L 16 KR 266/99

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 6 KR 69/98
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 16 KR 266/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts (SG) Dortmund vom 19. Oktober 1999 wird zurückgewiesen. Kosten haben die Beteiligten einander auch im zweiten Rechtszug nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin beansprucht von der beklagten Ersatzkasse die Erstattung von Kosten, die dadurch entstanden sind, daß sie sich am Montag, dem 3. November 1997 zur Koronardiagnostik einer Elektronenstrahltomographie (EBT oder EBCT) im Institut für Mikrotherapie der Universität .../ ... (Prof. Dr. G ...) unterzogen hat.

Die Klägerin ist am 10.5.1940 geboren. Ausweislich des Eingangsstempels ging am Montag, dem 27. Oktober 1997, bei der Beklagten ein Schreiben des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. B ... aus W ... vom 24.10.1997 ein. Dieser bescheinigte zur Vorlage bei der Krankenkasse: bei der Klägerin bestünden seit längerer Zeit subjektiv Beschwerden iS einer angina pectoris; die Beschwerden strahlten von der Brust bis in den Unterkiefer und in die Zähne aus; die Beschwerden träten allerdings nicht bei Belastung, sondern ohne erkennbaren Anlaß, meistens morgens auf, seien aber auf Nitro-Lingual-Spray rückläufig; da weiterhin auch das Belastungs-EKG bei entsprechender Belastung ischämische Veränderungen aufweise, sei ein invasives Vorgehen unter Berücksichtigung der Vorzeitigkeit der Erkrankung im Hinblick auf das Lebensalter erforderlich; verständlicherweise könne sich die Klägerin zu dem nicht völlig ungefährlichen invasiven großen Herzkatheter nicht entschließen; wenn auch heute Routineverfahren, so seien doch Komplikationen nicht zu leugnen, in seinem Klientel immerhin ein Todesfall; mit der sogenannten Elektrodenstrahl-Computertomographie stelle sich nunmehr ein neues Verfahren dar, das zunächst an der Universitätsklinik E ... aufgegriffen worden sei; es lasse sich hier ohne Eingriff durch besondere Technik eine Darstellung der extra-epicardialen Gefäße durchführen; diese Untersuchung sei hinreichend, um zu entscheiden, ob eine weitere Diagnostik, insbesondere mit Berücksichtigung etwaiger Therapie konsequenzen durchzuführen sei; er glaube kaum, daß das Verfahren von der Schulmedizin nicht akzeptiert sei; auf der anderen Seite gebe er zu bedenken, daß die Kosten bei einem invasiv durchgeführten Herzkatheter durch die stationäre Aufnahme sicher gleichwertig wären.

Mit Datum des 28.10.1997 wandte sich die Beklagte (Frau E. W ...) an den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) und bat vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zu prüfen, ob ein Leistungsanspruch für die von der Klägerin in Aussicht genommene außervertragliche Untersuchungs- und Behandlungsmethode bestehe. Die Internistin Dr. R ... vermerkte auf dem Anschreiben der Kasse mit Datum des 31.10.1997, das Risiko für eine Koronarangiographie liege derzeit bei einem Prozent, sodaß die genannten Kosten nicht im Verhältnis stünden; die Methode sei in der Effizienz noch nicht bewiesen. Diese Antwort ging ausweislich des Eingangsstempels am 3.11.1997 bei der Kasse ein. Mit Bescheid vom selben Tag lehnte die Beklagte (gez. R ...) die Übernahme von Kosten für eine EBCT ab, weil § 2 des Sozialgesetzbuches (SGB) V neue, nicht ausreichend erprobte Verfahren ausschließe.

