L 16 KR 44/00

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 6 KR 70/98
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 16 KR 44/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 3 KR 7/02 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 09. Februar 2000 geändert. Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind für beide Rechtszüge nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist noch - nach angenommenem Teilanerkenntnis - die Kostenübernahme einer Krankenhausbehandlung der Beigeladenen in der Zeit vom 07. - 18.11.1996 (12 Kalendertage) zuzüglich Zinsen.

Am 05.11.1996 wurde die 19xx geborene bei der Beklagten versicherte Beigeladene nach einer Verordnung von Krankenhausbehandlung durch die Frauenärztin xxxxxxxxx mit der Diagnose "Deszensus uteriet vaginae mit Inkontinenz" in die Gynäkologischen Abteilung des Evangelischen Krankenhauses Hxxxx aufgenommen. Von dort wurde sie am 07.11.1996 in die Urologische Klinik der Klägerin verlegt. In den Verordnungen von Krankenhausbehandlung durch die Urologische Klinik der Klägerin vom 07.11.1996 ist als Diagnose "Funktionsstörung der Harnblase" bzw. "Urge-Inkontinenz" aufgeführt. Die Anforderung der Kostenzusage ging bei der Beklagten am 22.11.1996 ein. Entlassen wurde die Beigeladene am 25.11.1996. Laut Arztbrief des Chefarztes der Urologischen Klinik der Klägerin, Dr. Hxxx, vom 10.01.1997 wurden eine antibiotische Therapie sowie eine Probeentnahme der Blase durchgeführt und eine "neurogene hyperreflexive Low Compliance-Blase mit Urge-Symptomatik, Zustand nach Meatotomie 03/95 und Harnwegsinfekt" diagnostiziert.

Die Beklagte schaltete zur Abklärung der Frage, ob eine vollstationäre Krankenhausbehandlung erforderlich gewesen war, den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) ein. Sowohl die Ärztin für Urologie Dr. Vxxx als auch der Arzt für Urologie Schxxxxxx kamen in ihren Gutachten nach Aktenlage vom 21.01. bzw. 12.06.1997 zu dem Ergebnis, die Notwendigkeit einer stationären Krankenhausbehandlung sei aus medizinischen Gründen nicht nach vollziehbar. Gestützt auf diese Beurteilungen lehnte die Beklagte daraufhin mit Schreiben vom 23.07.1997 die Kostenübernahme ab. Hiergegen wandte sich die Klägerin - Schreiben des Leiters des Finanz- und Rechnungswesen Mxxxxx vom 13.11.1997 - und trug u.a. vor, die Beigeladene sei zwischenzeitlich wiederum im Krankenhaus, nämlich dem Klinikum Exxxxxxxx-xxx, stationär behandelt worden und die Beklagte habe hierfür ohne Probleme eine Kostenübernahmeerklärung erteilt. Beigefügt war eine ausführliche Stellungnahme des Chefarztes der Urologischen Klinik der Klägerin Dr. Hxxx, worin dieser die Anamnese der Beigeladenen ausführlich darstellte und wörtlich ausführte: "Es besteht natürlich überhaupt kein Zweifel daran, dass die von uns durchgeführten diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen ausschliesslich in einer Praxis erbracht werden können. Es ist uns nicht zuletzt deswegen bewußt, da mein Oberarzt Hakimi für diese Fragestellung eine ambulante Ermächtigung besitzt. Angesichts der jedoch vielfachen frustanen ambulanten medikamentösen Behandlungsversuche, wie Ihnen der betreuende Urologe Herr Dr. Bxxxxx bestätigen wird, war es in diesem besonderen Fall medizinisch sinnvoll - und patientenbezogen notwendig - einen stationären Behandlungsversuch zu unternehmen, um der Patientin Linderung bei ihrem langanhaltenden Beschwerdebild zu ermöglichen." Die Beklagte holte hierzu eine weitere gutachterliche Stellungnahme des MDK ein. Der Arzt für Urologie und Leiter des MDK-Bezirkes Köln, Priv.-Doz. Dr. Bxxxxxxx, führte in seiner gut achterlichen Stellungnahme vom 10.12.1997 u.a. aus, längere ambulante Therapieversuche könnten, auch wenn sie frustan liefen, keine hinreichende Begründung für einen stationären Aufenthalt sein. Auch die Tatsache, dass es in diesem Fall im Rahmen der Gesamterkrankung offensichtlich eine psychische Komponente gebe, könne gleichfalls nicht als Begründung herangezogen werden. Gerade im Bereich der Inkontinenzproblematik fänden sich sowohl bei männlichen, insbesondere aber auch bei weiblichen Patienten, immer wie der in einem relativ hohen Anteil Personengruppen, die gleichzeitig eine psychische Alteration aufwiesen, die ggfls. eine Teilkomponente des Beschwerdebildes darstellte. Dies sei aber kein Grund dafür, diese Patienten einer stationären Diagnostik und Therapie zuzuführen. Aus der Tatsache, dass die Beigeladene zunächst in einer gynäkologischen Abteilung stationär aufgenommen worden war, die Einweisung dann aber nicht zu der ursprünglich angedachten Operation geführt habe, könne nicht gefolgert werden, dass die weitere Abklärung in einer urologischen Abteilung nun auch stationär durchgeführt werden könne. Eine Übernahme der Kosten für die stationäre Behandlung werde nicht empfohlen. Aufgrund dieses Votums lehnte die Beklagte die streitige Kostenübernahme endgültig ab. Sie bot lediglich an, die Kosten der Abklärungsuntersuchung nach dem einschlägigen Vertrag abzurechnen.

