatzleistung ist, unterschiedlich zu definieren. Hier ist es sachlich gerechtfertigt, die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zwar bei der Beitragsbemessung, nicht aber bei der Krankengeldberechnung zu berücksichtigen. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Klägers wird durch diese Einnahmen (mit-)bestimmt, so dass beitragsrechtlich die Heranziehung dieser Einnahmen geboten ist (§ 240 Abs. 1 Satz 2 SGB V). Auf der anderen Seite führt der Versicherungsfall der Arbeitsunfähigkeit aber nicht zu einem Verlust dieser Einkünfte, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Klägers mindert sich insoweit also nicht. Insoweit ist kein Ausgleich durch das Krankengeld erforderlich. Im Gegenteil bedeutet der Umstand, dass die Leistungsfähigkeit erhalten bleibt, dass aus diesen Einkünften - was der Kläger letztlich durch Rücknahme des ursprünglich gestellten Erstattungsantrags anerkannt hat - auch während einer Arbeitsunfähigkeit Beiträge zu entrichten sind. § 224 Abs. 1 Satz 2 SGB V beschränkt die Beitragsfreiheit ausdrücklich auf die in Satz 1 genannten Leistungen, so dass neben dem Krankengeld zufliessende Einnahmen beitragspflichtig bleiben (vgl. Kass. Komm. - Peters, § 224 SGB V Rdn. 10).
Unerheblich ist insoweit auch, dass der Kläger, der einen Anspruch auf Krankengeld ab dem 22. Tag der Arbeitsunfähigkeit gewählt hat, den erhöhten Beitragssatz (§ 242 SGB V) für die gesamten beitragspflichtigen Einnahmen zu zahlen hat, obwohl diese Erhöhung des Beitragssatzes nur das erhöhte Krankenrisiko abdecken soll (vgl. Kass. Komm. - Peters, § 242 SGB V Rdn. 2) und er aus den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung kein Krankengeld erhält. Das Gesetz sieht nur eine grobe Berücksichtigung des individuellen Risikos in Gestalt des allgemeinen (§ 241 SGB V), erhöhten (§ 242 SGB V) und ermäßigten (§ 243 SGB V) Beitragssatzes vor und schließt die Möglichkeit einer weiteren Differenzierung nach individuellen leistungsrechtlichen Risiken aus (vgl. BSG SozR 3-2500 § 243 Nrn. 2, 3). Der Beitragssatz gilt naturgemäss - sofern keine anderweitige gesetzliche Regelung eingreift - für alle beitragspflichtigen Einnahmen. Es ist Sache des Versicherten, für sich abzuwägen und eine Wahl zum Umfang des Krankenversicherungsschutzes zu treffen, wenn ein Teil seiner (beitragspflichtigen) Einnahmen bei der Krankengeldberechnung unberücksichtigt bleibt. Erweist sich seine Wahl als wirtschaftlich unsinnig, kann er nicht eine "Äquivalenzstörung" rügen, sondern muss für die Zukunft seine Entscheidung korrigieren.
Die Behauptung des Klägers, die Beklagte habe mit einem "Mindestkrankengeld" von 78,40 DM (40,09 Euro) geworben, trifft nicht zu. In der vom Kläger eingereichten Übersicht der Beklagten über Beitragssätze, Grenzwerte und Beiträge im Jahr 2000 steht über den Spalten der Krankengeldbeträge "max/Tag". Die Beklagte hat also lediglich auf den bei Leistung des Mindestbeitrages höchstmöglichen Krankengeldanspruch hingewiesen. Es kann daher dahinstehen, welche rechtliche Relevanz eine Werbung mit einer unzutreffender Aussage hätte.
Der Kläger kann auch kein Krankengeld nach der beitragsrechtlichen Mindestbemessungsgrundlage (§ 240 Abs. 4 Satz 2 SGB V) beanspruchen. Davon abgesehen, dass die Beklagte die Beitragseinstufung nach den tatsächlichen Einnahmen vorgenommen hat und somit eine Berechnung des Krankengeldes nach den Mindesteinnahmen des § 240 Abs. 4 Satz 2 SGB V ohnehin nicht mit § 47 Abs. 4 Satz 2 SGB V zu vereinbaren wäre, stellen die Mindesteinnahmen grundsätzlich keine geeignete Grundlage für die Berechnung des Krankengeldes dar.