Die Klägerin erhob am 27.11.1997 Widerspruch. Sie wandte ein, die Beklagte sei offensichtlich nicht über den Stand der Diagnostik bei Herzkrankheiten informiert; es gebe keine andere Möglichkeit, den Grad einer Herzverkalkung festzustellen als mit der EBCT; sie verweise auf das Urteil des BSG vom 5.7.1995 (1 RK 6/95) und den beigefügten Aufsatz von Schmermund, Erbel, Grönemeyer et alt. in Dtsch.med.Wschr. 120 (1995), 1229 ff; die TKK habe in einem vergleichbaren Fall die Kosten übernommen. Am 23.12.1997 gingen bei der Beklagten weitere Unterlagen ein - eine nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) spezifizierte Rechnung des zur vertragsärztlichen Versorgung nicht zugelassenen Prof. Dr. G ... vom 5.12.1997 über 1462,09 DM für die am 3.11.1997 zum Ausschluß einer koronaren Herzkrankheit (KHK) durchgeführte ultraschnelle EBCT

- allgemeine Erläuterungen des Prof. Dr. G ... zur streitigen Methode zur Vorlage bei der Krankenkasse mit u.a. dem Hinweis, es handle sich um eine Art Vorsorgeuntersuchung, mit der eine genaue Feststellung der Einengungen und des Einengungsgrades nicht möglich sei, die aber in der Lage sei, Koronarkalk hochsensitiv zu entdecken und quantitativ zu erfassen, jedoch nicht genüge bei bekannten Gefäßverengungen oder Verschlüssen und allgemein nach Herzinfarkt in der Vorgeschichte

- ein Bericht des Institutes für Mikrotherapie über die Durchführung der Untersuchung vom 12.11.1997, in dem es abschließend heißt, eine hämodynamisch wirksame koronare Herzerkrankung sei nicht mehr auszuschließen; man empfehle eine fachkardiologische Vorstellung zur weiteren Diagnostik bzw. Therapie

- eine Zeitungsnotiz über ein Interview mit Prof. Dr. M ... von der Universität E ...

Die Widerspruchsstelle der Beklagten wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 23.4.1998 zurück.

Die Klägerin hat am 25.5.1998 durch ihre Bevollmächtigte Klage erhoben. Diese hat u.a. zu den Akten gereicht - einen Aufsatz vom Erbel, Grönemeyer et alt. zur EBCT aus Dt.Ärztebl. 95, Heft 18, 1. Mai 1998, A-1092

- einen Zeitungsartikel vom 14.12.1997 "Frühe Warnung vor Infarkt"

- eine Publikation von Baumgart, Schmermund Grönemeyer, Erbel et alt. "Comparison of EBCT with ... " aus "Journal American College of Cardiology"

- "Gecko informiert - Dem Herzinfarkt vorbeugen"

- eine Seite aus "Freizeit Revue"

- ein Schreiben des Sekretariats des o.a. Institutes für Mikrotherapie vom 12.10.1998, nach dem BEK, eine AOK, HEK, eine BKK und die Hamburg-Münchner-Ersatzkasse entsprechende Kosten ganz oder teilweise übernähmen

- ein Schreiben der TKK vom 16.10.1998, daß sie entsprechende Diagnostik durch Prof. Dr. G ... in begründeten Einzelfällen bezuschusse

- ein Schreiben von Prof. Dr. G ... vom 16.11.1998, daß ein Antrag auf Anerkennung der EBCT beim Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkasse nicht gestellt sei, und daß in den USA in jedem Bundesstaat mehrere Geräte für entsprechende Untersuchungen zur Verfügung ständen, in Deutschland an der Universität E ..., im Städtischen Krankenhaus M ..., im Klinikum G ... M ... und im Deutschen Herzzentrum B ...