Mit ihrer am 25.05.1998 erhobenen Klage macht die Klägerin geltend, die streitige Krankenhausbehandlung sei im Sinne des § 39 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) erforderlich gewesen. Die Beigeladene leide seit 1993 an Blasenentleerungsstörungen im Sinne einer Urge-Inkontinenz. Sie sei zunächst am 05.11.1996 in die Gynäkologische Abteilung des Evangelischen Krankenhauses in Hxxxx-Hxxxx zur Hysterektomie aufgenommen worden. Von dort sei sie am 06.11.1996 zwecks konsiliarischer Untersuchung in der Urologischen Abteilung der Klägerin vorgestellt worden. Die Untersuchung habe eine neurogene Blasenentleerungsstörung mit Restharnbildung ergeben, von der geplanten Hysterektomie sei abgeraten worden. Die Beigeladene sei daraufhin am 07.11.1996 aus Hxxxx-Hxxxx in die urologische Klinik der Klägerin verlegt worden. Dort seien verschiedene Untersuchungen sowie ein neurologisches Konsil durchgeführt worden. Aufgrund der histologischen Befunde sei eine Dysplasie diagnostiziert worden, die dann intensiv antibiotisch und spasmolytisch behandelt worden sei. Die Medikation habe wegen wechselhafter Angaben der Beigeladenen wiederholt umgestellt werden müssen. Letztlich habe eine beträchtliche Besserung der Blasenentleerungsstörung erreicht werden können. Die Beigeladene habe dann wegen der neurogenen Blasenentleerungsstörung im Jahre 1997 in der Zeit vom 08.12. bis 12.10. erneut stationär, diesmal im Klinikum Exxxxxxxx-xxx in der Klinik für Urologie, behandelt werden müssen. Sofern die Beklagte von zwei verschiedenen Einweisungsverordnungen für die streitige stationäre Behandlung ausgehe, sei dies unzutreffend. Die Funktionsstörung der Harnblase sei ein übergeordneter Begriff für die Bezeichnung der Urge-Inkontinenz, insofern handele es sich um ein- und dasselbe Krankheitsbild.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, für die stationäre Behandlung der Versicherten xxxxx xxxxxx im Krankenhaus der Klägerin in der Zeit vom 07.11.1996 bis 25.11.1996 an diese einen Betrag von 10.472,76 DM nebst Zinsen in Höhe des jeweiligen Diskontsatzes seit dem 15.01.1997 bis 31.05.1999 und in Höhe von 4 % ab dem 01.06.1999 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat an ihrer bislang vertretenen Auffassung festgehalten und hervorgehoben, dass drei MDK-Fachgutachter, alle Fachärzte für Urologie, die medizinischen Notwendigkeit einer vollstationären Krankenhausbehandlung übereinstimmend verneint hätten.