Die Mindesteinnahmegrenze ist nämlich losgelöst von der individuellen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Versicherten. Das Gesetz legt insoweit von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit abweichende fiktive Einnahmen der Beitragsbemessung zugrunde, die Regelung soll der Festlegung eines sachgerechten Mindestbeitrags für Selbständige dienen (BT-Drucks. 3937, S. 17). Das Bundesverfassungsgericht hat im Beschluss vom 22.05.2001 die Verfassungsmäßigkeit der Mindesteinnahmegrenze bestätigt und dazu ausgeführt, die durch die Vorschrift des § 240 Abs. 4 Satz 2 SGB V festgelegte Mindestbemessungsgrenze diene der Beitragsgerechtigkeit, da sie den der Gruppe der Selbständigen aus den günstigen Grundlagen der Beitragsbemessung erwachsenden Vorteil typisierend ausgleiche. Außerdem werde sichergestellt, dass versicherungsfreie Selbständige einen angemessenen Beitrag zur Absicherung ihres Krankheitsrisikos leisteten (BVerfG SozR 3-2500 § 240 Nr. 39; siehe auch BSGE 79, 133, 142 ff). Die Vorschrift hat somit eine allein auf das Beitragsrecht beschränkte Funktion, die einer Berücksichtigung der dort geregelten Mindesteinnahmen im Rahmen des § 47 Abs. 4 Satz 2 SGB V entgegensteht. Da sich die individuelle wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Versicherten nicht in der Höhe der geleisteten Beiträge ausdrückt, kann umgekehrt die Mindestbemessungsgrundlage auch keinen Anhalt für die durch die Arbeitsunfähigkeit verursachte Einbuße an wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit bieten. Sollte die Beklagte (worauf ihre Ausführungen im Bescheid vom 24.01.2001 hindeuten), bei einem unter der Mindestbemessungsgrundlage liegenden tatsächlichen Arbeitseinkommen Krankengeld grundsätzlich in Höhe des Mindestbemessungswertes gewähren, könnte diese fehlerhafte Verwaltungspraxis ebenfalls nicht zu einem für den Kläger günstigeren Ergebnis führen, da eine Gleichbehandlung im Unrecht nicht beansprucht werden kann.
Die Beklagte hat somit zu Recht für die Zeit vom 17.10. bis 28.11.2000 Krankengeld nur aus dem Arbeitseinkommen, dass seit dem 01.06.2000 der Beitragsberechnung unterlag, in der rechnerisch unstreitigen Höhe von 31,56 DM brutto gewährt, so dass die Berufung ohne Erfolg bleiben musste.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Der Senat hat dem Rechtsstreit grundsätzliche Bedeutung beigemessen und daher die Revision zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Berechnung von Krankengeld.
Der 1938 geborene Kläger ist als hauptberuflich selbständiger Getränkekaufmann freiwilliges Mitglied der Beklagten mit Anspruch auf Krankengeld ab dem 22. Tag der Arbeitsunfähigkeit. Für die mit Anspruch auf Krankengeld versicherten hauptberuflich selbständig erwerbstätigen Mitglieder sieht § 28 Abs. 2 Satz 1 der Satzung der Beklagten (in der ab 01.06.2000 geltenden Fassung) vor: "Bemessungsgrundlage des Krankengeldes ist ... ein Dreißigstel des für den dem Eintritt der Arbeitsunfähigkeit vorausgehenden Kalendermonats maßgebenden Beitragsbemessungswertes, soweit damit die Einkommens- bzw. Entgeltersatzfunktion erfüllt ist".
Der Kläger erzielte im Jahr 1998 einen Gewinn aus dem Gewerbebetrieb in Höhe von 16.230,--DM sowie Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 28.577,-- DM (Einkommensteuerbescheid vom 03.05.2000). Für die Beitragseinstufung für die Zeit vom 01.06.2000 bis 31.05.2001 legte die Beklagte dementsprechend monatliche Gesamteinkünfte von 3.733,50 DM (monatliches Arbeitseinkommen 1.352,50 DM, monatliche Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung 2.381,00 DM) zugrunde (Bescheid vom 28.11.2000).