Die Klägerin hat vorgetragen, die Erprobung der Behandlung sei abgeschlossen und es existierten über ihre Qualität und Wirksamkeit auch wissenschaftlich nachprüfbare Angaben; das Verfahren werde weltweit bereits seit 15 Jahren eingesetzt und sei vor fünf Jahren in Deutschland eingeführt worden; in E ... würden jährlich 1500 Untersuchungen mit der streitigen Methode durchgeführt; wenn der Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkasse noch keine entsprechende Empfehlung abgegeben habe, so sei das als Systemmangel zu betrachten; entscheidend sei die tatsächliche Verbreitung (Hinw. auf BSG Urt.v. 16.9.97 1 RK 17/97). Die Klägerin hat vor dem SG beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 3.11.1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 23.4.1998 zu verurteilen, ihr einen Betrag von 1462,09 DM auf die Rechnung des Prof. Dr. G ... vom 5.12.1997 zu erstatten.

Die Beklagte hat vor dem SG beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat geltend gemacht, nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) dürfe die Kasse für neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden nicht einstehen, für die der Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen noch keine Empfehlung abgegeben habe, es sei denn, das Fehlen einer Empfehlung beruhe auf einem Systemmangel, der nur vorliege, wenn der Bundesausschuß die Einleitung oder Durchführung eines Anerkennungsverfahrens willkürlich oder aus sachfremden Erwägungen blockiert oder verzögert habe (Hinw. auf BSG Urt.v. 16.9.98 1 RK 17/95), was hier nicht der Fall sei; nicht nachzuvollziehen sei auch, weshalb eine Entscheidung der Kasse nicht habe abgewartet werden können.

Das SG hat sich mit Anfragen an Dr. B ..., an das Zentrum für Innere Medizin am Universitätsklinikum E ... und an den Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen gewandt.

Dr. B ... hat mit Schreiben vom 4.2.1999 unter Beifügung von weiteren medizinischen Unterlagen geantwortet, nachdem durch das Belastungs-EKG vom 17.10.1997 eine koronare Herzkrankheit als sehr wahrscheinlich habe angenommen werden müssen, sei eine weitere Diagnostik der Herzkranzgefäße unumgänglich gewesen; da die Gefahr eines Infarktes nicht mehr auszuschließen gewesen sei, habe die Untersuchung möglichst umgehend erfolgen müssen; da die Herzkatheteruntersuchung einen invasiven Eingriff darstelle ... habe die Klägerin zunächst eine EBCT angestrebt, was verständlich sei, da dadurch ohne Gefährdung eine definitive Aussage möglich sei, ob der Herzkatheter mit hinreichen der Wahrscheinlichkeit indiziert sei. Die Kardiologen Drs. G ...pp berichteten im von Dr. B ... beigefügten Arztbrief vom 30.1.1998, sie hätten noch mals zur baldigen invasiven Diagnostik geraten. Im Arztbrief über eine stationäre Behandlung der Klägerin vom 29.4. bis zum 1.5.1998 auf der Inneren Abteilung/Kardiologie der St. V ...-Krankenhaus GmbH P ... heißt es, die Linksherzkatheteruntersuchung habe eine diffuse, nicht stenosierende Koronarsklerose gezeigt.

Der Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkasse hat mit Schreiben vom 16.9.1998 mitgeteilt, er habe bislang keine (positive oder negative) Empfehlung über die Anerkennung der EBCT gegeben; ein entsprechender Antrag, die Methode nach § 135 SGB V zu überprüfen, sei auch nicht gestellt; der Geschäftsführung des Arbeitsausschusses "Ärztliche Behandlung" lägen außer einer zusammenfassenden allgemeinen Veröffentlichung aus dem Dt. Ärztebl. vom Mai 1998 keine weiteren Unterlagen vor, sodaß zZt auch nicht annähernd abgeschätzt werden könne, ob es sich hier um eine medizinische Methode handle, die die gesetzlich für die vertragsärztliche Versorgung vorgegebenen Kriterien "diagnostischer oder therapeutischer Nutzen, medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit" erfülle; eine Beratung der Methode sei zZt nicht vorgesehen; auch über den Verbreitungsgrad der Methode sei nichts Näheres bekannt; nach einer dort vorliegenden Notiz in den "E ... Nachrichten" vom 5.11.1997 sei das Gerät erst seit Ende letzten Jahres in den Universitätskliniken zum Einsatz gekommen; das spreche dafür, daß die Methode das Stadium von Forschung und Erprobung bisher nicht verlassen habe; auch die Tatsache, daß weder Ärzte- noch Krankenkassenseite im Arbeitsausschuß "Ärztliche Behandlung" angeregt hätten, über das Thema zu beraten, weise darauf hin, daß aus medizinisch fachlicher Sicht ein Einsatz dieser Methode außerhalb von Lehre und Forschung in der breiten ambulanten Versorgung bisher nicht ernsthaft zur Debatte stehe.