Das Sozialgericht hat mit Beweisanordnung vom 21.05.1999 den Chefarzt der Urologie des Knappschaftskrankenhauses Dxxxxxxx, Dr. Hxxxxxx, mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. Die ser ist in seinem Gutachten vom 17.06.1999 in Auswertung des Akteninhalts zu der Feststellung gekommen, über die Notwendigkeit der stationären Behandlung bestehe für ihn kein Zweifel; zu diskutieren wäre evtl. die Dauer des stationären Aufenthalts. Dies sei aber im Nachhinein aufgrund der Aktenlage außerordentlich schwer zu beurteilen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das Sachverständigengutachten verwiesen. Die Beklagte hat hierzu eine weitere Stellungnahme des Arztes für Urologie Prof. Dr. Bxxxxxxx vom 13.09.1999 vorgelegt, auf die Bezug genommen wird. Das Sozialgericht hat hierzu wiederum eine ergänzende schriftliche Stellung nahme von dem medizinischen Sachverständigen Dr. Hxxxxxx angefordert. Dieser ist in seiner Stellungnahme vom 12.11.1999, auf die verwiesen wird, bei seiner bisherigen Auffassung geblieben.

Mit Urteil vom 09.02.2000 hat das Sozialgericht die Beklagte an tragsgemäss verurteilt. Die stationäre Aufnahme der Klägerin sei zumindest aus damaliger Sicht nach dem allein möglichen Maßstab einer vorausschauenden Betrachtung erforderlich gewesen. Das Krankenhaus konkretisiere mit der Festlegung der Behandlung den zunächst nur abstrakten Sachleistungsanspruch des Versicherten. An diese Entscheidung sei die Krankenkasse dann grundsätzlich gebunden. Stelle sich die Entscheidung nachträglich als unrichtig heraus, sei die Krankenkasse nur dann nicht an die Entscheidung des Krankenhausarztes gebunden, wenn dieser vorausschauend hätte erkennen können, dass die geklagten Beschwerden nicht die Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung begründeten, de lege artis also eine Fehlentscheidung getroffen habe. Dies sei vorliegend nicht ersichtlich. Auch der vom Gericht bestellte Sachverständige Dr. Hxxxxxx habe bestätigt, dass unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des Einzelfalles die Notwendigkeit einer stationären Behandlung eindeutig gewesen sei. Den Ausführungen des Priv. Doz.Dr. Bxxxxxxx vermöge die Kammer nicht zu folgen. Es sei zu berücksichtigen, dass Dr. Hxxxxx, Dr. Hxxx und Dr. Bxxxxx, anders als der Gutachter des MDK, einen unmittelbaren Eindruck vom Krankheitszustand der Beigeladenen hätten gewinnen können. Zudem werte die Kammer die Einschätzungen des unabhängigen Sachverständigen höher als diejenigen des bereits vorprozessual für die Beklagte tätig gewordenen Gutachters des MDK. Auch wenn gewisse Zweifel an der Dauer des Aufenthalts der Versicherten im Krankenhaus angebracht erscheinen mögen, sehe die Kammer sich nicht in der Lage, rückschauend zu bewerten, welche geringere Aufenthaltsdauer angemessen gewesen wäre. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das angefochtene Urteil verwiesen.

Gegen dieses ihr am 03.03.2000 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 21.03.2000 Berufung eingelegt. Sie hält den rechtlichen Ansatz des Sozialgerichts für nicht zutreffend. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts werde bei der stationären Behandlung die Leistungspflicht der Krankenkassen nicht durch die vertragsärztliche Verordnung und auch nicht durch die Aufnahmeentscheidung des Krankenhauses begründet. Die Entscheidung über die Leistungsbewilligung verbleibe bei der Krankenkasse. Die Krankenhausbehandlung gehöre weiterhin zu den Leistungen, für die außer in Notfällen ausdrücklich eine vorherige Bewilligung durch die Krankenkasse zu sätzlich zu der vertragsärztlichen Verordnung vorgeschrieben sei. Die Leistungspflicht der Krankenkasse werde durch die Einzelfallentscheidung (Kostenübernahmeerklärung) der Kasse begründet. Da eine nachträgliche Überprüfung rechtens sei, seien die für die Überprüfung eingeholten Gutachten des MDK gleichberechtigt. Sie müßten sachlich abwägend in die gerichtliche Entscheidung einbezogen werden und dürften nicht ohne weiteres Eingehen auf ihren Inhalt von vornherein herabgestuft werden. Es sei auch nicht nur zu überprüfen, ob die Entscheidung des Krankenhausarztes am Tage der Aufnahme, sondern ob während des gesamten Krankenhausaufenthalts an jedem Tag die Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung begründet gewesen sei. Das allgemein gültige Gebot der Wirtschaftlichkeit im Sinne der medizinischen Notwendigkeit würde andernfalls unterhöhlt und nicht mehr durchsetzbar, wenn die Krankenkassen immer an die Entscheidung der aufnehmenden Krankenhausärzte gebunden wären, obwohl die Leistung objektiv ungerechtfertigt und gesetzeswidrig sei. Deshalb komme es vorliegend darauf an, ob im Behandlungsverlauf ab Verlegung die Voraussetzungen des § 39 SGB V weiterhin gegeben gewesen seien. Bei allen Beteiligten sei unstreitig, dass - abgesehen von der operativen Probeentnahme aus der Blase am 19.11.1996 - für sich genommen jede einzelne Maßnahme des stationären Aufenthalts auch ambulant hätte durchgeführt werden können. Bezüglich des geltendgemachten Zinsanspruchs sei festzustellen, dass die Klägerin bislang keine Rechnung vorgelegt habe.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 09. Februar 2000 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen sowie die Beklagte (entsprechend dem erstinstanzlichen Klageantrag mit der Maßgabe) zu verurteilen, 4 % Zinsen ab Zustellung der Klageschrift bis zum 11.07.2000 und ab 12.07.2000 2 % Zinsen über dem Basiszinssatz gemäss § 1 des Diskontüberleitungsgesetzes zu zahlen.

Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 22.03.2001 hat die Beklagte den Anspruch der Klägerin für die Zeit vom 19. bis 25. November 1996 (6 Kalendertage) unter Verwahrung gegen eine anteilige Kostenlast anerkannt. Die Klägerin hat dieses Teilanerkenntnis angenommen.

Die Verwaltungsakte der Beklagten und die Krankenakte der Beigeladenen haben neben der Prozessakte vorgelegen. Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Akten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist begründet.

Die Klägerin hat - über das Teilanerkenntnis der Beklagten hinaus - keinen Anspruch auch auf eine Vergütung für die Krankenhausbehandlung der Beigeladenen in der Zeit vom 07. bis 18.11.1996 nebst Zinsen.

Rechtsgrundlage des Vergütungsanspruchs der Klägerin ist § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V in Verbindung mit dem für die Zeit vom 01.01.1992 bis zum 31.12.1996 geltenden Sicherstellungsvertrag (im Folgenden: Vertrag) zwischen der Krankenhausgesellschaft NRW und den Landesverbänden der Krankenkassen in NRW vom 30.01.1992 (vgl. Bundessozialgericht -BSG- , Urteil vom 17.05.2000 - B 3 KR 33/99 - in: Die Betriebskrankenkasse -BKK- 2000, S. 556 ff., mit Besprechung von Adelt, BKK 2000, S. 39 ff.; BSG Sozialrecht -SozR- 3-2500 § 39 Nr. 4). Danach ist der Vergütungsanspruch im sog. Abrechnungsverhältnis zwischen Krankenhaus und Krankenkasse - ebenso wie der Leistungsanspruch im Verhältnis zwischen Versicherter und Krankenkasse - davon abhängig, daß die Voraussetzungen des § 39 SGB V, also Notwendigkeit, Erforderlichkeit und Wirtschaftlichkeit einer Krankenhausbehandlung, vorliegen. Dementsprechend regelt § 5 des Vertrages im Verhältnis zwischen den Beteiligten ausdrücklich: Notwendigkeit von Krankenhausbehandlung liegt insbesondere nicht vor, wenn ambulante Behandlung ausreicht (vgl. § 5 Buchstabe a des Vertrages).

Die Klägerin vermag zur Überzeugung des Senats nicht den Nachweis zu erbringen, daß im noch streitigen Zeitraum Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit bestanden hat. Hierfür trägt sie aber die Beweislast, da die Beklagte keine Kostenzusage abgegeben hat (zur Bedeutung der Kostenübernahmeerklärung und der Dokumentation für die Verteilung der Beweislast siehe BSG, Urt. v. 17.05.2000, a.a.O.). Auch wenn der Vergütungsanspruch der Klägerin nicht von der Erteilung einer Kostenzusage der Beklagten abhängt - diese ist lediglich deklaratorischer Natur und dokumentiert einen schon auf grund des Sicherstellungsvertrages bestehenden Vergütungsanspruch (vgl. dazu auch § 7 Abs. 1 des Vertrages) - so obliegt der Klägerin dennoch der Nachweis, daß die Behandlung des Krankheitszustandes der Beigeladenen die besonderen Mittel eines Krankenhauses erforderlich gemacht hat. Dies gilt nicht nur für die Feststellung, ob überhaupt Behandlungsbedürftigkeit im Krankenhaus vorliegt, sondern zweifellos auch für die Dauer einer Behandlung. Zwar wird der Behandlungsanspruch des/der Versicherten grundsätzlich durch den aufnehmenden, vertragsgebundenen Krankenhausarzt konkretisiert. Die Krankenkasse ist jedoch nach der Krankenhausaufnahme berechtigt, die Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit zu überprüfen und davon eine Kostenübernahmeerklärung abhängig zu machen.