Wegen Arbeitsunfähigkeit hatte der Kläger Anspruch auf Krankengeld vom 17.10. bis 28.11.2000. Die Beklagte berücksichtigte bei der Krankengeldberechnung vom 09.01.2001 die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nicht und forderte außerdem aus diesen Einkünften Krankenversicherungsbeiträge. Mit Schreiben vom 19.01.2001 machte der Kläger geltend: Da bei der Beitragsbemessung aufgrund des Einkommensteuerbescheides für 1998 ein Betrag von 3.733,50 DM zu grundegelegt worden sei, müsse dieser Betrag auch der Krankengeldberechnung zugrunde gelegt werden. Außerdem bestehe während des Krankengeldbezuges Beitragsfreiheit, so dass die für diese Zeit gezahlten Beiträge zu erstatten seien. Mit Bescheid vom 24.01.2001 nahm die Beklagte eine Neuberechnung des Krankengeldes vor, da bei der ursprünglichen Berechnung versehentlich von Gesamteinkünften in Höhe der Mindestbemessungsgrenze ausgegangen worden sei. Sie hielt an ihrer Auffassung fest, dass die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nicht zu berücksichtigen seien und das Krankengeld somit nur aus dem der Beitragsbemessung zugrundegelegten Arbeitseinkommen von 1.352,50 DM errechnet werden könne. Das Krankengeld betrage demgemäss brutto 31,65,--DM je Kalendertag. Dies ergebe sich aus § 28 Abs. 2 ihrer Satzung, wonach nur Einkünfte berücksichtigt werden könnten, die Einkommens- bzw. Entgeltersatz funktion hätten. Auf den Widerspruch des Klägers, mit dem er an seiner bisherigen Auffassung festhielt und zumindest Krankengeld nach einem Regelentgelt in Höhe der Mindestbemessungsgrundlage forderte, wiederholte die Beklagte mit Bescheid vom 09.02.2001 ihre Entscheidung hinsichtlich des Krankengeldes und wies mit Widerspruchsbescheid vom 06.04.2001 den Widerspruch zurück.
Im Klageverfahren hat der Kläger weiter verlangt, das Krankengeld müsse nach den gesamten der Beitragsbemessung zugrundegelegten Einkünften berechnet werden. Jedenfalls müsse ihm ein Krankengeld auf der Grundlage der Mindestbemessungsgrundlage gezahlt werden.
Mit Urteil vom 23.08.2001 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es sei ein tragender Grundsatz des Krankenversicherungsrechts, dass ein Versicherter im Falle der Arbeitsunfähigkeit nicht durch das Krankengeld besser gestellt sein dürfe. Somit sei für die Berechnung des Krankengeldes nur das bei Arbeitsunfähigkeit tatsächlich entfallene Arbeitseinkommen zu berücksichtigen.
Im Berufungsverfahren hält der Kläger unter Wiederholung seines bisherigen Vortrages an seiner Auffassung fest, dass zumindest ein nach der Mindestbemessungsgrundlage berechnetes Krankengeld zu zahlen sei. Soweit das Bundesverfassungsgericht in seinen Entscheidungen zur Nichtberücksichtigung von Einmalzahlungen bei Lohnersatzleistungen eine Äquivalenz zwischen entrichte ten Beiträgen und der Höhe der Leistung nicht gefordert habe, hätten diese Entscheidungen nur Arbeitnehmer betroffen. In seinem Falle sei jedoch schon deshalb ein der Beitragsleistung äquivalentes Krankengeld zu zahlen, weil die Beklagte in ihren Prospekten für Selbständige damit geworben habe, dass aufgrund des Mindestbeitrages ein Krankengeld in Höhe von 78,40 DM kalendertäglich erreicht werde.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 23.08.2001 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 24.01.2001 und 09.02.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 06.04.2001 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 17.10. bis 28.11.2000 Krankengeld in Höhe von 44,54 Euro brutto, hilfsweise 40,09 Euro brutto zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und sieht sich in ihrer Auffassung durch ein Schreiben des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) vom 05.04.2001 bestätigt, worin das BMG auf eine Anfrage ausführt, Beitragsbemessung und Krankengeld müssten bei selbständig Tätigen nicht in einem ursächlichen Zusammenhang stehen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet, denn die Beklagte hat in den angefochtenen Bescheiden zutreffend das Krankengeld nur aus dem der Beitragsbemessung zugrundegelegten Arbeitseinkommen berechnet.