Prof. Dr. E ..., Direktor der Abteilung für Kardiologie am Zentrum für Innere Medizin des Universitätsklinikums E ..., hat mit Datum des 18.1.1999 ein Faszikel mit Veröffentlichungen zur EBCT übersandt (mit u.a. seiner Schrift "Lebensstil und Lebensstiländerung" - August 1996) und mitgeteilt, die EBCT sei eine bereits seit 10 Jahren vorhandene Methode, die in Deutschland nur zögerlich Zugang finde und von ihm seit fünf Jahren genutzt werde; die American Heart Association habe schon 1995 eine Liste für die Indikation aufgestellt und für dieses Jahr sei eine neue Aufstellung zu erwarten.

Das SG Dortmund hat die Klage mit Urteil vom 19. Oktober 1999 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, eine unaufschiebbare Leistung iS von § 13 Abs 3 (1. Mögl.) des SGB V, eine Notfallbehandlung, habe nicht vorgelegen; dies zeige die Art der Untersuchung und die Tatsache, daß zwischen dem EKG vom 17.10.1997 und der EBCT vom 3.11.1997 einerseits und bis zur Katheteruntersuchung im April 1998 andererseits längere Zeiträume verstrichen seien; Kostenerstattung nach § 13 Abs 3 2. Mögl. SGB V könne die Klägerin schon deshalb nicht beanspruchen, weil sie die Entscheidung der Kasse nicht abgewartet habe (Hinw. auf BSG Urt.v. 15.4.97 1 BK 31/96); ohnehin habe die Beklagte die Leistung aber auch nicht zu Unrecht abgelehnt, denn der Versorgung mit EBCT stehe das Fehlen einer Empfehlung des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen nach § 135 Abs 1 S. 1 SGB V und die Rechtsprechung des BSG entgegen (Hinw. auf Urt.v. 16.9.97 1 RK 17, 28, 30 und 32/95 sowie 1 RK 14/96; Urt.v. 16.9.97 1 RK 28/95; Urt.v. 20.3.96 6 RKa 62/94; Urt.v. 16.9.97 1 RK 28 und 32/95); ein Systemmangel sei nicht zu erkennen; ein Antrag sei beim Bundesausschuß nicht gestellt und es gebe keine Anhaltspunkte dafür, daß das Fehlen eines Antrags auf willkürlichen oder sachfremden Erwägungen beruhe.

Die Klägerin hat gegen das Urteil, ihr zugestellt am 17.11.1999, am 8.12.1999 Berufung eingelegt. Mit Schriftsatz vom 14.4.2000 hat ihre Bevollmächtigte und Tochter vorgetragen, entgegen der Auffassung des SG habe sie die Entscheidung der Kasse doch abgewartet; sie habe sich am 2.11.1997 in Begleitung ihres Ehemannes zur DAK-Geschäftsstelle in W ... begeben; dort habe die Sachbearbeiterin Frau W ... mitgeteilt, daß die Kostenübernahme abgelehnt worden sei; weil die Herzbeschwerden in immer kürzeren Abständen aufgetreten seien, habe sie sich nach Rücksprache mit Prof. Dr. G ... noch am 3.11.1997 nach B ... begeben, um die Untersuchung durchführen zu lassen. Mit Schriftsatz vom 25.5.2000 hat die Bevollmächtigte der Klägerin ergänzt, als Frau W ... die Mitteilung am 2.11.1997 gemacht habe, habe sie zuvor im Computer nachgesehen gehabt; sie habe also schon vor postalischem Eingang des Berichtes des MDK Kenntnis vom Inhalt und der Entscheidung gehabt.