Nach dem Ergebnis der vom Sozialgericht durchgeführten Beweisaufnahme und in Auswertung der Gutachten des MDK läßt sich zur Überzeugung des Senats nicht feststellen, dass in der noch streitigen Zeit Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit i.S. v. § 39 SGB V vorgelegen hat. Auch bei der gebotenen ex-ante-Beurteilung läßt sich nicht feststellen, daß nicht zumindest die Dauer der Behandlung der Beigeladenen bei zügigem Vorgehen, das nach dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit geboten ist, hätte verkürzt werden können.

Der Chefarzt der Urologischen Klinik der Klägerin, Dr. Hxxx, hat in seiner im November 1997 vorgelegten Stellungnahme selbst ausgeführt, alle dort durchgeführten diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen hätten ausnahmslos in der Praxis eines niedergelassenen Arztes vorgenommen werden können. Nur mit Blick auf die vielfachen frustanen ambulanten medikamentösen Behandlungsversuche sei der stationäre Behandlungsversuch "patientenbezogen" notwendig gewesen. Die von der Beklagten eingeschalteten Fachärzte für Urologie des MDK, Frau Dr. Vxxx, Herr Sxxxxxxx und Priv.-Doz. Dr. Bxxxxxxx, konnten bereits die Notwendigkeit einer stationären Krankenhausbehandlung aus medizinischen Gründen generell nicht nachvollziehen. Der vom Sozialgericht mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragte Chefarzt der Urologie des Knappschaftskrankenhauses Dxxxxxxx, Dr. Hxxxxxx, ist in seinem Gutachten vom 17.06.1999 zwar zu der Feststellung gekommen, für ihn bestehe über die Notwendigkeit der stationären Behandlung kein Zweifel. Auch wenn die notwendigen diagnostischen Maßnahmen alle Schritt für Schritt (bis auf die Blasenbiopsie) hätten ambulant erfolgen können, erscheine es ihm verständlich und nachvollziehbar, dass die Beigeladene nicht unverrichteter Dinge erneut wieder nach Hause geschickt, sondern zur gebündelten Diagnostik und kontrollierten Therapie übernommen worden sei. Auch eine konservative, nicht-operative Therapie widerlege nicht zwangsläufig die Notwendigkeit eines stationären Aufenthalts.

Bezüglich der Dauer des stationären Aufenthalts hat der Sachverständige Dr. Hxxxxxx jedoch erklärt, diese sei im Nachhinein aufgrund der Aktenlage außerordentlich schwer zu beurteilen. Entscheidungen über die Entlassung einer Patientin oder eines Patienten würden nach Abwägung aller klinischen Umstände am Krankenbett getroffen. Dies hat der gerichtlich gehörte Sachverständige in seiner gutachtlichen Stellungnahme vom 12.11.1999 nochmals bestätigt (vgl. den letzten Absatz auf Seite 5). Damit bringt er zum Ausdruck, dass er sich nicht in der Lage sieht, überhaupt noch sachgerecht zu beurteilen, welche Dauer der Behandlung (über die Zeit des Krankenhausaufenthaltes wegen der Biopsie hinaus) bei der Beigeladenen noch angebracht gewesen ist. Dieser Unsicherheit der Beurteilung hat die Beklagte auf Vorschlag des Senates Rechnung getragen, indem sie für ein Drittel der Behandlungsdauer pauschal - zur Abrechnungsvereinfachung sinnvollerweise auf die letzten Behandlungstage bezogen, in denen auch die bei der Beigeladenen durchgeführte Blasenbiopsie stattgefunden hat - die Behandlungsbedürftigkeit und ihre Zahlungspflicht anerkannt hat.