Die Bemessungsgrundlage des Krankengeldes für Versicherte, die nicht Arbeitnehmer sind - also auch die freiwillig versicherten hauptberuflich Selbständigen - wird in § 47 Abs. 4 Satz 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) geregelt. Danach gilt als Regelentgelt der kalendertägliche Betrag, der zuletzt vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit für Beitragsbemessung maßgebend war.
Dieser Wortlaut scheint zwar für die Ansicht des Klägers zu sprechen, dass die gesamten der Beitragsbemessung zugrundegelegten Einnahmen zu berücksichtigen sind. Schon § 47 Abs. 4 Satz 5 SGB V macht aber deutlich, dass Beitragsbemessungsgrundlage und Bemessungsgrundlage des Krankengeldes nicht identisch sind, da die bei der Beitragsbemessung zu berücksichtigenden Beträge aus Renten (§ 226 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V) und Versorgungsbezüge (Nr. 3 a.a.O.) für die Krankengeldberechnung außer Betracht bleiben. Vorallem ist der systematische Zusammenhang mit § 47 Abs. 1 Satz 1 SGB V zu beachten. Diese Vorschrift definiert den für die Berechnung des Krankengeldes maßgebenden Begriff des Regelentgeltes, das nur Arbeitsentgelt (§ 14 Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV)) und Arbeitseinkommen (§ 15 SGB IV) umfasst. Krankengeld ist also nur aus beitragspflichtigem Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen zu zahlen. § 47 Abs. 4 Satz 2 SGB V kann daher nicht dahingehend ausgelegt werden, dass diese Vorschrift ein Regelentgelt in Höhe der nach § 240 Abs. 1 Satz 2 SGB IV beitragspflichtigen Einnahmen (oder gar im Falle der hauptberuflichen Selbständigen der Mindesteinnahmen des § 240 Abs. 4 Satz 2 SGB V) fingiert. Vielmehr erfasst das Regelentgelt auch im Rahmen dieser Vorschrift nur das Arbeitsentgelt und das Arbeitseinkommen (ebenso Geyer/Knorr/Krasney, Entgeltfortzahlung, Krankengeld, Mutterschaftsgeld, § 47 SGB V Rdn. 78; Brackmann/Finkenbusch, Gesetzliche Krankenversicherung, Gesetzliche Pflegeversicherung, Band I/1, Kapitel 3 - 84/1). Der Regelungsgehalt der Vorschrift beschränkt sich auf die Bestimmung des zeitlichen Bezugspunkts für die Bemessung des Krankengeldes aus dem Arbeitseinkommen. Da insoweit - anders als beim Arbeitsentgelt (vgl. § 47 Abs. 2 SGB V) - ein konkreter Bezugszeitraum nicht vorhanden ist, gilt als Regelentgelt das zuletzt vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit beitragspflichtige Arbeitseinkommen, also der Betrag, der mindestens einen Kalendertag vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit für die Beitragsbemessung maßgeblich war (vgl. Schmidt in: Peters, Handbuch der Krankenversicherung - SGB V, § 47 Rdn. 134; Brackmann/ Finkenbusch, a.a.O., Kapitel 3-84/2).