Die Klägerin und Berufungsklägerin beantragt,

das Urteil des SG Dortmund vom 19.10.1999 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 3.11.1997 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.4.1998 zu verurteilen, ihr einen Betrag von 747,55 EURO, entsprechend der Rechnung des Prof. Dr. G ... vom 5.12.1997, zu erstatten.

Die Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Sie hält die Ausführungen des SG für zutreffend.

Der erkennende Senat hat der Klägerin die streitige Methode betreffende Unterlagen aus anderen Verfahren übermittelt, darunter u.a. eine entsprechende Äußerung des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen vom 2.11.1999 aus der Streitsache S 7 KR 39/99 SG Detmold = L 16 KR 144/01 LSG NW, eine Verlautbarung von Prof. Dr. E ... vom 21.1.2001 (mit Hinweis auf die o.a. Veröffentlichung von Schmermund und eine weitere von Arad. Y. et alt. aus dem Jahre 1996), einen Aufsatz von Achenbach, Moshage et alt. aus Archiv-Herz, Nr 2, 1996, S. 106 ff, sowie Doppel der Urteile des LSG NW vom 16.8.01 L 5 KR 8/01 (rechtskräftige Ablehnung der Übernahme der Kosten einer am 27.5.1998 in der Universität Erlangen durchgeführten EBCT durch die DAK) und vom 11.4.2002 L 16 KR 144/01 (Ablehnung der Übernahme von Kosten aus Anlaß einer am 1.6.1999 im Institut für Mikro-Therapie, B ... - Radiologe K ... - durch geführten EBCT durch die Landwirtschaftliche Krankenkasse NRW).

In der mündlichen Verhandlung vom 22.5.2002 hat das erkennende Gericht die Klägerin zur Sache und den Ehemann der Klägerin und Vater ihrer Bevollmächtigten, H.A., sowie die Mitarbeiterin der Kasse E.W. - unbeeidigt - als Zeugen über die Behauptung der Klägerin gehört, die Zeugin habe den Leistungsantrag bereits am 2.11.1997 mündlich abgelehnt. Wegen der Bekundungen wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Wegen des Sachverhalts im übrigen wird auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze in beiden Rechtszügen verwiesen. Außer der Streitakten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen: ein Band Verwaltungsakten der Beklagten und das von Prof. Dr. E ... übersandte Faszikel.

Entscheidungsgründe:

Der Senat weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurück; er sieht daher gemäß § 153 Abs 2 des Sozialgerichts gesetzes (SGG) von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und beschränkt sich auf eine Wertung der vor dem Senat erfolgten Beweisaufnahme.

Danach erscheint dem Senat die Darstellung der Familie zur angeblich zuvor erfolgten mündlichen Ablehnung zweckgerichtet und unglaubwürdig. Hat ihre Bevollmächtigte noch behauptet, die Klägerin habe sich nach Rücksprache mit Prof. Dr. G ... noch am 3.11.1997 nach B ... begeben, und hatte die Klägerin selbst vor dem Senat noch erklärt, sie habe vor dem 3.11.1997 mit Prof. Dr. G ... oder seiner Praxis keinen Kontakt gehabt, sie meine sich erinnern zu können, daß die Sprechstundenhilfe von Dr. B ... den Termin abgestimmt habe und ihr den Termin - das könne am 3.11., das könne auch in der Woche davor gewesen sein - mitgeteilt habe, so steht es zur Überzeugung des Senats aufgrund der insoweit überzeugenden Aussage des Ehemannes der Klägerin fest, daß die Klägerin sich, als sie sich am Montag, dem 3. November 1997 zur Diagnostik in das Institut für Mikrotherapie begab, bereits seit einiger Zeit für diese Untersuchung entschieden und ihrem Zustandekommen zugestimmt hatte, hat doch der Ehemann bekundet, wann sie den Termin über Dr. B ... erhalten hätten, wisse er nicht mehr; den Untersuchungstermin für den 3.11. hätten sie in jedem Fall in der Woche vorher gekannt, jedenfalls bei der von ihm zuvor beschriebenen Vorsprache bei der DAK.