Insoweit hat der Senat auch nicht mehr über die Notwendigkeit einer stationären Blasenbiopsie und anschließenden stationären medikamentösen Behandlung zu befinden. Die operative Probeentnahme aus der Blase ist am 19.11.1996 und damit in dem von dem Anerkenntnis des Beklagten umfassten Zeitraum durchgeführt worden. Nach den unwidersprochenen Ausführungen des Priv. Doz. Dr. Bxxxxxxx reicht ohnehin bei einem, wie hier, komplikationslosem Verlauf der Blasenbiopsie ein ein- bis zweitägiger stationärer Aufenthalt regelmässig aus. Die intensive antiobiotische und spasmolytische Behandlung aufgrund der histologischen Befunde und der darauf beruhenden Diagnose einer Dysplasie wird ebenfalls von dem Anerkenntnis der Beklagten erfasst.

Dass die Klägerin für die die restliche Behandlungszeit keinen Vergütungsanspruch hat, ist auch Folge ihres eigenen Verhaltens. Denn sie hat der Beklagten eine zeitnahe Überprüfung der Behandlungsbedürftigkeit unmöglich gemacht, indem sie weder eine unverzügliche Anzeige über die Behandlung der Beigeladenen abgegeben noch um eine Kostenzusage bei der Beklagten nachgesucht hat. Vielmehr hat sie die Kostenübernahme erst am 22.11.1996 beantragt. Die Klägerin kann für sich auch nicht geltend machen, was sie auch nicht tut, es habe ein Notfall im Sinne des § 2 Abs. 2 des Vertrages vorgelegen. Gerade in schwierigen oder zweifelhaften Behandlungsfällen, wie sie die Klägerin vorliegend für sich in Anspruch nimmt, muss von ihr im Interesse einer vertrauensvollen vertraglichen Zusammenarbeit mit der Krankenkasse verlangt werden, dass sie so bald wie nur möglich der Kasse die Gelegenheit gibt, sich zeitnah ein eigenes Bild - unter Einschaltung einer unabhängigen Stelle wie dem MDK - zu machen. Eine solche generelle Vorstellung dürfte gerade auch den Vereinbarungen über die Unterrichtung der Krankenkasse in Verlegungsfällen (§ 4 Abs. 1 Satz 3 des Vertrages), den Absprachen über die Anforderung einer Kostenzusage (§ 7 Abs. 3 des Vertrages), besonders aber den Abreden im "Vertrag zur Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung" zugrunde liegen (wie ihn die Beteiligten bereits am 06.03.1991 abgeschlossen hatten und der durch den Vertrag vom 30.01.1992 nicht aufgelöst worden ist). Gerade die Schlussfolgerung des gerichtlich gehörten Sachverständigen, solche Fälle wie den vorliegenden könne man nur "am Krankenbett entscheiden", legt es nahe, die Krankenkasse sofort in die Entscheidungen über die Art der Behandlung und die Dauer mit einzubeziehen. Sich erst zum Abschluss der Behandlung zu melden und dann darauf zu vertrauen, die Kasse müsse sich "blind" der Beurteilung der Krankenhausärzte anschließen, widerspricht den Grundsätzen einer gegenseitigen Rücksichtnahme und dem gebotenen Hinwirken des Krankenhauses auf eine frühzeitige Klärung offensichtlich zweifelhafter Behandlungsfälle. Die Klägerin hätte ein solches Verfahren auch ohne Not schon kurz nach dem Beginn der Behandlung am 07.11.1996 einleiten können. Es ist nicht erkennbar, dass dies aus Gründen unterblieben ist, die nicht von ihr zu vertreten wären.

Angesichts dieser Erwägungen bedarf es auch keiner weiteren Beweiserhebung durch die beantragte Vernehmung des Sachverständigen Dr. Hxxxxxx, denn der Senat hält die Ausführungen des Sachverständigen für überzeugend und ist ihnen, wie vorstehend dargelegt, uneingeschränkt gefolgt.

Mangels Anspruchs auf Kostenübernahme besteht auch kein (akzessorischer) Anspruch auf Zinsen.

Dementsprechend war das sozialgerichtliche Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. § 51 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass das Teilanerkenntnis von der Beklagten aus Gründen des Rechtsfriedens abgegeben worden ist, sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.

Eine Kostenerstattung zugunsten der Beklagten, die nicht anwaltlich vertreten war, erscheint ebenso unbillig wie eine Kostenerstattung zu Gunsten der Beigeladenen, die sich im Verfahren nicht geäußert hat.

Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
Aus
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