Dass auch bei Nichtarbeitnehmern nur das bei Arbeitsunfähigkeit entfallende Arbeitseinkommen und Arbeitsentgelt durch das Krankengeld ersetzt werden soll, macht auch die Gesetzesbegründung zu der bereits in der Vorgängervorschrift des § 182 Abs. 6 Reichsversicherungsordnung (RVO) enthaltenen Nichtberücksichtigung der Beträge aus Renten- und Versorgungsbezügen deutlich. Durch das Gesetz über die Anpassung der Renten in der gesetzlichen Rentenversicherung im Jahr 1982 vom 01.12.1981 (RAG 1982, BGBl. I, 1205) wurde im Zusammenhang mit der Neuregelung der Finanzierung der Krankenversicherung der Rentner und der Einführung individueller Beiträge zwar Rentnern, für die ein Grundlohn auch nach dem Arbeitseinkommen festgesetzt wurde, ein Krankengeldanspruch anstelle des wegen Arbeitsunfähigkeit entgangenen Arbeitseinkommens eingeräumt. Gleichzeitig sollten aber Renten und Versorgungsbezüge weiterhin bei der Berechnung des Krankengeldes außer Betracht bleiben, weil diese Beträge bereits Lohnersatzfunktion hätten und bei Arbeitsunfähigkeit weitergezahlt würden (vgl. BT-Drucks. 9/458, S. 35). Diese in § 47 Abs. 4 Satz 5 SGB V übernommene Regelung hat nach dem oben Gesagtem freilich nur klarstellende Bedeutung, da Renten und Versorgungsbezüge schon deshalb nicht zu dem für die Krankengeldberechnung maßgebenden Regelentgelt zählen, weil Krankengeld nach § 47 Abs. 1 Satz 1 SGB V nur nach dem Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen zu berechnen ist (zutreffend Geyer/Knorr/Krasney, a.a.O. Rdn. 84).
Für die vom Senat vertretene Auffassung spricht auch der Charakter des Krankengeldes als Lohn(Entgelt)ersatzleistung. Es dient durch den Ausgleich des Verlustes von Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen der wirtschaftlichen Absicherung der Versicherten (vgl. Kass. Komm. - Höfler, § 44 SGB V Rdn. 2), setzt also voraus, dass der Versicherte eine wirtschaftliche Einbuße erlitten hat. Zwar mag die Entgeltersatzfunktion des Krankengelds bei Fehlen einer eindeutigen gesetzlichen Einschränkung nicht der Begründung eines Krankengeldanspruchs in Sonderfällen entgegenstehen, in denen tatsächlich kein durch die Arbeitsunfähigkeit verursachter Einkommensausfall entstanden ist (siehe insoweit BSGE 68, 11 unter Aufgabe von BSGE 43, 86; neuerdings BSG, Urteile vom 07.05.2002 - B 1 KR 24/01 R; 16/01 R; 35/01 R; 21/01 R; 3/02 R; 10/02 R). Sie ist jedoch bei der Interpretation der Berechnungsvorschriften des Krankengeldes zu berücksichtigen und steht einer Auslegung entgegen, durch die Versicherte ein Krankengeld erhalten würden, das den durch die Arbeitsunfähigkeit tatsächlich verursachten Einkommensverlust übersteigt. Es ist offensichtlich, dass bei Berechnung des Regelentgelts nach den gesamten der Beitragsbemessung ab 01.06.2000 zugrundegelegten Einnahmen in Höhe von 3.733,50 DM und einem daraus folgenden kalendertäglichen Krankengeldanspruch von 87,12 DM brutto die wirtschaftliche Situation des Klägers während der Zeit der Arbeitsunfähigkeit wesentlich besser wäre, da die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung weiter ungeschmälert zugeflossen sind. Eine solche Besserstellung würde dem versicherungsrechtlichen Bereicherungsverbot widersprechen, wonach der Versicherte durch die Versicherungsleistung nicht besser gestellt werden darf, als er ohne Eintritt des Versicherungsfalles stünde (siehe dazu Rolfs, Das Versicherungsprinzip im Sozialversicherungsrecht, 2000, S. 275). Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss vom 11.01.1995 diesen Grundsatz bestätigt und ausgeführt, durch die Berechnung der laufenden Lohnersatzleistungen dürfe die wirtschaftliche Situation des Versicherten nicht verzerrt oder dieser gar besser gestellt werden, als er ohne Eintritt des Versicherungsfalles stünde (BVerfGE 92, 53, 72). Es kann daher nicht angenommen werden, dass § 47 Abs. 4 Satz 2 SGB V Versicherten einen Krankengeldanspruch einräumen will, der die durch die Arbeitsunfähigkeit tatsächlich bedingte Einbuße ihrer Einnahmen übersteigt.