Aufgrund der insoweit überzeugenden Ausführungen des Ehemannes der Klägerin steht es ferner fest, daß es am Tag der Untersuchung, am 3.11.1997, zu keinerlei Verlautbarung der Kasse gegenüber den Eheleuten gekommen ist. Insoweit hat der Zeuge ausgeführt, der Untersuchungstermin sei am 3.11.1997 gewesen; das wisse er so genau, weil es sein Namenstag gewesen sei (Hubertus); die Untersuchung sei am späten Vormittag erfolgt; sie seien etwa um 10 Uhr in B ... angekommen und hätten noch lange warten müssen; so gegen 8 Uhr 30 seien sie von zu Hause aus nach B ... zu Prof. G ... gefahren; er könne es ausschließen, daß noch am 3.11.1997 die DAK bei ihm oder seiner Frau angerufen habe, um mitzuteilen, daß der Antrag nicht genehmigt werden könne, weil sich der MDK negativ geäußert habe.

Es bestand danach kein Anlaß mehr, die Antwort von Prof. Dr. G ... auf die Anfrage des Gerichts vom 25.4.2002 abzuwarten, wann der Termin mit der Klägerin vom 3.11.1997 abgesprochen worden ist, denn mit Gewißheit gleichkommender Wahrscheinlichkeit muß angenommen werden, daß die Beklagte auch in der Woche zuvor in keiner Weise gegenüber der Klägerin und/oder ihrem Ehemann zum Ausdruck gebracht hat, die beantragte Leistung werde abgelehnt.

Die Mitarbeiterin der Kasse, die Zeugin W ..., hat dazu vor dem Senat bekundet: den ersten Kontakt in dieser Angelegenheit habe sie mit dem Ehemann der Klägerin am 27.10.1997 gehabt; da habe er einen Antrag abgegeben auf Durchführung eines EBCT des Herzens bei Prof. G ...; sie habe ihm erklärt, daß dies keine Vertragsleistung sei und der MDK erst darüber entscheiden müsse, ob ausnahmsweise die Leistung gewährt werden könne; erst danach könne sie eine Entscheidung über die Sache treffen; sie könne sich nicht daran erinnern, daß sie Ende Oktober oder Anfang November nochmals in einem persönlichen Gespräch mit der Klägerin und/oder ihrem Ehemann die Dinge in der Geschäftsstelle erörtert hätte; später habe man auf alle Fälle darüber gesprochen; sie wisse auch nicht genau, wann das MDK-Gutachten bei ihr auf den Tisch gekommen sei; wenn es aber bei ihr aufgelaufen sei, hätte sie sicherlich sofort fernmündlich Kontakt mit den Beteiligten gesucht und das Ergebnis mitgeteilt; sie könne nicht ausschließen, daß das MDK-Gutachten am Vormittag des 3.11. vorgelegen habe; es sei üblich, daß man die Versicherten nach dem Eingang der MDK-Gutachten telefonisch von dem Ergebnis der Begutachtung benachrichtige; sie könne aber ausschließen, daß sie vor Kenntnis des Gutachtens des MDK gegenüber dem Versicherten eine Äußerung zur Sache gemacht habe; es treffe zu, daß beide Eheleute am 27.10.1997 bei ihr vorgesprochen hätten; sie könne sich aber beim besten Willen nicht erinnern, daß die Eheleute am Freitag, dem 31.10.1997 bei ihr vorgesprochen hätten.

Diese Darstellung erscheint dem Senat in allen Punkten überzeugend, schlüssig und glaubhaft. Die Zeugin hat keinerlei Interesse am Ausgang des Rechtsstreits; sie hat mit ihrer Anfrage beim MDK am Folgetage nach Antragstellung, am Montag, dem 27.10.1997, zu erkennen gegeben, daß sie bemüht war, die Möglichkeit einer Kostenübernahme abzuklären, und es wäre widersinnig gewesen, hätte sie dann nicht auch den Eingang der von ihr erbetenen Stellungnahme des MDK abgewartet und den Eheleuten schon zuvor mitgeteilt, die Kasse könne für die streitige Methode nicht einstehen, was nach dem Bekunden des Ehemannes jedenfalls am 3.11.1997 selbst nicht passiert ist und was, wäre es bereits am Freitag, dem 31.10.1997 geschehen, vor dem aktenkundigen Eingang der Stellungnahme des MDK vom 31.10.1997 am 3.11.1997 erfolgt wäre.

Es ist jedenfalls im entscheidenden Punkt der Ablehnung der Leistung unglaubhaft, wenn der Zeuge und Ehemann der Klägerin demgegenüber behauptet: er meine, daß er ein/zwei Tage vor dem Untersuchungstag noch mit seiner Frau persönlich bei der DAK-Geschäftstelle in W ... gewesen sei; dort habe ihnen die Zeugin W ... mitgeteilt, daß eine Entscheidung des MDK noch nicht vorliege; er meine aber, sie hätte in den Computer geschaut und gesagt, der Anspruch sei abgelehnt; nochmals: er meine, sich erinnern zu können, sie habe gesagt, es liege noch nichts vor, sie wolle aber im Computer nachschauen; nochmals: er meine, sich erinnern zu können, sie habe von einer Ablehnung gesprochen, sie wisse aber nicht, ob vom MDK oder von der DAK; jedenfalls seien sie aber bei der Fahrt von zu Hause zu Prof. G ... davon ausgegangen, daß der Anspruch endgültig abgelehnt sei; bei Prof. G ... sei dann auch darüber gesprochen worden, daß die DAK den Anspruch wohl ablehnen würde oder ihn abgelehnt hat, so genau wisse er das nicht mehr.

Nach diesem in den Einzelheiten doch wechselndem Vortrag ist offen, ob die Ablehnung durch den MDK oder die DAK oder beides dem Rechner entnommen und/ oder von Frau W ... mitgeteilt sein soll oder ob Frau W ... selbst die Entscheidung gegenüber der Eheleuten getroffen haben soll. Fest steht indessen demgegenüber, daß es die technischen Möglichkeit Frau W ... damals gar nicht erlaubt hätten, eine Bewertung des MDK dem Rechner zu entnehmen. Der Terminsvertreter hat dazu in Übereinstimmung mit der Zeugin ausgeführt, die technische Ausrüstung der Geschäftsstelle sei 1997 noch nicht so gewesen, daß unmittelbare Meldungen anderer Stellen, etwa des MDK oder einer anderen Stelle der DAK, bei Bezirksgeschäftsstellen hätten eingehen können; Meldungen von außen hätten nur per Fax oder Post oder vorab mündlich erfolgen können. Die Zeugin W ... hat dazu erklärt, sie habe in dieser Angelegenheit auch keine Mitteilung über Computer oder Fax oder fernmündlich vom MDK, etwa noch am 31.10.1997 erhalten; sie habe auch am 31.10. in ihrem Computer oder sonst keinerlei Mitteilung über eine negative Entscheidung des MDK festgestellt und auch gar nicht feststellen können; auch eine irgendwie geartete Ablehnung sei weder in ihrem Computer noch in ihren Unterlagen enthalten. Nach dieser einleuchtenden Darstellung hätte die Zeugin also letztlich allenfalls ihre eigene vorherige ablehnende Entscheidung in den Computer oder Unterlagen eingegeben haben und daraus wieder abgelesen haben können. Wenn man berücksichtigt, daß die Wertung des MDK erst vom 31.10.1997 datiert, hätte die Zeugin die Entscheidung als kurz zuvor getroffen haben müssen und hätte dann eigentlich nicht mehr in die Unterlagen schauen müssen, würde man überhaupt annehmen können, sie habe ohne jeglichen Sinn erst beim MDK angefragt, dann aber nicht dessen Antwort abgewartet.