Eine andere Beurteilung ist auch nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten. Das Sozialgericht hat bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass bei der Bemessung kurzfristiger Lohnersatzleistungen eine versicherungsmathematische Äquivalenz zwischen den entrichteten Beiträgen und der Höhe der Leistung von Verfassungs wegen nicht geboten ist (BVerfGE 92, 53, 71; 102, 127, 142). Entgegen der Auffassung des Klägers gilt diese Aussage für alle Versichertengruppen, also auch für die freiwillig versicherten Selbständigen. Das Bundesverfassungsgericht hat in den genannten Entscheidungen lediglich einen sachlichen Grund dafür gefordert, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, die Maßstab für die Heranziehung zu Beiträgen ist und die durch die Arbeitsunfähigkeit verursachte Einbuße an wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit, die Maßstab für die Berechnung der Lohnersatzleistung ist, unterschiedlich zu definieren. Hier ist es sachlich gerechtfertigt, die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zwar bei der Beitragsbemessung, nicht aber bei der Krankengeldberechnung zu berücksichtigen. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Klägers wird durch diese Einnahmen (mit-)bestimmt, so dass beitragsrechtlich die Heranziehung dieser Einnahmen geboten ist (§ 240 Abs. 1 Satz 2 SGB V). Auf der anderen Seite führt der Versicherungsfall der Arbeitsunfähigkeit aber nicht zu einem Verlust dieser Einkünfte, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Klägers mindert sich insoweit also nicht. Insoweit ist kein Ausgleich durch das Krankengeld erforderlich. Im Gegenteil bedeutet der Umstand, dass die Leistungsfähigkeit erhalten bleibt, dass aus diesen Einkünften - was der Kläger letztlich durch Rücknahme des ursprünglich gestellten Erstattungsantrags anerkannt hat - auch während einer Arbeitsunfähigkeit Beiträge zu entrichten sind. § 224 Abs. 1 Satz 2 SGB V beschränkt die Beitragsfreiheit ausdrücklich auf die in Satz 1 genannten Leistungen, so dass neben dem Krankengeld zufliessende Einnahmen beitragspflichtig bleiben (vgl. Kass. Komm. - Peters, § 224 SGB V Rdn. 10).
Unerheblich ist insoweit auch, dass der Kläger, der einen Anspruch auf Krankengeld ab dem 22. Tag der Arbeitsunfähigkeit gewählt hat, den erhöhten Beitragssatz (§ 242 SGB V) für die gesamten beitragspflichtigen Einnahmen zu zahlen hat, obwohl diese Erhöhung des Beitragssatzes nur das erhöhte Krankenrisiko abdecken soll (vgl. Kass. Komm. - Peters, § 242 SGB V Rdn. 2) und er aus den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung kein Krankengeld erhält. Das Gesetz sieht nur eine grobe Berücksichtigung des individuellen Risikos in Gestalt des allgemeinen (§ 241 SGB V), erhöhten (§ 242 SGB V) und ermäßigten (§ 243 SGB V) Beitragssatzes vor und schließt die Möglichkeit einer weiteren Differenzierung nach individuellen leistungsrechtlichen Risiken aus (vgl. BSG SozR 3-2500 § 243 Nrn. 2, 3). Der Beitragssatz gilt naturgemäss - sofern keine anderweitige gesetzliche Regelung eingreift - für alle beitragspflichtigen Einnahmen. Es ist Sache des Versicherten, für sich abzuwägen und eine Wahl zum Umfang des Krankenversicherungsschutzes zu treffen, wenn ein Teil seiner (beitragspflichtigen) Einnahmen bei der Krankengeldberechnung unberücksichtigt bleibt. Erweist sich seine Wahl als wirtschaftlich unsinnig, kann er nicht eine "Äquivalenzstörung" rügen, sondern muss für die Zukunft seine Entscheidung korrigieren.