Erste Hinweise auf die Unglaubhaftigkeit der Einlassungen der Familie ergaben sich überdies dadurch, daß zunächst behauptet worden ist, die mündliche Ablehnung sei am 2.11.1997 erfolgt. Erst nachdem man dann wohl daraufgekommen ist, daß es sich dabei um einen Sonntag gehandelt hat, hat die Bevollmächtigte der Klägerin den Vortrag revidiert, um nunmehr zu behaupten, dann müsse das aber am Freitag, dem 31.10.1997 passiert sein. Hätte die Zeugin W ... damals, wie vom Ehemann behauptet, erklärt, das Gutachten des MDK liege noch nicht vor, (gleichwohl) sei oder werde der Anspruch abgelehnt, hätte das eigentlich auf Rückfragen, wenn nicht auf erheblichen Protest der Eheleute stoßen müssen, an den sich eigentlich alle hätten erinnern müssen, von dem aber keiner zu berichten wußte. Die Klägerin hat es im Widerspruchsschreiben nicht einmal für erwähnenswert gehalten, daß die streitige Untersuchung bereits vor Wochen durchgeführt worden war und im Gespräch mit Prof. G ... weiß man nach der eigenen Darstellung des Zeugen am Ende nicht: ist denn der Anspruch nun abgelehnt oder ist nur damit zu rechnen. Zur Glaubwürdigkeit des Zeugen konnte es schließlich auch nicht beitragen, daß seine Tochter und Bevollmächtigte ihn letztlich zu der Aussage gebracht hat, Dr. B ... habe Herzkatheteruntersuchung und EBCT gleichwertig zur Wahl gestellt, nachdem der Zeuge eingangs erklärt hatte "empfohlen wurde der Katheter ...", was vollständig dem Inhalt des Schreibens des Dr. B ... vom 24.10.1997 entspricht: "sei ein invasives Vorgehen unter Berücksichtigung der Vorzeitigkeit der Erkrankung im Hinblick auf das Lebensalter erforderlich; verständlicherweise könne sich die Klägerin zu dem nicht völlig ungefährlichen invasiven großen Herzkatheter nicht entschließen ...".

Der geltend gemachte Anspruch konnte danach schon wegen Nichteinhaltung des vorgegebenen Beschaffungsweges Bestätigung nicht finden. Es bedurfte keiner weiteren Erörterungen, daß die Berufung auch aus den Gründen des § 135 SGB V und der den Beteiligten übermittelten Entscheidungen des LSG NW keinen Erfolg haben konnte. Dahin stehen konnte dabei, ob die Klage schon deshalb erfolglos bleiben mußte, weil die Diagnose mittels EBCT möglicherweise nicht einmal aus der Sicht des behandelnden Arztes das medizinisch gebotene Mittel der Wahl war und sich vielleicht gerade im Fall der Klägerin als hier überflüssige, die notwendig nachfolgende Herzkatheteruntersuchung unnötig verzögernde, nicht aber erübrigende und gar nicht an § 27 ff SGB V, sondern an §§ 23 und 25 SGB V zu messende Vorsorgeuntersuchung erwiesen hat.

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 193 Abs 1 und 4 SGG.

Es bestand kein Anlaß, die Revision zuzulassen, denn weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) noch weicht das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des BVerfG ab und beruht auf dieser Abweichung (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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