Die Behauptung des Klägers, die Beklagte habe mit einem "Mindestkrankengeld" von 78,40 DM (40,09 Euro) geworben, trifft nicht zu. In der vom Kläger eingereichten Übersicht der Beklagten über Beitragssätze, Grenzwerte und Beiträge im Jahr 2000 steht über den Spalten der Krankengeldbeträge "max/Tag". Die Beklagte hat also lediglich auf den bei Leistung des Mindestbeitrages höchstmöglichen Krankengeldanspruch hingewiesen. Es kann daher dahinstehen, welche rechtliche Relevanz eine Werbung mit einer unzutreffender Aussage hätte.
Der Kläger kann auch kein Krankengeld nach der beitragsrechtlichen Mindestbemessungsgrundlage (§ 240 Abs. 4 Satz 2 SGB V) beanspruchen. Davon abgesehen, dass die Beklagte die Beitragseinstufung nach den tatsächlichen Einnahmen vorgenommen hat und somit eine Berechnung des Krankengeldes nach den Mindesteinnahmen des § 240 Abs. 4 Satz 2 SGB V ohnehin nicht mit § 47 Abs. 4 Satz 2 SGB V zu vereinbaren wäre, stellen die Mindesteinnahmen grundsätzlich keine geeignete Grundlage für die Berechnung des Krankengeldes dar.
Die Mindesteinnahmegrenze ist nämlich losgelöst von der individuellen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Versicherten. Das Gesetz legt insoweit von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit abweichende fiktive Einnahmen der Beitragsbemessung zugrunde, die Regelung soll der Festlegung eines sachgerechten Mindestbeitrags für Selbständige dienen (BT-Drucks. 3937, S. 17). Das Bundesverfassungsgericht hat im Beschluss vom 22.05.2001 die Verfassungsmäßigkeit der Mindesteinnahmegrenze bestätigt und dazu ausgeführt, die durch die Vorschrift des § 240 Abs. 4 Satz 2 SGB V festgelegte Mindestbemessungsgrenze diene der Beitragsgerechtigkeit, da sie den der Gruppe der Selbständigen aus den günstigen Grundlagen der Beitragsbemessung erwachsenden Vorteil typisierend ausgleiche. Außerdem werde sichergestellt, dass versicherungsfreie Selbständige einen angemessenen Beitrag zur Absicherung ihres Krankheitsrisikos leisteten (BVerfG SozR 3-2500 § 240 Nr. 39; siehe auch BSGE 79, 133, 142 ff). Die Vorschrift hat somit eine allein auf das Beitragsrecht beschränkte Funktion, die einer Berücksichtigung der dort geregelten Mindesteinnahmen im Rahmen des § 47 Abs. 4 Satz 2 SGB V entgegensteht. Da sich die individuelle wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Versicherten nicht in der Höhe der geleisteten Beiträge ausdrückt, kann umgekehrt die Mindestbemessungsgrundlage auch keinen Anhalt für die durch die Arbeitsunfähigkeit verursachte Einbuße an wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit bieten. Sollte die Beklagte (worauf ihre Ausführungen im Bescheid vom 24.01.2001 hindeuten), bei einem unter der Mindestbemessungsgrundlage liegenden tatsächlichen Arbeitseinkommen Krankengeld grundsätzlich in Höhe des Mindestbemessungswertes gewähren, könnte diese fehlerhafte Verwaltungspraxis ebenfalls nicht zu einem für den Kläger günstigeren Ergebnis führen, da eine Gleichbehandlung im Unrecht nicht beansprucht werden kann.
Die Beklagte hat somit zu Recht für die Zeit vom 17.10. bis 28.11.2000 Krankengeld nur aus dem Arbeitseinkommen, dass seit dem 01.06.2000 der Beitragsberechnung unterlag, in der rechnerisch unstreitigen Höhe von 31,56 DM brutto gewährt, so dass die Berufung ohne Erfolg bleiben musste.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Der Senat hat dem Rechtsstreit grundsätzliche Bedeutung beigemessen und daher die Revision zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Rechtskraft
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